Asinia Atilla
"Gut, dann wäre das klar."
meinte Atilla und sann darüber nach, was sie als nächstes erklären sollte. Schließlich kam es ihr.
"Die einzelnen Feiertage wirst du durch Teilnahme besser kennen lernen als durch theoretische Erklärungen. Was aber noch wichtig für uns ist, sind ein paar Informationen zu unserer eigenen Geschichte!
Obwohl es Vesta schon immer gab - du hast ja schon gesagt, dass sie das Feuer in Lavinium entzündete - hat es lange gedauert, bis man unsere Priesterschaft ordnete. König Numa Pompilius, der im Grunde den gesamten Cultus Deorum organisierte und Priesterschaften einrichtete, hat unser heutiges Bild festgelegt.
Er bestimmte vier Vestalische Jungfrauen, die im Grunde kein Collegium bildeten, sondern jeweils einzeln ihre Vollmacht besaßen. Die Zahl kann dadurch erklärt werden, dass aus den beiden alten Stämmen der Römer jeweils zwei Vestalinnen bestimmt wurden. Als dann noch ein dritter Stamm hinzukam, wurden später auch zwei Vestalinnen hinzugefügt. Von dieser Zeit an wurden sie vom König erwählt - seit der Gründung der Republik dann vom Pontifex Maximus.
Für die Auswahl gibt es strenge Vorgaben: Damals musste es die Tochter eines Patriziers sein - heute nicht mehr - , ebenmäßig in ihren Zügen, zwischen sechs und zehn Jahren und mit lebenden, freigeborenen Eltern. Außerdem dürfen die Eltern keiner ehrlosen Tätigkeit nachgehen und müssen in Italien leben.
Wenn eine Stelle frei wird, gab es ein kompliziertes Verfahren, falls sich niemand freiwillig findet: Der Pontifex Maximus bestimmt zwanzig qualifizierte Mädchen, von denen dann eine gelost wird. Weil wenige Väter ihre Töchter geben wollen, ist es inzwischen aber erlaubt, nicht-patrizische Mädchen zu nehmen, und sogar die Töchter von Freigelassenen sind zugelassen.
Danach beginnt der dreißigjährige Dienst, aufgeteilt in zehn Jahre des Lernens, zehn der Kultausübung und zehn der Unterweisung neuer Amatae. Danach sind wir frei und dürfen selbst über uns entscheiden - wir unterstehen dann keiner Patria Potestas mehr!
Diese Bestimmungen sind uralt. Weniger alt sind die Gebäude, in denen wir arbeiten: Numa Pompilius soll den ersten Tempel als Rundbau entworfen haben. Rein rechtlich gesehen ist es aber gar kein Templum - er wurde niemals eingeweiht! Dennoch ist er selbstverständlich heilig.
Das Haus, in dem wir uns befinden, ist wohl mit das Neueste, was wir haben: Es wurde den Vestalinnen vom göttlichen Augustus geschenkt, als dieser seine Domus Publica, in der vorher der Pontifex Maximus gelebt hatte, schenkte."
Damit hatte sie das wichtigste zur Geschichte der Vestalinnen gesagt. Sie lehnte sich zurück und dachte darüber nach, wie all dieses Wissen auf sie gewirkt hatte, als sie so eine junge Frau wie Calvina gewesen war.
"Möchtest du noch etwas zu diesem Haus oder der Geschichte unseres Kultes wissen?"
