Asinia Atilla
"Sehr richtig. Wir kommen sehr gut voran."
stellte Atilla fest, denn Calvina wusste tatsächlich eine ganze Menge. Offensichtlich hatte sie sich tatsächlich vorher einige Gedanken gemacht. Sie erhob sich und ging an das Regal, um eine zweite Rolle hervorzuholen.
"Wir können gleich mit dem nächsten Punkt fortfahren und kurz einmal einen kleinen Überblick über die römische Religion machen."
Sie nahm wieder Platz und öffnete die Rolle. Einen Augenblick lang überflog sie alles, dann meinte sie
"Die Religio Romana ist komplett unterschiedlich von diesen modernen Geheimkulten wie dem des Mithras, der Juden oder der Christen."
Sie verzog ein wenig das Gesicht und aus der Stimme allein war Verachtung für diese Kulte zu hören.
"Unsere Religion ist wesentlich vernünftiger: Wir gehen gewissermaßen einen Vertrag mit den Göttern ein. 'Do ut des'* ist unser Prinzip und unsere Gläubigkeit zeigt sich nicht über irgendwelchen spirituellen oder sentimentalen Kram, sondern einzig und allein durch das Einhalten der vorgegebenen Riten wie Opfer, Prozession, Gebet oder Gelübde.
Unsere Götter sind ähnlich wie der Kaiser eine höhere Autorität, der wir Verehrung schulden, um ihren Zorn nicht auf uns zu ziehen, also den Pax Deorum erhalten. Das ist die wichtigste Aufgabe des Staates und dafür gibt es uns, die Staatspriester. Für sein privates Heil hingegen ist jeder selbst verantwortlich und jeder Pater Familias ist zugleich der Pontifex seiner Familie."
Sie holte Luft und schien wieder zu überlegen, ob sie etwas vergessen hatte.
"Ich habe schon Gebete erwähnt. Ein allgemeiner Rahmen, wie Gebete auszusehen haben, ist folgender: Zuerst die Anrede des Gottes. Dabei ist es natürlich wichtig, die richtige Gottheit für das richtige Anliegen zu finden. Um die Gottheit milde zu stimmen, sollte man danach auf frühere Machtbeweise der Gottheit hinweisen. Dann ist es wichtig, auch seine eigene Frömmigkeit betonen, um sich des Gunstbeweises würdig zu erweisen. Hier geht es etwa um bisher gegebene Opfer.
Erst danach ist es angebracht, die Bitte selbst zu formulieren, wegen der du dich an die Gottheit wendest. Natürlich ist es auch dort angebracht, den im Kult üblichen bedeutungsvollen, aber zugleich reich geschmückten Sprachstil zu behalten. Damit die Gottheit die Bitte auch erhört, muss ihr natürlich etwas geboten werden: Folglich solltest du der Gottheit zum Ende hin wieder Leistungen versprechen.
Nun werden wir proben, ob du dies verstanden hast: Du hast ein wenig Zeit, ein Gebet um reiche Ernte zu formulieren, wie du es bei einer Opferhandlung formulieren würdest."
Sie lehnte sich zurück. Eine solche Aufgabe war ihrer Meinung nach schon wesentlich schwieriger als bloße Wissensfragen, wie sie sie bisher gestellt hatte.
Sim-Off:* Bed.: Ich gebe, damit du gibst.