Beiträge von Herminia Tarpa

    Asinia Atilla


    Am nächsten Morgen betrat Asinia Atilla, die schon viele Jahre dem Cultus Vestalis diente, den Unterrichtsraum. Ihre Aufgabe war es heute, eine junge Amata in die Grundzüge des Vesta-Kultes einzuführen. Daher hatte sie sich gut vorbereitet und war extra früh erschienen.


    Auf ihrer Cathedra nahm sie Platz und wartete, dass die junge Sergierin nach dem Frühstück hier eintraf.




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    DER UNTERRICHTSRAUM


    Ein mittelgroßer, leerer Raum des Atrium Vestae dient als Unterrichtsraum für die jungen Amatae. Bevor man eine Vestalin werden kann, muss man viel lernen, daher ist es verständlich, dass dafür extra ein Raum eingerichtet ist.


    In dem sonst kargen Zimmer befindet sich ein Stuhl für die lehrende Vestalis, dazu Hocker für die Amatae. An der Wand befindet sich ein Regal mit Schriftrollen zu allerlei Lerninhalten.

    Papiria Occia ließ Calvina den Tempel in aller Ruhe aufnehmen, dann ließ sie ihr den Vortritt und schloss hinter dem Mädchen die Tür. Anschließend ging sie schweigend neben Calvina her, wieder zurück in Richtung Atrium.


    "Ich habe ganz vergessen, dir das Lararium zu zeigen. Wir müssen schließlich genauso den Laren opfern, wie es jede Hausgemeinschaft tut."


    So führte sie das Mädchen wieder in den Hof zurück und dann in den Kultraum, in dem das vestalische Lararium stand.

    Auch dieser Raum war leer, als die beiden Kundschafter ihn betraten. Papiria Occia deutete auf den Hausaltar, an dem zwei Kerzchen brannten.


    "Das dort ist der Genius Augusti. Er wird eigentlich nur verehrt, wenn der Pontifex Maximus hier ist. Den Laren wird aber regelmäßig geopfert - das ist ein Pflichttermin für alle!"


    Sie deutete auf ein Relief an der Wand, das einen Priester, der seine Toga über den Kopf gelegt hatte, und vor einem Rundtempel stand.


    "Das ist der göttliche Augustus, wie er das Atrium Vestae stiftet."


    Während Sergia Calvina den Raum betrachtete, schien Occia sich einfach an den Reliefs zu freuen. Offensichtlich vermisste sie die Männer, von denen sie strikt abgetrennt waren.

    Papiria Occia führte die Neue weiter durch die Anlage, diesmal ging es jedoch durch einen Gang, der sie endlich wieder auf eine freie Fläche führte. Der Tempel der Vesta stand auf einer Art niedrigen Terrasse, von der aus man hinunter auf das Forum blicken konnte (und das man von dort auch erreichen konnte).


    Der Tempel selbst war rund und mit Säulen umgeben. Occia umrundete den Tempel und ging auf den Eingang zu.


    "Hier ist Stille geboten. Sieh dir also einfach alles an, dann verlassen wir den Tempel wieder."


    Damit ging sie die Stufen zur Tür hinauf und öffnete sie. Im Innern des Tempels war die einzige Lichtquelle das Loch in der Mitte des Daches. Darunter stand ein gemauerter Herd, an dem eine Vestalin kniete. Sie hatte eine goldene Schale mit Kohlen, die sie vorsichtig in den Herd warf: Das Herdfeuer der Vesta war nämlich gar kein Feuer, sondern eher eine stete Glut. Als sich die Tür öffnete, zuckte die Frau zusammen, doch als sie Occia erblickte, nickte sie nur.


    Entlang der gesamten Tempelwand standen Steinbänke, die den Vestalinnen als Sitzgelegenheit während ihrer "Feuerwache" dienten. Gegenüber des Eingangs befand sich jedoch eine Art Marmorbecken, in dem Kohlen aufbewahrt wurden. Der Raum war jedoch wesentlich kleiner, als der Tempel von außen wirkte. An einer Stelle konnte man sehen, warum: Es befand sich eine relativ tiefe Nische in der Wand. In ihr stand eine bronzene, uralt wirkende Statue - das sagenhafte Palladium, das Aeneas aus dem brennenden Troja gerettet hatte. Die Innenwand war zwar aus Marmor, jedoch mit Kassettenartigen Reliefs. Vermutlich schlummerten hinter den Wänden die berühmten Sacra, die im Tempel versteckt wurden und so geheim waren, dass möglicherweise nicht einmal die Vestalinnen wussten, um was genau es sich dabei handelte (außer vielleicht die Virgo Vestalis Maxima).

    "Gut, dann komm mit!"


    meinte Occia fröhlich und führte die junge Amata hinaus und über den kleinen Garten, in dem die gestrengen Marmor-Vestalinnen von ihren Sockeln starrten. Die ganze Anlage wirkte dabei ein wenig verlassen.


    Gegenüber der Wohnräume öffnete sie schließlich eine Tür und ging vor der Sergierin hinein.

    Als Papiria Occia das Badezimmer betrat, war es selbstverständlich leer: Die Vestalinnen waren schließlich noch in der Regia, beziehungsweise mussten ihren Dienst im Tempel versehen. Daher hatten die beiden Frauen auch viel Zeit, sich umzusehen.


    "Hier kannst du dich waschen oder einfach ein bisschen im Wasser sitzen. Da hinten befinden sich Haken für deine Kleidung. Du solltest aber ein Handtuch mitnehmen - hier gibts es leider keine."


    erklärte sie kurz, wie der Raum zu verwenden war und sah Calvina dann fragend an: Ob es Fragen gab?

    LARARIUM
    DER KULTRAUM DER LAREN


    In Westbereich des Komplexes befindet sich ein etwas größerer Raum, in dem das Lararium des Atrium Vestae steht. Auf dem Hausaltar steht eine Figur, die den Genius des Kaisers und Pontifex Maximus darstellt, außerdem Schälchen für das Hausopfer.


    Der Raum selbst ist mit Marmor ausgekleidet, in die Reliefs, die verschiedene Kaiser und Pontifices Maximi darstellen. Der Boden zeigt ein Mosaik-Muster.

    BALNEUM
    DAS BADEZIMMER


    Auf dem Gelände des Atrium Vestae befindet sich ein kleines Bad. Es besteht aus drei kleineren Becken, von denen zwei beheizt sind. Die Wände sind verputzt und mit Landschaftsmalerein versehen, sodass man mit ein wenig Gefühl glauben könnte, man bade in freier Natur.

    "Gefällt es dir?"


    fragte Occia und blickte sich um. Nunja, außer dem Raum an sich blieb hoffentlich nicht viel so, wie es war.


    "Möchtest du dir jetzt die Thermen oder lieber gleich den Tempel ansehen?"


    fragte sie dann.

    "Du kannst natürlich auch gern noch ein paar Möbel anschaffen, wenn es dir zu karg ist."


    fügte Occia an, als sie das leere Zimmer betrachtete. Die Vestalin, die hier ausgezogen war, hatte ihr gesamtes Privat-Mobiliar mit in ihr neues Heim bei einem einflussreichen Senator genommen. Um den Wünschen der neuen Vestalin gerecht zu werden, waren außerdem vorerst alle Wände weiß gekalkt worden.


    "Wenn du etwas mehr Farbe willst, kannst du das ebenfalls gern tun."


    Dass so etwas selbst zu finanzieren war, verstand sich von selbst. Aber dafür wurden Vestalinnen ja bezahlt!

    "Der Unterricht beginnt morgen. Heute werden wir uns zuerst alles ansehen."


    erklärte Occia und deutete auf den Weg.


    "Sehen wir uns zuerst dein neues Heim an."


    Sie ging mit ihrem Schützling den Weg hinab, bis sie vor eine Tür kamen. Occia öffnete und ließ Calvina den Vortritt.

    CUBICULUM
    SERGIA CALVINA


    Der private Bereich besteht aus einem größeren Schlafraum mit einem breiten Bett, sowie Fenstern zum Hof hin. Daneben verfügt der Schlafkomplex über ein Ankleidezimmer mit Kleidertruhe und Silberspiegel, sowie einem kleinen Vorraum, von dem die anderen beiden Räume abgehen.


    "Dann tritt ein!"


    meinte sie freundlich und öffnete mit einem Schlüssel die Pforte, um das Mädchen einzulassen.

    Papiria Occia führte die neue Vestalin durch die Tür. Gemeinsam betraten sie das eigentliche "Atrium Vestae", einen rechteckigen Innenhof mit drei hintereinanderliegenden Wasserbecken in der Mitte. Zwischen den beiden mit Marmor belegten Wegen war der Hof begrünt, einige Statuen von längst verschiedenen Vestalinnen standen da. Die erste Statue, der sie begegneten, zeigte jedoch den Stifter des Gebäudes, Octavianus Augustus.


    "Hier wirst du in Zukunft wohnen. Von diesem Hof gehen alle Räume ab. Jede von uns besitzt zwei Räume, dazu haben wir hier am Eingang ein Triclinium, eine Küche, sowie ein Officium für den Verwaltungskram. Außerdem haben wir eine kleine Bade-Anlage auf der Westseite. Dein Unterricht findet dort hinten statt."


    erklärte sie die Anlage.


    "Dann tritt ein!"


    meinte sie freundlich und öffnete mit einem Schlüssel die Pforte, um das Mädchen einzulassen.

    Pomponia Pia hatte ihre Captio damals zwar etwas ruppiger in Erinnerung (man hatte sie eher zu sich gezogen als nur getätschelt), doch vielleicht lag das auch an der schlechten Verfassung des Pontifex Maximus, dessen Krankheit möglicherweise wieder einmal schwer zugeschlagen hatte.


    Nach der Handlung trat sie vor, eine zweite Vestalin bei sich, und blickte Sergia Calvina an.


    "Sergia Calvina, Amata Minor, unsere Schwester. Siehe Papiria Occia. Sie wird dich wie eine große Schwester alles lehren, was du für den Dienst der Vesta wissen musst."


    Damit trat sie zurück und die andere Vestalin trat vor.


    "Salve, Sergia! Komm mit mir, ich zeige dir dein neues zu Hause!"


    Damit wandte sie sich um, verabschiedete sich vom Pontifex Maximus und verließ die Regia, Calvina mit sich nehmend.