Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    "Von der Lex Mercatus ist zweifellos jeder von uns mehr oder minder stark betroffen", stimmte Macer seinem Tiro mit einem Augenzwinkern zu und war froh, dass dieser sich selber einbremste und das auch noch in passende Worte kleidete. Und früher oder später würde sich ganz sicher eine Gelegenheit ergeben, ihn wieder aktiv ins Gespräch zu holen.


    Nachdem Aurelius Lupus Macers Argumenten offenbar auch zustimmte, blieb Macer allerdings zum nächsten Punkt erst einmal selber nicht viel zu sagen. "Nun, ich muss zugeben, dass ich bezüglich der Obergrenzen recht leidenschaftslos bin. Ich besitze ein Landgut, auf dem ich insbesondere Obstanbau und auch eine Imkerei betreibe. Mehr nicht. Ich habe also keinerlei Erfahrung wie es ist, an die eine oder andere Grenze zu stoßen. Von daher wäre ich wohl geneigt, dir hier kommentarlos zu folgen", signalisierte er seine Zustimmung. Vielleicht konnte er sich damit ja die Option erkaufen, später selber auich noch die eine oder andere Änderung einzubringen, die dann Aurelius Lupus kommentarlos in das Gesamtwerk aufnehmen würde.


    Nebenbei machte er sich noch eine Notiz, dass der Paragraph bezüglich der Haftungsfrage wohl tatsächlich überarbeitet werden sollte, denn anders als sein Gegenüber sah er hier schon Bedarf für eine deutliche Klarstellung. Aber damit wollte er sich nicht jetzt aufhalten, sondern es später wieder einbringen, wenn es um die Formulierung der Neufassung ging.

    "Salve, Decimus Casca. Es freut mich, dich kennenzulernen", erwiderte Macer den Gruß ebenso herzlich. "Die Decima ist also noch immer fest im Rennsport verwurzelt, muss ich feststellen", kommentierte Macer die Tatsache, dass nachher gegebebenfalls mindestens drei Mitglieder jener Gens dem Trainingsrennen beiwohnen würden, sofern Decimus Livianus auch wirklich erschien. "Aber ich muss zugeben, dass mir der griechische Stamm der Familie bisher nicht so geläufig ist", knüpfte Macer dann mit einem kleinen Geständnis an die Vorstellung an. Wobei die Unkenntnis auch einfach nur seinem Gedächtnis geschuldet sein könnte.

    Macer setzte sich auf die geistige Agenda, seinen Tiro über die übliche Redereihenfolge im Senat zu unterrichten, die auch außerhalb der Curia einen guten Eindruck machte. In der Hoffnung, dieses Vorhaben bis zum nächsten Tag nicht vergessen zu haben, konzentrierte er sich dann wieder auf die Vorschläge, zu denen es allerdings aus seiner Sicht nicht viel zu sagen gab.


    "Ja, ich denke, beides sind sinnvolle Vorschläge. Was das Führen eines Betriebes durch einen Sklaven angeht, entspricht es zweifellos dem Usus, dass Landgüter und viele andere Betriebe durch Sklaven geführt werden. Man mag lediglich darüber streiten, was denn eigentlich die Tätigkeit des Führens eines Betriebes ausmacht. Wenn es schon reicht, einmal im Jahr die Bücher zu prüfen, dann führst du deinen Betrieb ja doch selber. Leider ist der ganze Paragraph sehr uneinheitlich dahingehend, ob es nun um Eigentum, Besitz oder Führung eines Betriebes geht. Fast jeder Satz verwendet ein anderes Wort. Ich denke jedoch, der Geist der Lex ist es hier, diejenige Person zu bestimmen, die der letztendliche Profiteur des Geschäftes ist und die daher auch für Fehler haften muss. Und der dritte Satz des Paragraphen soll ausschließen, dass es sich bei einer solchen Person um einen Sklaven handelt, was zweifellos sehr sinnvoll ist", erläuterte Macer seine Sichtweise. Einen konkreten Formulierungsvorschlag machte er nicht, denn die Kritik an der sehr variantenreichen Formulierung erstreckte sich ja über mehrere Sätze, die noch zu diskutieren waren. Und zum nächsten wollte und sollte er ja ohnehin noch etwas sagen.


    "Die Erwähnung des Cultus Deorum halte ich hier auch für überflüssig, da es für den Markt zweifellos keine Rolle spielt, ob ein Betrieb durch ein Mitglied eben jenes Cultus Deorum geführt wird oder diesem gehört. Dass das Exercitus erwähnt wird, kann ich verstehen, da es tausende Soldaten gibt und diese in den Garnisonsstädten sonst alle Gewerbe unter ihre Kontrolle bringen könnten, was sowohl zum Nachteil der Bevölkerung als auch der Staatskasse sein kann, die zur Versorgung der Armee auch bei Händlern und Handwerkern vor Ort kauft. Beim Cultus Deorum sehe ich dieses Problem nicht. Und wie du richtig sagst, liegt alles andere im Ermessen des Collegium Pontificium oder wem auch immer, der sich dazu berufen fühlt, die Tempeldiener und Priester zu beaufsichtigen", stimmte Macer dem Vorschlag zu und erprobte dabei gleich eine mögliche Argumentation bezüglich der Erwähnung des Militärs.


    "Und wieso sollte es Ausnahmen für Lupanare oder Schänken geben?", wandte er sich dann kurz an seinen Tiro. "Wenn wir Menschen, die diesen Gewerben nachgehen, für unwürdig für den Dienst an den Göttern halten, dann ist dies eben Sache der Kultvorschriften. Wir haben ja auch einzelne Kulthandlungen, bei denen Männer oder Frauen ausgeschlossen sind, aber das bedeutet ja nicht im Umkehrschluss, dass Männern oder Frauen die Durchführung aller Kulthandlungen untersagt wäre", rief er in Erinnerung. "Und es wäre ja auch irgendwie seltsam, warum man ausgerechnet einem Wirt, der jeden Tag Menschen mit Speisen und Getränken glücklich macht verbieten sollte, auch den Göttern ein Bankett zu richten", warf er dann auch hier noch ein Argument anhand eines spontanen Beispiels in die Runde.

    "Solange man dabei immer den richtigen Ton trifft, ist das auch kein Problem", meinte Macer. "Man merkt recht schnell, wenn ein Redner versucht einen Stil zu treffen, den er einfach nicht beherrscht. Da muss man dann genug Selbstdisziplin haben, gegebebenfalls gar nichts zu sagen, wenn man weiß, dass der eigene Schnabel gerade nur unpassendes parat hätte", fügte Macer dann noch als Tipp hinzu. "Da hilft es dann auch, sich für eine Rede ein Motto zu überlegen. Bei meinen Kandidaturreden im Senat habe ich das meistens so gemacht. Dann hat man nicht nur einen inhatlichen Leitfaden, sondern auch ein paar Schlagworte oder Grundgedanken, um die man alles gruppiert. Und alles, was einem gerade in den Kopf kommt, was nicht zum roten Faden oder Motto der Rede passt, lässt man dann weg. Wenn man gut vorbereitet ist, bleibt dann trotzdem noch genug übrig, was man sagen kann." Zuweilen gab es zwar auch Redner, bei denen wäre es besser, sie hätten ihre gesamte Rede weggelassen, aber die musste man sich ja nicht als Beispiel nehmen. Und wenn doch, dann als Negativbeispiel.

    "Alles klar", nickte Macer verstehend. "Das sollte kein Problem sein, in einer Stunde zu beginnen." Ob der Senator bis dahin da war, würde man dann ja sehen. Anderes Publikum schien sich schon zu sammeln, was Macer durchaus schön fand. Auch wenn es nur ein Trainingsrennen war, war es sicher schön für die Fahrer, nicht völlig unbeachtet zu fahren.


    "Was hattet ihr denn für Probleme mit den Pferden?" erkundigte er sich dann.

    "Salve Decimus", erwiderte Macer die Begrüßung. "Das wäre sehr schön, wenn Decimus Livianus heute zuschauen würde. Hat er gesagt, wir sollen auf ihn warten?", erkundigte sich Macer, denn solange noch nicht buchstäblich alle mit den Hufen scharrten, konnte man sich sicher einen etwas lockereren Zeitplan gönnen. "Wie lange braucht ihr noch für eure Vorbereitung? Wir wären in etwa einer halben Stunde soweit."

    "Oh, nein, so ist das auch wieder nicht, dass ich völlig frei spreche", gab Macer zur Antwort. Offenbar war eine etwas weitere Erkärung notwendig. "Ich mache mir gründlich Gedanken über das Thema und natürlich auch über die Ziele der Rede. Daraus ergibt sich dann ein roter Faden und eine sinnvolle Reihenfolge, in der ich meinen Zuhörern das Thema näherbringen möchte. Diesen roten Faden möchte ich dann auch während der Rede tunlichst nicht verlieren", führte er dann aus. "Was ich nicht mache, ist die Rede vorab im Detail zu planen und dann zu versuchen, jeden Satz so wiederzugeben, wie ich ihn mir vorher ausgedacht habe. Ich habe meine Stichpunkte im Kopf, was ich in welcher Reihenfolge sagen möchte und dazu formuliere ich dann frei", erklärte er. "Nur in Situationen wie jetzt gerade, da spreche ich völlig frei", schob er dann noch mit einem leichten Grinsen nach.

    Gleich nach der morgendlichen Salutatio hatte sich Macer heute nicht zum Forum oder in den Senat begeben, sondern war auf der Rennbahn erschienen, auf der die Russata ihre Trainingsrennen abzuhalten pflegte. Für heute hatte er nämlich mit seinem Tiro aus dem hause der Decimer vereinbart, dass ein gemeinsames Trainingsrennen mit der Factio Aurata stattfinden sollte. Als Macer eintraf, herrschte schon geschäftiges Treiben an der Bahn und er sah sofort, dass die Russata sich schon fleissig für den Start vorbereitete. Er begrüßte einige Factiokollegen und ließ sich den Stand erläutern und schaute dann, ob er auch seinen Tiro schon entdecken konnte.

    Mit einem dezenten Kopfschütteln während des Gesprächs teilte Macer mit, dass ihm der genannte Schrein nicht im Speziellen aufgefallen wäre, ohne dass er das Gespräch für diese Mitteilung unterbrechen wollte. Später nickte er ebenso dezent bei der Erwähnung der Finanzierung und dann noch einmal bei der Betonung der Bedeutung der Lares. "Zweifellos eine sinnvolle Sache", fasste er seinen Zustimmung dann noch einmal in Worte. "Über welchen finanziellen Aufwand reden wir denn hier, wenn es um die Instandsetzung dieses einen Schreines geht? Oder sammelt ihr gleuch für mehrere Projekte?" Macer konnte sich zumindest nicht vorstellen, der erste oder einzige Senator zu sein, der gefragt wurde, aber er war sich recht sicher, dass man mit den Spenden mehrerer Senatoren mehr als nur einen Schrein instandsetzen konnte.

    "Ja, Posca ist gut. Danke", schloss sich auch Macer der Getränkewahl an und nahm dann mit einem Nicken die Schriftrolle mit der Abschrift des Gesetztes entgegen. Noch bevor er sie öffnete, holte er aus seiner Tasche eine recht großformatige Wachstafel hervor, auf der sich augenscheinlich schon einige Notizen zur Lex Mercatus befanden. Seine eigene Abschrift des Gesetzes, die er ebenfalls dabei hatte, ließ er dagegen in der Tasche. Nachdem er sich auch noch einen Stylus aus der Tasche gefischt hatte, warf er einen kurzen Blick zu seinem Tiro, der sich offenbar schon in die Schriftrolle vertiefte, und schaute dann zu Senator Aurelius. "Wir sind bereit", verkündete er fröhlich und nahm an, dass ihm der Gastgeber jetzt allerlei Vorschläge entgegenwerfen würde.

    Decimus Scipio kannte denfinitv Macers schlechtes Gedächtnis noch nicht. "Ich weiß es nicht mehr", gab Macer offen zu. "Ich weiß weder, wann ich das erste Mal überhaupt öffentlich gesprochen habe, noch wann und zu welchem Thema ich beispielsweise meine erste nennenswerte Rede im Senat hatte. Mein Gedächtnis ist nicht sonderlich gut, musst du wissen", erklärte er die Lage. "Gerade deshalb habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, nicht eine detaillierte Rede einzustudieren, sondern über das Thema der Rede Bescheid zu wissen. Dann macht es nichts, wenn man einen geplanten Satz vergisst. Solange man die Fakten zusammen hat, kann man immer etwas sinnvolles sagen."

    "Zynisch und beleidigend?" Macer blickte seinen Tiro kopfschüttelnd an. "Wir vertiefen das wohl besser ein anderes Mal." Er machte eine kurze Pause. "Ich werde dir bei unserem Aufenthalt in der Villa Aurelia sicher Gelegenheit geben, dich am Gespräch zu beteiligen", versicherte er seinem Tiro dann nicht ohne einen leicht mahnenden Unterton.

    "Einen Moment bitte. Ich frage nach, ob der Senator Zeit hat", verkündete der Türhüter und verschwand im Inneren der Casa. Etwas später kam er zurück und öffnete die Tür weit. "Der Senator empfängt dich", teilte er mit und ließ den Besucher eintreten. Wenige Schritte später empfing diesen der Sekretär und führte ihn ins Tablinum.

    Solange der Aurelier noch bei ihnen war, verkniff sich Macer jeden weiteren Kommentar und war lediglich froh, dass das Gespräch ohnehin gerade beendet wurde. Als der Senator außer Hörweite war, wandte er sich jedoch mit leicht verkniffenem Gesichtsausdruck an seinen Tiro. "Dass das nicht die schlauste Antwort war, weißt du sicher selber, ja?" fragte er und endete mit einem bedeutungsvollen leichten Nicken.

    "Senator Aurelius, ich danke für die Einladung und deine Gastfreundschaft", antwortete Macer und erwiderte den Handschlag herzlich. Nach einem kurzen Blick durch den Raum, nach dem er sich trotzdem nicht erinnern konnte, ob er schon einmal hier drin gewesen war, nahm er mit einem leisen wohligen Seufzen auf einer der angebotenen Klinen Platz. Da sie allerdings erst einmal arbeiten wollten, verzichtete er darauf, es sich gleich allzu bequem zu machen, schlug das angebotene Begrüßungsgetränk aber trotzdem nicht aus. "Ja, sehr gerne. Ein Schluck zum Befeuchten der Kehle kann nicht schaden, wenn wir nun fleissig diskutieren wollen", zeigte er sich tatendurstig und zog unter den Falten seiner Toga eine Tasche hervor, die er neben seiner Kline auf den Bogen stellte.