"Von den drei militärischen Einheiten der Stadt Rom fehlen uns nach den letzten beiden Vorlesungen nur noch die Vigiles, mit denen wir uns heute befassen wollen. Die Vigiles sind nur im eingeschränkten Sinne eine militärischen Einheit: sie haben die Organisationsstruktur und Hierarchie des Militärs, werden aber für nichtmilitärischen Aufgaben eingesetzt und tragen auch nicht immer Rüstungen oder militärische Bewaffnung.
Beginnen wir aber einmal wie bei den anderen Einheiten mit einem Blick in die Geschichte. In der Republik war der Brandschutz der Stadt Rom die Aufgabe der Aedilen, die dieser Aufgabe allerdings nur schlecht nachkamen, da sie ja noch eine Menge anderer Aufgaben hatten und mit den etwa 100 Bränden, die Rom jeden Tag erlebte, völlig überfordert waren. Deshalb wurden vor allem private Feuerwehren aufgestellt, entweder als Nachbarschaftshilfe der Bevölkerung oder als Gruppe ausgebildeter Sklaven, die durch einen reichen Bürger finanziert wurden. Nicht selten arbeiteten diese Feuerwehren aber nur soweit, wie es ihren eigenen Interessen bzw. den Interessen ihre Besitzers gefiel. Eher aus politischem Kalkül als aus echter Sorge um diese Situation stellte der Aedil Egnatius Rufus 26 v.Chr. auf eigene Kosten eine Truppe von Sklaven auf und setzte sie als unabhängige zur Brandbekämpfung ein. Die Einwohner Roms zeigten sich sehr dankbar und waren plötzlich sogar bereit, die Kosten für die Einsätze zu tragen, ohne dass er es verlangt hätte. Für ihn waren seine Kosten vor allem eine Investition in die Beliebtheit, die es ihm bei späteren Wahlen sehr leicht machten. Genau dieses Problem machte Kaiser Augustus Sorgen, der nicht wollte, dass mit der Sicherheit der Stadt politische Karrieren gemacht werden konnten. Nach einem Großbrand im Jahre 23 v.Chr. stellte er den Aedilen 500 bis 600 Sklaven zur Brandbekämpfung zur Verfügung, kümmerte sich aber vorerst nicht weiter darum. Was dazu führte, dass die Brandbekämpfung nicht wesentlich besser funktionierte als zuvor, da die Aedilen ja immernoch mit allen möglichen anderen Aufgaben befasst waren.
So kam es 6 v.Chr. wieder zu einem Großbrand und diesmal kümmerte sich Kaiser Augustus effektiver um die Brandbekämpfung und schuf die Vigiles in der Form, wie wir sie noch heute kennen: 3500 Freigelassene wurden militärisch in sieben Kohorten zu je sieben Zenturien als stehende Feuerwehr aufgestellt. Jede Kohorte ist für zwei Stadtbezirke zuständig. Das Kommando führt der aus dem Ritterstand stammende Praefectus Vigilum. Nachdem die Männer anfangs noch in Privathäusern untergebracht waren, bekamen sie später mit den Stationes und Excubitoriae eigene Quartiere in den Bezirken der Stadt. Die Verteilung der Mannschaften erfolgt logischerweise nach der Bevölkerungsdichte und der Brandhäufigkeit.
Zu den täglichen und nächtlichen Aufgaben der Vigiles gehören hauptsächlich ständige Patrouillen durch die Stadt, die vor allem das Ausbrechen von Bränden verhindern sollen. Zudem können so Brandschutzvorschriften geprüft und ausgebrochene Brände schnell bemerkt und gemeldet werden. Dazu kommen auf diesen Patrouillen noch in beschränktem Maße Polizeiaufgaben, wie sie die Lex Vigilum regelt. Insbesondere sind das Ermittlungen gegen Brandstifter, Einbrecher, Diebe, Räuber und Hehler sowie das Aufgreifen entlaufener Skalven. Bei öffentlichen Veranstaltungen sowie im Falle von politischen Unruhen kann der Praefectus Urbi die Vigiles zudem als zusätzliche Polizeitruppen anfordern.
Außerhalb Roms gibt es keine vergleichbaren Feuerwehrtruppen. In Karthago und Lugdunum stehen, wie wir in der letzten Vorlesung bereits angesprochen hatten, Stadtkohorten, die die Aufgabe der Brandbekämpfung mit übernehmen müssen. Alle anderen Städte kümmern sich selbst um die Aufstellung von Feuerwehren. Die kommunale Feuerwehr von Ostia hat zum Beispiel eine Stärke von vier Centurien.
Aus militärischen Gesichtspunkten spielen die Vigiles natürlich keine relevante Rolle, weshalb sie Ihnen in den Vorlesungen der Academia praktisch nicht begegnen werden."