Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    Tatsächlich hatte Amasis sich so schnell wieder im Griff, wie Macer gehofft hatte. Wenn man dem Sprecher glauben konnte, flog er wohl geradezu nach vorne, auch wenn aus Macers Perspektive davon nicht viel zu erkennen war. Er schaute zwar immer wieder in die Richtung der heranrasenden Fahrer, konzentrierte sich dann aber doch lieber erst einmal wieder auf die Anzeige des Zwischenstandes. Wenn er die Zeichen richtig deutete, lagen gerade beide roten Fahrer in Führung, was seine Stimmung deutlich steigen ließ.


    Auch die Anhänger der Russata entlang der Strecke schienen überall diesen guten Stand zu bemerken und bemühten sich, weiterhin laut hörbar zu sein.


    "Russ-russ-russ Ru-russ-russ-russ Ru-russ-russ-russ Russata!"


    Der Türhüter führte den unerwarteten Gast ins Atrium, wo Bänke für wartende Gäste zur Verfügung standen. Dort trat dann der Sekretär des Hausherrn hinzu und erzählte in etwa dasselbe, was der Türhüter schon gesagt hatte. "Der Senator ist nicht im Hause, so dass du leider warten musst, wenn du ihn heute noch sprechen möchtest. Ansonsten kann ich dir auch einen Termin in den nächsten Tagen reservieren", bot er an.

    Dass Amasis nach dem guten Start gleich mehrere Plätze zu verlieren schien, nahm Macer mit wenig glücklicher Miene zur Kenntnis. Hoffentlich war dies nur eine kurze Schwächephase, die er im langen Rest des Rennens noch aufholen konnte. Die Anhänger der Russata, die sich näher am Geschehen befanden als Macer, taten jedenfall ihr bestes, um beide roten Fahrer anzufeuern und mit ihren Schlachtrufen weiter nach vorne zu treiben. Die lange, zum Meer hin offene Strecke sorgte allerdings dafür, dass es längst nicht so laut und treibend schallte wie in einem geschlossenen Stadion voller Menschen. Dazu trieb der Wind die Stimmen einfach viel zu leicht über die offene Strecke und natürlich verteilten sich die Zuschauer auch ganz anders entlang der gerade Bahn, als in einem geschlossenen Rund. Erst am Ende wurde es voller und auch hier machten die Anhänger der Russata schon ordentlich Lärm.


    Macer stutzte ein wenig angesichts der einleitenden Frage, denn seinen Weg zum Stadion hätte er nun nicht als Anreise bezeichnet. "Danke, ich kann nicht klagen", gab er dann mit einem breiten Grinsen zur Antwort. Auch die Information, dass der Kaiser eingeladen war, kam etwas unerwartet, aber er nahm sie erst einmal zur Kenntnis. "Ich nehme doch an, dass die Kanzlei organisiert genug ist, zumindest dann zu antworten, wenn der Kaiser tatsächlich gedenkt, das Rennen persönlich zu eröffnen", spekulierte er dann, nur um wenig später eine zurückhaltende Geste zu machen. "Du bist der Organisator, Iulius, deine Entscheidung", beantwortete er die Frage nach der Wartezeit, ohne eine wirkliche Antwort zu geben.

    "Genau so ist es", besträtigte Macer, womit die Debatte um diesen Punkt beendet zu sein schien. Ohnehin hatte ihr heutiges Treffen ja schon einige Zeit in Anspruch genommen und sie hatten einiges besprochen, so dass man die DIskussion ja auch nicht ins Ewige verlängern musste.


    "Heute habe ich keine Hausaufgabe für dich", kam Macer daher auch zügig zum Abschluss des heutigen Gesprächs, bevor sich noch ein neuer Punkt auftun würde. Dafür konnte man sich bei einem späteren Treffen immer noch Zeit nehmen. "Wir sehen uns morgen wieder wie üblich?" erkundigte er sich dann noch zum Abschied.

    Ganz so leicht war es jedoch nicht, denn immerhin war der Türhüter dafür da, Besucher richtig einzuordnen, noch bevor sie das Haus überhaupt betraten. "Und du wurdest von Consular Vinicius geschickt oder kommst du in eigener Sache?" fragte der Türhüter weiter. Dabei ließ er mit keinem Wort und keiner Miene erkennen, ob der Hausherr überhaupt zu Hause war.

    Der kleine Tross der Russata hatte sich recht zeitig auf den Weg gemacht, um im Stadion alles in Ruhe vorbereiten zu können. So war es für alle entspannter und man konnte auch einmal einen Blick auf die Vorbereitungen der anderen Factiones werfen oder hier und da ein wenig länger als bei einem großen Rennen mit der Konkurrenz plaudern.


    Macer kam dagegen erst recht spät vor dem geplanten Startzeitpunkt, denn er musste sich weder Sorgen um verstopfte Straßen rund um das Stadion machen noch um einen beschwerlichen Weg zu seinem Sitzplatz, der von allerlei kurzen Gesprächen verlängert wurde. Stattdessen konnte er geradewegs zu der Stelle gehen, an der schon die Vertreter der anderen Factiones standen. "Salvete, die Herren!" grüßte er in die Runde.

    Auch wenn Macer auf seinem Landgut hauptsächlich Obstanbau betrieb und in der Kleinviehhaltung wenig Erfahrung hatte, so hatte er dennoch mit diesem Einwand gerechnet und war darauf vorbereitet. "Nun, das sagst du, dass ein Huhn viel besser ist als ein Ei. Aber welches Kriterium legst du an, um zwischen besseren und schlechteren Lösungen zu unterscheiden? Sicher, ein Huhn legt im Laufe der Zeit vermutlich mehrere Eier und wenn es nur um die Menge an Eiern geht, ist das besser, als nur ein einzelnes Ei geschenkt zu bekommen. Aber was ist mit den anderen Aspekten? Ein Huhn muss man füttern und es macht Dreck. Wenn ich es im Freien halte, könnte es mir zudem abhanden kommen, noch bevor es das erste Ei gelegt hat", zählte Macer einige Nachteile auf. "Im Schnitt mag es besser sein, aber der Einzelne kann dennoch schlechter abschneiden als mit einem Ei. Das ist bei vielen Dingen so, dass man Alternativen immer aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten kann und das ist auch gar nicht schlimm. Es ist nicht einmal schlimm, dass man den einen oder anderen Blickwinkel selber ausblendet, weil er einem unwichtig erscheint. Aber du musst eben damit rechnen, dass andere dich dann aus genau dieser Richtung angreifen werden. Wenn du dir sicher bist, damit umgehen zu können, dann kannst du dieses Risiko eingehen und schon vorher eine Erwiderung darauf vorbereiten", gab Macer dann noch einen allgemeinen Rat, der auf dem konkreten Beispiel und der Frage nach einer erfolgreichen Amtszeit basierte.


    Die Frage nach der Reform des Volkstribunats war dann auch nicht einfacher zu beantworten. "Anregen kannst du Debatten immer. Die Frage, die du aber vermutlich meinst ist jene, wann du mit deinem Anliegen glaubwürdig oder erfolgreich sein kannst. Glaubwürdig bist du meines Erachtens in einem solchen Fall erst, wenn du eine Amtszeit hinter dir hast. Erst dann hast du die volle Erfahrung und gerätst auch nicht in den Verdacht, mit der Reform nur von deiner eigentlichen Arbeit ablenken zu wollen oder dir das Leben leichter machen zu wollen. Um schnell erfolgreich zu sein, musst du wohl noch viel weiter im Cursus Honorum sein, wobei darunter dann wieder die Glaubwürdigkeit leiden könnte. Wirkt es überzeugend, wenn ein Praetor sich lieber um das Volkstribunat kümmert, als um die Rechtssprechung? Als Consul kannst du ein solches Thema natürlich viel leichter auf die Agenda bringen und wenn du es schon vorher lancierst und dann genau deswegen gewählt wirst, kannst du dir breiter Unterstützung sicher sein", schätzte Macer dann die Chancen grob ab, wobei seine Ausführungen allgemein genug waren, um auf nahezu jedes größere Reformvorhaben zuzutreffen.

    Schon in den Vorläufen war die Stimmung unter den Anhängern der Russata bestens gewesen; jetzt im Finale erfuhr sie dennoch eine Steigerung. Die Aussicht auf ein gutes Abschneiden ließ allen den Puls steigen und die Vorstellung der Fahrer durch den Ausrufer trug ihr Übriges dazu bei, die Aufregung und Anspannung zu steigern. Und so wie die Fahrer mit dem Start des Rennens auf die Bahn schossen, so entlud sich auch die Anspannung auf den Rängen in wildem Geschrei.


    Russata!
    Russata!
    Russata!
    Russata!


    Natürlich hatte sich auch Macer pünktlich zum Beginn des Finallaufs wieder an der Strecke eingefunden. Nach den erfolgreichen Verhandlungen für einen neuen Rennfahrer war noch Zeit genug geblieben für einen kleinen Imbiss, ein wenig Plauderei mit verschiedenen anderen Gästen und die Beschaffung eines kleinen Geschenks, dass er seiner Tochter mit nach Hause bringen wollte. Nun fehlte nur noch ein erfolgreiches Abschneiden der roten Fahrer im Finale, um diesen Tag zu einem rundum gelungenen Ausflug nach Ostia zu machen. Das schlagartig lauter werdende Geschrei und eine Staubwolke zeigten an, dass der letzte Lauf gestartet war. Erkennen konnte Macer wieder nichts, so dass er sich erst einmal wieder voll und ganz auf die mechanische Anzeige und die Kommentatoren verließ. Hoffentlich hatten diese die Pause genutzt, ihrer Stimme etwas Gutes zu tun.

    Zitat

    Original von Narrator Italiae
    Die Argumente des Senators blieben nicht ungehört, auch wenn Tamos sie natürlich in seinem Sinne zu wenden versuchte. Eine so erfolgreiche Factio wie die Russata stand schließlich auch in der Pflicht, angemessene Beträge zu zahlen und da alle anderen Factiones offensichtlich schon mit jungen Fahrern versorgt waren, sollte sie sich auch nicht mehr zu lange Zeit lassen, ebenfalls zuzuschlagen. Andererseits wusste Tamos nur zu genau, dass er auf absehbare Zeit keine Chance haben würde, große Erfolge einzufahren, die der Russata reiche Gönner und damit viel Geld einbringen würden. Ein wenig senkten er und sein bisheriger Gönner daher schon ihre Erwartungen, ließen sich aber die Option für spätere Nachforderungen offen, sollte es zu schnellen Erfolgen kommen. Unter 7000 Sesterzen wollten sie aber dennoch keinen Abschluss annehmen.


    Langsam hatte Macer alle Argumente angeführt, die er zu Gunsten der Russata ins Rennen bringen konnte, aber zumindest hatte er den Eindruck, dass sie auch einige Erfolge erzielt hatten. Immerhin konnte er nicht abstreiten, dass auch Tamos gute Gründe für seine Forderungen hatte und sich die Russata kein zu langes Zögern bei der Verpflichtung eines jungen Fahrers mehr erlauben konnte. Aber nachdem die Forderungen im Laufe des Gesprächs etwas gesunken waren, war nun auch Macer zu weiterem Entgegenkommen bereit, auch wenn er damit bis nahezu an die Schmerzgrenze gehen musste. So einigte man sich schließlich tatsächlich auf 7000 Sesterze, für die Tamos in die Dienste der Russata treten sollte.

    Zitat

    Original von Narrator Italiae
    Auch für Tamos war es heute ein großer Tag, obwohl er überhaupt nichts mit den Rennen zu tun hatte. Aber so ein junger Fahrer wie er verhandelte nicht jeden Tag über die eigene Zukunft bei einem der großen Rennställe Roms, da schlich sich schon ein wenig Nervosität ein. Zumal Tamos kein gänzlich unbeschriebenes Blatt war, sondern sogar schon zwei nennenswerte Starts vor den Augen der Großen vorweisen konnte. Da wollte er sich natürlich keineswegs unter Wert verkaufen. Außerdem schien es der Russata sehr wichtig zu sein, ihn zu verpflichten, wenn sie gleich einen Senator zur Verhandlung vorschickten. Dem konnte man ja nun auch nicht ins Gesicht lügen, man hätte zahlreiche andere Angebote, zumal die anderen Factiones ja auch fast alle hier waren aber offensichtlich nicht alle ein Angebot abgaben. Von ihren Wunschvorstellungen von 9.000 Sesterzen oder mehr mussten sich Tamos und sein bisheriger Gönner daher wohl vielleicht doch ein klein wenig verabschieden, aber nur ein bisschen Aussicht auf etwas Sonne im Ruhme der anderen Fahrer der Russata waren da als Gegenangebot doch zu wenig, so dass sie sich noch etwas Pokerspiel erlaubten.


    Auch wenn Macer mit der festen Absicht in die Verhandlung gegangen war, einen Erfolg zu erzielen, war er durchaus gewillt, ein wenig Poker mitzuspielen. Der Ausgang der beiden Vorläufe hatte ihm immerhin dafür in die Hände gespielt, denn mit zwei von zwei Fahrern im Finale konnte man gut darauf verweisen, dass man Verstärkung nicht unbedingt um jeden Preis nötig hatte. Das man zudem noch die eher älteren Fahrer im Feld hatte, die sich aber trotzdem durchsetzen konnten, unterstrich diese Position noch. Und Tamos wird sicher auch gesehen haben, dass er bei anderen Factiones nur einer unter vielen jungen Fahrern wäre, die sich durchsetzen mussten, oder eben auch nicht. Die Russata konnte dagegen eine Position bieten, an der Tamos ganz gezielt und konzentriert als nächster Fahrer aufgebaut wurde. Macer malte dieses Bild natürlich in den schönsten Farben, auch wenn er sich in das operative Geschäft der Russata nicht allzu sehr einmischte. Und natürlich verzichtete er auch nicht darauf zu verweisen, dass jeder Sesterz, denn die Russata heute für die Verpflichtung des Fahrers sparte, in Zukunft für eine Verbesserung der Trainingssituation genutzt werden konnte. Und außerdem stieg natürlich mit einem hohne Preis jetzt auch der Druck, gleich Erfolge zu erzielen. Macer war sich sicher, dass dererlei Argumente den Preis noch ein wenig senken würden.

    Sim-Off:

    @Florus: Kein Problem, mein Posting nach dem Ende des zweiten Vorlaufs bietet dir ja eine neue Vorlage. ;) Außerdem sind parallele Zeitstränge ja kein Problem.


    Nachdem sich alle Gespräche unmittelbar nach dem Rennen langsam auflösten und sich der eine oder andere Gesprächspartner in die Mittagspause verabschiedet hatte, machte sich Macer auf den Weg, ein paar geschäftliche Dinge für die Russata zu regeln. Insbesondere stand ein Treffen mit einem Jungfahrer namens Tamos auf dem Plan, über dessen Verpflichtung die Russata in der letzten Zeit verstärkt nachgedacht hatte. Bei den Kosten war man sich aber noch nicht ganz einig, weshalb die Verhandlung inzwischen Chefsache war. Macer hoffte, dass man sich irgendwo in der Gegend von maximal 6.000 Sesterze einigen konnte, aber die Vorstellung von Tamos und seinem bisherigen Gönner lagen noch etwas darüber, wie sich schon nach kurzer Zeit des Gesprächs zeigte. Macer versuchte sein Glück damit, die heutigen Erfolge in die Waagschale zu werfen und die demnach offensichtlich guten Bedingungen die die Russata zu bieten hatte. Außerdem natürlich auch die Erfahrung, die ein junger Fahrer von solch erfolgreichen Kollegen abgreifen konnte. Für eine schnelle Einigung reichte dies aber offenbar nicht.

    Amasis hatte es also geschafft! Auf den letzten Schritten holte er noch einmal alles raus aus seinem Gespann und das war offenbar mehr, als sein grüner Gegner zu bieten hatte. Zufrieden und begeistert spendete Macer Applaus, als die Fahrer die Ziellinie überquerten und erfreute sich am Sieg des roten Fahrers. Natürlich wollte er jetzr auch im Finale noch ein gutes Ergebnis sehen, aber das Minimalziel des Tages war schon mehr als erfüllt: Beide Fahrer standen im Finale und einer hatte sogar den Vorlaufsieg geholt. Das machte Hoffnungen auf eine hervorragende Platzierung im Endlauf.


    Erneut drehte sich Macer zu Annaeus Florus um, als der Lärm etwas abgeebbt war. "Herzlichen Glückwunsch zum zweiten Fahrer im Finale", gratulierte er. "Heute fahren die Weißen ganz offensichtlich nicht hinterher, sondern mischen kräftig mit", griff er dann die Bemerkung von nach dem ersten Vorlauf auf.


    Noch während sie sprachen, näherte sich dezent ein Mitglied der Russata Macer und gab ihm ein Zeichen, welches dieser mit einem Nicken beantwortete, worauf hin der Mann sich wieder entfernte. Für die Pause bis zum Finale hatte Macer nämlich noch weitere Aktivitäten geplant, als zu plaudern, ein wenig zu essen und den Feuerschluckern zuzusehen. Ein solches Rennen war schließlich immer eine gute Gelegenheit, die Zukunft einer Factio zu planen.

    Tatsächlich wurde Macer nicht enttäuscht und Amasis lieferte sich mit seinem grünen Gegner ein Kopf-an-Kopf-Rennen, welches Macer nun auch mit einem direkten Blick auf die Bahn verfolgen konnte. Die Abstände waren allerdings so gering, dass Macer aus seiner Position nicht ausmachen konnte, wer gerade vorne lag. Wenn die Angaben des Ausrufers stimmten, wechselte das aber ohnehin häufiger und bis zum Ende war noch alles offen. Die Lücke dahinter war dagegen unübersehbar, so dass sich Macer zumindest sehr sicher sein konnte, dass es auch der zweite rote Fahrer ins Finale schaffen würde und dass es nur noch um die Platzierung ging. Jetzt durfte Amasis auf den letzten Schritten nur keinen Fehler machen oder Unfall haben.