Nun würde also das alles entscheidende Gespräch beginnen und Antoninus konnte eine gewisse Anspannung nicht verheimlichen. Zu vieles hing von seinem Ausgang ab. Er atmete tief ein und wieder aus, dann begann er.
"Mein Kaiser, ich habe die aktuelle Stellung der Frau im Reich zu meinem Wahlkampfthema gemacht. Ich habe von vielen Römern eine unerwartete Unterstützung erfahren, bin von vielen anderen scharf kritisiert worden und dennoch bei der Wahl der Quaestoren als eindeutiger Wahlsieger hervorgegangen. So kontrovers das Thema während, vor und nach der Wahl diskutiert wurde, eines zeichnet sich ab…es werden immer mehr Stimmen laut, die eine Einschränkung der Frauenrechte befürworten. Das ist der augenblickliche Stand.
Hättest du mir diese Audienz unmittelbar nach meinem Amtsantritt gewährt, hätte ich dir einen anderen Stand berichtet. Er hätte die Abwanderung konservativer Römer aus der ewigen Stadt beinhaltet und ein Bild des Verhaltens kurz vor der Resignation aufgezeigt. Mein Anliegen ist es, dir die Bitte nach einem Kompromiss zu überbringen, den du in deiner Güte dem konservativ eingestelltem Bürger und in deiner Weisheit unserem geliebten Reich gewähren könntest.
Um die Problematik aufzuzeigen… Der Stand der Dinge ist, dass jede Frau jedes Amt einnehmen kann und der eine Teil der Bürger begrüßt diese Möglichkeit. Ein anderer, kleinerer Teil der Bürger lehnt jedwede Betätigung von Frauen angefangen vom Scriba ab. Wieder andere und davon werden es immer mehr, sprechen sich gegen eine Betätigung von Frauen im Cursus Honorum aus. Diese Ansichten klaffen derart auseinander, dass man meinen könnte, es gäbe keinen Kompromiss. Doch ich wäre nicht hier, wenn ich nicht mit meiner Bitte nach einem Kompromiss auch einen Lösungsvorschlag hätte.
Mein Kaiser, ich ersuche dich im Namen der konservativen Römer um einen Aufnahmestopp für Frauen in den Senat.
Während deines Aufenthalts in Germania habe ich einflussreiche Senatoren aufgesucht und dieses Thema angesprochen. Ich habe um Unterstützung geworben und um Einsicht gebeten und ich bin auch in dieser gehobenen Schicht auf mehr offene Ohren gestoßen als ich je annehmen konnte. Nicht alle waren meinem Anliegen geneigt, aber mehr als die Hälfte. Während Senator Aelius Quarto und seine Gattin mein Anliegen nicht unterstützen, haben sich die Senatoren Vinicius Hungaricus, Purgitius Macer und Helvetius Geminus als Befürworter erwiesen. Senator Helvetius Geminus war besonders deutlich in seinen Äußerungen. Er sagte, dass er es für Roma absolut notwendig halte, diesen Schritt in absehbarer Zeit zu gehen.
Tiberia Livia hat sich während des Gesprächs weder positiv noch negativ geäußert, sondern in angenehm weiblicher Manier zurückgehalten. Mein Vorstoß soll auch keineswegs die bereits erworbenen Rechte der im Senat sitzenden Frauen beeinträchtigen, sondern betrifft ausschließlich zukünftige Anwärterinnen.
Mein Kaiser, ich habe mich nicht nur für den direkten Gang zu dir entschieden, weil du die Entscheidung über mein Anliegen triffst und nicht der Senat, sondern weil die breite Masse der Römern deiner Weisheit vertraut."
Antoninus hatte sich noch längst nicht alles von der Seele geredet, aber er wollte dem Kaiser auch nicht mit Worten erschlagen. Über alle Maßen gespannt sah er dessen Antwort entgegen.