Beiträge von Marcus Aurelius Antoninus

    "Deandra ist derzeit in Mantua. Die beiden Villen der Aurelier liegen nebeneinander. In einer von beiden findest du sie sicher.“


    Antoninus hob seinen Becher.


    "Trinken wir auf deine Heimkehr und deine zukünftigen Erfolge.“


    Nach einem großen Schluck setzte Antoninus den Becher ab. Der Wein war wirklich gut. Eine ausgereifte Frucht.


    "Dein Zimmer ist sicher schon hergerichtet. Natürlich wurde es von niemand anderem belegt. Es ist und bleibt deines. Ich werde nachher wieder in die Castra gehen. Manchen Abend bin ich in der Villa, andere Tage lässt dies der Dienst nicht zu. Hinterlass mir einfach eine Nachricht, wenn du mich sprechen willst. Ich vermute einmal, du wirst zukünftig auch öfters auf Reisen sein.“

    Antoninus nickte zufrieden. Ehrgeiz zeichnete alle Aurelier der Familia Sophus aus, Ehrgeiz, Klasse und Würde.


    "In Italia stehen dir die Provinzverwaltungen Mantuas und Misenums zur Verfügung. Von Ostia würde ich dir abraten. Dort sind sowohl im Militär als auch in der Bevölkerung die Aurelier der Veneta ansässig. Leider ist das Verhältnis ja nicht gut. Man geht sich aus dem Weg und das ist wohl auch besser für alle Beteiligten.


    Misenum und Mantua sind für dich gleichermaßen gut geeignet, denn Mantua ist DIE konservative Stadt in Italia, ja dem gesamten Reich, überhaupt, was vor allem ein Verdienst deiner Schwester Deandra ist. Misenum befindet sich meines Wissens derzeit im Gespräch. Nach Deandras Vorstellungen soll auch diese Stadt traditionell geleitet werden und wer, wenn nicht ein konservativer Patrizier wäre dazu besser geeignet.
    Maxentius, ich würde dir ans Herz legen, dich in dieser Sache an deine Schwester zu wenden. Sie handelt die Geschicke dieser Städte mit dem Legatus Augusti pro Praetore in Italia aus. Ich bin stolz auf meine Kinder!“


    Wohlwollend nickt Antoninus seinem Sohn zu und greift sich ebenfalls ein paar Trauben und Oliven.

    "Mit körperlicher Ertüchtigung habe ich Lauf- und Schwimmtraining gemeint sowie natürlich Übungen in der Handhabung von Waffen. Zum einen, damit das Können ein beständiges bleibt und zum anderen, damit Armkraft und Ausdauer gestärkt werden.
    Für spezielle Schulungen habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, aber ich kann es mir ja mal durch den Kopf gehen lassen.


    Wenn sonst nichts mehr wäre, schreibe ich jetzt erst einmal den Bericht und breche im Anschluss daran nach Ostia auf.“

    "Recht so! Mit der Zeit ist der Einfluss von uns Patriziern in der Politik stark gesunken. Es wird höchste Zeit, dass sich daran etwas ändert.“


    Antoninus gefiel die Einstellung seines Sohnes. Er nahm eine bequeme Stellung auf der Liege ein, um sich über den zukünftigen Weg Gedanken zu machen.

    "Ich trage mich ebenfalls mit dem Gedanken, von Zeit zu Zeit die Rüstung gegen den Griffel im Cursus Honorum zu tauschen. Um dort eine Kandidatur zu bestehen, muss man erstens bekannt sein und zweitens Erfahrung oder Erfolge vorweisen. An deiner Bekanntheit musst du arbeiten, denn kaum jemand kennt dich hier in Rom. Letzteres wird dir bei etwas Geschick schneller gelingen als mir, denn der Weg über das Militär dauert länger.


    Es gibt meines Erachtens zwei Wege für dich. Du könntest in der Curia oder im Kaiserhaus nachfragen, aber viel mehr als die Position eines Scriba wird da vermutlich nicht frei sein. Ich weiß es aber nicht genau. Man müsste eben nachfragen.
    Der andere Weg wäre über eine Provinzverwaltung. Ich habe gehört, Ende des Monats sind die Wahlen dazu und dort könntest du mit etwas Glück als Magistratus einsteigen.


    Das wäre natürlich eine Position, auf der man sehr gut aufbauen kann.“

    "Junge, du musst das tun, was deinen Neigungen entspricht.“


    Mit einem Ächzen stützte sich Antoninus kurz nach oben. Ein Wink ließ den Sklaven erneut herbeieilen und Antoninus sank wieder auf die Liege hinab.


    "Bring uns ein paar Happen zu essen“, wies er den Sklaven an und dieser eilte davon.


    "Beide Karrierewege bilden eine Herausforderung. Die Politik ist hart, aber du erreichst auf diesem Wege schneller und ich meine auch ein größeres Ansehen. Ein Militärangehöriger ist in der Bevölkerung gering geachtet und es dauert lange, bis er einmal aufsteigt. Wenn überhaupt, achtet man ihn erst dann, wenn er Stabsoffizier geworden ist.“


    Der Sklave kam mit einigen anderen im Gefolge und tischte verschiedene Spiesen auf. Antoninus griff zu und ließ es sich schmecken.


    "Ich kenne keinen Aurelier, der nicht die Herausforderung gesucht hat. In der Politik wäre das Großziel ganz klar der Senat. Dort sind überhaupt viel zu wenig Patrizier vertreten. Der Weg führt dich über die Ämter des Cursus Honorum und um dort zu bestehen, empfiehlt sich das Sammeln von Erfahrungen in Collegien oder Stadtverwaltungen. Nun, Senator sein, ist nicht jedermanns Sache. Das entscheidest du. Eine ehrbare Stellung erwirbt man sich damit allemal.“


    Wieder griff Antoninus zu diversen Happen.


    "Der andere Karriereweg, das Militär, bietet in Italia mehrere Möglichkeiten. Da gibt es einmal die Stadteinheiten, dann die Legion und nicht zuletzt die Classis. Ich ordne jeder Einheit eine andere Wertigkeit zu. Sie sind beileibe nicht gleichwertig! Du spürst es auf jeden Fall im Herzen, ob du eher Soldat oder Politiker sein willst. Bisher gab es nur einen Politiker in der Gens und der war noch dazu ein großer. Crassus war nicht nur zeitweise Princeps Senatus, sondern auch Pater factiones, Sacerdos Augustalis in dem ehrwürdigen Gremium der Augustales und nicht zuletzt Legatus Augusti pro Praetore/Proconsul in verschiedenen Provinzen.
    Lege du zunächst einmal deine Richtung fest. Einen Rat kannst du danach allemal von mir haben.“

    "Nicht ganz. Deandra, deine Adoptivschwester, kannst du in Mantua treffen. Dort hält sich derzeit übrigens auch deine Mutter auf. Du kannst sie besuchen, falls es in deine Pläne passt. Wie sehen diese denn überhaupt aus?“


    Antoninus griff zum eben gebrachten Becher und genoss den edlen Wein.

    "Ich habe das laufende Training für die Milites gemeint. Mit dem Abschluss der Grundausbildung hört ja die körperliche Ertüchtigung nicht auf. Ich würde gern mehr als bisher Gewicht darauf legen, denn die Verfolgung des Sklaven hat gezeigt, wie wichtig es für uns ist, über eine gleichbleibend gute Konstitution zu verfügen. In der Regel wird das Training von den Unteroffizieren durchgeführt und deswegen meine Frage nach deinen Plänen.


    Was die Patrouille betrifft, ich werde einen Trupp zusammenstellen und Ostia einen Besuch abstatten.“

    "Regulus ist verschollen und wurde für tot erklärt, Iustus wird derzeit vermisst, aber mein Herz sagt mir, dass er auf der Überfahrt nach Hispania gestorben ist und Antoninus …“


    Antoninus musste schlucken. Sein Ältester und derjenige, der seinen Namen trug …


    "Antoninus hat den Freitod gewählt. Deandra hat seine Bestattung ausgerichtet. Sie war allein damals und ich mache mir Vorwürfe. Jetzt bin ich aber hier und werde dafür sorgen, dass die Familie von nun an zusammenbleibt.“

    "Lass uns setzten, Maxentius.“


    Antoninus wies auf die abseits stehenden Liegen und machte es sich dort bequem. Auf einen Wink kam ein Sklave, der den Männern Wein holen sollte.


    "Vieles ist in der Zwischenzeit geschehen.“


    Antoninus schwieg nachdenklich.


    "Du weißt, die Aurelier stammen aus Syrien. Zuerst zog es Crassus, den ehemaligen pater nach Rom. Ihm folgten nach und nach weitere Mitglieder. Mir muss ich nun vorwerfen, zu lange an Syrien festgehalten zu haben, denn als ich eintraf, gab es nicht nur eben erwähnten Bruch, sondern von uns gegangene Angehörige.“


    Antoninus schwieg erneut.


    "Drei deiner Brüder weilen nicht mehr unter uns. Antoninus, Iustus und Regulus sind bereits über den Styx gegangen. Deine Mutter wäre fast an diese Nachricht zerbrochen.“

    Antoninus’ Gesichtsausdruck wurde nachdenklich, als er die Worte seines Sohnes hörte. Er wendete sich ab und sieht in den Abendhimmel. Schließlich drehte er sich wieder um.


    "Dann bist du besser informiert, als ich zu meiner Zeit, als ich nach Jahren in Syrien nach Rom zurückkehrte. Es stimmt, die Gens ist gespalten. Was mich dabei traurig stimmt, ist weniger die Tatsache, dass es zwei Familien gibt. Es gibt immer mehrere Familien innerhalb einer Gens. Die offene Feindschaft ist das eigentliche Übel. Ohne die sähe vieles anders aus.“


    Wieder wendete sich Antoninus besorgt ab. Es dachte sonst nicht viel über diese Tatsache nach. Offenbar gab es auch rein gar nichts daran zu ändern.


    "Wir können gern darüber sprechen, wenn es dir danach verlangt.“ Antoninus drehte sich wieder um. "Sprich nur nie Sophus und Deandra auf dieses Thema an. Dort herrscht viel Verbitterung, teils verständlich.
    Bedeuten, mein Sohn, hat die Spaltung, dass sich die Familien so gut es geht aus dem Weg gehen. Vor allem die patres.“

    Antoninus glaubte, sich verhört zu haben. Eine alte Frau bot Wein und Kekse an. Noch nie war ihm das in seinem Dienst passiert und er war sich unschlüssig, ob er diese Dinge überhaupt annehmen durfte. Da die alte Frau aber sicher nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Auftrag von den hochgestellten Bewohnern dieser Villa handelte, griff Antoninus zögerlich zu einem Keks.


    "Sehr freundlich! Richte meinen Dank dem edlen Spender aus. Wein allerdings möchte ich im Dienst nicht annehmen. Mein Name ist Marcus Aurelius Antoninus und es war meine Pflicht und die meines Contuberniums der III. Zenturien, hier beschützend einzugreifen.“


    Freundlich nickte der Soldat und sammelte zum Abmarsch seinen kleinen Truppenteil.


    "Den Gefangenen werden die Fußfesseln gelöst, damit sie selbstständig laufen können. Mit den so gewonnenen Seilen bindet ihr sie aneinander, damit uns auch keiner unterwegs entwischt. Es geht ab Richtung Castra.“


    Augenblicklich brach der ungewöhnliche Trupp auf.

    "Ja, endlich daheim“, erklang es aus einem Winkel.


    Mit freudestrahlendem Gesicht ging Antoninus auf Maxentius zu. Schön, nach verlorenen Söhnen, einen wiedergewonnen zu haben.


    "Lass dich anschauen, mein Junge.“ Antoninus fasste Maxentius bei den Schultern, nickte zufrieden und schloss ihn anschließend in die Arme. Er klopfte ihm kurz auf das Schulterblatt, dann löste er sich wieder.


    "Wie ist es dir ergangen?“

    Antoninus war gerade dabei, die Bibliothek des Hauses nach Berichten über vergangene Schlachten zu durchsuchen, als ihm die Nachricht überbracht wurde, dass sein Sohn Maxentuis zurückgekehrt sei.


    "Bring ihn ins Atrium", sagte er zu seinem Sklaven.


    Freudig machte er sich auf den Weg.

    Antoninus wies seine Männer an, weiterhin den Eingangbereich abzuschirmen und trotz Verlaufen der Menge, in der Aufmerksamkeit nicht nachzulassen. Erst nachdem über längere Zeit die Ruhe gewährleistet sein würde, wollte er die Soldaten aus dem noblen Wohnbezirk abziehen lassen. Noch konnte er nicht sagen, wann das der Fall sein würde.

    Beim Eintreffen des Tribuns grüßte Antoninus militärisch korrekt.


    "Salve, Tribun! Eine kleine Gruppe von Plebejern belagert seit kurzem die Villa des Senators Flavius Felix. Mein Contubernium konnte einen Übergriff auf das Gebäude bisher ohne Anwendung von Waffengewalt verhindern. Vereinzelte, die in Missachtung meiner Warnung die Villa weiterhin mit Steinen bewarfen, wurden aus dem Verkehr gezogen. Sie liegen dort hinten gefesselt aufgereiht.“


    Antoninus wies auf ein Wiesenstück innerhalb des Anwesens.


    "Von den Soldaten oder Anwohnern ist bisher niemand zu Schaden gekommen.“

    Die Tür und der Anwohner kamen zwar just in jenem Moment in die Quere, als der Flüchtende auf derselben Höhe war, aber offenbar konnte dieser fliegen. :D Antoninus sah das Hindernis und umging es rennender Weise. Er hätte den Mann auch umschubsen können, aber in seine Erziehung wurden ihm Manieren beigebracht. Dadurch hatte er zwar einen leichten Bodenverlust, aber auf den Treppen schloss er zum Flüchtenden wieder auf.


    Kurz bevor er ihn ergreifen konnte, hangelte sich dieser in Affenmanier auf das Dach des Mietshauses. Antoninus folgte ihm auf dem Fuß. Als er das Ziel des Flüchtenden erahnte, fasste er einen Entschluss.


    Er löste Gladius samt Schutzhülle von seinem Gürtel, zog das Schwert aus der Scheide und warf gleichzeitig die Schutzhülle gezielt dem kurz vor ihm Laufenden zwischen die Beine. Der Flüchtende strauchelte und Antoninus war heran. Ein Schubs genügte und dieser verlor komplett das Gleichgewicht. Ein Fußtritt katapultierte den Dolch in der Hand des Fremden quer über das Dach und der Miles begann mit der Sicherstellung des Verdächtigen …