Beiträge von Leone

    "Es freut mich, Kassandra, mich nennt man Leone", erwiderte der Nubier und bleckte ein ums andere Mal die weißen Zähne. Mit seinen Händen, deren Innenflächen heller waren als der Handrücken, deutete er nun durch das atrium und auf einen kleinen Gang, der diverse officii beinhaltete. "Wenn es sich um eine Dringlichkeit seine Verlobte betreffend dreht, dann wird der dominus dich gewiss empfangen", meinte Leone und nickte beflissentlich. Zwar hatte er gesagt, dass niemand ihn stören sollte, aber da Leone nicht dumm war, zählte er eins und eins zusammen und vermutete, dass Deandra verschwunden war. Deswegen wandte er sich Kassandra auch mit fragendem Blick zu. "Bedaure, nein. Ich nehme an, sie wird dann vermisst?" fragte er sie dann und geleitete Kassandra weiter zum officium des dominus.

    Mit der hübschen Dame im Schlepptau gelangte der Nubier recht bald zum officium des dominus. Er bedeutete ihr, einen Moment zu warten, und klopfte gleich forsch an. Eine Weile tat sich nichts, dann aber drang die gedämpfte Aufforderung zum Eintreten durch die edle Holztür und Leone betätigte die Klinke. "dominus, verzeih die Störung, aber es gibt da eine Dringlichkeit, die nicht aufgeschoben werden sollte", läutete Leone sein Anliegen ein, denn schließlich hatte der dominus nicht gestört werden wollen. "Es betrifft deine Verlobte, Deandra. Das hier ist Kassandra, eine Sklavin aus dem Hause Claudia, und... Ah, am besten erzählt sie dir selbst, was ihr Anliegen ist. Bitte, komm herein", sprach Leone weiter und machte am Ende seiner Rede eine auffordernde Geste mit der Hand zu Kassandra hin.

    Leone nickte, er war zwar nur grob über die Gerichtssache informiert, doch erkannte er, dass es ein wichtiges Anliegen sein musste, wenn jemand den dominus sprechen wollte. Und hatten sich Brix und Trautwini nicht in Begleitung des Herren befunden, als jener das domus der Octavier aufgesucht hatte?


    Nun, Leone jedenfalls öffnete die porta vollends, deutete eine Verbeugung an und wies ins Innere des Hauses. "Natürlich, tritt doch bitte ein. Wenn du mir folgen würdest? Der dominus befindet sich auf der Sonnenterrasse."

    Der schwarzhäutige Nubier führte den Besucher zuerst ins atrium und dann hinaus auf den xystus, eine mit mediterranen Platten ausgelegte Terrasse, die ans Peristyl angrenzte und sich im Grünen befand. Dort, auf einem bequemen Sessel sitzend und auf einem provisorisch aufgestellten kleinen Tischchen etwas schreibend, saß Aurelius Corvinus, als Leone sich mit dem Besucher näherte. "Naavi, bringe eine Erfrischung und einen Stuhl", beauftragte der Nubier einen Sklaven, der gerade den Säulengang kehrte. Der Ägypter nickte, stellte den Besen beiseite und verschwand in der villa.


    Leone indes trat zu seinem Herren und räusperte sich. "dominus, ich bringe dir Caecilius Metellus. Er wünscht dich zu sprechen, Octavius Detritus hat ihn geschickt." Kaum gesagt, zog sich der ianitor dezent zurück und nahm erneut seinen Posten bei der porta ein. Als er ins Haus trat, kam ihm Naavi bereits entgegen und trug einen Stuhl für den Besucher.

    Zitat

    Original von Tiberius Caecilius Metellus
    Tiberius kam zur Villa der Aurelier und klopte an die Türe.


    Leone langweilte sich. Seit der salutatio am Morgen war nichts los gewesen. Er saß auf seiner ianitor-Bank im vestibulum und beobachtete zwei Fliegen, die einander umschwirrten und sich schließlich auf dem Boden zur Ruhe setzten. Ein schmaler Streifen Sonnenlicht fiel durch ein Oberlicht nahe der porta, und der Sklave döste vor sich hin. Dann aber klopfte es, und aufgeschreckt von dem unerwartet lauten Geräusch sprang Leone auf und öffnete. "Salve! Was wünschst du?" fragte er den vor der porta stehenden Mann.

    Leone fragte sich, was die kleine Blondine erwartet hatte - oder wen. Vielleicht den Cerberus selbst in Gestalt eines schwarzen Mannes? Er grinste, und seine weißen Zähne hoben sich dabei deutlich von der Farbe seines Gesichtes ab. Er verbeugte sich schmunzelnd ein wenig, als sie den Gruß erwiderte, und sah sie dann forschend an. Es verstrichen einige Sekunden, und wenn Leone nicht fasziniert gewesen wäre von den hellen Haaren und der zierlichen Gestalt des Mädchens, so hätte er sich gewiss ein wenig ungeduldig geräuspert. So aber beschränkte er sich nur darauf, sie weiterhin anzugrinsen, wobei eine seiner buschigen und äußerst breiten Augenbrauen allmählich an Höhe gewann.


    "Du bist eine Sklavin der Claudier?" fragte er sie schließlich unsinnigerweise und öffnete gleichzeitig die Tür etwas weiter. "Mitglieder und Dienerschaft dieser Familie sind in diesem Hause stets willkommen. So tritt bitte ein", fuhr er fort und deutete ins Innere des Hauses, an der Hühnchenkeule vorbei, die er tatsächlich kurz vergessen hatte. Erneut warf er ihr einen schmachtenden Blick zu, geleitete Kassandra aber erst einmal ins vestibulum. Währenddessen wollte er wissen: "Mit dem dominus Corvinus möchtest du sprechen? Darf ich fragen, um welche Angelegenheit es geht? Der dominus ist zur Zeit nämlich sehr beschäftigt, musst du wissen."

    Man hatte Leone eben sein Mittagessen gebracht - noch schmackhafte Reste des Willkommensessens - als es klopfte. Ein grübelnder Blick glitt von einer Hähnchenkeule zur porta und wieder zurück. Er hob die Hand, um sich vom Brot zu nehmen, warf dann jedoch der schweren Tür erneut einen Blick zu und ließ die Hand tief seufzend wieder sinken. Kurz darauf öffnete er die Tür und linste hinaus auf den Vorplatz direkt vor der Tür. Eine hübsch anzusehende Sklavin stand da, und wäre Leone nur nach der Haarfarbe gegangen, so hätte er auf Germanin getippt. Da das Fräulein aber nicht burschikos wirkte oder so grimmig und verschlagen wie Camryn, schätzte er sie als Griechin ein, und sein gutes Urteilsvermögen sollte ihn nicht im Stich lassen.


    "Einen wunderschönen guten T...Mittag, junges Fräulein. Wie kann ich dir helfen?" sprach er höflich aber nicht so gut gelaunt wie sonst. Immerhin stand nicht weit entfernt eine saftige, zarte Hähnchenkeule, die nur darauf wartete, verspeist zu werden...

    Als ein Legionär sich bückte, erkannte Leone, welcher der Geste seines Herren mit dem Blick gefolgt war, den bepackten Maulesel. Sogleich klatschte er in die Hände und erteilte einem herumstehenden Sklaven den Befehl, Brix, Matho und Alexandros zu holen - der weibische Nichtsnutz konnte sich ruhig auch einmal nützlich machen - damit das Gepäck des Herren in dessen Zimmer gebracht wurde. Saba würde sich um jenes bemühen. "Selbstversändlich, Herr", erwiderte Leone pflichtbewusst und beeilte sich, Ursus ins atrium zu folgen. "Die Herrschaften speisen gerade, ich werde dich gern hinzu geleiten. Momentan weilen die Söhne des Galerianus, der junge Herr Corvinus, die Töchter des Cicero und die bezaubernde Prisca in diesem Hause, Herr. Es gab einige Veränderungen und Trauerfälle, aber da klärt dich besser einer der Herrschaften auf", sagte er und führte Ursus zum cenatiuncula.

    Die anwesenden Herrschaften speisten gerade, und so hielt Leone es für ratsam, den Besucher in das kleinere der beiden Speisezimmer zu führen, damit er von seiner Ankunft künden konnte. So trat er denn hinzu, warf einen entschuldigenden Blick in die Runde und hob zum Sprechen an. "Verzeiht die Störung, doch hier ist jemand, der euch zu sehen wünscht." Unter normalen Umständen hätte der ianitor einen Besucher zu warten angewiesen, doch dies hier war kein normaler Besucher, sondern ein Familienmitglied, das nach langer Reise endlich wieder daheim war. Er lächelte und trat sodann dezent zur Seite, um Ursus' Blick freizugeben. Er erteilte Dina die Anweisung, schnell noch ein Gedeck zu besorgen, und dann begab sich Leone wieder auf seinen Posten bei der porta, um den Verladevorgang zu überwachen.

    Leone wusste natürlich, was dem consul zugestoßen war. Das wussten die meisten Sklaven politisch interessierter Haushalte. Er nickte dem Leibwächter zu und zog die Tür zur Gänze auf. "Er möge eintreten", sagte er und deutete in die villa hinein. Es stand ihm nicht zu, sein Beileid auszudrücken, und da er weder den consul noch dessen Sohn persönlich kannte oder gekannt hatte, verzichtete er vorerst auf weitere Worte und geleitete die Herrschaften nur hinein.

    Leone führte die beiden Männer ins atrium und steuerte auf die neben dem impluvium situierte Sitzgelegenheit zu. Mit einer einladenden Geste deutete er den Herrschaften, doch Platz zu nehmen. "Ich bitte um ein klein wenig Geduld, ich werde den dominus über eure Anwesenheit informieren. Euch werden derweil natürlich Getränke und ein kleiner Imbiss kredenzt, habt keine Scheu und teilt Sofia hier mit, was ihr begehrt", sagte er und deutete auf die blonde Sklavin, die bereits pilum bei Fuß stand, bewaffnet mit einem Tablett, auf dem sich Wasser und Wein, sowie eine Hand voll Becher befanden. Leone entschwand in den Westflügel der villa.

    Den Klopfenden wurde augenblicklich geöffnet. Seit der salutatio am Morgen waren dies die ersten Gäste, die klopften, und dementsprechende Freude empfand Leona dabei, mal wieder etwas zu tun zu haben. Die schweren Scharniere qietschten leicht, und ein einziger Blick des großen Nubiers genügte, um einen schmalen Sklaven mit einer Karaffe Olivenöl vorspringen zu lassen, welcher sich augenblicklich um die Angeln kümmerte, noch während Leone die Besucher empfing. "Salvete. Was kann ich für euch tun?"

    Er hatte den Soldaten eben etwas zu trinken bringen lassen, da klopfte es erneut an der porta. Leona kam heute aber auch gar nicht zur Ruhe. Er vermutete, dass es einer der Soldaten war, der zu viel Wasser getrunken hatte und nun die dafür vorgesehenen Örtlichkeiten aufsuchen wollte. So öffnete er die Tür und sah den Besucher zunächst wohlwollend an, doch als jener keine Uniform trug, änderte sich seine Mimik und er nahm Haltung an. Das war der Sohn des Bruders des Herrn Corvinus, der dort hinter dem Sklaven die Stufen erklomm! Leone neigte das Haupt. "Sei willkommen zu Hause, Herr!" begrüßte er Ursus und strahlte ihn danach an. Vergeblich hielt er Ausschau nach Gepäck.

    Leone fiel ein sichtlicher Stein vom Herzen. Seine weißen Zähne stachen bei einem breiten Grinsen deutlich ins Auge des Gegenübers, als er die porta weiter öffnete und während einer angedeuteten Verbeugung ins Innere des atrium deutete. "Die Herrschaften haben Glück, der dominus ist vor wenigen Minuten nach Hause gekommen. Wenn ich euch - einen Teil von euch - hereinbitten darf? Möchtet ihr eine kleine Erfrischung?" erkundigte er sich und hoffte, es würden nicht gleich dreißig Mann die villa stürmen. Was das wieder an zeitaufwand bedeuten würde, die sie zum Putzen bräuchten...

    Leone geleitete die Herrschaften herein und ordnete an, dass diejenigen, die draußen bleiben mussten, ebenfalls eine kleine Erfrischung gebracht bekamen. Er scheuchte zwei Sklaven fort und deutete auf eine kleine Sitzgelegenheit nahe des impluvium, auf dem jedoch nicht alle den Iulier begleitenden Soldaten Platz nehmen konnten. "Wenn ihr euch bitte einen Moment gedulden mögt - ich werde dem dominus bescheid sagen", sprach er und eilte sodann davon, um Corvinus zu benachrichtigen.

    Leone in seiner leicht tumben Art öffnete die porta und linste hinaus. Er hatte ein Déjà-Vu. Wieder standen dort eine ganze Menge Soldaten herum, nur diesmal nicht in schwarz. Nur ob das eine nennenswerte Verbesserung war? Immerhin blieben es Soldaten. Dem Kerl, der die Tür einzuschlagen drohte, hätte er am liebsten den Klopfarm ausgekugelt. "Salve, was wünscht ihr?" fragte er für seine Verhältnisse schon ziemlich unfreundlich.

    Leone machte große Augen, was sicherlich dem Prätorianer nicht verborgen blieb. "Herr, Aurelius Cicero hat keine Sklaven mehr in diesem Haus. Er war zuletzt vor einigen Monaten hier und ist dann verreist. Ich habe den Eindruck, dass er in letzter Zeit auch nicht gerade...hm, willkommen war hier. Die Herrschaften missbilligen seine Flucht vor einem Amt, das er nicht bewältigen konnte." Leone hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. "Aber ich werde die domines holen, Aurelius Cotta und Aurelius Corvinus. Alle anderen befinden sich momentan außer Haus. Entschuldige mich bitte einen Moment."

    Leone schürzte missbilligend die Lippen, da er weder ein Bitte noch einen freundlichen Ton vernahm. Dennoch trat er zur Seite und führte den Prätorianer mit seinen Kumpanen hinein.

    Die ruhige Minute, in welcher das Testament verfasst worden war, lag bereits Monate zurück. Ebenso langa hatte niemand das Zimmer des Cicero für etwas anderes als staubwischen betreten, und so lag das Testament immer noch in der obersten Schublade des Schreibtisches, bedeckt von einer dünnen Staubschicht.