Auch der Bruder der Braut hatte sich am Vorabend in der Casa Decima eingefunden und in der Nacht äusserst schlecht geschlafen. Zu viele Gedanken und Sorgen bedrückten ihn. Er hatte Iulia, seine Gattin, auf dem Landgut in den Albaner Bergen zurückgelassen. Ihr Zustand gestattet nicht, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch reiste. Und das Kind konnte in jedem Moment zur Welt kommen. Hin und hergerissen, wo denn nun sein Platz am heutigen Tage sein müsste, hatte sich Meridius schließlich doch entschieden, an der Hochzeit seiner Schwester teilzunehmen. Mit Senator Germanicus Avarus konnte er zwar immer noch nicht so recht etwas anfangen, aber dies war sekundär. Lucilla hatte sich entschieden, und wenn sie es schon getan hatte, so war es auch seine verdammte Pflicht, sie zu unterstützen wo es ging.
An diesem Morgen trat er folglich mit gemischten Gefühlen in den Raum, in welchem sich schon die anderen befanden und steuerte gerade wegs auf Lucilla zu. Er hatte ihr alles für den heutigen Tag im Hause überlassen. Und er hatte sich mit Absicht zurück gehalten.
"Wir sind nicht eingeschneit, liebe Schwester, aber Iulia ist unpässlich. Ich muss sie leider entschuldigen. Es ist nur eine Frage der Zeit und Du bist wieder Tante."
Mit einem Lächeln zwinkerte er ihr zu.
"Hat jemand Maximian gesehen, oder treibt er sich wieder auswärts rum?"
Er hatte seinen 'erwachsenen' Sohn schon lange nicht mehr gesehen, und seit dem Zerwürfnis um die Frage, ob Maximian die Truppen gegen die Parther begleiten dürfe oder nicht, hatten sich die beiden kaum mehr gesprochen.
"Nun, wie auch immer, heute ist DEIN Tag, Lucilla. Ich wünsche Dir schon jetzt alles Gute."
Er hatte Lucilla erreicht und ihr einen Kuss auf die Stirn gegeben. Seine Lucilla. Schon von Kindesbeinen an, hatte er sie vergöttert und sich als größerer Bruder in den Mittelpunkt ihres Lebens gestellt. Doch diese Zeiten waren lange vorbei.
Dann grüßte er Senator Avarus und nickte ihm zu.
"Senator. Meine Glückwünsche gelten auch Dir."