C. SUETON TRANQUILLUS – DE VITAE CAESARIS
I – IULIUS CAESAR (II)
„Seine militärische Laufbahn begann er im Stab des Praetors(1) Marcus Thermus; dieser hatte ihn nach Bithynien(2) geschickt, um von dort die Flotte zu holen; Caesar aber saß untätig bei Nikomedes(3), so dass das Gerede nicht ausblieb, er habe dem König seine Unschuld hingegeben. Dieses Gerücht erhielt dadurch neue Nahrung, dass er innerhalb weniger Tage noch einmal nach Bithynien zurückkehrte, angeblich um dort Geld einzufordern, das einem seiner Klienten aus der Schar der Freigelassenen geschuldet wurde.
Das Urteil über den restlichen Kriegsdienst ist weitaus günstiger; bei der Erstürmung von Mytilene(4) ist er von Thermus sogar mit der Bürgerkrone(5) ausgezeichnet worden. Er diente auch unter Servilius Isauricus in Kilikien(6), aber nur kurz.
Denn als er vom Tod Sullas(7) erfahren hatte, kehrte er eiligst nach Rom zurück, auch weil er auf neue Zwistigkeiten hoffte, die durch die Händel eines Marcus Lepidus zum Ausbruch kamen. Ein Bündnis mit Lepidus ging er aber nicht ein, obwohl man ihn wahrscheinlich durch weitreichende Zusagen dazu zu bewegen suchte. Denn er misstraute sowohl dessen Talent, als auch der eingetretenen Situation, die weit hinter seinen Erwartungen zurückblieb.
Übrigens hat er, als der Aufruhr im Innern beigelegt war, Cornelius Dolabella, den ehemaligen Konsuln und Triumphator, vor Gericht auf Rückerstattung der in den Provinzen erpressten Gelder verklagt; nach dessen Freispruch fasste er den Entschluss sich nach Rhodos zurückzuziehen, um sich Gehässigkeiten zu entziehen und auch um ohne jede Ablenkung bei Apollon Molon, dem berühmtesten Redelehrer(9) jener Zeit, zu studieren.
Es war bereits das Winterhalbjahr angebrochen, als er von dort nach Italien übersetzte; dabei ist er in der Nähe der Insel Pharmakussa von Seeräubern gekidnappt worden. Er blieb ungefähr vierzig Tage bei ihnen, allerdings nicht ohne schärfstens gegen die Behandlung zu protestieren. Denn seine Begleiter und die übrigen Diener hatte er gleich zu Anfang fortgeschickt, damit sie Gelder auftrieben, mit denen er sich loskaufen konnte. Er zahlte fünfzig Talente(10) Lösegeld, dann wurde er an der Küste abgesetzt.
Er ließ keine Zeit verstreichen, auf der Stelle mit einer Flotte in See zu stechen und den Piraten, die ungestraft davon gekommen waren, nachzusetzen. Er wurde ihrer habhaft und ließ sie hinrichten, so wie er es ihnen oft angedroht hatte, als man seinen Spaß mit ihm trieb.
Als Mithridates(11) die Gebiete, in seiner Nachbarschaft lagen, verwüstete, setzte er, damit es nicht den Anschein habe, er lege seine Hände in den Schoß, während Bundesgenossen in Gefahr seien, von Rhodos, wohin er gerade gesegelt war, nach Asien über, zog Hilfstruppen zusammen und vertrieb den Praefekten des Königs aus der Provinz; er brachte es auch fertig, dass Städte, die in ihrer Treue schwankten, und solche, die noch unentschlossen waren, Rom die Treue hielten."
(1)Der Praetor war in der Republik zur Führung eines Ein-Legionen-Heeres berechtigt.
(2)Landschaft im NW Kleinasiens, an der Propontis und dem Pontos Euxeinos gelegen, von Thrakern besiedelt. Unter Nikomedes II. (149-128 v. u. Z.) wurde Bithynien Vasallenstaat Roms.
(3)Nikomedes IV. Philopator (?) – verteidigte mit römischer Hilfe die Herrschaft über Bithynien gegen seinen Halbbruder Sokrates, dem Mithridates VI. auf den Thron verholfen hatte. Als er 88 v. u. Z. im Gegenzug auf Veranlassung eines römischen Gesandten in Pomtos einfiel, wurde er geschlagen, Mithridates besetzte Biythienien. Nikomedes floh nach Italien, Sulla führte ihn (84) wieder zurück. 74 vererbte es Nikomedes IV. Bithynien an Rom.
(4)Mytilene: Hauptstadt der Insel Lesbos.
(5)militärische Auszeichnung
(6)Kilikien: Küstenlandschaft im SO Kleinasiens, berüchtigt als Schlupfwinkel von Seeräubern, deren Bekämpfung 101 v. u. Z. zur Errichtung der röm. Provinz Cilicia führte.
(7)Lucius Cornelius Sulla (138-78 v. u. Z.)
( 8 )Marcus Aemilius Lepidus, Politiker, Anhänger Sullas; gelangte als Proprätor in Sizilien durch Proskriptionen und Erpressungen zu großem Reichtum; 78 v. u. Z. Konsul. Nachdem er Rom militärisch bedroht hatte, wurde er von Pompeius und Catulus besiegt und starb 77 auf Sizilien.
(9)Die offene Rede zu beherrschen galt in der römischen Republik als die größte Kunst, für die politische Karriere war es beinahe unumgänglich auch ein guter Redner zu sein.
(10)Leider Angabe in griechischer Währung. 1 Talent = 60 Minen = 6000 Drachmen. Wer 6000 Drachmen aufbringen konnte, galt als wohlhabend. Ein qualifizierter Sklave kostete um die 300 Drachmen. Caesar zahlte also den Gegenwert von 1000 Sklaven.
(11)Mithridates VI. Eupator (132 - 63 v. u. Z.), König von Pontos, Alleinherrscher seit 111, väterlicherseits achaimenidischer Abstammung, hellenistisch gebildet. Bei der gewaltsamen Erweiterung seines Reichs stieß er in Kleinasien mit römischen Interessen zusammen (eroberte Bithynien, Kappadokien, Paphlagonien, verband sich mit Tigranes von Armenien). Es kam zu den 3 mithridatischen Kriegen (89-84; 83-82; 74-64). Im 1. Krieg überrannte Mithridates die römische Provinz Asia und plünderte Athen; 86 schlug Sulla Mithridates bei Chaironeia; im 2. Krieg sicherte sich Mithridates seine Stammländer gegenüber Rom; im 3. Krieg wurde er schließlich von den Römern besiegt, floh zu seinem Sohn Pharnakes und ließ sich, als dieser sich gegen ihn erhob, von einem Sklaven töten.