XIII - Kleiderordnung des römischen Militärs

  • Hinweis zur Historizität

    Der vorliegende Artikel hält sich sehr nah am aktuellen Stand der Forschung. Die verwendeten Quellen finden sich am Ende.


    Die Soldaten der römischen Armee während der Kaiserzeit müssen ihre Ausrüstung selbst kaufen. Entsprechend individuell fallen manche Ausrüstungsgegenstände, wie die Tuniken, bisweilen aus. Funktionell ist jedoch ein bestimmter Typ Ausrüstung gefordert, man kann nicht einfach irgendetwas wählen, so dass trotzdem eine halbwegs einheitliche Grundausrüstung vorhanden ist. Erwerben kann man sich geeignete Ausrüstung entweder von privater Hand, zum Beispiel von Veteranen, oder vom Staat. Wer sich das nicht leisten kann, bekommt sie gestellt. Die gestellte Ausrüstung wird künftig mit dem Sold verrechnet.


    Felduniform und Paradeuniform gibt es nicht gesondert. Stattdessen werden die Ausrüstungsgegenstände zu verschiedenen Anlässen unterschiedlich kombiniert. Zu welchem Anlass welche Trageordnung gilt, darüber soll dieser Artikel Klarheit schafffen.


    I Grundausrüstung

    Regel

    Die Grundausrüstung bildet die Basis des militärischen Erscheinungsbildes. Sie ist das Minimum dessen, was im Dienst getragen werden kann. Beim alltäglichen Dienstbetrieb ist die Grundausrüstung üblich. Erst, wenn es richtig militärisch zur Sache geht, wie beim Wachdienst oder Exerzieren (wozu auch das verhasste Marschieren gehört), wird sie um die schwere Schutzaustrüstung ergänzt.


    Tunika


    Das grundlegende Kleidungsstück bildet die Tunika. Da die Farbstoffe nicht waschecht sind und alle Tuniken in einen gemeinsamen Waschkessel wandern, passen sich gefärbte Tuniken bald den übrigen an, was zu einem recht einheitlichen Erscheinungsbild führt. Üblich sind vor allem Naturfarben (ungebleichtes Weiß), ein dunkles Rotbraun und Grün. Blau wird traditionell von der Classis verwendet. Dabei sind die Farben eher gedeckt. In Ägypten sind weiße Tuniken verbreitet.


    Neben der Standardtunika zum Arbeiten besitzt jeder Soldat zusätzlich eine weiß gebleichte Ausgehtunika. Diese wird bei religiösen Zeremonien, Paraden, Ehrungen und anderen Feierlichkeiten getragen. Mitunter kämpfen ganze Heere in Weiß, nachdem sie sich den Göttern weihten.


    Hinweis zur Historizität

    Diese Farben und ihre Verwendungszwecke sind erwiesen. Alle anderen Farben, wie das aus der Popkultur bekannte intensive Rot, müssen Spekulation bleiben.


    Vorhandende Webmuster sind Fischgrät oder die normale Webstruktur.


    Unter der Tunika eine zweite, kürzere Tunika als Unterwäsche zu tragen, besonders im Winter, ist nicht unüblich. Es können beliebig viele Tuniken geschichtet werden. Die Militärtunika wird bis übers Knie hinauf gerafft getragen, während Zivilisten ihre Tunika länger hinunterhängen lassen.


    Militärgürtel


    Um die Tunika gehört immer ein Militärgürtel. Sie ohne Gürtel zu tragen, gilt als weibisch und ist eine in der Armee verwendete Ehrenstrafe. Vom Militärgürtel gibt es gänzlich verschiedene Ausführungen, von einfachen bis hin zu prunkvollen Modellen mit aufwendigen Eisenbeschlägen. In Einzelfällen dient der Militärgürtel gleichzeitig als Halterung sowohl für den Dolch als auch für das Schwert. Meist ist aber bloß der Dolch daran befestigt. Manchmal wird er ganz ohne Blankwaffen getragen und diese werden stattdessen an eigenen Waffengurten befestigt.


    Blankwaffen


    Zusätzlich zum Militärgürtel wird ein Waffengurt mit Schwert getragen, der quer über den Oberkörper verläuft. Mannschaften tragen das Schwert rechts, Centurionen links. Der Dolch hängt stets auf der anderen Seite, niemals auf der gleichen. Meist ist der Dolch am Militärgürtel befestigt. Seltener hängt er an einem eigenen Waffengurt, so dass die Gurte von Dolch und Schwert sich auf der Brust kreuzen. In Einzelfällen hängen beide Blankwaffen ohne zusätzlichen Waffengurt am Militärgürtel. Die Reiterei trägt anstelle des Gladius der Infanterie die längere Spatha.


    Schwert und Dolch sind alltägliche Begleiter jedes Soldaten. Lediglich wenn die Blankwaffen im schweren Arbeitsdienst stören, werden sie abgelegt.


    Militärsandalen


    Das Schuhwerk bilden die Caligae, Militärsandalen mit genagelter Sohle. Die genagelte Sohle verleiht dem Träger im Gelände einen besseren Tritt, zudem werden Tritte im Falle von notwendiger Gewaltanwendung für den Getroffenen sehr viel fataler. Bei glatten und nassen Wegen ist jedoch Vorsicht angebracht, da diese Ungergründe mit Caligae sehr rutschig sein können. Wer in kaltem Klima dient, zieht zusätzlich dicke Socken an. Diese sollten jedoch nicht beim Marschieren getragen werden, da sich die Wolle beim Aufplatzen der unvermeidlichen Blasen mit der Wundflüssigkeit zu untrennbaren Krusten verbindet, die das Ausziehen der Socken zur Folter machen.


    II Trageordnung Angriffswaffen

    Regel

    Auch der ungerüstete Soldat im leichten Arbeitsdienst führt in der Regel Schwert und Dolch mit sich. Sie werden nur abgelegt, wenn sie beim schweren Arbeitsdienst stören. Lanzen und Speere hingegen werden nur im Einsatz, beim Exerzieren und im Wachdienst geführt.


    Blankwaffen


    Auch der ungerüstete Soldat im leichten Arbeitsdienst führt in der Regel seine Blankwaffe mit sich. Prätorianer tragen Schwert und Dolch in der Stadtuniform verdeckt unter der Toga oder einem Mantel, um das Pomerium nicht zu verletzen. Angehörige der Streitkräfte haben das Recht, ihren Dolch niemals abzulegen, so dass der Pugio auch in der dienstfreien Zeit alltäglicher Begleiter ist.


    Stangenwaffen


    Lanzen und Speere aller Art werden von den Soldaten nur im Einsatz, beim Exerzieren und im Wachdienst geführt. Bei der Legion ist das Pilum (Wurfspeer) üblich. Abkommandierte Legionseinheiten, die als Wachpersonal am Sitz des Statthalters oder als Straßenposten dienten, tragen stattdessen eine Hasta (Lanze), da das Pilum nur für den Einsatz in der Schlacht ausgelegt ist. Soldaten der Stadtkohorten tragen ebenfalls eine Lanze.


    III Trageordnung Schutzwaffen

    Regel

    Die Schutzausrüstung wird aufgrund ihres Gewichts nur beim Kamfpeinsatz, beim Exerzieren und im Wachdienst getragen. Das betrifft Schild, Helm und Panzer.


    Schild


    Die meisten Zeit seines Daseins wird der Schild in einer geölten Ziegenhaut transportiert und gelagert.


    Helm


    Bei Paraden können Helme durch das Aufsetzen einer Helmzier (lat.: Crista) aus Rosshaar oder Federn geschmückt werden. Der Centurio trägt die Crista transversa (den quergestellten Helmbusch) und ist damit auch von weitem optisch zu erkennen. Die Helme von Feldzeichenträgern und Signalbläsern verfügen über spezielle Halterungen, um Tierfelle auf dem Kopf zu befestigen. Hohe Offiziere verzichten gelegentlich ganz auf das Tragen eines Helmes oder bevorzugen Helmformen nach alten griechischen Mustern.


    Panzer


    Die Körperpanzerung wird nur im Kampf, beim Exerzieren und zum Wachdienst getragen.


    IV Allgemeine Trageordnung der Ausrüstung zu unterschiedlichen Anlässen

    Regel

    Felduniform und Paradeuniform gibt es nicht beim römischen Militär. Stattdessen werden die vorhandenen Ausrüstungsgegenstände zu verschiedenen Anlässen unterschiedlich kombiniert.

    • Leichte Ausrüstung: beim normalen Dienstbetrieb - Tunika, Militärgürtel, Schwert und Dolch.
    • Schwere Ausrüstung: beim Exerzieren, der Wache und im Feld - zu obigem noch Panzer, Schild und Helm.
    • Paradeausrüstung: bei Paraden und vergleichbaren feierlichen Anlässen - zu obigem noch Helmzier* und Auszeichnungen.
    • Dienstfreie Zeit: Tunika, Militärgürtel und ggf. Dolch.

    *Offiziere tragen ihre Helmzier immer, damit sie gut sichtbar sind. Die Mannschaften tragen ihre Helmzier nur bei Paraden u.ä.


    V Weitere Informationen

    Militärkleidung

    Marschgepäck

    Waffen



    Quellen


    "Die Legionen des Augustus" von Dr. Marcus Junkelmann

    "Die römische Armee" von Yann Le Bohec

    "Die Legionen Roms" von Adrian Goldsworthy

    "Panis Militaris" von Dr. Marcus Junkelmann

    "The Roman military tunic" von N. Fuentes in: Roman Military Equipment, B.A.R. International Series 336, Oxford 1987

    "Legionär in der römischen Armee" von Philip Matyszak

    Doktorarbeit von Matthias Pausch: "Die römische Tunika"