Bürgerkriege

Aus Theoria Romana
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Als Epoche der Römischen Bürgerkriege werden die Jahre zwischen 133 und 30 v. Chr. bezeichnet, in denen die Römische Republik zunächst in eine schwere Krise geriet und schließlich unterging. Was mit den gescheiterten Gracchischen Reformen und den Parteikämpfen zwischen Optimaten und Popularen begann, endete mit der Errichtung der Monarchie in Form des Prinzipats unter dem ersten römischen Kaiser Augustus.


Ursachen

Die Staatskrise hatte ihre Ursache paradoxerweise in den militärischen Erfolgen der Republik. Der Aufstieg Roms zur beherrschenden Macht des Mittelmeerraums und die enorme Vergrößerung seines Staatsgebiets erzeugte tiefgreifende soziale Spannungen zwischen adeligen Großgrundbesitzern einerseits und römischen Kleinbauern andererseits. Teile des römischen Adels, im Senat vertreten durch die Partei der Optimaten, gelangten durch das Anwachsen ihres Landbesitzes und den Zustrom an Sklaven aus den eroberten Gebieten zu enormem Reichtum, der durch Geldgeschäfte noch weiter vermehrt wurde.

Die Bauern, die als Legionäre die Eroberungen erst ermöglicht hatten, verarmten dagegen zunehmend. Sie konnten ihre Höfe wegen des Dienstes in den Legionen entweder gar nicht bewirtschaften oder waren, weil sie sich keine Sklaven leisten konnten und nur über geringe Anbauflächen verfügten, gegenüber den Latifundien-Besitzern nicht konkurrenzfähig. Viele von ihnen stiegen ins städtische Proletariat ab und wurden so zu einem interessanten Wählerreservoir innerhalb Roms. Ihrer Interessen nahm sich die Partei der Popularen an, zu der sowohl Angehörige plebejischer Familien als auch reformwillige Patrizier, also Mitglieder des Senatsadels gehörten. Sie strebten zum Teil tatsächlich nach einer gerechteren Verteilung des Landbesitzes, zum Teil nur danach, das proletarische Wählerpotenzial auszuschöpfen.


Verlauf

Die Reformversuche der Gracchen

Die Zeit der Bürgerkriege begann im Jahr 133 v. Chr. mit dem Versuch des Volkstribunen Tiberius Sempronius Gracchus eine Landreform durchzusetzen. Agrargesetze sollten die Macht der Großgrundbesitzer beschneiden (aber nicht brechen) und die Lage der Kleinbauern und städtischen Proletarier verbessern. So sahen die Gesetzesänderungen vor, dass von der Oberschicht unter rechtlich zweifelhaften Umständen aufgekaufte Land in Parzellen aufzuteilen und an Kleinbauern und städtische Proles zu verteilen.

Um eine Aufhebung der Agrargesetze zu verhindern, die von den konservativen Kreisen des Senats bekämpft wurden, ließ sich Tiberius Gracchus im Folgejahr erneut zum Volkstribunen wählen. Dies stellte einen Bruch der Verfassungsordnung der Republik dar, in der jedes Amt nach dem Annuitätsprinzip jährlich neu besetzt werden musste. Daraufhin wurden Tiberius Gracchus und etwa 300 seiner Gefolgsleute von Senatoren und Anhängern der Optimaten auf dem Kapitol erschlagen. Infolge dessen kam es zu tumultartigen Aufständen in den Straßen Roms, die aber militärisch niedergeschlagen wurden.

Zehn Jahre später, 123–121 v. Chr., erlangte Tiberius' jüngerer Bruder Gaius Sempronius Gracchus mit Unterstützung der Equites, des römischen Ritterstands, genügend politisches Gewicht, um die Arbeit seines Bruders fortsetzen zu können. Er unternahm einen erneuten Anlauf, das Agrarproblem zu lösen.

In Opposition zu Gaius formierte sich hinter Konsul Lucius Opimius eine Gefolgschaft von unzufriedenen, teils gewaltbereiten Optimaten. Als Gaius dafür eintrat, allen italischen Bundesgenossen Roms das Bürgerrecht zu verleihen, verlor er die Unterstützung des stadtrömischen Proletariats, das um seinen ohnehin geringen politischen Einfluss fürchtete. Der Senat nutzte die Gelegenheit, Gaius Gracchus zum Staatsfeind zu erklären. Zur Flucht gezwungen, ließ dieser sich von einem Sklaven töten. Opimius und seine Gefolgschaft zettelten schließlich Straßenkämpfe an, bei denen 3000 Anhänger der Popularen getötet wurden.

Die Optimaten hatten sich vorerst durchgesetzt, aber sie hatten auch ein Moment der Gewalttätigkeit in die römische Innenpolitik eingeführt, das sich schließlich gegen sie selbst wenden sollte.

Marius und Sulla

Im Jahr 107 v. Chr. wurde der Feldherr Gaius Marius zum Konsul gewählt, ein Vertreter der Popularen und Anhänger der Grachen und ihrer Ideen. Von 111–105 v. Chr. führte er erfolgreich Krieg gegen König Jugurtha von Numidien und in den Jahren 102 und 101 v. Chr. schlug er die Kimbern und Teutonen, die zuvor mehrere römische Legionen besiegt hatten. Mit seinen militärischen Erfolgen wuchsen Marius' Macht und Ansehen.

Er war der erste Römer, der mehrmals hintereinander das Konsulat bekleidete. Diese Verletzung des Annuitätsprinzips verlieh im nahezu diktatorische Macht, schwächte aber die Verfassungsordnung der römischen Republik. Gesetze und Regeln wurden zunehmend den Nützlichkeitserwägungen der jeweiligen Machthaber untergeordnet.

Als Politiker setze Marius eine Heeres- und Agrarreform durch: An die Stelle des bisherigen Bürgeraufgebots trat ein Berufsheer, in das auch Angehörige des Proletariats aufgenommen wurden. Die Veteranen hatte nach Ableistung ihrer Dienstzeit Anspruch auf ein Stück Ackerland, das dem Ager Publicus, dem römischen Staatsland, entnommen wurde. Da die jeweiligen Befehlshaber der Legionen für die Landverteilung an ihre Veteranen zuständig waren, entstand ein starkes Band der Loyalität zwischen ihnen. Die römischen Legionäre fühlten sich immer weniger dem Staat als Ganzes, als ihrem jeweiligen Feldherrn verpflichtet. Dies bewirkte schließlich eine grundlegende Machtverschiebung, weg vom Senatsadel hin zu den Inhabern der höchsten militärischen Gewalt.

Im Bundesgenossenkrieg (91–88 v. Chr.) erstritten zudem die italischen Verbündeten Roms das volle Bürgerrecht. Damit erhöhte sich die Zahl der stimmberechtigten römischen Bürger erheblich, ohne dass die städtischen Institutionen der Republik dem angepasst wurden. An den Volksversammlungen und den jährlichen Wahlen zu den Ämtern der Republik etwa konnte nur teilnehmen, wer sich in der Stadt befand. So sahen sich auch die Soldaten und Veteranen aus den Gebieten der Bundesgenossen sehr viel stärker gegenüber ihrem Feldherrn zu Loyalität verpflichtet als gegenüber dem Senat und den anderen Institutionen im fernen Rom, an deren Zustandekommen sie nicht beteiligt waren.

Unter der Führung des Patriziers Lucius Cornelius Sulla, der gemeinsam mit Marius im Jugurthinischen und im Bundesgenossenkrieg gekämpft hatte, griffen die Optimaten im Senat Marius' Reformen an. Sulla wurde 88 v. Chr. zum Konsul gewählt. Nach einem Putsch der Popularen, marschierte Marius als erster römischer Feldherr in der Geschichte mit seinen Truppen in Rom ein und erlangte die Macht mit militärischer Gewalt zurück. Damit war erneut ein Stück der alten Verfassung zerstört worden.

Während Sulla wegen des Kriegs gegen König Mithridates VI. Rom alsbald verlassen musste, nutzten die Popularen unter Marius und dem neuen Konsul des Jahres 87 v. Chr., Lucius Cornelius Cinna, die Gunst der Stunde. Sie ergriffen nach zehntägigen Kampf, in dem viele Senatsmitglieder und Anhänger der Popularen getötet wurden, die Macht und übten anschließend ein Schreckensregiment in Rom aus. Cinna ließ sich, ähnlich wie schon Marius, drei mal in Folge zum Konsul wählen.

Bei seiner Rückkehr 82 v. Chr. besiegte Sulla, unterstützt von Gnaeus Pompeius Magnus, die Popularen und errichtete seinerseits eine Diktatur. Er ließ Marius ächten und dessen Anhänger auf Proskriptionslisten für vogelfrei erklären, systematisch verfolgen und umbringen. Auf besonders gefährliche politische Gegener setzte er Kopfgelder aus. Schließlich stellte er die Macht des Senats wieder her und schränkte die Kompetenzen der Volkstribunen ein. Nachdem er so die althergebrachte republikanische Ordnung noch einmal gesichert hatte, trat Sulla 79 v. Chr. zurück. Mit diesem Verhalten entsprach er der republikanischen Tradition, ungeachtet der Tatsache, dass auch seine eigene Macht nicht mehr auf dem Ansehen des Senats, sondern auf seiner Befehlsgewalt über die Legionen beruht hatte.

Das erste Triumvirat

Nach Sullas Rücktritt wurden Gnaeus Pompeius Magnus (1) und Marcus Licinius Crassus Dives zu bestimmenden Figuren der römischen Politik. Beide gehörten zu den Optimaten, machten aber im Jahr 70 v. Chr. fast alle Gesetzesänderungen Sullas rückgängig. Als Befehlshaber der Legionen im 3. Mithridatischen Krieg und beim Niederschlagen des Sklavenaufstands unter Spartacus stiegen beide zu Militärpotentaten auf, die sich ihrer Klientel unter den Soldaten und Veteranen verpflichtet fühlten. Wie Marius und Sulla vor ihnen wurden sie damit in die Lage versetzt, Politik am Senat vorbei zu machen, für dessen Machtstellung sie als Optimaten eigentlich hätten eintreten müssen.

Als der Senat sich im Jahr 60 v. Chr. weigerte, Pompeius’ Maßnahmen zur Versorgung seiner Veteranen anzuerkennen, schloss er mit Crassus und einem jungen, politischen Aufsteiger, Gaius Iulius Caesar, ein privates Bündnis ab, das Triumvirat. Diese ungesetzliche „Dreimännerherrschaft“ sollte sicherstellen, „dass nichts im Staate geschehen solle, was einem von den dreien missfiele“. (Sueton). Dass Caesar aus den Reihen der Popularen stammte, zeigt, dass der ursprüngliche Konflikt – Vorherrschaft des Senatsadels oder stärkere Beteiligung des Volkes – kaum noch eine Rolle spielte. Von nun an ging es für die Republik um die Existenzfrage: Konnte sie überhaupt noch in der hergebrachten Form bestehen bleiben? Würde sie die nach Marius’ Heeresreform neu entstandene Macht der Militärgewalthaber zurückdrängen oder integrieren können oder ihr am Ende unterliegen?

Caesar war im Triumvirat zunächst der Juniorpartner. Vereinbarungsgemäß unterstützten seine Bündnispartner seine Wahl zum Konsul des Jahres 59 v. Chr.. Anschließend übernahm er, wie jeder Konsul nach Ende seines Amtsjahres die Verwaltung einer Provinz. Caesar nutzte die Provinz Gallia cisalpina als Ausgangsbasis, um in den Jahren 58–50 v. Chr. das gesamte nicht-römische Gallien zu erobern. Dies brachte ihm nicht nur ungeheure Reichtümer sondern auch die Befehlsgewalt, das Imperium, über riesige Armeen. Da Crassus im Jahr 53 v. Chr. im Krieg gegen die Parther gefallen war, stellte nun Caesar den größten militärischen Machtfaktor im Staat dar.

Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius

Pompeius hatte sich dem Senat inzwischen wieder angenähert und war für das Jahr 52 v. Chr. zum consul sine collega, das heißt zum alleinigen Konsul, gewählt worden. Als Caesars Imperium auslief, schlug dieser vor, dass er und Pompeius ihre Legionen gleichzeitig entlassen sollten. Dies lehnte der Senat ab und beauftragte Pompeius am 7. Januar 49 v. Chr. damit, die Republik gegen Caesar zu verteidigen. Dieser sah sich daraufhin in seiner Würde verletzt und überschritt mit seinen Legionen am 10. Januar den Rubikon, den Grenzfluss zwischen seiner Provinz und Italien. Damit begann erneut der offene Bürgerkrieg, in dem Caesar nacheinander alle Gegner besiegte und sich zum Alleinherrscher Roms aufschwang.


Das Zweite Triumvirat

Nachdem Caesar 45 v. Chr. siegreich nach Rom zurückgekehrt war, scheiterte er jedoch an der politischen Aufgabe, die neu errungene, in der römischen Geschichte noch nie dagewesene Machtstellung dauerhaft zu sichern. Ob er tatsächlich die Königsherrschaft anstrebte, war zu seiner Zeit und ist bis heute umstritten. Seine Wahl zum Diktator auf Lebenszeit konnte nur eine vorläufige Lösung sein. Politisch war Caesar an einem toten Punkt angelangt, als er am 15. März 44 v. Chr. von den Verschwörern um Marcus Iunius Brutus und Gaius Cassius Longinus ermordet wurde.

Der Plan der Verschwörer, die Herrschaft des Senats wiederherzustellen, erwies sich aber schon bald als illusorisch. Die Macht in Rom fiel demjenigen zu, der als Imperator die größten und kampfstärksten Legionen zu mobilisieren in der Lage war. Dabei zeigten sich Caesars Großneffe und Erbe Octavian, der spätere Augustus, und die caesarianischen Feldherren Marcus Antonius und Marcus Aemilius Lepidus (3) den Caesarmördern auf Dauer überlegen. Sie bildeten das zweite Triumvirat und beseitigten rücksichtslos alle innenpolitischen Gegner. In der Schlacht von Philippi besiegten Octavian und Antonius 42 v. Chr. die Heere von Cassius und Brutus. Von diesem Zeitpunkt an ging es nicht mehr darum, ob Rom Republik bleiben würde, sondern nur noch darum, was an ihre Stelle treten sollte.

Nach dem Sieg über ihre politischen Gegner wuchsen die Spannungen zwischen den Triumvirn. Octavian gelang es 36 v. Chr. , Lepidus politisch kaltzustellen. Nun lief alles auf eine letzte Auseinandersetzung mit Antonius und der mit ihm verbündeten Königin Kleopatra VII. Philopator von Ägypten hinaus. Mit dem Seesieg über Antonius bei Actium im Jahr 31 v. Chr. und der Einnahme Alexandrias im Jahr darauf, sicherte sich Octavian die Alleinherrschaft im Römischen Reich.

Augustus und das Ende der Bürgerkriege

Mit dem Ende der Bürgerkriege war auch das unwiderrufliche Ende der Republik gekommen. Anders als Caesar gelang es Octavian, der vom Senat den Ehrennamen Augustus erhielt, eine neue, dauerhafte Staatsform an ihre Stelle zu setzen: Der Prinzipat war eine verschleierte Monarchie, in der die alten republikanischen Institutionen und Ämter bestehen blieben, der Princeps aber alle entscheidenden Gewalten in seiner Person vereinigte. In seiner Titulatur wurde daher auch dasjenige Amt betont, auf dem die Macht im neu entstandenen Kaiserreich tatsächlich beruhte, auf dem des Imperators.

Noch 100 Jahre nach Augustus beklagte der Geschichtsschreiber Tacitus den Untergang der Republik. Den Römern jener Zeit war der Verlust an politischer Freiheit, die mit dem Prinzipat einherging, also durchaus bewusst. Zu den Gründungsmythen Roms gehörte seit je her die Geschichte von der Vertreibung des letzten der sieben altrömischen Könige durch Lucius Iunius Brutus. Noch Caesar war sein Streben nach dem Königstitel zum Verhängnis geworden. Dass die Römer schließlich dennoch die kaum verhüllte Diktatur eines Einzelnen akzeptierten, war nicht zuletzt die Folge eines ganzen Jahrhunderts der Kriege und der daraus erwachsenen Friedenssehnsucht.


Quelle: Wiki