Straße

Aus Theoria Romana
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Römische Reich war durch ein - für antike Verhältnisse engmaschiges - Netzwerk aus Straßen zusammengeknüpft. Sie ermöglichten die leichte Verlegung von Truppen und sorgten für einen regen Warenaustausch. Die Verbreitung der römischen Kultur ging gleichsam Hand in Hand mit dem Ausbau der Verkehrswege.

Der ursprüngliche Zweck für die Anlage derartig kostspieliger Bauten lag in der schnellstmöglichen Durchführung von Truppentransporten. Die Via Appia war die erste Überlandstrasse Roms und diente der Kontrolle von Campanien. Weitere Verbindungen folgten, bis sie schliesslich über Italien hinausreichten und die Provinzen an das römische Kernland banden.

Meilensteine kennzeichneten die Wege und an den Strecken entstanden Gasthäuser und Umspannstationen. Die Kuriere der römischen Staatspost bedienten sich ihrer genauso wie jeder andere Einwohner des Römerreiches. Bemerkenswert wurden die Straßen auch durch ihre Kunstbauten. Viadukte und Dämme sorgten für einen sicheren Trassenverlauf. Von der Qualität der damaligen Straßenbaukunst kann man sich vielerorts noch heute überzeugen. Und die Haltbarkeit römischen Strassen war schon in der Antike legendär.

Rechtlich gesehen gab es im Römischen Reich drei Typen von Straßen:

  • Viae publicae, die als Staatsstraßen zentral von Rom aus geplant, finanziert und gebaut wurden.
  • Viae vicinales, die als Provinzstraßen von den Städten der Provinzen gebaut und unterhalten wurden.
  • Viae privatae, die als Privatstraßen von einzelnen Personen, z.B. Großgrundbesitzern, gebaut und unterhalten wurden.

Von öffentlichen Straßen im strengen juristischen Sinn hört man aber erst im 1. Jh. n. Chr. Zusätzlich war natürlich jede größere Siedlung von Stadtstraßen durchzogen.

Entwicklung

Die ersten Straßen der Römer waren noch recht primitiv. Sie bestanden aus gestampfter Erde mit Kiesstreu. Die Etrusker hingegen kannten schon um 400 v.Chr. voll gepflasterte Wege. Die Römer übernahmen wie so vieles von ihren ehemaligen Herren und brachten die Straßenbaukunst in der Antike zur Vollendung.

Schon fünfzig Jahre zuvor legte das Zwölftafelgesetz ein primitives Straßenrecht vor. Auch die Wegbreite war bereits vorgeschrieben. Auf der Geraden betrug sie acht Fuß, in Kurven sechzehn Fuß. Dies lag daran, dass die damaligen Wagen zumeist keine Drehachse hatten und bei einer Biegung mehr Platz brauchten.

Zugleich hat man auch die vier ältesten Grunddienstbarkeiten festgelegt: aquae ductus (Wasserleitungsrecht), actus (Viehtriebsrecht), iter (Gehrecht) und via (Fahrrecht).

Die erste “Überlandstraße“ Roms war die Via Salaria, die Rom mit der Adria verband und schon in grauer Vorzeit bestanden hatte. 334 v. Chr. verbanden die Römer ihre Hauptstadt Rom mit der 150 km entfernen, neu erworbenen Kolonie Calvi (bei Capua). Die Straße wurde Via Latina genannt und war eine reine Verbindungsstraße.

Der erste wirklich große Straßenbau wurde dann 312 v. Chr. durch den Censor Claudius Appius Caecus in Angriff genommen. Die nach ihrem Initiator Via Appia genannte Strasse war von vornherein als Heeresstraße geplant. Sie sollte die Eroberung der Völker der südlichen italischen Halbinsel erleichtern. Um 300 v. Chr. begann man systematisch mit der straßentechnischen Erschließung des latinischen Umlandes.

Zu Beginn eine Kiesstrasse von 6 m Breite, wurde sie 244 v. Chr. bis Brundisium ausgebaut und zwischen 295 und 123 v. Chr. gepflastert. Die Via Appia wurde als Muster für viele weitere Straßen herangezogen und erst als die militärischen Erwägungen beim Straßenbau abnahmen, kam man von der Pflasterung von Überlandstraßen ab.

Der Reisekomfort war bei Kieswegen größer und seit dem 1. Jh. n. Chr. wurden auch sie mit einem Fundament ähnlich der Pflasterstraßen ausgestattet. Für ein Jahrhundert gab es beide Typen bei der Neuanlage nebeneinander bis im 2. Jh. n. Chr. nur mehr Kiesstraßen angelegt wurden. Mit ein Grund war auch der Mangel von ausreichendem Pflasterungsmaterial wie Basalt und Lavagestein außerhalb Italiens.

Die ersten Straßen konnten eine Steigung bis zu 15 % aufweisen, was den Reisekomfort einigermaßen einschränkte. Schließlich rang man sich dazu durch auf solche Höhendifferenzen zu verzichten und die Wege flacher zu bauen. Damit griffen die Römer vermehrt in die Landschaft ein und passten sie dem Verlauf der Straße an und nicht umgekehrt. Hügel wurden eingeschnitten, Talsohlen aufgeschüttet, Rampen, Viadukte und sogar Tunnel (mit mehreren hundert Metern Länge) gebaut. In der Kaiserzeit legte man bald Wert auf schnurgerade Strecken, die noch heute oft das Landschaftsbild prägen. Die ursprüngliche Straßenbreite von 8 Fuß (2,37 m) wurde auf 20 bis 27 Fuß (6 bis 8 m) erweitert. Manche Prachtstraße entfaltete sich auch über 40 Fuß (11,84 m).

241 v. Chr. wandte man sich dem Norden Roms zu und verband mit der Via Aurelia entlang der Küste die Hauptstadt mit Pisae (heute Pisa). 220 v. Chr. folgte die Via Flaminia, die nach Ariminum (heute Rimini) führte. Dazu kam 187 v. Chr. mit der Via Aemilia eine Ergänzungstraße, die bis in die Poebene verlief. Aus gleicher Zeit stammen die Via Cassia (nach Florentia, heute Florenz) und die Via Postumia (nach Aquileia). Um 170 v.Chr. hatte man es auch geschafft die Straßen der Hauptstadt fast vollständig zu pflastern.

Während der punischen Kriege wurde 146 v. Chr. mit der Via Egnatia erstmals eine Straße über das italische Kernland hinaus gebaut. Sie setzte die Linie von Rom nach Brindisi jenseits der Adria von Dyrrhachium (heute Durazzo) bis Byzanz fort. Augustus legte großen Wert auf den Ausbau der Alpenstraßen (z. B. Via Iulia Augusta) und -pässe über deren zehn man bereits damals verfügte (Großer St. Bernhard, San Bernardino, Simplon, Maloja, Splügen, Brenner, Julier, Septimer, Tendapass und Montgenèvre). Zur gleichen Zeit war Agrippa damit beauftragt, dass Straßennetz auch in Gallien, Germanien und Spanien auszubauen. Dabei konnte bereits auf die Trassenführung der Kelten zurückgegriffen werden, die in ihrem Siedlungsbereich über ein dichtes Netz aus Handelswegen verfügten.

Um die Transportgeschwindigkeit der Kuriere zu vergrößern, richtete Kaiser Tiberius Umspannstationen ein, die meist auch eine Gastwirtschaft beinhalteten. Kaiser Hadrian baute die Via Appia weiter aus, die noch im 6. Jh. n. Chr. als Hauptverkehrsroute benutzt wurde.

Unter Trajan erreichte das gesamtrömische Straßennetz seine größte Ausdehnung mit einer Länge von etwa 80.000 km zuzüglich 300.000 km nicht ausgebauter Routen. Vizinalstraßen genannte Verbindungen erreichten nun auch Orte, die man beim Bau der großen Militärstraßen unbeachtet gelassen hatte. Die längste durchgehende Verbindungsstraße war die Via Nerva mit einer Gesamtlänge von ca. 2.000 km. Sie verband die afrikanische Seite der Meerenge von Gibraltar mit Alexandria.

Verwaltung

Für Bau und Verwaltung der Staatsstraßen gab es im republikanischen Rom keine einheitliche Behörde. Als Claudius Appius Caecus praktisch den gesamten Staatsetat für den Bau der Via Appia verplant hatte, war der Senat entzürnt, da er nicht um Erlaubnis gefragt worden war.

Einige Straßen wurden im Auftrag von Censoren errichtet, die meisten jedoch durch Consuln. Von 34 Überlandstraßen waren lediglich 6 auf censorisches Betreiben gebaut worden. Dies könnte daran liegen, dass ein Censor, der als Beamter über kein Imperium verfügte, nur über staatseigenes Land verfügen konnte. Ein Consul, Praetor oder ein Promagistrat in den Provinzen, konnte auch privates Land für den Straßenbau reklamieren. Diese These wird durch die Verfahrensweise beim Bau der Via Appia gestützt. Als Censor hatte Claudius Appius Caecus die Straße 312 v.Chr. nur zu zwei Drittel bauen lassen. Erst unter seinem Consulat 307 v.Chr. wurde der Rest bis Capua in Angriff genommen.

G. Gracchus ist die Einbringung einer lex viaria zu verdanken, die die Straßenausbesserungsarbeiten regelte. Die Straßen Italiens scheinen den Censoren zur Verwaltung gegeben worden zu sein; in den Provinzen hatte der Statthalter für den Unterhalt zu sorgen. In Rom selbst oblag die Aufsicht über die Straßen den Aedilen. Für die anderen Städte Italiens sind ähnliche Regelungen überliefert, wenn auch unter anderen Amtsbezeichnungen.

Im republikanischen Rom gab es mit den Vigintiseviri ein senatorisches Kollegium, das sich mit diversen Verwaltungsangelegenheiten beschäftigte. Zwei der Fachbereiche betrafen Straßen. Vier Baumeister waren als quatuorviri viis in urbe purgandis den Ädilen als Unterstützung für die Instandhaltung der Stadtstraßen zugeteilt und zwei besorgten als duovirii viis extra urbem purgandis die Reparaturen der Straßen bis eine Meile vor der Stadt.

Caesar machte sich selbst zum obersten Curator viarum (Strassenverwalter). Augustus ernannte schließlich eigene Beamte für die einzelnen Straßen. Sie waren für Verwaltung, Ausbesserungsarbeiten und die Aufrechterhaltung des Kurierdienstes verantwortlich. Das Gremium der Duovirii viis extra urbem purgandis wurden aus diesem Grund aufgelöst.

In der Mitte großer Überlandstraßen, d.h. zwischen Ausgangs- und Endpunkt der Straße, wurden Foren errichtet, die nach dem Erbauer der Straße benannt wurden. An der Via Appia war das das Forum Appi, an der Via Cassia das Forum Cassi. Welchen genauen Zweck diese Einrichtungen hatten ist unbekannt. Lediglich Verwaltungseinrichtungen sind gesichert. Vielleicht gab es etwas, das man im modernen Sinn eine Strassenmeisterei nennen könnte.


Finanzierung

Die Trassenführung über Dutzende von Kilometern verlangte der Staatskasse einiges ab. Der Bau der Via Appia beispielsweise entleerte das aerarium völlig. Auch Caesar war gezwungen, Sklaven zu verkaufen und einiger seiner zu Ehren aufgestellte Statuen einzuschmelzen, damit die Mittel für den Straßenbau aufgebracht werden konnten.

Reichten staatliche Mittel nicht aus griff man gerne auf die Anrainer zurück, die entweder mit Geldleistungen oder - was öfters vorkam - mit ihrem Personal aushelfen mussten. Zuweilen wurden eigene Steuern für den Straßenbau erhoben. Seit Augustus gewährte der Kaiser Zuschüsse aus dem fiscus (kaiserliche Privatkasse).

Wurden die Straßen gut gewartet, brauchte der Untergrund erst nach einem Jahrhundert eine gröbere und damit teure Instandsetzung. Im 2. Jh.n.Chr. kostete die Sanierung der Via Appia pro Meile 100.000 Sesterzen; und das bei einer Länge von über 360 Meilen. Für den Neubau von Straßen werden in heutiger Literatur Zahlen von 500.000 Sesterzen pro Meile bei einer Fernstraße genannt.


Bedeutende Überlandstrassen

Viele Überlandstraßen hatten eigene Namen. Ein einheitliches Schema zur Benennung gab es allerdings nicht. Die meisten Verbindungen wurden nach ihrem Zielort (von Rom aus gesehen) benannt. Andere hießen nach ihrem Erbauer oder einer Region, die sie durchquerten. Außer dem Neubau von Straßen war es in der Kaiserzeit auch notwendig geworden bestehende Straßen zu sanieren. Aus diesem Anlass wurden einige Straßen zugunsten des jeweiligen Kaisers umgetauft. Neue Überlandstraßen wurden ohnehin nach dem Kaiser benannt. Zuweilen konnten aber auch andere Anlässe zur Namensgebung führen: Im ehemaligen Jugoslawien verläuft die Via Gabiniana, die zwischen 17 und 20 n. Chr. durch die Soldaten der Legio VII Claudia angelegt worden ist. Sie trägt den Namen nach A. Gabinius, der 48/47 v.Chr. in diesem Gebiet eine Niederlage im Kampf erlitten hat.

Literatur:
M. Kemkes, J. Scheuerbrandt, N. Willburger: Am Rande des Imperiums. Der Limes - Grenze Roms zu den Barbaren, Stuttgart, 2002, S. 208ff.
www.imperiumromanum.com