[Officium] Sergia Fausta


  • Hier hat sie ihr Reich, die Ritterin Sergia Fausta, die Ehegattin des Marcus Iulius Dives. Ein großer Schreibtisch bildet das Herzstück ihres Arbeitsplatzes in den eigenen vier Wänden, an dem sie sowohl geschäftlichen Besuch empfängt, als auch gelegentlich den einen oder anderen privaten Kontakt pflegt. Für die etwas zwangloseren Termine ist ihr Büro darüber hinaus aber auch mit einer kleinen Sitzgruppe ausgestattet, wo Gäste jederzeit auch in einer etwas entspannteren Atmosphäre empfangen werden können. Die Sitzgruppenecke wird dabei dominiert von einer marmornen Statue des Sergestus (ein Hochzeitsgeschenk ihres Patrons Marcus Decimus Livianus), dem Urahn aller Sergier, auf den sich auch die Sergii Furores und damit Fausta selbst zurückführen.

    Die übrigen Wände des Raumes zieren Schränke, Regale und an exponierter Position auch ihr eingerahmtes Diploma, welches Fausta "für ihre hervorragenden Dienste beim Cursus Publicus Italia" erhielt. Wer in den Ablagen und Fächern zudem ein wenig stöbert, der wird hier aber nicht nur auf die zu erwartenden Briefe, Korrespondenzen und andere seriöse Unterlagen stoßen, sondern mit ein bisschen Glück auch die eine oder andere Überraschung entdecken. Denn unter anderem auch die acht Krimis und zwei Erotikbände, die Faustas Cousin Marcus Helvetius Commodus ihr zur Hochzeit schenkte, befinden sich hier (wenn sie nicht gerade zusammen mit Fausta auf Reisen sind). Zu guter Letzt ist aber auch Faustas kostbarster Besitz an einem verborgenen Ort dieses Zimmers aufbewahrt: Nicht zwischen den Büchern in den Schränken, nicht versteckt in den Schubladen und Ablagen der Regale, sondern direkt vor der Nase eines jeden Besuchers verborgen im gut gesicherten Geheimfach ihres Schreibtischs (die massive Tischplatte ist innen hohl) liegen der Überschreibungsvertrag, mit dem ihr Cousin Marcus Helvetius Commodus ihr das Landgut samt der Villa Sergia prospectu maris überschrieb, zusammen mit den zugehörigen staatlichen Eigentumsurkunden für das Land.

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    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

    4 Mal editiert, zuletzt von Marcus Iulius Dives ()

  • Mein neues Büro! Oder sollte ich die Betonung lieber auf mein neues Büro legen? Mein neues Officium! In der Casa Iulia! Als Sergia! Als Ritterin. Als Postpräfektin von Italia.. noch. Denn natürlich hatte ich Pläne, nachdem ich jetzt schon eine ganze, lange Weile, wie ich fand, Postpräfektin gewesen war. Da war es nur logisch und folgerichtig, wenn ich nach meiner Erhebung in den Ritterstand, die ja nun auch schon wieder ein bisschen zurück lag, langsam mal wieder nach höherem strebte. Was hörte sich schließlich noch besser an als Praefecta? Procuratrix! Und jetzt, nachdem meine Figur auch fast wieder Vorschwangerschaftsniveau hatte (wäre ich zehn Jahre älter, mann würde mich wahrscheinlich - in entsprechender Szene - ganz cool als "MILF" bezeichnen).. dazu jetzt, wo auch mein Marcus mit seiner Quaestur den nächsten Schritt auf der Karriereleiter ging, da könnte mir ein beruflicher Aufstieg kaum besser in den Kram passen....
    Gerade bei diesem Gedanken platzte ein Haussklave in mein neues Heimbüro für die leichtere Arbeit von zu Hause. Er kündigte mir in kurzen Worten den eingetroffenen Besuch an. Galeo Sergius Plautus, angeblich irgendein Verwandter - da wollte ich meiner Cousine Severa einfach mal vertrauen, wenn sie das sagte. "Sergius Plautus, ich darf doch sicherlich Plautus sagen? Sei mir willkommen und setz dich!" Ich begab mich zu einer kleinen Sitzgruppe, wo man ein bisschen weniger förmlich, als durch einen großen Schreibtisch voneinander getrennt, miteinander reden konnte. Mit einer leichten Handbewegung unterstrich ich meine Begrüßung und lud ihn ein, sich zu setzen. "Und du", eh sich dieser Sklave, dessen Namen ich mal wieder nicht wusste, weil ich mir ganz grundsätzlich den Kopf nicht mit irgendwelchen Sklavennamen verstopfte, sich wieder verkrümelte, "du bring uns doch ein Kännchen Wein." Und eh mich dieser Nichtsnutz blamierte: "Natürlich verdünnt. Vielleicht den Umbrier, der vergangene Woche hier eingetroffen ist.", schlug ich vor. Der Sklave nickte kurz und verschwand. "Wusstest du, dass der Dichter Plautus aus Umbrien kam? Nicht dass ich einen meiner Verwandten nur aufgrund des Namens mit irgendsoeinem Dichter vergleichen würde..", sprach ich und tat es offensichtlich ganz frech trotzdem. "Aber wo wir gerade davon sprechen, welchem Zweig der Sergier entstammst du eigentlich?" Das wollte ich nämlich eigentlich hier wissen. "Meine Cousine Severa schrieb mir nämlich nur von irgendeinem Verwandten namens Plautus. Und ich muss ehrlich gestehen, dass ich diesen Namen bisher eigentlich weniger mit unserem Stammbaum in Verbindung gebracht habe." So offen war ich an dieser Stelle einfach mal und lehnte mich dann, gespannt auf die Antwort, erstmal schmal lächelnd etwas zurück.

  • Als der Ianitor ihn angekündigt hatte, sagte Plautus kurz: "Salve, Sergia Fausta".


    Er schaute sich um. Sergias neues Officium war protzig groß. Die eher einladende Möblierung milderte das etwas ab, so dass Plautus den Gedanken verscheuchte, sich vor dem Schreibtisch zu verbeugen. Er folgte dem Wink der Dame und nahm auf einem der Hocker Platz.


    "Ja sicher, Du kannst einfach Plautus zu mir sagen, Fausta". Er sah in ein schönes Gesicht mit einem kleinen Kinn, das eine bestimmte schutzbedürftige Weiblichkeit signalisierte, die bei Männern blitzschnell den Drang nach Heldentaten auslöst. Plautus war gewarnt, denn oft genug war er auf die spitzen Schreie neapolitanischer Weiber reingefallen. Und siehst du, Galeo: schon kam die Anspielung auf Maccius Plautus.


    "Ja, ja, ich weiß, er ist in Sassina geboren. Aber bitte, lass mir nicht die Ehre angedeihen, mich mit Maccius Plautus zu vergleichen. Ist absolut nicht meine Liga."


    Danach die unumgängliche Frage nach dem Zweig der Familie. Ja, nix mit Noblesse, sondern Plebs aus Neapolis.


    "Nimm's leicht, Fausta. Ich gehöre zu dem verlotterten Familienast des unsäglichen Numerius Sergius Asina. Mein gramgebeugter Vater hieß Lucius Sergius Catilina. Auch er musste immer wieder Vergleiche mit einem berühmten Namensvetter aushalten." Plautus lächelte, "War aber auch nicht seine Liga".


    Achja, das Cognomen Plautus. Wahrscheinlich ekelten sich die patrizischen Familien schon seit Romulus' Zeiten davor, ihren Mitgliedern DEN Beinamen zu verpassen. Aber ... Plautus kramte in seinem Hirn, doch da war einer:


    "Nee, Fausta, da gibt's einen: Gaius Sergius Plautus, vor ungefähr dreihundert Jahren seines Zeichens Praetor Urbanus. Nichts zu machen: Plattfüße gibt's eben in jeder Familie", sagte Plautus feixend in Faustas schmales Lächeln.

  • Lass mir nicht die Ehre angedeihen, mich mit Maccius Plautus zu vergleichen? Also Humor hatte dieser Plautus ja schon mal, das war sicher! Ich kam um ein amüsuertes Kichern nicht herum. Denn ganz ehrlich betrachtete ich es keinesfalls als Ehre, wenn ein Sergier mit patrizischen Wurzeln und einem Stammbaum, der bis zu Sergestus, einem Weggefährten des Aeneas, zurückging, mit irgendeinem ollen Komödienschreiber verglichen wurde. Ja, sein Name hatte die Jahre überdauert. (Wobei: Ob er wirklich Maccius geheißen hatte, schon darüber gab es ja verschiedene Meinungen.) Aber deshalb war er noch lange kein angemessener Vergleich für einen Sergier! ..einen wahren Sergier meinte ich damit natürlich. Denn auch wenn ich die Scherereien mit meinem Onkel Agrippa so langsam vergas, wusste ich noch immer sehr gut, dass dieser Zweig der Sergier.. nicht gerade der repräsentabelste war, um es zur Abwechslung mal nett auszudrücken. "Du hast natürlich vollkommen Recht! So ein kleiner Wicht, der irgendwo aus der Schuldknechtschaft kam, spielt natürlich niemals in einer Liga mit einem Sergier!", stimmte ich ihm dann noch immer amüsiert grinsend zu.
    Kurz darauf bereute ich meine Worte dann aber auch schon und meine Gesichtszüge verhärteten sich merklich. Dieser Plautus, den ich hier ins Haus gelassen hatte, entstammte also diesem unsäglichen Familienzweig meines Urgroßonkels Asina? Schande! Und dann war er auch noch ausgerechnet der Sohn dieses des sergischen Namens unwürdigen Catilina, der gleich mehrfach unehrenhaft aus dem römischen Heer entlassen worden war? Schande! "Das ist wirklich eine ganz andere Liga.", kommentierte ich den Vergleich dieses Sergius Plautus zögerlich, zürückhaltend und irgendwie.. enttäuscht. Einen Sohn DES Sergius Catilina, den hätte ich nebenbei gesagt übrigens mit offenen Armen und sehr freundschaftlich hier empfangen. Denn dieser Catilina war ja damals ein Senator gewesen und hatte sogar prätorischen Rang gehabt, bevor er uns alle unseren patrizischen Stand gekostet hatte - was am Rande erwähnt natürlich zu großen Teilen auch der Verdienst dieses falschen Tullius mit der scharfen Zunge gewesen war! DER hatte die ganze Geschichte damals ja rhetorisch so aufgebauscht und verrissen, dass es überhaupt erst soweit gekommen war!


    Aber hier saß kein Sohn des berühmten Catilina. Hier saß nur der Sohn eines Mannes, der.. auf ganzer Linie enttäuscht und versagt hatte. "Ja, natürlich. Plautus der Prätorier. Damals waren wir alle noch Patrizier. Damals noch konnte man alle Zweige unserer Gens als ehrenhaft bezeichnen." Dass die Bedeutung der Sergier schon damals trotzdem nicht mehr ganz so groß gewesen war, war ja eine andere Sache als die Ehrhaftigkeit. Über den feixenden Kommentar am Ende konnte ich dann auch kaum noch lachen. Es blieb bei einem müden Lächeln. "Du bist hier, weil du mit mir über deine Karrierepläne sprechen wolltest.", erklärte ich dann nüchtern und noch immer enttäuscht. Die Lust am Smalltalk jedenfalls war mir nach dieser Offenbarung doch erstmal erheblich vergangen.

  • Die liebe Base hatte seine Bemerkung über den Maccius Plautus ganz locker flockig auf den Kopf gestellt. Jetzt war jener umbrische Spaßmacher plötzlich ein kleiner Wicht und überhaupt nicht imstande, in der noblen sergischen Liga zu spielen. Galeos Verblüffung darüber hielt nur kurz an, nämlich just bis zu dem Augenblick, als er ihr von seiner Herkunft erzählt hatte. Da wanderte ihre Nasenspitze gleich vier Digiti nach oben und ihr Mienenspiel glich sich in Windeseile dem jener Nobelschnepfe an, die er kürzlich auf dem Mercatus getroffen hatte. Ungläubig glotzte er Fausta an. Vor allem, als sie sich nicht entblödete, die Zeiten herauf zu beschwören, als noch ALLE Zweige der Sergia ehrenhaft gewesen sein sollen. Damals soll es ja, den Göttern sei Dank, den asinischen Zweig noch gar nicht gegeben haben.


    "Ich muss Dir vielmals danken, dass Du mich auf den Kopf gestellt hast, liebe Fausta. Denn das verschafft mir einen ganz neuen Blick auf die sergischen Familienverästelungen. Glaubst Du denn allen Ernstes, dass man mit den paar Hanseln, mit denen die Sergia bis jetzt knapp über die Runden gekommen ist, noch viel Staat machen kann?"


    Er stützte seine Hände auf die Knie und beugte sich vor:


    "Glaubst Du tatsächlich, dass es irgendwas mit Vernunft zu tun hat, wenn man diesen lächerlichen, ausgefransten Rest, den uns die Jahrhunderte übrig gelassen haben, wenn man den auch noch säuberlich in eine edle Ecke und eine peinliche asinische Schmuddelecke aufteilt? Ich versuch mir grade das Gedränge vorzustellen, das in diesen beiden Coupés herrschen muss. Nee, Fausta, wenn dieser Saftladen noch mal auf die Beine kommen soll, dann verkneif Dir das."

  • Die Abkürzung dieses Gesprächs auf das Wesentliche, nämlich die Karrierepläne meines Verwandten hier, nahm der nicht an. Stattdessen blieb er lieber thematisch bei der Familie stehen, stellte mir zwei Fragen und endete doch tatsächlich ganz frech mit einer Belehrung. "Schön.", entgegnete ich ihm also trotzig, aber ruhig. "Wenn du statt über deine Karriere lieber über die sergische Gens reden willst, dann reden wir über die sergische Gens." Ob ich als vielbeschäftigte Ritterin und Präfektin später dann noch Zeit für seine Karriere haben würde, würde man dann natürlich erst noch sehen müssen.
    "Du fragst mich, ob man mit ein paar wenigen Gensmitgliedern überhaupt noch Staat machen könne, ob man mit ihnen überhaupt noch etwas erreichen und erneut zu größerer Bedeutung kommen könne." Ich lächelte gelangweilt. "Die Antwort darauf lautet ganz klar: Ja, das glaube ich." So einfach war das. "Und du willst auch wissen, warum ich das glaube? Ich gucke in die Geschichte, in unsere römische Geschichte, und sehe, dass schon ein verbliebener Mann oder eine einzige Frau einen enormen Unterschied machen können. Oder was glaubst du, wieviele "Hanseln" die Iulii Caesares nach dem Tod des Iulius Caesar noch umfassten?" Meine spontane Zählung endete bei eins - dem testamentarisch adoptierten späteren Augustus. Und was er so allein so alles geschafft und erreicht hatte, das brauchte ich sicherlich nicht näher auszuführen. "Oder nimm den Consular Purgitius Macer. Was glaubst du, wäre seine Gens heute ohne ihn?", fragte ich rhetorisch.


    Dann schüttelte ich kurz den Kopf. "Du sprichst von Vernuft, Sergius Plautus, und bist dennoch selbst ganz unvernünfig. Du redest von der Quantität und immer nur von der Quantität und siehst nicht, dass es sehr wohl Sinn macht, wenn man die fauligen Äste und Zweige aus einem ansonsten hervorragenden Apfelbaum herausschneidet." Der Sklave mit dem Wein kehrte in diesem Moment aus der Küche zurück, stellte sich allerdings der Situation entsprechend mit seinem Tablett erstmal still und stumm an der Tür auf. Er wollte sich hier nämlich bestimmt nicht in dieses Gespräch einmischen. "Es ist die Qualität die du dabei vergisst. Denn glaube mir, wenn eine Gens nach oben strebt, dann darf sie sich nicht nur mit irgendeinem Mittelmaß zufrieden geben, sondern muss Spitze sein. Und wenn sie also nach hoher Qualität strebt, dann gehören die" minderwertigen "unbedeutenderen, mittelmäßigeren Äste eines Stammbaums eben auf Distanz gehalten." So sah ich das.
    "Und noch etwas. Wir können hier gerne diskutieren über unsere offensichtlich unterschiedlichen Ansichten von Gens und Familie. Damit habe ich kein Problem." Ich nickte einmal ernst. "Aber merk dir, dass wir uns hier nicht in der Casa Sergia von Severa befinden. Wir befinden uns hier in der Casa Iulia, in der ich Hausherrin bin und du Gast bist. Deine unangemessenen Belehrungen solltest du dir da besser.. verkneifen.", gab ich ihm die Belehrung mit gleichem Wort zurück. "Denn damit, mein Lieber, habe ich ein Problem." Ich ließ mich nämlich bestimmt nicht in meinem eigenen Heim von irgendjemandem vorführen und belehren! "In diesem Sinne", deutete ich mit der linken Hand auf den Sklaven mit dem Wein, "möchtest du einen kleinen Schluck trinken?" Oder wollte er sich direkt hier verabschieden und gehen?

  • Oh, naßkalt abgebürstet. Plautus schüttelte sich. Ja, verdammt, er hatte da wohl einen kapitalen Fehler gemacht, als er übersehen hatte, dass es seiner Gastgeberin so sehr nach Ehrerbietung dürstete. Er hatte sich, seiner Bockigkeit folgend geweigert, ihren brennenden Durst zu stillen. Verdammte Hybris! Na, man weiß ja, wie diese Geschichte ausging.


    "Meine Karrierepläne? Lassen wir das. Du hast es ja nun wirklich nicht nötig, Dich auch noch um die Karrierepläne von Fröschen zu kümmern. Können wir abhaken. Viel mehr interessiert mich das, was Du zur Gens Sergia gesagt hast."


    Bei Faustas einfältiger Doktrin von der Qualität Einzelner hatten sich seine Nackenhaare gesträubt.


    "Ach nee, Du guckst in die Ruhmeskiste und siehst dort die großen Helden. Aber diejenigen, die weniger Glück hatten und unter den Tisch gefallen sind, die bleiben Dir verborgen. Deine Statistik ist schief und krumm. Denn der alte Caesar hatte saumäßiges Glück, ja er hatte da beinahe ein Abonnement drauf. Und er verfügte auch über jede Menge QUANTITÄTEN, vor allem über einen schlagkräftigen Klüngel. Allein mit seiner Qualität wäre auch er genauso unter den Tisch geflogen. ... Purgitius Macer? Den kenn ich noch nicht".


    Säuberungen in der Gens Sergia? Er lächelte über das simple Konzept: Wer auf einem unedlen Ast sitzt, taugt nix. So einfach ist das. Gärtner wissen's besser. Sie wissen, dass ein Baum nur in Gänze edel oder unedel sein kann und kümmern sich lieber um die Zweige, die künftig fruchten werden, aber noble Damen mit Edelholzbrett vor der Birne brauchen sowas nicht zu wissen.


    "Was also willst Du denn mit der peinlichen Ecke in der Sergia machen? Ausrotten? Wird schwierig, wo doch zwischen Neapolis und Salernum noch ne ganze Menge von der Sorte herumhängen. Liefe doch auf so 'ne Art Genozid hinaus. Oder, vielleicht könnte man den verdammten asinischen Teilclan auch einfach umbenennen. Putidia oder so was ähnliches, dann wärst Du das miese Gesocks los. Wär das was?"


    Ein saukalter Luftzug Arroganz wehte dem Plautus ins Gesicht. Man war ja in der Casa Iulia, hatte Fausta grade anschaulich betont.


    "Was meine eigene QUALITÄT angeht, verlass ich mich nach all dem doch lieber ganz auf mich selbst, zumal die mir, anders als man in edlen gentilen Kreisen glaubt, nicht als Erbschaft zugefallen ist."


    "Ah, gerne". Plautus ließ sich den Becher geben und nahm einen Schluck. Nicht schlecht, der Umbrier.


    Zeit zu gehen. "Wenn Du nicht noch was Wichtiges zu sagen hast, dann geht jetzt der lykische Bauer nach Hause."

  • War ich mir nach dem humorvollen Gesprächsbeginn noch etwas unsicherer, ob dieser Sergius Plautus hier auch wirklich nach "asinischer Art" geraten war, gab es spätestens jetzt keinen Zweifel mehr daran! Genauso verrückt wie alle anderen auch aus diesem Zweig war er! Denn plötzlich war er sich auch ganz frei heraus und offen zu fein, von mir als Ritterin und Postpräfektin irgendeine Form der Hilfe und Unterstützung anzunehmen. (Meiner Base Severa zuliebe, die dieses Kerlchen hier zu mir geschickt hatte, wäre ich ja trotz aller Umstände zu einer gewissen Starthilfe bereit gewesen!)
    Und damit nicht genug: Wie ein Frosch (da hatte er ganz recht!) quakte er dann los davon, dass ich neben Caesars Qualität sein Glück und seinen Klüngel vergessen hätte. Schwachsinn! Denn Glück kam nie von ungefähr! Glück war stets mit den Tüchtigen! Und ein Klüngel war auch nichts, mit dem man geboren wurde, den erarbeitete man sich.. hart! Und damit widerum stand nach wie vor und in meinen Augen ohne jede Minderung im Raum, dass ein kleiner auf Qualität konzentrierter "Saftladen" signifikant wahrscheinlicher "noch mal auf die Beine" kam, als irgendein einfach nur auf Breite und Quantität ausgerichteter "Saftladen". Aber weil dieser Sergius Plautus das vermutlich eh nicht verstand oder verstehen wollte, sparte ich mir eine Bemerkung dazu und hörte stattdessen seinem Monolog einfach nur weiter gelangweilt zu.


    Doch nun wurde es noch abstruser! So sprach dieser Sergius Plautus auf einmal von Ausrottung und Genozid! Dabei hatte ich ihm doch eben klar und deutlich gesagt, wie ich fand, dass der eine zum anderen Zweig der Sergier stehen sollte: Distanziert. Das hieß nicht, dass ich die Straßenseite wechseln würde, wenn mir ein asinischer Sergier zufällig über den Weg liefe. Aber das bedeutete, dass ich den Kontakt zwischen den beiden Zweigen ganz sicher nicht fördern und unterstützen würde. (Es sei denn natürlich, es würde mir auf der anderen Seite irgendetwas bringen. Doch das war dann wieder ein anderes Thema.)
    Aber die Abwegigkeit fand kein Ende: Nun war die Rede von der Umbenennung des asinischen Gentilzweigs. - Wie kam man auf solche Ideen? Denn natürlich war der Gedanke an sich ja ganz nett, scheiterte in der Umsetzung allerdings bereits daran, dass ich kein Patent auf den sergischen Namen besaß. Und das wiederum hieß, dass ich auch niemanden zwingen konnte, diesen Namen wie auch immer abzulegen - ganz gleich, wie unwürdig der asinische Zweig des sergischen Namens meiner Meinung nach war. Es ging einfach nicht. Eine einfache und klare Distanzierung mussts also auch weiterhin reichen - und war ja in der Regel auch genug.


    Und noch immer war kein Ende in Sicht. Jetzt gab es erstmal noch einen Satz dazu, wie stolz Sergius Plautus doch darauf war, keinen namhaften Vater, Großvater und Urgroßvater zu haben. Natürlich! Da stimmte ihm der gemeine Pöbel sicherlich voll und ganz zu und ließe ihn hochleben für diese Worte! (Darauf könnte der Sergius Plautus dann ebenfalls stolz sein - als jemand, der vor wenigen Generationen doch gleich meiner Wenigkeit im Patrizierstand anzusiedeln war.) Wer hingegen nicht zum einfachen Pöbel gehörte, von seinen Vorfahren vielleicht einen Ordo vererbt bekam oder auf einen dekorierten Militär in der eigenen Ahnenreihe blicken konnte, dessen Jubelrufe würden an dieser Stelle vermutlich deutlich leiser klingen. Denn: Das war Rom! Hier wurden bedeutende Taten und Leistungen, Auszeichnungen und Ehren vererbt! War der Vater ein Triumphator, dann wurden dessen Kinder automatisch zu Söhnen und Töchtern eines Triumphators.. bis sie vielleicht irgendwann einmal auch eigene Leistungen den Taten des Vaters hinzuzufügen hatten. Ansehen und Prestige, Ruhm und Ehre, all das gehörte einem Römer niemals allein. Es färbte stets auch auf sein näheres familiäres Umfeld ab. Das, das war Rom.
    Und so wiederum verwunderte es dann natürlich auch bestimmt niemanden, dass die Erblichkeit von Ehrhaftigkeit auch die Erblichkeit von Unehrhaftigkeit nach sich zog. "Auf den lykischen Bauern!", prostete ich, nachdem der lange Monolog dann irgendwann endlich zuende war, dem Manne zu, der unsittlich wie ein halb Verdursteter nichtmal einen Trinkspruch abzuwarten imstande schien. "Und bevor du gehst: Ich denke wir sollten wieder zu einer gentilnominalen Anrede zurückkehren, Sergius." Hätte ich schon zu Beginn dieser Unterhaltung von der asinischen Herkunft dieser Sergius Plautus gewusst, ich hätte ihm meinen Cognomen ja auch nie so mehr oder weniger direkt angeboten. Mit einem oberflächlichen Lächeln auf den Lippen nickte ich dem Sergius verabschiedend zu, bevor ich nundann einen genüsslichen Schluck aus meinem Becher nahm: Ein guter Jahrgang, dieser Umbrier..

  • Hinter ihrer Stirn schien sich eine unübersehbare Menge von Gedanken herumzutreiben, die dann nach einem längeren Weilchen bloß in einen Trinkspruch mündeten. Dem folgte dann der Vorschlag, wieder zu einer förmlichen Anrede zurückzukehren. Ja, Förmlichkeiten sind ein sicherer Hafen, der vor den Garstigkeiten des Lebens schützt. Plautus hob auch seinen Becher.


    "Jawohl, auf die gentilnominale Anrede! Wenigstens da sind wir uns einig, Sergia Fausta. Vale."


    Als Plautus auf die Straße trat, hatte er das Gefühl, dass es hier draußen wärmer sei als drinnen. Da war aber ausnahmsweise mal nicht die Sergia Fausta dran schuld, sondern ein gentilnomalmäßig heftiger Atabulus*.


    Sim-Off:

    *Scirocco

  • Hm? Hatte ich mich gerade verhört oder hatte mich dieser Sergius nach der Zustimmung (!) zu meinem Vorschlag gerade trotzdem mit Sergia Fausta, also mit Gentil- und Cognomen, angesprochen? Ich schüttelte ein letztes Mal meinen Kopf. Denn das Thema Anrede war doch so schwer eigentlich nicht.. "Vale, Sergius."


    "Callisto!", rief ich, nachdem mein Gast die Casa verlassen hatte, nach meiner Leibsklavin. "Verzeih, Herrin, aber die ist nicht hier.", wies mich ein anderer Unfreier anschließend vorsichtig hin. "Dann hol sie her.", befahl ich daraufhin unwirsch mit einem genervten Augenrollen. "Ich muss einen Brief aufsetzen.. an meine liebe Base Severa.. wegen dieses Typen, den sie zu mir geschickt hat." Der Sklave nickte und zwitschte ab. "Eine pure Zeitverschwendung..", so beurteilte ich dieses Gespräch jetzt am Ende. - Und genau das würde ich Severa auch wissen lassen in meinem Brief.

  • Als Procuratrix Annonae würde ich viel unterwegs sein. Das wusste ich. Die Häfen von Ostia und Puteoli sollte ich inspizieren. Die Getreidespeicher dort wie auch hier in Rom mussten kontrolliert werden. Um die Getreidemarken würde ich mich wahrscheinlich an einem eigenen Stand auf dem Mercatus kümmern. Und hin und wieder müsste ich sicherlich auch den Präfekten in der Basilica Iulia aufsuchen. Darauf stellte ich mich jedenfalls erstmal ein bei meiner neuen Tätigkeit. Möglichst gelassen versuchte ich dabei darüber hinweg zu sehen, dass ich damit gefühlt einen kleinen Rückschritt gemacht hatte. Denn was unterschied einen hohen von einem etwas niederen Beamten? Ein Unterschied war zum Beispiel, dass ein hoher Beamter eben meistens nicht ganz so viel unterwegs war. Er konnte mehr Aufgaben delegieren, beschäftigte sich mehr mit der Organisation des großen Ganzen und wichtigen Entscheidungen, anstatt die Hälfte seiner Arbeitszeit im Reisewagen oder fußläufig zu verbringen. Deshalb hatte er natürlich auch ein eigenes, öffentliches Büro - einen Amtssitz.
    Als Praefecta Vehiculorum hatte ich einen Amtssitz gehabt: Ein nettes Officium mit eigenem Vorzimmer samt Vorzimmerstationarius. Für eine Postpräfektin beziehungsweise einen Postpräfekten hatte sich das gelohnt, trotz mancher ausgedehnten Dienstreise. Jetzt als Procuratrix Annonae mit den Aufgaben, die auf mich warteten, lohnte sich das nicht. Deshalb hatte ich in meinem Amtsantrittsgespräch beim Präfekten gar nicht erst die Frage nach einem eigenen Amtssitz gestellt. Denn ich wäre ja eh kaum dort. Denn ich war als Prokuratorin eben eh nur eine Hilfsbeamtin. Mit einer leitenden Tätigkeit wie der als Postpräfektin war das kaum zu vergleichen. Aber ich lernte, damit zu leben. Wenigstens hier in der Casa Iulia hatte ich ja noch ein eigenes hübsches Officium, von wo aus ich die kleineren und größeren Büroarbeiten meines Amtes künftig erledigen würde.


    Und Arbeit gab es, jetzt zu Beginn meiner Tätigkeit, viel. Für die Suche nach neuen Vertragspartnern für die Cura Annona musste ich in den Archiven erstmal nach älteren Verträgen suchen. Ich fand einen Mustervertrag sowie einen Liefervertrag für Getreide und einen Liefervertrag für Brot. In Kopie landeten alle drei Dokumente auf meinem Schreibtisch. Damit war der erste Schritt in dieser Angelegenheit getan. Der nächste Schritt sah vor, dass ich meiner Freundin (Poppaea) Sabinilla ins ferne Alexandria schrieb. Also machte ich es mir in meinem Bürostuhl bequem und ließ eine Sklavin meine Schläfen massieren, während ich einer anderen mein kleines Briefchen diktierte....



    SERGIA FAUSTA



    Ad Poppaeam Sabinillam
    Domus Poppaea
    Alexandria - Alexandria et Aegyptus



    Fausta Sabinillae s.d.


    Viel zu lange habe ich dir nicht mehr geschrieben, meine liebste Sabinilla! Dabei wollte ich es wirklich! Doch irgendwie kam leider immer irgendetwas dazwischen: Erst die Geburt meines Sohnes (der Kleine ist gesund und heißt nach seinem Vater Marcus Iulius Dives Minor) und dann der Tod unseres Kaisers Cornelius, nach dem ganz Rom erstmal für mehrere Wochen von der Außenwelt abgeschottet wurde. Ich hoffe, du verstehst also, dass ich dir erst jetzt wieder schreibe.


    Aber sag, wie geht es dir, meine Beste? Was macht dein schnuckeliger Caius? Kümmert er sich noch immer um den Garten deines Hauses? Oder hat dein alter Geldsack den armen Jungen mittlerweile entlassen, weil er es spitz bekommen hat, dass er sich seine Ehefrau mit dem eigenen Gärtner teilt? (Nur für den Fall: Hier in Rom könnte ich deinem Caius jederzeit eine Stelle vermitteln....)


    Ja, und apropos Stelle: Ich wurde vor kurzem mit einem Diploma für meine hervorragenden Dienste aus meiner Tätigkeit als Postpräfektin entlassen, um danach direkt mein erstes Ritteramt als Procuratrix Annonae anzutreten! Ist das nicht toll? Ich hoffe, du freust dich für mich. Denn es ist gerade für eine Frau eine große Ehre, auch wenn es natürlich mit einigen Aufgaben verbunden ist:
    Eine dieser Aufgaben ist zum Beispiel die Suche nach neuen Vertragspartnern für die Cura Annona. Mein Praefectus möchte, dass ich ein paar zuverlässige Zulieferer von Getreide finde. Und am besten auch noch einen verlässlichen Brotproduzenten, der aus diesem Getreide dann das nötige Brot produziert. Du hast doch bestimmt noch immer deine Finger in allen nur erdenklichen Honigtöpfen in und um Alexandria, oder? Kannst du mir da nicht vielleicht einen kleinen Tipp geben, an wen ich mich da wenden sollte?


    So. Ich bin heute später am Tag noch zu einer Feier bei einer Patrizierin eingeladen. Deshalb muss ich mich jetzt so langsam umkleiden lassen. Denn sie wünscht sich, dass all ihre Gäste als holde Göttinnen erscheinen mögen! Rate, für welche Göttin ich mich entschieden habe!


    Gib den Göttern einen Kuss von mir.
    Vale optime!


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    Sergia Fausta
    ANTE DIEM V KAL MAI DCCCLXV A.U.C.
    Casa Iulia | Rom | Italia

  • Es dauerte ein kleines Weilchen.. bis mein Brief den weiten Weg von Rom nach Alexandria zu meiner Freundin Sabinilla zurückgelegt hatte.. bis sie ihn gelesen und beantwortet hatte.. und bis ihre Antwort dann auch den ganzen Weg von Alexandria zurück zu mir nach Rom hinter sich gebracht hatte. Aber jetzt endlich war das Schreiben da und wurde natürlich sogleich neugierig von mir studiert:


    POPPAEA SABINILLA



    Ad Sergiam Faustam
    Casa Iulia
    Rom - Italia



    Sabinilla Faustae s.d.


    Mit großer Freude habe ich deinen jüngsten Brief gelesen und zur Kenntnis genommen, dass du also doch nicht bei der Geburt deines Kindes verstorben bist. Herzlichen Glückwunsch! Oder sollte ich dir lieber mein herzliches Beileid aussprechen, meine Liebste? Denn du weißt doch bestimmt noch, was wir uns damals alles über Mütter erzählt haben.. dass bei denen die in der Schwangerschaft gedehnte Haut jetzt an allen möglichen Stellen nur noch schlaff und ganz und gar unansehnlich herunterhängt. Sag mir: Würde ich dich heute überhaupt noch erkennen? (Du weißt, ich scherze nur mit dir.)


    Ich sollte raten, als welche Göttin du dich kostümiert hast für diese Feier bei der Patricia. (Eine Frage am Rande: Du hast dich hier aber nicht wieder mit dieser Skandalnudel.. dieser Tiberierin eingelassen, oder?) War es vielleicht die Göttin Annona, jetzt, wo dir als Mutter ihr Fruchtbarkeits-Attribut bestimmt ganz ausgezeichnet zu Gesicht stehen würde? Und passend dazu amtierst du ja gar als Procuratrix Annonae - meine herzlichen Glückwunsche auch dazu! (Ich verstehe es zwar immernoch nicht, wie du lieber arbeiten gehst, statt einfach nur das schöne Leben an der Seite eines wohlhabenden Mannes zu genießen.. aber das ist nichts Neues.)


    Da komme ich nun also auf deine Frage nach den Zulieferern zu sprechen: Ägyptisches Getreide, das gleich vorneweg, kann ich dir leider nicht anbieten. Da gehen nämlich schon jetzt alle Überschüsse nach Rom oder werden hier in Alexandria aufgespeichert. Aber: Ich habe gehört, dass es in Thrakien zur Zeit den einen oder anderen Überschuss geben soll. Und es heißt, dass die Qualität auch ganz passabel sei. Die patrizischen Flavii Gracchi zum Beispiel zählen dort zu den größeren Namen..
    Und deine Frage nach Brotproduzenten: Meine liebe Fausta, da würde ich dir dringend von einem ägyptischen abraten. Und das nicht etwa, weil die Ägypter so schlecht backen würden, sondern weil das ägyptische Brot doch längst hart ist, wenn es den Hafen von Ostia erreicht! Deshalb versuch doch einfach dort, in Ostia, einen Bäcker zu finden. Da gibt es bestimmt mehr als genug..


    So. Und nachdem wir das Geschäftliche geklärt haben, noch eine kleine private Sache: Mein Caius bleibt mein Caius.. hier in Alexandria. Wenn du in Rom auch etwas Abwechslung brauchst, dann musst du dir also schon deinen eigenen Gärtner des Vertrauens finden!


    Natürlich gebe ich den Göttern enen Kuss von dir - vor allem der einen Göttin, die mich jeden Morgen im Spiegel begrüßt. Von ihr auch einen lieben Kuss zurück.
    Vale optime!



    Poppaea Sabinilla
    PRIDIE NON MAI DCCCLXV A.U.C.
    Domus Poppaea | Alexandria | Alexandria et Aegyptus

  • "..nein, noch ein bisschen weiter nach rechts.", erklärte ich, mit meinem Po an meinen Schreibtisch gelehnt. "Na los.. weiter, weiter, weiter.. nach rechts!" Callisto bemühte sich sehr und hielt das Diploma für meine hervorragenden Dienste beim Cursus Publicus Italia nun weiter rechts an die Wand. "Nicht so weit rechts, du dumme Gans! Siehst du nicht, wie unmöglich das dort aussieht?!" Nein, diese Stelle ging gar nicht. "Hier?", fragte meine Leibsklavin dann unsicher. "Das fragst du nicht wirklich, oder? Wer soll denn jemals da oben hingucken, hm? Sollen die Gäste hier eine Nckenstarre kriegen, weil alles Mögliche hier nur direkt unter der Decke hängt?!" Ich seufzte. Es konnte ja so anstrengend sein, den richtigen Platz für eine Auszeichnung zu finden. "Also: Weiter unten.", wies ich sie an. "Und nicht wieder so weit rechts.. das gibts doch nicht. Wie schwer kann denn das sein?!" Callisto verzweifelte. Und ich befand mich auf dem sicheren Weg, ebenfalls bald zu verzweifeln.


    Wie gut, dass genau da, mir ein Gast angekündigt wurde: Es war der Flavius, den ich eingeladen hatte (bei Interesse), heute mit mir über ein Vertragsgeschäft zwischen ihm und der Cura Annonae zu sprechen. "Ich lasse bitten.", wandte ich mich erst an den von der Haustür gekommenen Sklaven. "Und du lässt dieses Diploma erstmal auf dem Tisch dort liegen und holst einen leichten Wein, eine Kanne Wasser und zwei Becher. Das wirst du ja noch hinkriegen. Um das Ding", zeigte ich auf meine Auszeichnung, "wirst du dich dann später kümmern." Ja. Damit war eigentlich erstmal alles gesagt. Und während Callisto also mit von meinen Ansagen brummenem Schädel das Weite suchte, blieb ich an meinen Schreibtisch gelehnt stehen und betrachtete noch ein bisschen die Wand neben der Bürotür. Vielleicht, so überlegte ich, war das auch einfach nicht die richtige Wand für ein Diploma. Vielleicht wäre eine der drei anderen Wände viel besser geeignet....

  • Mit einiger Unrast wandelte der Jüngling durch die Hallen der Casa Iulia, ehe er schlussendlich in einem Officium sich wiederfand, in welchem bereits die Procuratrix ihn erwartete. Er hiesig gewahrte er, dass er eben jenes Weib zu treffen bereits die Freude hatte gehabt, obschon damalig sie in ein überaus freizügiges Gewand war gehüllt gewesen (zumindest in Anbetracht der Umständen einer traditionellen Verehelichung, welche den Anlass des Zusammentreffens hatte gebildet). Indessen vermochte er nicht, hieraus irgendwelche dem vorliegenden Casus nützliche Prädispositionen hinsichtlich jener Dame zu extrahieren, sodass er schlichtweg den Digitus Salutaris der Sergia präsentierte und ein schüchternes
    "Salve, Procuratrix Sergia."
    ihr entbot.

  • Hm. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Eh ich mich entschieden hatte, stand der für heute (bei Interesse) eingeladene Flavier im Büro. Ich lächelte oberflächlich. "Ich grüße dich, Flavius. Schön, dass du gekommen bist." Mit einem kleinen Ruck löste ich mich vom Schreibtisch und ging einmal auf die andere Seite dieses Arbeitsplatzes. "Bitte, setz dich.", lud ich ihn dann mit freundlicher Geste ein und setzte mich anschließend auch selber. "Einen Wein?", bot ich ihm an und gab gegebenenfalls einem Sklaven ein Zeichen, sich um die Wünsche meines Gastes zu kümmern. "Ich habe gehört, dass dein Vater bald meine Freundin Prisca aus dem Haus der Aurelier heiraten wird." Ein guter Grund zum freudigen Anstoßen, oder nicht? "Ich freue mich für deine Familie."


    Aber Ewigkeiten wollte ich mich natürlich nicht mit diesem Smalltalk aufhalten. "Dass du meiner Einladung gefolgt bist, heißt das, dass du Interesse daran hast, einen saisonalen Liefervertrag für Getreide mit der Cura Annonae zu schließen?", kam ich nach dem kurzen Gesprächseinstieg bald schon zum Punkt. Denn der Flavius war ja sicher nicht gekommen, bloß um mir jetzt abzusagen, oder?

  • Artig nahm der junge Flavius auf dem offerierten Stuhle Platz und nickte knapp, als auch Wein ihm dargeboten wurde. Nach jener plaisierlichen Introduktion traf die Offenbarung der Liason zwischen Sergia und Aurelia ihn einem Dolchstoße gleich, da doch mitnichten er zu imaginieren imstande war, wie irgendwer freundschaftliche Bande zu jener abscheulichen Furie unterhalten mochte, sofern er nicht selbst unter die Erinnyen war zu zählen. Insofern verspürte er nicht die geringste Neigung, auf das Wohl des Brautpaares zu trinken, sondern platzierte seinen Becher, die Augen niederschlagend, auf seinem Schoße.
    "Ich ebenso."
    , log er dennoch, da doch Anstand und Sitte ihm aufs strengste untersagten, seine privaten Dissonanzen mit einer offiziell unbescholtenen Person zu publizieren oder gar den Mund vor Fremden wider den eigenen Vater und dessen inkomprehensible Entscheidung aufzutun.


    Delektablerweise thematisierte die Sergia jene unsägliche Hochzeit nicht weiter, sondern ging unmittelbar in medias res, wofür der Jüngling höchst dankbar war, obschon er die Remineszenz, einer Freundin jener Schlange gegenüber zu sitzen, nicht abzustreifen vermochte.
    "Durchaus, durchaus."
    , konfirmierte er somit neuerlich in einiger Zurückhaltung das Ansinnen, welches hierher ihn geführt hatte, überließ im übrigen jedoch die Initiative der Procuratrix.

  • Ich registrierte: Sehr gesprächig war der Flavius ja nicht gerade. Dabei hatte ich mich extra erst über die vorteilhafte Verlobung seines Vaters mit meiner Freundin Prisca gefreut, bevor ich auf das Geschäftliche zu sprechen gekommen war. Wieso der junge Patrizier da nun also so kurz angebunden war, konnte ich mir beim besten Willen nicht erklären. Und weil ich mir keines Fehlers bewusst war, beschloss ich einfach, dass es wahrscheinlich das beste wäre, seine Einsilbigkeit einfach zu ignorieren. "Schön.", stellte ich also nur fest. "Dann sprechen wir gleich über die vretraglichen Konditionen?" Ich erwartete keine Antwort darauf von dem wortkargen Flavier. "Die Cura Annonae benötigt wöchentlich etwa 300.000 zusätzliche Brote. Damit diese von einer dazu ausgewählten Bäckerei produziert werden können, braucht die Cura Annonae wöchentlich ungefähr 356 zusätzliche Säcke voll Getreide." Das war der Gesamtbedarf. "Um weniger anfällig zu sein für unvorhergesehene Ereignisse" Ein Frachtschiff sank oder irgendein Pilz machte das ganze Getreide unbrauchbar. "kann dieser Gesamtbedarf allerdings nicht komplett von einem Lieferanten bezogen werden, sodass wir hier also nur von einer wöchtlichen Liefermenge von 178 Säcken Getreide sprechen." Das konnte ich dem Flavius als Abnahmemenge anbieten. Anschließend sah ich ihn erwartungsvoll an und hoffte, dass er mir neben einem Ja oder Nein zur Menge auch einen schönen Preis dazu nennen konnte..

  • Artig lauschte der Jüngling den Zahlenkolonnen der Procuratrix, welche doch so überaus ennuyant ihm sich darboten, obschon die Zahl von dreihunderttausend Broten doch beachtlich schien, da er doch stets hatte vernommen, dass Rom bestenfalls dreimal so viele Einwohner besaß, womit augenscheinlich ein Drittel sämtlicher Quiriten jener Almosen bedurfte. Doch war er selbstredend nicht hier, um die Armenpolitik des Imperators zu disputieren oder gar zu kritisieren, sodass er letztlich sich auf das vorliegende Geschäft sich beschränkte.
    Und da das Feilschen um Liefermengen ihm ferne lag, zumal seinem Bewusstsein nach die Abnehmer der flavischen Getreidegüter nicht allzu rar waren gesät, kam er direkt auf den Preis zu sprechen, welcher zweifelsohne der entscheidende Faktor für die Dezission zu einem Vertragswerke war:
    "Welchen Preis offeriert die Cura Annona für diese Menge?"

  • Weil ich keine Gedanken lesen konnte, konnte ich den jungen Flavier auch nicht darauf aufmerksam machen, dass eine Getreidespende nach Lex Flavia de frumentationibus nicht aus einem sondern auch zehn Broten pro Woche bestand. (Immer diese kleinen Details.) Stattdessen bemerkte ich nur einmal mehr, wie wortkarg der Patrizier sich gab: Kein Zeichen der Zustimmung oder Ablehnung, was die Menge des Getreides betraf. Kein ja, kein nein. Kein Nicken, kein Kopfschütteln. Nicht ein kleines Brummen. Stattdessen kam er gleich auf den Preis zu sprechen. Doch auch dort machte er nicht etwa ein kurz begründetes Angebot, sondern fragte nur, was die Cura Annonae sich denn vorstellte. War es ihm am Ende also vielleicht sogar vollkommen egal, wieviel und zu welchem Preis er an die Cura Annonae verkaufen konnte? Die Flavier hatte ja auch so genug Reichtum, sodass das Führen eigener Betriebe sicherlich mehr eine nette Nebenbeschäftigung war und kein notwendiges Mittel familiären Einkommens. "Was hälst du von zwanzig Denarii?", setzt ich also absichtlich erstmal bei einem Sackpreis von 0,45 Sesterzen an. Dann schaute ich ihn erwartungsvoll stumm an und sagte nichts weiter. Ich kam mir nämlich etwas dämlich vor dabei, wenn ich hier mehr als doppelt so viel erzählte wie der junge Flavius.

  • Anaxander war heilfroh, dass der Ianitor ihn nicht einfach vor der Tür stehen gelassen hatte. Und er war froh, als er dann ins Haus gelassen wurde. Und er machte in Gedanken drei dicke, rote Kreuze, als der Nubier ihn alleine ließ. Ein unheimlicher Geselle. Man wusste nicht, was er verstand und was nicht. Er war groß und guckte grimmig. Noch ein paar Hörner am Kopf und ein Nasenring und er wär von einem Stier fast nicht zu unterscheiden.


    Da war Anax wirklich erleichtert, als er im Büro der Sergierin alleine gelassen wurde. Ohne sich vom Fleck zu bewegen, sah er sich ein bisschen um. Und er wartete darauf, dass die Frau in den Raum kam, zu der er wollte. Eine spannende Frage: Sah so eine "Karrierefrau" eigentlich noch aus wie eine Frau? Oder zog sich sower an wie ein Mann? Wie angepasst war so jemand an die Karrierewelt der Männer?

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