atrium
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Eine trügerische Ruhe, denn Lucilla naht bereits.
Gedankenverloren schlendert sie aus dem Balneum kommend zurück zu ihrem Zimmer, wobei sie nicht nur das halbe Haus, sondern eben auch jenes Atrium durchqueren muss. Schon als sie auf der gegenüberliegenden Seite von Meridius in den Raum tritt, schaut sie auf und will den Mund zum Gruß öffnen. Dieser jedoch bleibt ihr im Hals stecken, als sie ihren Bruder erkennt.
"Meridius!" Ein breites Lachen legt sich über Lucillas Gesicht und sie eilt geschwind durch das Atrium, bis sie vor ihrem Bruder steht. Doch auch hier stoppt sie nicht, sondern schlingt die Arme um ihn und drückt ihn an sich.
"Bin ich froh, dass du da bist!" Sie blickt mit freudig blinzelnden Augen zu ihm auf. Ja, nun würde wieder alles in Ordnung kommen.
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Meridius hatte das Atrium nicht lange betreten gehabt, als auch schon seine Schwester auf ihn zugeflogen kam und sich ihm an den Hals warf. Meridius lachte und erwiderte ihre Freude mit einem Kuss auf die Wange.
"Lucilla! Schön Dich zu sehen!
Stimmt etwas nicht?"Er glaubte einen besorgten Ton in ihrer Stimme entdeckt zu haben.
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Lucilla löst sich von ihm und blickt ihn fragend an. "Aber nein, was sollte denn nicht stimmen?"
Ihre Schultern sacken herab, es hat einfach keinen Zweck, ihm etwas vorspielen zu wollen.
"Ach herrje, du hast natürlich recht. Aber es ist nicht ganz so wichtig. Du bist ja kaum da. Wie geht es dir? Hast du meine Briefe bekommen? Wie geht es Magnus? Ist es sehr kalt in Germania? Schneit es tatsächlich die ganze Zeit?"
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Meridius lächelte. Sie schien Hummeln im Hintern zu haben, oder besser das Mitteilungsbedürfnis einer Horde schwatzender Weiber... Seine Schwester eben...
"Immer langsam..."
sprach er und nahm dann seinen Hand aus ihrem Nacken, welche die Umarmung zärtlich unterstrichen hatte.
"... ich bin es nicht mehr gewohnt von schönen Frauen überfallen zu werden."
Er lachte. Dann - nachdem sie von ihm abgelassen hatte - fuhr er fort.
"Mir geht es gut. Danke der Nachfrage. Deinen Brief habe ich natürlich bekommen und - mit Wehklagen gelesen. Es ist schade, dass Du die Casa in Tarraco verlassen hast. Erst Tertia und jetzt Du..."
Wehmütig blickte er sie an.
"Hast Du Tertia gesehen? Wie geht es ihr?
Ach ja, Magnus geht es gut. Und von Schnee war noch keine Spur..." -
Lucilla schaut erstaunt. "Ach, erst so kurze Zeit in Germania und schon hast du dir die schönen Frauen abgewöhnt. Das kann ich ja fast nicht glauben." Sie grinst spitzbübisch und fährt dann fort. "Kein Schnee? Dann ist es also gar nicht so schrecklich da oben? Gut, das beruhigt mich." Sie nickt ernsthaft.
"Von der Familie habe ich ehrlich gesagt außer mit Livianus und mit Maior noch mit gar keinem gesprochen seit ich hier bin, was aber auch noch nicht lange ist. Naja, und es ist ja kein Wunder, in dieser Casa kann man sich fast verlaufen und du kennst ja die Decima, sie leben in ihren Officien und kommen nur zum Schlafen nach Hause." Sie lächelt. "Und Tertia habe ich auch noch nicht gesehen. Der Cursus Publicus in Italia hat wohl doch etwas mehr zu tun als der von Hispania und irgendwie war ich wohl auch nicht so oft Zuhause... tagsüber meine ich... " Sie spürt einen leichten Hitzeanstieg in ihren Wangen.
"Typische Decima eben, nur zum Schlafen in der Casa." Mit einem Grinsen versucht Lucilla ihre Verlegenheit zu überspielen. Könnte nicht zufällig jetzt gerade ein anderes Mitglied dieser Familie hereinkommen?
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Meridius nickte mit dem Kopf und bemerkte, wie seine kleine Schwester zu Erröten anfing. Er lachte.
"Nun, es freut mich jedenfalls, dass es Dir gut geht. Doch Du sprachst vorhin von Problemen. Wenn Du mit mir darüber reden willst, dann tu es, denn ich werde nicht lange in Rom bleiben können..."
In der Tat war er nur gekommen um kurz im Senat vorbeizusehen, ein paar Geschäfte zu regeln und nach der Familie zu sehen.
"Kann ich Dir irgendwie helfen?"
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Mattiacus betrat das Atrium. Dort sah er einige Vertraute Gesichter.
Er ging zu erst zu Lucilla und umarte sie herzlich.
"Cousine, schön dich einmal wieder zusehen."
Danach wandte er sich an Meridius.
"Salve Meridius, gut das du kommen konntest."
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"Ach herrje..." murmelt Lucilla leise und schaut sich nach einer Sitzgelegenheit um, die sie auch direkt erspäht. "Dann lass uns wenigstens sitzen."
Lucilla lässt sich in einen Korbstuhl sinken und überlegt hastig, was sie überhaupt sagen soll. Wieviel sie sagen soll.
"Also das ist so... ich möchte nicht, dass du es durch irgendwelche Gerüchte erfährst, die ohnehin nicht stimmen... zumindest nicht ganz. Du weißt ja, wie schnell sich solche Gerüchte aufbauschen und in Rom verbreiten." Sie blickt hilfesuchend auf ihre Fingernägel, doch da ist nichts, was ihr helfen würde. Also schaut sie wieder auf und ihren Bruder an.
"Nach der Besprechung mit Senator Avarus wegen der Versetzung nach Italia, da hat er mich für den Abend zum Essen eingeladen. Ich habe mir nichts dabei gedacht, ich war auch in Tarraco schon mit ihm essen. Mit gefülltem Magen lässt es sich nuneinmal viel besser über geschäftliche Neuerungen, Anregunge und Änderungen sprechen." Sie seufzt. "Es gab viel zu besprechen und der Abend wurde immer später und wir sprachen immer noch und dann war es schon mitten in der Nacht." Im Grunde stimmt das. "Er konnte mich natürlich zu dieser Stunde nicht noch durch die Stadt schicken, also bot mir Avarus ein Gästezimmer in der Casa Germanica an. Was ich angenommen habe." Sie blickt trotzig auf. "Aber das ist auch alles. Ich habe dort nur übernachtet. Nichts weiter. Am Morgen bin ich direkt in die Regia zur Arbeit gegangen." Mit Umweg über ein Frühstück mit Crassus. Verlegen blickt sie wieder auf ihre Fingernägel. "Wie gesagt, ich will nicht, dass du irgendwelchen Gerüchten Glauben schenkst."
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Meridius hatte seiner Schwester konzentriert zugehört und wollte eben zur Antwort ansetzen, als auch sein Cousin auftauchte.
"Salve, Marcus..."
sprach er an diesen gewandt und flüsterte seiner Schwester zu.
"Ist gut... Ich vertraue Dir."
Dann erhob er sich.
"Und was gibt es sonst Neues in Rom?"
Das Schreiben des Caeciliers hatte er nicht erwähnt, er war gespannt, wann Lucilla überhaupt diesbezüglich auf ihn zukam, oder ob sie es überhaupt vorhatte.
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Mattiacus war ein wenig verunsichert. Er schien die beiden bei irgendeiner Unterhaltung gestört zu haben.
"Meridius, gut das du kommen kontest, um im Prozess gegen Ignotus auszusagen. Es wäre sehr peinlich für mich gewesen. Schliesslich ist das mein erster Prozess als Ankläger und den wollte ich nicht gleich in den Sand setzen."
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Lucilla atmet auf. Auf die Verwandschaft ist doch immer Verlass. Sie erwiedert die Umarmung ihres Cousin und setzt sich dann wieder hin. Mit halbem Ohr hört sie dem Gespräch zu und grübelt darüber nach, ob Meridius Reaktion ohne Mattiacus Eintreffen wohl schlimmer ausgefallen wäre. Außerdem ist sie mit dem Ausschütten ihrer Sorgen auch noch nicht fertig, doch das müsste warten.
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Zitat
Original von Marcus Decimus Mattiacus
"Meridius, gut das du kommen kontest, um im Prozess gegen Ignotus auszusagen. Es wäre sehr peinlich für mich gewesen. Schliesslich ist das mein erster Prozess als Ankläger und den wollte ich nicht gleich in den Sand setzen.""Kein Problem, Marcus. Es ist zwar ein wenig später geworden, doch früher konnte ich mich nicht auf den Weg machen. Die Legio bedeutet viel Arbeit und Verantwortung... Aber lieber spät als nie..."
Er lachte.
"Würde es Dir was ausmachen uns alleine zu lassen? Ich muss mit meiner Schwester einige Dinge besprechen..."
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Mattiacus dachte sich schon sowas.
"Natürlich. Entschuldige mich dafür, wenn ich euch gestört haben sollte."
Er verschiedete sich kurz und verliess das Atrium in Richtung Garten.
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Lucilla blickt Mattiacus nach. Das ist eine kurze Verschnaufpause gewesen. Dann blickt sie wieder zu ihrem Bruder.
"Das war noch nicht alles, worüber ich mit dir sprechen wollte." beginnt sie in unheilvollem Ton. "Allerdings möchte ich dich bitten, dafür eine Weile zu vergessen, dass du als Pater Familias für mich verantwortlich bist, und einfach nur mein Bruder zu sein."
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Meridius zog die Augenbraue nach oben. Nur der Bruder sein. Wie seltsam das ganze klang. Er nickte mit dem Kopf und setzte sich.
"Also, dann schieß los.
Ich werd Dich schon nicht aus der Familie ausstoßen..."Er lachte und machte gute Miene zum vermeintlich bösen Spiel...
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Lucilla ist sich dessen nicht im geringsten sicher. Doch so schlimme Dinge hat sie ja nicht zu erzählen.
"Du hast ja einen Brief von Crassus bekommen." beginnt sie zögernd. Natürlich hat er, sonst hätte Crassus ja keine Antwort darauf bekommen. "Also das mit Crassus, ich habe ihn wirklich sehr gerne. Du musst dir auch keine Sorgen machen, er hat nichts getan, was meinem Ansehen schaden würde. Ich glaube, nein, ich bin mir sicher, er würde diese Bindung gerne festigen. Und noch vor wenigen Tagen hätte ich dich nun darum gebeten, seiner Bitte stattzugeben. Denn immerhin sagst du ja selbst immer, dass du nur das Beste für mich willst." Sie seufzt. "Aber nun ist alles durcheinander geraten."
Sie blickt vor sich und mustert statt ihrer Fingernägel nun zur Abwechslung den Boden. "Dieses Essen bei Avarus, das war nicht ganz so geschäftlicher Natur, wie ich dachte. Zumindest hat es sich davon entfernt, je später der Abend wurde. Richtig aufgefallen ist mir das jedoch erst am nächsten Morgen."
Sie schaut wieder auf. "Und das verunsichert mich so sehr, Meridius. Ich habe schon immer... also... ich meine... er war eh vergeben... und ein Germanicus obendrein... aber... jetzt..." Ihr Blick wird von ehrlicher Verzweiflung ausgefüllt. "Ich weiß überhaupt nicht mehr, wo oben und unten ist in meinem Leben."
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Meridius versuchte seiner Schwester so gut es ging zu folgen. Anfangs hatte er ihr ruhig zugehört, denn von dem Caecilier hatte er ja bereits aus dem Brief erfahren gehabt. Er war vorbereitet gewesen. Die Geschichte mit dem Germanicus indess überraschte ihn und ließ ihn nachdenklich werden. Er blickte seine Schwester an und konnte nur annähernd erahnen, was in ihr vorgehen musste.
"Gut, das mit dem Caecilier wusste ich. Er hat mir geschrieben, wie Du vermutlich selbst weißt. Das ist die eine Geschichte. Doch Avarus?..."
Er hielt inne.
"Hat er Dir offene Avancen gemacht? Oder meinst Du dies nur? Bist Du Dir sicher? Hast Du ihn abgewiesen? Und was noch viel wichtiger ist, hast Du Crassus bereits zugesagt? Ich weiß ja, dass das alles keinen Wert hat ohne meine Zustimmung, doch ich muss wissen, wie die Fakten aussehen. Und zu guter letzt: Was willst Du?"
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Lucilla schüttelt den Kopf. "Wirklich sicher bin ich mir nicht. Er war schon immer sehr nett, aber ich meine, wer ist das nicht? Er hat mich gefragt, ob wir uns privat wiedersehen wollen und... ich habe ja gesagt. Und er hat mir Komplimente gemacht. Aber auch das ist ja nichts Neues."
Sie überlegt. "Nein, ich habe auch Crassus nichts zugesagt. Wie könnte ich? Wie du selbst erkannt hast, hat es ohne deine Zustimmung eh keinen Wert. Ich bin ja nicht dumm, Meridius, auch wenn ich manchmal wohl nicht groß über diese Dinge nachdenke."
Sie schaut sich um. Ein paar Trauben wären nicht schlecht, irgendetwas zur Ablenkung. Doch es ist nichts in Reichweite. "Und was ich will? Bei den Göttern, wenn ich das wüsste, dann wäre es nicht so kompliziert. Noch in Tarraco war ich mir so sicher, dass ich nichts lieber wollte als Crassus. Aber nun..."
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Meridius dachte nach. Die ganze Situation war ziemlich chaotisch. Vor allem deshalb, weil er nicht den blassesten Schimmer hatte, was in seiner Abwesenheit wirklich vorgefallen war. Inwieweit Lucilla ihm alles erzählte konnte er schlecht sagen, inwieweit sie alles durchschaute oder neutral bewertete, ebenfalls nicht.
"Und was erwartest Du nun von mir?"
Er sah sie fragend an.
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