Ein Pazifist also. Seianas Gesicht blieb völlig unbewegt, als sie das hörte, und nichts verriet ihre Gedanken. Die allerdings waren... durchaus kritisch zu nennen. Zumindest der hispanische Teil bestand größtenteils Soldaten, die Militärtradition war groß in dieser Familie... und auch Seiana, als Tochter, Schwester, Nichte und bald auch Ehefrau von Soldaten, war in dieser Tradition tief verwurzelt. Auch wenn man ihr das nicht so sehr anmerken mochte, weil sie generell recht zurückhaltend war – sie stand zu dieser Tradition ihrer Familie und unterstützte sie. Auch wenn sie sich jedes Mal Sorgen um Faustus machte, wenn dieser wieder loszog... oder vielleicht auch gerade deswegen.
Was Catus allerdings noch erzählte, klang durchaus recht brauchbar... Künste und Wissenschaften. Philosophie, Geschichte. Literatur. Seiana überlegte einen Moment lang. Da war immer noch das Problem, dass er ein Unbekannter war, der genauso gut ein Betrüger sein konnte... aber das Risiko, ihn hier aufzunehmen und wohnen zu lassen war weit größer als jenes, ihm Arbeit zu verschaffen. Und da er zunächst mal unter Beobachtung stehen würde, wäre das also durchaus akzeptabel – und vielleicht sogar eine ganz gute Gelegenheit, ihn zu testen. Und dann war da noch etwas, was zum Problem werden könnte, wenn sich herausstellte dass er die Wahrheit sagte: Seiana stellte keine Mitglieder der Gens ein. Das war... es gehörte sich nicht, fand sie. Es würde komisch wirken nach außen, es konnte Schwierigkeiten geben nach innen, und darüber hinaus war es falsch in ihren Augen, einem Verwandten – auch wenn es sich um einen sehr weit entfernten Verwandten handelte, der im Grunde nur noch denselben Namen teilte – zu beschäftigen. Sie würde einem Verwandten jederzeit helfen, um irgendwann auf eigenen Füßen zu stehen, aber ihn dauerhaft anstellen kam nicht in Frage. Aber auch dafür hatte sie eine Lösung. „Nun, mit einer Anstellung kann ich dir nicht dienen“, antwortete sie schließlich. „Allerdings benötigt die Niederlassung meines Buchhandels in Rom Unterstützung.“ Genauer gesagt lief er bereits seit seiner Gründung nicht optimal – sie hatte zwar mehrere Versuche gestartet, an der Situation etwas zu ändern, und er war doch so weit auf Vordermann gebracht, dass er doch einigermaßen gut lief... aber es war eben nichts im Vergleich zu dem Standort in Alexandria. Warum also nicht Catus die Möglichkeit geben, sein Glück zu versuchen? „Organisatorischer Art. Ich könnte jemanden gebrauchen, der sich den Betrieb einmal genau ansieht und ein paar Gedanken dazu macht, wie das Geschäft verbessert werden könnte. Es wäre nichts von Dauer... aber doch für den Anfang etwas.“