• Titus spielte mit seinem Weinbecher, der Gedanke an noch mehr Wein ließ Meridius jedoch für einen kurzen Moment schwindlig werden. Es war lange her, dass er einen richtigen Rausch gehabt hatte. Er entschied sich zuerst für den Reisebericht, eine mögliche Vision konnte er auf nüchternen Magen noch nicht verkraften.


    "Erzähl mir erst von den Rennen, der Reise..."


    antwortete er und unterstützte dieses Ansinnen mit einer lässigen Handbewegung, welche bedeutete, dass er fortfahren möge.


    "Und wie war es mit diesem Hraluch? Ben David? Du weißt schon, ich hatte Dich ja auch beauftragt, Dich ein wenig umzuhören..."


    Ein Sklave trat hinzu und brachte ihm etwas Wasser.

  • "Die Reise war eine angenehme Unterbrechung, die Schifffahrt war recht angenehm, die Seeluft tat mir wirklich gut."


    Er trank einen weiteren Schluck.


    "Das erste Rennen, die privaten Spiele des Ben David, verliefen recht gut, wir gewannen sie nämlich. Patroklos fuhr wie der Wind und brachte uns den Sieg auf dem staubigen Wüstenboden."


    Verus schwieg kurz.


    "Natürlich hatten wir einige Probleme mit den Wagen, der Wüstensand nagte an den Rändern, du kannst dir nicht vorstellen, was dort für Stürme herrschen, dir wird förmlich die Haut abgerieben durch die Sandkörner. Leider hatten wir auch große Probleme mit den Pferden, sie waren nicht an das Klima dort gewöhnt, eines starb uns weg, eine sehr traurige Geschichte. Ebenso verloren wir das großen Rennen, Quintus Arius kämpfte zwar, wie ein Stier, aber landete auf dem letzen Platz, eine Schmach."


    Er machte eine Sinnpause.


    "Dieser Ben David, scheint ein geschäftstüchtiger Jude zu sein, er scheint ein kleines Vermögen angeheuft zu haben. Leider konnte ich nicht über ihn in Erfahrung bringen, außer das er einer der Händler des Ostens ist."

  • Dass das Rennen in Alexandria nicht erfolgreich gewesen war, hatte er sich schon gedacht, schließlich war keine Erfolgsmeldung in Rom angekommen. Dass es jedoch ein Desaster geworden war, war nun doch etwas betrüblich. Wenn auch nicht unerwartet. Aus unerfindlichen Gründen schnitte die Goldenen schon seit Monaten und Jahren immer dann wenn es darauf ankam mehr schlecht als recht ab. Er nickte also folglich nur und hörte dann den weiteren Ausführungen zu.


    "Nun, jedenfalls Danke für Deine Bemühungen. Wenn es nichts über ihn zu erfahren gibt, scheint er zuverlässig zu sein. Würden die Leute von ihm reden, wäre dies eher ein schlechtes Zeichen..."


    Er dachte nach und beschloss, dass er keine schlechte Entscheidung getroffen hatte, mit diesem Juden in engeren Kontakt zu treten. Wer auch in der Zukunft geschäftsfähig sein wollte, konnte sich nicht alleine auf die Landwirtschaft verlassen.


    "Und Deine Vision?"


    Er fragte eher scherzhaft, konnte er sich ja noch nicht vorstellen, was Titus unter einer Vision verstand.

  • Da hatte er den Punkt angeschnitten.


    "Meine Vision."


    Verus machte wieder eine Sinnpause.


    "Ich lief über einen Strand, von Wölfen verfolgt auf eine Gruppe Soldaten zu. Ich rannte in ihre Lanzen aber statt zu sterben, wurde ich einer von den Soldaten und tötete die Wölfe, schließlich marschierte ich auf ein Schiff, das auf einem hellen blauen Meer schwamm, Annaeus Florus grüßte mich und mit einem Blitz erschien Jupiter und reichte mir ein Ruder."


    Er nickte untermalend.


    "Ich soll zur Flotte, Meridius. Es ist der Wunsch der Götter. Ich soll Rom dienen."

  • Meridius verstand nur die Hälfte von der Vision, aber auch wenn er ein religiöser Mensch war, war ihm klar, dass entweder Titus ebenfalls etwas zu tief in den Becher geschaut hatte, oder aber er selbst hatte gerade nicht richtig zugehört. Wölfe? Standen die nicht für Rom? Und wieso tötet er diese? Und Florus? Ach ja, sein Klient.


    "Flotte?"


    Er sah seinen Verwandten fragend an. Wie um alles - von dem Traum mal abgesehen - kam er auf die Flotte? Es musste sicher auch andere Hintergründe haben. Vielleicht hatte er ja zu viele Tage auf See verbracht oder die Schiffe interessierten ihn. Oder die Karrieremöglichkeiten, welche ohne Zweifel bestanden.


    "Rom dienen sollen wir alle, Titus. Das steht gar nicht zur Frage.
    Doch wie kommst Du zur Flotte?"


    Erinnerungen an Decimus Josephus stiegen in ihm hoch. Der Kerl war der erste und letzte der Decima gewesen, welcher auf einem Schiff gedient hatte. Und an Bord eines solchen war er auch verbrannt und gestorben.

  • Verus trank einen Schluck.


    "Die Schiffe haben mich schon immer interessiert und ich bin es Leid die korrupten Beamten zu sehen. Ich möchte mein Leben verändern und das haben die Götter erkannt. Ich liebe einfach das Meer, ich habe es schon immer geliebt und dort kann ich mich endlich beweisen."

  • Dass die Decima das Meer liebten, konnte er nachvollziehen. Immerhin lag Tarraco direkt am Meer und für die Familie war ein Leben ohne das Meer nie vorstellbar gewesen. Hatten ihn die Sorgen des Alltags bedrückt, hatte sich Meridius immer auf eine Anhöhe in der Nähe der Stadt begeben und abwechselnd über die Weite des Landes und die Weite des Meeres geblickt. Das Meer beruhigte und die frische Prise konnte nur schätzen, wer in Tarraco aufgewachsen war.


    "Mmm..."


    Er wusste nicht so recht. Auf der anderen Seite kannte er aber Verus auch nicht so gut, dass er ihm sagen konnte, dass er sich in einer Idee verrannte. Was, wenn dies wirklich der Weg für ihn war? Doch auf der anderen Seite; die Truppen waren kein Abenteuer, auf welches man sich einfach so mal einließ. Wer dem Kaiser in den Truppen dienen wollte, tat dies auf Lebenszeit.


    "Ich wusste nicht, dass Du Soldat bist, Titus.
    Dir ist klar, was das bedeutet?"

  • Das "natürlich" kam prompt und bestimmt. Meridius zuckte mit der Schulter. Wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte, war es wahrscheinlich sowieso egal, ob man anderer Ansicht war, oder nicht. Ausserdem war Titus nicht sein Sohn und im Grunde konnte es ihm ja auch egal sein, was ein ferner Verwandter von ihm zu tun gedachte. Wenn er meinte, dass bei der Flotte seine Zukunft liegen würde, dann lag sie vermutlich auch dort. Hatte er nicht erst vor kurzem einen Brief von einem anderen Verwandten gelesen, welcher sich mit der Legion in den Osten begeben hatte? Die Flotte war, was sie war.


    "Nun, es liegt natürlich bei Dir selbst, Deine Entscheidungen zu treffen."


    antwortete er daraufhin und lächelte. Es blieb jedoch immer noch die Frage offen, weswegen er ihn darauf hin angesprochen hatte. Und noch ehe er den Gedanken zu Ende geführt hatte, wusste er es auch schon. Florus. Sein Klient. Dennoch fragte er.


    "Und wie kann ich Dir dabei helfen?
    Mit einem Ratschlag?"


    Den Praefecten der Flotte hatte er in der Tat erst kürzlich auf einem Fest bei den Aureliern gesprochen. Und er hatte ihn ins Gespräch für den Posten des stellvertretenden Kommandeurs der Academie gebracht.

  • "Ich bräuchte ein wenig Hilfe. Kennst du Jemanden, der mit bezüglich der Flotte hilfreich sein könnte?"


    Ein wenig Unterstützung konnte nie schaden, auch wenn er die Unterstützung der Götter hatte. Ein Fürsprecher war wirklich hilfreich.

  • Er hatte in der Tat richtigerweise angenommen in welche Richtung das Gespräch gehen würde. Auf die Frage von Verus nickte er daher nur und nahm dann einen Schluck von dem Wasser. Der Kopf schmerzte noch immer und an einen wirklich klaren Gedanken war immer noch nicht zu denken.


    "In der Tat habe ich einen Klienten bei der Flotte.
    Vorausgesetzt, Du möchtest nach Misenum.
    Das war doch Deine Absicht?"


    Er fragte zur Sicherheit besser nach, nicht dass er nachher in den Gewässern Britanniens, oder vor Massilia oder auf der Donau herumschippern wollte.


    "Annaeus Florus ist sein Name. Er ist Praefect. Wenn Du es wünschst kann ich ein Empfehlungsschreiben für Dich aufsetzen und ihn bitten, dass er Dir etwas zu Hand geht ..."


    Er räusperte sich. Doch im Grunde gab es nichts zu räuspern. Alle Welt nutzte ihre Beziehungen und eine Hand wusch die andere.

  • Meridius verstand.


    "Ich werde Dir ein Schreiben mitgeben."


    antwortete er knapp und nickte Verus zu.


    "Bis wann wirst Du aufbrechen?"


    Er würde sich zwar noch heute daran setzen, doch die Frage war dennoch berechtigt. Wenn sich Titus nicht sofort auf den Weg machen würde, hätte er noch Zeit das eine und andere Thema mit in dem Schreiben aufzunehmen. Es war eben eine Frage der Dringlichkeit.

  • "Gut!"


    antwortete Meridius und erhob sich dann wieder. Er hatte zwar vorgehabt so schnell wie möglich wieder auf das Landgut zurückzukehren, doch bei dem Kater, welchen er mit sich herumschleppte, war dies ein Ding der Unmöglichkeit.


    "Ich werde Dir das Schreiben morgen vorbeibringen.
    Wenn Du mich entschuldigst, ich habe noch zu tun."


    Damit nickte er ihm zu, leerte kurz das Wasserglas und verließ dann den Raum.

  • Der junge Octavier musste nicht lange warten. Der Senator betrat den Raum und steuerte direkt auf seinen Besucher zu, welcher Glück gehabt hatte, dass Meridius noch nicht abgereist war.


    "Sei gegrüßt, Octavius. Es ist mir immer eine Ehre,
    Dich in meinem Haus zu sehen."


    Er hatte ihn beinahe erreicht.


    "Was führt Dich zu mir?
    Und wie geht es der Familie?"


    Er hatte in der Tat von seinem Klienten lange nichts mehr gehört.

  • Zur Begrüßung reichte Avitus beide Hände, Ich grüße dich Senator. Es ist mir eine Ehre, dass du mich so schnell empfangen konntest.


    Nun der Familie, Victor scheint schneller zu genesen als man angenommen hatte, das ist sehr erfreulich, wie du sicher gehört hast kandidiert er bereits."

  • Ja, Meridius hatte davon mitbekommen. Der ehemalige Praefectus hatte vor, als Consul zu kandidieren. Kurz nachdem er aus gesundheitlichen Gründen seinen militärischen Posten niedergelegt hatte. Zumindest hatte Meridius es so gehört. Doch Victor war nicht Avitus.


    "Ich habe es gehört."


    sprach er und erwiderte den Gruß seines Besuchers.


    "Wie geht es selbst?
    Welcher Tätigkeit gehst Du zur Zeit nach?"


    Er hatte keine Ahnung, was Avitus zur Zeit tat. Das Beste war, ihn direkt danach zu fragen und ihn erzählen zu lassen.

  • "Nun ich diene noch bei der Stadtgarde, nach der Verletzung meines Cousins führte ich sie annähernd allein, bis der Reichspräfekt die Zuständigkeit bekam und nun wie du ja sicher gehört hast der ehemalige Präfekt Hungaricus.


    Doch der Dienst wird ende, wie bei jedem senatorischen Tribun, man hat mir auch bereits die Ernennung zum Senator angedeutet, doch was soll mir dies bringen ohne ein Amt?"

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