• Tatatatack.


    Mit einem sachten Klacken schlugen Fingernägel auf eine Tischplatte, in einer so raschen Folge hintereinander, dass das Geräusch fast – nur fast – ineinander zu verschwimmen schien.


    Eine Pause. Dann. Tatatatack.


    Wieder kamen die Nägel auf. Ein Papyrus lag auf der Tischfläche. Daneben stand ein Becher mit purem Wein, der jedoch kaum angerührt war. Und irgendwo davor lag eine geöffnete Schriftrolle.


    Tatatatack.


    Ein wenig Wachs lag zerbröselt herum, dennoch war das Siegel noch erkennbar, würde man den Papyrus umdrehen. Aber er lag einfach nur da, die Enden etwas gewölbt, weil er in eine aufgerollte Form gezwängt gewesen war und erst seit kurzem geöffnet, und offenbarte die Schriftzeichen darauf.



    Diesmal blieb das Geräusch aus. Die Finger verharrten in der Luft – und griffen nach einem kurzen Zögern schließlich zu dem Weinbecher, hoben ihn an, nur um dann wieder zu verharren. Und zu verharren.


    Seiana starrte in die dunkelrote Flüssigkeit. Der Brief konnte nur eines bedeuten, dennoch hatte sie einen Sklaven losgeschickt gehabt, der Gewissheit schaffen sollte – und Gewissheit geschafft hatte. Er war tot. Caius – Archias, so hatte er nun wieder unterschrieben – war tot. Hatte sich selbst umgebracht. Und Seiana spürte, wie die Eislandschaft in ihrem Inneren sich wieder ausbreitete, alles mit einer glitzernden Schicht überzog, die nur gelegentlich knisterte. Es war wieder da. Was sie hinter sich gelassen glaubte, war wieder da, aufgerüttelt durch den Tod des Mannes, mit dem sie so lange verlobt gewesen war. So lange. Nur um dann von ihm verlassen zu werden, einer anderen wegen. Weil sie anders war. Mehr. Es war wieder da. Wie sehr er sie damit verletzt hatte. Was er ihr alles an den Kopf geworfen hatte. Verklemmt, frigide, zu alt, du kriegst keinen ab. Die Worte auf dem Papyrus schienen sie angesichts dessen zu verhöhnen: es tat ihm leid, stand da. Bitter kräuselten sich ihre Lippen. Nicht genug. Nein, sie war nicht genug gewesen, nicht für ihn. Etwas in Seiana zog sich schmerzhaft zusammen, nur um überdeckt zu werden von einer weiteren Schicht schimmernder Kristalle, die sich rasant bildeten, um das zu schützen, was wichtig war. Umschloss ihr Inneres und verbarg alte Wunden und Unsicherheiten, umhüllte all das, was fehlerhaft war in ihren Augen und begrub es unter Kälte und verletztem Stolz, um nach außen hin vor allem eines zeigen zu können: Selbstbewusstsein. Mit einer raschen Bewegung führte sie den Becher nun doch zum Mund und leerte ihn in einem Zug. Selbstbewusstsein.

  • Seiana saß da, den nun leeren Weinbecher noch locker in der Hand. Sie wusste es besser als ihn aufzufüllen. So wie sie sich gerade fühlte, hätte sie ihn nur wieder geleert, und das war nicht zielführend. Sie fragte sich, ob sie zu seiner Aufbahrung gehen sollte... und war unschlüssig. Sie war sich noch nicht einmal sicher, ob es sich tatsächlich gehören würde. Sicher, sie waren verlobt gewesen, lange Zeit. Andererseits jedoch war es nicht so, dass sie sich im Guten getrennt hätten, auch wenn sie ihm keinen Ärger gemacht hatte und er nur wenige Tage danach mit seiner Idee angekommen war, sie könnten doch Freunde sein. Freunde. Nach allem, was er ihr an den Kopf geworfen hatte. Nachdem er sie dazu gebracht hatte, Jahre ihres Lebens zu vergeuden, nur um sie dann sitzen zu lassen – unverheiratet und in einem Alter, in dem sie schon längst einen Ehemann hätte haben sollen. Ein bitterer Zug zeichnete sich um ihren Mundwinkel ab. Nein, sie würde nicht gehen. Sie verspürte kein Bedürfnis danach, ihn noch einmal zu sehen. Und so wie sie sich getrennt hatten, so wie er sie verlassen hatte, konnte es ihr keiner verübeln, dass sie in diesem Fall mögliche gesellschaftliche Konventionen außer Acht ließ – wenn es denn tatsächlich jemanden gab, der fand, sie sollte sich dort blicken lassen.


    Seiana fühlte sich merkwürdigerweise ein wenig besser, nachdem sie diese Entscheidung getroffen hatte. Leichter, irgendwie. Den Becher stellte sie nun endgültig ab, bevor ihr Blick noch einmal seinen Brief streifte. Katander. Er hatte ihr Katander geschenkt. Seiana musste daran denken, wie sie vorgehabt hatte Elena zur Hochzeit die Freiheit zu schenken, und wie sie Caius hatte bitten wollen, Katander das gleiche zu schenken, so dass die beiden sich ein gemeinsames Leben aufbauen konnten. Nachdem die Verlobung gelöst gewesen war, war daraus nichts geworden, und Seiana war heilfroh gewesen, dass sie Elena nichts von ihren Plänen erzählt hatte. Allerdings gaben ihr die Götter zumindest was das betraf offenbar eine zweite Chance. Sie würde ihr jetzt die Freiheit schenken, und Katander gleich mit. Sie konnte ihnen helfen, sich etwas in Rom aufzubauen – Seiana hoffte jedenfalls, dass sie in Rom bleiben würden. Sie gestand es sich nicht ein, dass es noch einen Grund hatte, dass sie Elena frei ließ. Dass Elena... zu viel wusste. Von ihr. Über sie. Elena kannte sie einfach zu gut, und wo ihr das bisher zumeist gefallen hatte, wo sie sich glücklich geschätzt hatte, eine solche Freundin, eine Vertraute in ihrer Nähe zu wissen, gefiel Seiana diese Tatsache in letzter Zeit immer weniger. Sie hatte sich verändert, veränderte sich immer noch, das wusste sie selbst, und sie hörte sich nicht gerne Vorträge darüber von Elena an. Sie wusste, dass die Spanierin Recht hatte. Aber es gab nichts, was sie dagegen tun konnte, mehr noch, sie wollte nichts dagegen tun. Das Leben war einfacher so, fand sie. Wenn sie sich verschloss. Wenn sie zuließ, dass das Eis die Oberhand behielt. Und dass Elena mit Katander so glücklich schien, trug nichts dazu bei, dass es Seiana leichter fiel, sie um sich zu haben. Und dennoch – sie wünschte sich, die beiden würden in Rom bleiben. Dass sie Elena nicht mehr jeden Tag und ständig um sich haben wollte, hieß schließlich nicht, dass sie ihre Freundin auf Monate oder Jahre hinaus gar nicht mehr sehen wollte.


    Noch eine Entscheidung gefällt. Und eine weitere stand an. Seiana zog den Papyrus zu sich, der etwas weiter entfernt von ihr auf dem Tisch lag, und überflog kurz, was sie auf diesem aufgezeichnet hatte. Die Acta erforderte einiges ihrer Aufmerksamkeit. Da war ein Artikel, den ein freier Mitarbeiter geliefert hatte, den sie so nicht veröffentlichen konnte. Sie würde ihn überarbeiten müssen, so viel stand fest, allerdings war sie sich noch nicht ganz sicher wie, oder wo – und wie – sie ansetzen könnte. Und dann war es auch erforderlich, personelle Änderungen vorzunehmen. Sie überlegte einen Augenblick, dann beschloss sie, Nägel mit Köpfen zu machen. Die Umstrukturierung war immerhin bereits besprochen worden*, und so fertigte sie ein Pergament an, in dem sie die Acta-Mitarbeiter wissen ließ, dass Aurelius Corvinus von nun an Auctor PPA sein würde, während sie Germanica Aelia zur Lectrix ernannte.


    Sim-Off:

    *Sim-off besprochen

  • Der Junge brachte die Aurelia und deren Sklavin ins Tablinum, das bereits entsprechend hergerichtet war. Höflich erkundigte er sich nach dem Getränkewunsch der Römerin und schenkte ihr ein, was sie wollte, dann kündigte er an, dass er Decima Seiana holen würde, bevor er verschwand.

  • Mit neugierigem Blick betrat die Aurelia einem kleinen dunkelhaarigen Jungen folgend das tablinum der Casa Decima Mercator. Der Empfangsraum war geschmackvoll und wohnlich eingerichtet, ganz der Familie entsprechend, die einige bekannte Männer hervorgebracht hatte, wie Kriegsherren, Senatoren, Ärzte, Advokaten, und von der man immer wieder auch etwas in der Acta lesen konnte. Der Sklavenjunge bot ihr an, in einem Weidenkorb Platz zu nehmen und dort zu warten, während er seine Herrin holen würde. Zuvor aber erkundigte er sich noch nach ihren Getränkewünschen. Narcissa war nicht sonderlich durstig, dennoch orderte sie Wasser. Der Junge nickte und verschwand. Die Aurelia blieb dennoch nicht allein zurück. Ihre eigene Sklavin hatte sich unterdessen in den Hintergrund zurückgezogen, wo sie ein paar lange Nadeln hervorgezogen hatte und sich die Zeit mit Stricken vertrieb. Eigentlich empfand sie es als höchst unsinnig einen Sklaven zu solchen Gelegenheiten mitzuschleppen. Rein des Anstands wegen fühlte sie sich dazu verpflichtet. Ihre Gedanken schweiften langsam ein Stück ab, als sie die Kunstgegenstände betrachtete, die man hier und dort aufgestellt hatte. Wie es wohl der kleinen Marei ging?

  • Es dauerte nicht lange, bis Seiana ebenfalls im Tablinum erschien. Sie hatte sich gefreut, als sie den Brief der Aurelia erhalten hatte, und als sie ihn gelesen hatte, hatte es außer Frage gestanden, dass sie sie einlud, um ihr Gespräch fortzusetzen. Dennoch sah sie dem Treffen jetzt mit gemischten Gefühlen entgegen. Obwohl es schon einige Zeit her war, erinnerte sie sich noch gut an ihre letzte Unterhaltung, die sie sich irgendwie... außerhalb des Rahmens bewegt hatte, den Seiana Gesprächen mit Fremden normalerweise gestattete. Es hatte sie fasziniert und gereizt gleichermaßen, weswegen sie die Aurelia ja auch eingeladen hatte, aber sie wusste nicht genau, was dafür gesorgt hatte, dass sie sich anders verhielt... offener... ihr gegenüber. Dass die Aurelia doch um ein paar Jahre jünger war als sie, konnte nicht der Grund sein – auch wenn Seiana nicht unbedingt die Gesellschaft suchte, so hatte sie doch auch mit jüngeren Frauen zu tun. Vielleicht lag es daran, dass Narcissa so... offen schien, ein wenig naiv, sicherlich begeisterungsfähig. Ausgestattet mit dem Drang, etwas verändern zu wollen. Ihre Art hatte etwas in Seiana angerührt, etwas, von dem sie geglaubt hatte es längst... nun, nicht verloren, aber doch tief in sich begraben zu haben, so tief, dass es kaum noch erreichbar schien. Ja, das Gespräch mit der Aurelia hatte sie in gewisser Hinsicht berührt, und als sie ihren Antwortbrief geschrieben, die Einladung darin ausgesprochen hatte, war Seiana schlicht einem Impuls gefolgt. Aber sie war nun einmal sie, und selbst wenn sie Impulsen folgte – was im Gegensatz zu früher nur noch selten vorkam – hieß das nicht, dass sie sie später nicht in Frage stellte, oder nicht wenigstens darüber nachdachte. Dazu kam, dass einiges passiert war in der Zwischenzeit, das ihr ebenfalls zum Nachdenken gereicht hatte. Sehr. Und so war Seiana sich nicht ganz so sicher, was sie überhaupt von diesem Treffen jetzt... nun ja, erwarten sollte.


    Dennoch wäre es selbstverständlich nie für sie in Frage gekommen, es abzusagen, ganz im Gegenteil. Und als sie das Tablinum betrat, lag ein höflich-freundliches Lächeln auf ihren Lippen, das nichts davon verriet, was sie denken mochte. „Aurelia Narcissa. Ich freue mich, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Kann ich dir etwas zu essen anbieten?“ Zufrieden sah sie, dass die Aurelia bereits ein Getränk erhalten hatte, aber auch ein wenig zu knabbern hatte Seiana vorbereiten lassen – Kleinigkeiten nur, aber immerhin, wie es sich eben gehörte. „Deine Sklavin kann sich gerne zurückziehen, falls du einverstanden bist.“ Sie musste nicht hier herum sitzen, sie konnte genauso gut in die Küche gehen und sich mit den Sklaven der Casa Decima unterhalten. Ein Sklave des Hauses war noch im Raum, um eventuelle Wünsche erfüllen zu können, er würde sich auch darum kümmern, dass die aurelische Sklavin ihren Weg durch die Casa fand, sofern ihre Herrin sie sich zurückziehen ließ.

  • Die Darstellung einer Göttin zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, ohne dass sie sich dieser Tatsache bewusst gewesen wäre. Sie war in grazilen Linien gearbeitet. Das Kleid fiel sanft, gerade so, als habe es ein fürsorglicher Sklave gerade erst so hindrappiert, dass es seine vollkommene Wirkung entfalten konnte. Der Künstler musste hora um hora gesessen haben, den Körper aus einem massiven Stück Marmor heraus zu meißeln. Der Schweiß seiner Leidenschaft war förmlich riechbar. Leidenschaftlich, das war auch das letzte Gespräch mit der Decima gewesen. Die Aurelia konnte nicht leugnen, dass ab einem gewissen Punkt mehr ihre subjektiven Wünsche gesprochen hatten, nämlich als Frau mehr Einfluss auf die Geschehnisse der Geschichte zu haben, als ihre ihr Grenzen zuweisende Vernunft. Sie war weit über den Rahmen des üblichen hinausgegangen. Hatte sich weit vorgelehnt. So weit, dass es ihr im Endeffekt unschicklich erschienen war und sie sich gezwungen gesehen hatte, sich zu entschuldigen. Viel war seitdem geschehen. Ein wenig mulmig war ihr gewesen, als sie sich auf den Weg gemacht hatte, hatte sie immer noch das Gefühl, dass irgendetwas zwischen ihnen stand. Dennoch hatte sie sich gleichsam gefreut. Die Decima schien ihr ein Mensch von Tiefe. Und diese Menschen hatten sie schon immer angezogen. In gewisser Weise hatte sie sogar den Eindruck, dass sie sich glichen. Allerdings auf eine ganz andere Weise, als mit Flora.
    -
    Narcissa, die stets der Meinung gewesen war, dass Vollkommenheit eher ein Ideal als ein Zustand war, fand sich in eingehender, gedankenloser Musterung einer BÜGELFALTE wieder, als eine bekannte Stimme die Ruhe durchschnitt und Decima Seiana das tablinum betrat. Sie erhob sich aus Höflichkeit, während die ältere Frau auf sie zu strebte und lächelte ihr eine Begrüßung zu. „Salve Decima! Herzlichen Dank für deine Einladung!“, Der kleine Sklavenjunge hatte sie bereits gut versorgt und mit Wasser ausgestattet. Eigentlich hatte sie keinen großen Hunger und eigentlich hätte sie das Angebot der Decima nun aus reiner Höflichkeit angenommen, doch weil sie an die Ehrlichkeit ihres letzten Gespräches anknüpfen wollte, zog sie es vor, in diplomatischer Weise dort anzuknüpfen. „Im Moment nicht, aber vielleicht später…“, Ganz anders verhielt es sich mit der Sklavin. Narcissa war kein Unmensch, in vielerlei Hinsicht war sie sogar eine ganz unkonventionelle Sklavenbesitzerin. „Du kannst dich gern zurückziehen…“, sprach sie das Mädchen auf Seianas Vorschlag hin an. Sie nickte schweigsam, sammelte Nadeln und Wolle auf und machte sich von dannen, einem zweiten Sklaven nach draußen zu folgen. Die beiden Frauen setzten sich unterdessen, justierten sich einen gemütlichen Sitz. Narcissa fühlte sich überraschend fremd. Mit der Absicht, eine Verbindung zu ihrer letzten Begegnung herzustellen, fragte sie: „Wie erging es dir denn in den letzten Zeit?“

  • „Sag einfach Bescheid, falls du etwas möchtest“, lächelte Seiana. Sie musterte die Aurelia, während diese ihrer Sklavin die Erlaubnis gab, sich zurückzuziehen. Der decimische Sklave würde sie wohl in die Küche bringen, der übliche Aufenthaltsort für Sklaven von Besuchern, die länger hier verweilten. Zurück blieben die beiden Frauen, alleine nun, und setzten sich. Seiana wusste nicht, wie es ihrem Besuch ging, aber nachdem nun die erste Begrüßung vorbei war, fühlte sie sich fast ein wenig unbeholfen. Ihr letztes Gespräch war für sie nach wie vor präsent, und es hatte sich – durchaus angenehm – abgehoben von jenen, die man sonst so führte mit Fremden. Allerdings: eine Atmosphäre, wie sie beim letzten Mal entstanden war, ließ sich nicht mit einem Fingerschnipsen kreieren. Sie ließ sich im Grunde gar nicht wirklich kreieren, da sie einfach entstanden war, aus der Lektürewahl der Aurelia und ihrer beider Offenheit. Dass sich an jenem Tag letztlich zwei einander Fremde unterhalten hatten, die sich nicht wirklich kannten, hatte damals, zeitweise zumindest, keine Rolle gespielt. Aber jetzt war das spürbar, für Seiana in jedem Fall, und es machte sie ein wenig unschlüssig, wie sie mit der Situation nun umgehen sollte.


    Die Frage der Aurelia löste dies allerdings für den Moment – und machte es zugleich paradoxerweise noch schwieriger. Unwillkürlich bekam die Decima das Gefühl, dass die Frage ernst gemeint war, dass es die andere tatsächlich interessierte… eines der Dinge jedoch, die sie am meisten beschäftigte, konnte sie ganz sicher nicht erwähnen. Sie schob jeglichen Gedanken an den Duccier, an das, was passiert war und daran, wie sie es einordnen, wie sie damit umgehen sollte, beiseite, oder versuchte es zumindest. Sie hatte in der Tat genug darüber gegrübelt, ohne auch nur ansatzweise zu einem Ergebnis gekommen zu sein – zu widerstreitend war das, was die Erinnerung an jene Nacht in ihr auslöste.
    Da war der Teil, der darauf beharrte, dass sie sich dadurch weiter denn je vom Idealbild einer Römerin entfernt hatte.
    Da war der Teil, der diesem Wissen mit einem Schulterzucken begegnete, denn: es war nun mal passiert, daran ließ sich nichts mehr ändern. Und kein Drama hatte daraus resultiert, nichts. Es hatte sich nicht einmal großartig etwas an ihrem Leben verändert. Natürlich nicht.
    Und da war der Teil, der... berauscht war. Immer noch oder jedes Mal von neuem – so genau konnte sie das nicht unterscheiden –, wenn sie sich erlaubte wirklich daran zu denken. Dem es schlicht und ergreifend gefallen hatte. Und der noch dazu Schützenhilfe von der Tatsache bekam, dass der Duccier Recht gehabt hatte – dass er sie tatsächlich, für einen gewissen Zeitraum wenigstens, der Welt hatte entrücken können.


    Seiana schenkte sich selbst ein wenig Wein ein und füllte den Rest des Glases mit Wasser. Es brachte nichts, darüber nachzudenken, weil sie doch zu keinem Schluss kam. Alles in allem war es also besser, einfach gar nicht mehr darüber nachzudenken und im Übrigen sich zu verhalten wie immer. Und es war ja nicht so, dass sonst nichts passiert wäre seit sie die Aurelia getroffen hatte. „Nun, dadurch dass ich vom Senat zur Auctrix ernannt wurde, hat sich mein Arbeitspensum deutlich erhöht. Aber die Einarbeitungszeit habe ich inzwischen hinter mir, denke ich, langsam spielt es sich ein.“ Seiana hielt für einen Moment inne, als ihr bewusst wurde, dass sie im Grunde nun noch ein Stückchen mehr das repräsentierte, was sie bei ihrem letzten Gespräch noch mehr oder weniger abgetan hatte – dass sie ihren Weg ging, außerhalb des Rahmens, den die Gesellschaft eigentlich vorgesehen hatte. Der Preis dafür war nur, dass sie immer noch nicht das erfüllte, was von einer Frau eigentlich erwartet wurde – und sie glaubte immer noch nicht so recht daran, dass sich dadurch irgendetwas ändern würde. „Mein Beileid übrigens zu den Verlusten, die deine Familie erlitten hat. Ich kann mir vorstellen, wie schwer diese Phase sein muss. Und gerade der Tod von Aurelius Corvinus bedeutet auch einen Verlust für die Acta und für mich.“ Erneut machte sie eine winzige Pause, bewusst diesmal, den Worten angemessen, bevor sie weitersprach. „Was ist mit dir?“

  • Die „Verluste“ hatten einen dunklen Schatten über die gens Aurelia geworfen. Nicht der Tod Corvinus´ und Celerinas an sich – was natürlich schon an sich schlimm genug war – sondern vielmehr die Umstände, die dazu geführt hatten. Die Ereignisse im Hain, von denen Narcissa nur schemenhaft über Dritte erfahren hatte und Corvinus Selbstmord. Ihr wurde unwillkürlich schlecht, als sie an den Morgen in der Villa zurückdachte, an den Geruch des Blutes und des Schreckens und an die schattenhaften verstörten Gesichter ihrer Verwandten. Tod war nicht unüblich, aber eben etwas ganz anderes, wenn man ihm im eigenen Haus begegnete. Dass auch Seiana indirekt von einem zweiten Tod betroffen war, nämlich dem des Aeliers, von dem man gehört hatte, er habe sich die Felsen hinunter gestürzt, wusste sie nicht.
    Für sie jedenfalls hatte sich zumindest in Gesellschaft einiges verändert. Zuweilen fühlte sie sich Blicken ausgesetzt fühlte, die sie mit einer Mischung aus Mitleid und Empörung betrachteten, sobald sie sich namentlich vorstellte. Flavia Celerina mit den Geschehnissen im Hain würde in der Erinnerung der Menschen hängen bleiben und den Namen ihrer Familie behaften. „Ich glaube, ich könnte doch etwas vertragen...“, meinte sie unvermittelt, etwas bleich um die Nase. Die Gedanken machten ihre Kehle trocken und ihre Zunge pappig, als hätte man ihr Stoff oder etwas ähnliches in den Mund gestopft, der verhinderte, dass sie frei sprach.

  • Seianas Ausdruck verdunkelte sich für einen winzigen Moment, als die Reaktion der Aurelia ihr bewusst machte, dass ihre Worte offenbar – so zurückhaltend sie auch versucht hatte, ihr Beileid zu formulieren – nicht das Ziel erreicht hatten, das sie hatten erreichen sollen. Die Jüngere schwieg zunächst, schien ein wenig blasser zu werden, und auch als sie schließlich etwas sagte, antwortete sie nicht wirklich. Nun war es an Seiana, zunächst stumm zu bleiben. Schweigend griff sie nach einem Becher und schenkte Narcissa etwas von dem verdünnten Wein ein, bevor sie ihn ihr reichte. Zugleich machte sie sich Gedanken darüber, ob die plötzliche Zurückgezogenheit der Aurelia daran liegen mochte, dass sie die Auctrix war. Vielleicht befürchtete die andere ja, Seiana wolle sie auszuhorchen, wolle über sie an Informationen kommen – denn dass die Aurelier, wenn auch indirekt, irgendetwas mit dem Skandal zu tun hatten, schien offensichtlich zu sein, selbst für jene, die nicht über die Informationen verfügten, die sie von ihrem Mitarbeiter hatte, der bei jenem fatalen Ereignis dort gewesen war. Vielleicht war Corvinus' Frau auch einfach nur zur falschen Zeit am Ort gewesen – Seiana wusste nicht, ob die Flavia Opfer gewesen war oder nicht. Aber für den Moment spielte das auch keine Rolle für die Decima. Das war es ganz sicher nicht, was sie von der Aurelia wollte, und so wägte sie bedächtig ab, was sie als nächstes sagen wollte. Ein trauriges Lächeln flog über ihre Züge. „Es tut mir wirklich leid. Ich wollte dir nicht zu nahe treten, Narcissa.“ Unwillkürlich nutzte sie die vertrautere Anrede.

  • Dankbar nahm die junge Frau den Becher mit verdünntem Wein entgegen und nahm einen großen Schluck. Die Flüssigkeit lockerte ihre Kehle und sie fühlte sich auf Anhieb besser. Wie viel wusste eigentlich Decima von der Angelegenheit? Sie war nun die Auctrix und saß damit am Knotenpunkt jeglicher Informationen, die im Imperium zusammen lief. Irgendetwas wusste sie bestimmt. Narcissa schätzte sie als sehr taktvolle, aber auch neugierige Frau. Hoffentlich glaubte sie nicht, die Aurelia war nur gekommen, um die Berichterstattung der Acta auszuspionieren, um geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
    Hinsichtlich des Schicksals ihrer Familie beschäftigte sie aber noch ein ganz anderer Aspekt. War es vielleicht ein Zeichen der Götter gewesen, die den Untergang der Aurelii einläuten wollten? Die Vorkommnisse hatten durchaus das Potential die Grundfesten der Familie nicht nur zu erschüttern, sondern auch einzureißen. Der Stand ihrer Geburt, das Adelsprädikat, würde sich insoweit nicht als Schutz, sondern vielmehr als beschleunigender Faktor erweisen. Adel verpflichtete.
    Narcissa nahm einen zweiten Schluck. Das Getränk verschaffte ihr neue Klarheit. Seit wann hegte sie solche Gedanken! Sie mochte gläubig sein, aber nicht abergläubisch. Einen solchen Effekt hatte ihre persönliche Entscheidung, sich den Vestalinnen anzuschließen, also schon, dass sie unsinniges Zeug dachte. Die Familie hatte Auguren und Pontifici hervorgebracht! Die Götter hatten keinerlei Grund dazu, die gens zu verdammen.
    „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen“, Ein leises Lächeln kräuselte ihre Lippen, als die Ältere sie ganz vertraut ansprach und damit erneut an jene Gesprächsebene anknüpfte, auf der sie sich in Seianas Buchladen bewegt hatten. „Du hast nichts anderes getan, als dein Beileid auszusprechen. Das war sehr taktvoll!“ Im Gegenteil wäre es sogar eher ignorant gewesen, wäre sie einfach schweigend darüber hinweg gegangen. „Die Ereignisse werden meine Familie wohl noch eine ganze Weile beschäftigen“, erklärte sie ihre bittere Einsicht. Die junge Frau schwieg einen Moment, ehe sie abermals das Wort ergriff: „In letzter Zeit scheinen sich Todesfälle ohnehin zu häufen“, verwies sie auf den Tod des Aeliers.

  • Im Tablinum angekommen, offerierte ein Sklave verschiedene Getränke – Wein, pur und verdünnt, Wasser, Saft – und servierte das Gewünschte, während der Sklavenjunge bereits davon geeilt war, um der Herrin Bescheid zu geben.


    Kurze Zeit später betrat Seiana das Atrium. Der Iulier war ihrer Einladung – oder vielmehr Aufforderung, was es in ihren Augen eher gewesen war – also in der Tat gefolgt und war gekommen. Als sie den Brief geschrieben hatte, hatte sie Zweifel gehegt, ob er wirklich kommen würde – und nicht etwa sie aufforderte, zu ihm in die Casa Iulia zu kommen, wenn sie etwas zu besprechen hätte. Andererseits war er es ja gewesen, der ihrem Onkel geschrieben hatte. „Salve, Iulius.“ Auf ihren Lippen lag ein höfliches, neutrales Lächeln, das nichts von ihren Gedanken verriet, während sie auf ihren Gast zukam und ihn begrüßte. „Ich freue mich, dass du kommen konntest.“

  • Es hatte nicht lange gedauerte bis Lucius geführt durch einen Sklaven das Tablinum der Casa Decima betrat. Er trug seine hellgrün Tunika und eine Sandfarbene Toga mit Stickerei am Rand. So richtig wusste er ja immer noch nicht was er hier sollte. Die Aufforderung klang als sei sie überrascht gewesen zu hören, dass er sich über die Lügen in dem Artikel aufgeregt hatte. Aber Decima Seiana stand in dem Ruf nicht grade Dumm zu sein und die Position die sie als Frau bekleidete sprach auch dafür. Also was wollte sie?


    „Salve Decima.“


    Grüßte er knapp und reserviert. Er wollt es ihr überlassen zu sagen was sie zu sagen hatte.

  • Der Iulier war offenbar nicht daran interessiert, sich zunächst mit höflichem Geplänkel ein wenig auszutauschen. Seiana konnte das allerdings nur Recht sein, beherrschte sie diese Kunst zwar inzwischen recht gut, zog es aber dennoch vor, darauf zu verzichten, wenn möglich. Dass er sie allerdings nur begrüßte und sonst gar nichts sagte, wunderte sie dann doch etwas – immerhin hatte er doch ihrem Onkel geschrieben und sich über sie beschwert. Genau das hatte sie in ihrem Brief an den Iulius auch angesprochen. Hatte er etwa erwartet, dass Livianus ihr nichts davon schreiben würde? Oder dass sie dann nicht darauf reagieren würde? Sie hatte durchaus damit gerechnet, dass er die Gelegenheit nutzen und sich gleich Luft machen würde.


    „Nun, du weißt, weswegen ich dich um ein Treffen gebeten habe, Iulius. Du hast meinem Onkel geschrieben und dich bei ihm über mich beschwert – was er mir auch mitgeteilt hat. Was mich an der Sache allerdings sehr... irritiert hat ist, dass du mit dieser Beschwerde nicht zu mir persönlich gekommen bist, sondern stattdessen meinem Onkel schreibst.“ War ihr Tonfall vorher noch freundlich gewesen, wurde er nun schärfer. „Im Grunde möchte ich dich nur darum ersuchen, in Zukunft derlei Dinge gleich mit mir persönlich zu besprechen. So sehr ich meiner Familie verpflichtet bin, so wenig kann ich Kritik oder Beschwerden, die die Acta oder mich in meiner Funktion als Auctrix betreffen, über meinen Onkel abhandeln. Das verstehst du sicher.“

  • Hm also hätte er lieber doch klage gegen Sie wegen der Verleumdereichen Lügen gegen sie erheben sollen? War das ihre Aussage? Dann war sie dümmer als er dachte und das konnte ja jetzt nicht ihr erst sein.


    „Verzeih mir Decima Dir wehre es also lieber gewesen wenn ich gerichtlich gegen dich vorgegangen währe. Bei allen Göttern das musst mir jetzt mal erklären. Ich hab von einer Klage abgesehen da unsere beiden Familien einst durch eine Ehe verbunden waren und ich und dein Onkel gedenken dieses Bündnis zu erneuern. Du verstehst hoffentlich das mir da eine Klage fern liegt. Des halb habe ich ja auch schon nicht verstanden das man mich aus diesem Haus in aller Öffentlichkeit als Faulen Nichtsnutz beschimpft. Da wird mir ja wohl erlaubt sein wenn ich den man mit dem ich ein Bündnis plane frag ob er Bündnisse in Zukunft immer gedenkt zu pflegen.“

  • „Nein, Iulius“, entgegnete Seiana, und sowohl ihre Stimme als auch ihre Miene war so kalt wie das Eis in den Bergen. „Ich habe in dieser Hinsicht keinerlei Präferenzen, welchen Weg du einschlägst. Aber nachdem du mich fragst, will ich es dir erklären: im Gegensatz zu dir sehe ich deutlich mehr Möglichkeiten Kritik anzubringen oder einen Konflikt zu lösen, als sich bei einem einflussreichen Verwandten zu beschweren oder vor Gericht zu gehen. Natürlich ist es dir erlaubt, dich an Livianus zu wenden, aber ich hätte es für klüger von dir gehalten, hättest du direkt mit mir kommuniziert, anstatt dich bei meinem Onkel auszujammern – der zwar über eine Legion, aber weder über mich noch über das, was die Subauctoren schreiben oder die Acta veröffentlicht, irgendeine Befehlsgewalt hat. Zumal du nicht, wie du behauptest, aus diesem Haus beschimpft wurdest, sondern ein Artikel in der Acta über deine Arbeit veröffentlicht wurde – die schon über ganz andere Männer und Familien in dieser Art veröffentlicht hat, unter anderem über meine eigene. Meinst du also nicht auch, es wäre besser gewesen, mit mir zu reden anstatt mit Livianus?“

  • Lucus sah die Decima etwas verwundert an. Das Sie ihn hier so abgekühlt an sah fand er schon fast überheblich.


    „Ist es denn aber nicht üblich sich an einen Männlichen Verwandten zu wenden?“


    Fragt er nach obwohl die Antwort sehr wohl klar war. Denn das wahr es durch aus. Denn auch wenn sie hier etwas anderes behauptet sie war eine Frau und hatte nicht die Kompetenz sich gegen einen Verwandten wie Livianus zu stellen.


    „Nun sei es wie es ist. Du Hast mich also hier her bestellt um Mir zu sagen das Du die Beschwerde lieber persönlich bekommen hättest. Also gut dann werde ich mich also in Zukunft an dich wenden.“


    Stellte er sachlich fest. Im Prinzip war es ihm egal das Thema war bei ihm durch sein Ruf war beschmutzt und er musste sich wegen dieser dreisten Behauptungen in Senat verteidigen. Aber er fand es schon dreist das sie sich beschwerte und sich angegriffen fühlte. Der Besuch hier schien deutlich kürzer aus zu fallen als er gedacht hatte.

  • Seianas Miene blieb unbewegt, aber innerlich fragte sie sich, ob der Iulius sie tatsächlich nicht verstand, oder ob er sie nicht verstehen wollte. Was für einen Sinn machte es in ihrem Fall, sich an einen männlichen Verwandten zu wenden, wenn doch sie diejenige war, die die Verantwortung für die Acta trug? Die die Entscheidungen traf? Die vom Senat auf diese Position berufen worden war? Allerdings kam sie zu dem Schluss, dass es wohl gleichgültig war, aus welche Gründe ihn dazu bewegt haben mochten, einen ihrer männlichen Verwandten vorzuziehen. „Nun, selbst dies vorausgesetzt wäre es sinnvoller gewesen, sich an jenen meiner Verwandten zu wenden, der in Rom ist. Mattiacus ist ebenso wie Livianus mein Onkel.“ Nur das Mattiacus kein Legat war.


    Der Iulier schien kein gesteigertes Interesse an einer weiterführenden Diskussion zu haben, wie sie seinen folgenden Worten entnahm – was Seiana einerseits überraschte, andererseits allerdings nicht Unrecht war. Sie hatte im Grunde damit gerechnet, dass er nun die Gelegenheit nutzte, seine Beschwerde noch einmal bei ihr vorzubringen. Wenn er jedoch hierfür keinen Grund sah, sondern sich damit zufrieden gab, seinen Klagen bei Livianus eingebracht zu haben und zu wissen, dass dieser die Beschwerde an sie weiter geleitet hatte, dann würde sie den Iulier nun nicht weiter aufhalten.„In der Tat, Iulius, darum möchte ich dich bitten. Es hätte unter anderem den Vorteil, dass ich sofort von derlei Unstimmigkeiten erfahre und nicht erst Wochen später – was sicherlich auch für den Beschwerdeführer nicht unangenehm ist.“ Ein kühles Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen. „Von meiner Seite aus wäre das alles. Falls du nichts mehr zu sagen hast, will ich dich nicht weiter aufhalten. Ein Senator wie du hat sicherlich eine Vielzahl an wichtigen Terminen.“

  • An welchen Onkel er sich gewendet hatte war ja im Grunde egal. Aus seiner sicht war es nur logisch das er sich an den wenden den er kennt. Aber gut es war wie es war. Diesen Punkt konnte er nur abnicken als tat er das auch.

    So richtig passte das Ganze aber nicht in das Bild was er von der Frau hatte sie galt als sehr besonnen und umsichtig und trotzdem hatte sie ihn so der Zeitung so mit Lüge und Schimpf überzogen

    „Allerdings hätte man das Ganze ja auch vermeiden können wenn du die Geschichte mal gründlicher hinterfragt hättest!“


    Sagte er schneidend und bissig.


    „Denn ich war bei meinem Auftrag den ich als Quästor erhalten haben keins falls ein drittel meiner Amtzeit untätig. Ich hab meine Ermittlungen nur hier in Italien begonnen zum Beispiel beim Praefectus Annonae der mich aber zum Procurator Annonae verwies. Der verstarb aber dann wie du sicher weist und das ohne das ich vorher mit ihm sprechen konnte. Erst als in Italein alle meine Bemühungen im Sande verliefen bin ich nach Ägypten gereist. Und das nicht wie von Dir beschieben mit den Schiffen die man mir zum Spielen gegeben hatte. Sonder auf einer von mir selbst bezahlten Passage auf einem Handelsschiff. Wenn man mal richtig nachgefragt hätte, hätte man vielleicht mit bekommen das ich trotz das ich Quästor Classis war. Nicht ein einziges mal in dem Ganzen Jahr auch nur das Kommando über einziges Schiff des Kaisers hatte.
    Und wenn man schon so fleißig über mein Gespräch mit dem Praefectus Aegypti berichtet.
    Warum stand da kein Word davon. Das mich der Praefectus Aegypti trotzt das ich mit einem vom Senat und mit Zustimmung des Kaisers erteilten Auftrag dort war. Immer wieder als Senatspitzel beschimpft hat und erst dann und deshalb hab ich mich ein einziges mal im Ton vergriffen.
    Decima du siehst ich hatte anlass zu beschwerden und im empfehle Dir in Zukunft besser zu nach zu prüfen was Du als verantwortliche schreibst. Ansonsten hast Du mir ja abgeraten das Ganze in der Familie zu halten. § 84 des Codex Iuridicialis muss ich Dir ja nicht noch mal rezitieren oder doch?“


    Jetzt war er es der gemütlich nach dem letzten Satz an seinem Becher nippte. Er war hier hergeladen worden und so war es auch an ihm das Gespräch zu beenden.


    „Ich will Dir keines falls drohen Decima. Das Steht mir als dein Hausgast nicht zu. Sie es als gut gemeinten Rat. Weil mir ja so viel an den guten Beziehungen zwischen Iulia und den Decima liegt.“


    Im Normalfall lag es ihm wirklich fremd solche Drohungen aus zu sprechen aber sie hatte ihn ja eingeladen.

    Sim-Off:

    und wieder zurück

  • Das kühle Lächeln blieb auf ihren Lippen, als der Iulius sich nun doch noch dafür entschied, ihr ausführlicher seine Beschwerde zu schildern, nachdem sie keine Anstalten gemacht hatte nachzufragen. „Du wirst sicher verstehen, dass ich kaum in allen Teilen des Imperiums zugleich sein kann.“ Als Leiterin der Acta musste sie sich auf ihre Quellen verlassen können, so einfach war das. Sie konnte nicht überall sein. Erwiesen sich die Quellen als nicht vertrauenswürdig, wurden sie nicht mehr herangezogen, aber ohne ging es nicht. Allerdings: sie wollte hier nicht mit dem Iulius in allen Einzelheiten ausdiskutieren, was dieser während seiner Amtszeit getan hatte oder nicht. Sie könnte ihm sagen, dass vier Monate für Ermittlungen in ihren Augen etwas viel waren. Sie könnte ihn auch fragen, was er gegen die Darstellung hatte, dass er als Quästor Classis Schiffe bekommen hatte – war es nicht peinlicher einzugestehen, dass einem in dieser Funktion keines anvertraut worden war? Sie hatte diesen Artikel gelesen und nach allem, was sie wusste, für glaubwürdig genug erachtet, um ihn zu veröffentlichen. Was sie allerdings kommentieren wollte, war die Thematik des Praefectus Aegypti. „Und dir ist nicht in den Sinn gekommen, dass du als Gesandter des Senats in einer kaiserlichen Provinz womöglich zu Recht auf ein gewisses Misstrauen stößt? Oder dass der Praefectus Aegypti in der Hierarchie so weit über dir steht, dass du ihm gegenüber deine Zunge im Zaum halten solltest, ganz gleich was er zu dir sagt?“ Immerhin war der Iulius zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal Senator gewesen, geschweige denn in sonst einer Position, in der er sich gegenüber dem Terentier – der in Ägypten der Stellvertreter des Kaisers war! – hätte aufspielen dürfen. „Oder hättest du beim Praefectus Urbi oder dem Kaiser persönlich etwa genauso reagiert wie beim Praefectus Aegypti?“


    Dann allerdings beging der Iulier einen Fehler – und gleich darauf noch einen zweiten. Mit seiner Empfehlung implizierte er, in ihren Ohren jedenfalls, dass sie unfähig war. Und mit dem Kommentar zum Codex Iuridicialis tat er genau das, was er gleich darauf behauptete nicht tun zu wollen: er drohte ihr. Erst recht in Anbetracht der Tatsache, dass er bereits vorhin von einer Klage gesprochen hatte. Wer würde diese Wiederholung dann nicht als Drohung verstehen? Zumal sie ihn erst vor wenigen Momenten darauf hingewiesen hatte, dass es mehr Wege gab als der Kontakt zu ihren Verwandten oder der Weg vor Gericht? Nein. Der erneute, und diesmal explizite Hinweis auf eine Klage war definitiv eine Drohung. Und damit war der Moment gekommen, in dem Seiana wütend wurde. Sie ließ sich nicht drohen.


    Es geschah selten, dass sie so heftige Gefühle wie Wut empfand, nicht, weil sie tatsächlich so emotionslos gewesen wäre, wie sie häufig wirkte, sondern weil sie gelernt hatte, sich zu kontrollieren. Jahrelanges Üben, um das Ideal zu erreichen, das ihre Mutter ihr seit frühester Kindheit gepredigt und vorgelebt hatte, hatte seine Wirkung nicht verfehlt, und inzwischen war Seiana ein Mensch, der Emotionen so tief in sich verschloss, dass sie nur selten die Oberfläche erreichten. Und selbst dann, wenn sie es taten, brodelten sie häufig nur dicht darunter. Zu einem wirklichen Gefühlsausbruch hatte sie sich lange nicht mehr hinreißen lassen, für ihre Verhältnisse kam es schon einem Ausbruch gleich, wenn sie ungewollt ihre Stimme ein wenig erhob. Seiana beherrschte sich ausgezeichnet – so auch jetzt, in diesem Moment, der nun zu den wenigen gezählt werden konnte, in denen es begann in ihr zu brodeln. Konträr zu dem, wie es in ihrem Inneren aussah, wurde ihre Miene noch kühler. „Du hast anscheinend nicht begriffen, was ich vorhin gesagt habe, Iulius. Oder du hast mir nicht zugehört. Ich habe dir nicht abgeraten, derlei Dinge in der Familie zu halten, ich habe dir geraten, dich an mich zu wenden und solcherlei mit mir direkt zu klären. Da Beschwerden, die die Acta betreffen, als Auctrix mich betreffen, wäre der direkte, persönliche Weg also definitiv der schnellste gewesen, wenn er für dich schon sonst keine Vorteile zu haben scheint. Und verzeih mir“, ihr eisiger Tonfall machte deutlich, dass sie diese Worte ganz sicher nicht wörtlich meinte, „aber ein Hinweis auf den Codex Iuridicialis sehe ich nicht als gut gemeinten Rat, sondern tatsächlich als Drohung. Unter diesen Umständen ist unser Gespräch nun beendet. Vale, Iulius.“ Die Sklaven mussten nicht erst herbei gewunken werden, es reichten die Worte, die sie ausgesprochen hatte, um sie herbeieilen zu lassen, um den Iulius zur Tür zu begleiten.

  • Lucius nickte sie hatte Recht sie konnte nicht überall sein. Aber es gab immer zwei Seiten die man hören musste wenn man ein klares Bild haben wollte. Und ihn hatte man nicht gefragt auch wenn sie das jetzt tat war es ja offensichtlich zu spät.


    „Ich hab auch nicht behaupte das ich Recht gehandelt habe. Ich habe nur zu denken gegeben das es Umstände gab die das verschuldet haben. Auch wenn es nicht akzeptabel war. Aber in dem Artikel steht es ja so da als sei ich mit Pauken und Trompeten beim Präfekten eingefallen. Was aber nicht stimmt in deinem Artikel steht ich hätte meine Amtszeit vertrödelt und hätte nichts besser zu tun gehabt den Präfekten zu beleidigen. Aber sein versichert ich bin ihm sehr freundlich und höflich entgegen getreten und habe mich redlich um Hilfe bemüht. Aber es war kein Gespräch mit dem Präfekten zuführen das nicht drauf abzielte mich zu beschimpfen. Aber Du magst Recht haben das man seine Zunge im Zaum halten sollte aber ich war nicht der Erste und werde nicht der Letzte der aus solche einer Sache bitter lernen muss.“


    Stellte er noch mal richtig. Natürlich war es eine Torheit gewesen aber die Decima war eben nicht dabei gewesen. Wie sie schon richtig festgestellt hatte. Und wenn er schon keine Schiffe bekam dann sollte das auch da stehen. Denn im den Artikel stand das er so langen gejammert haben bis er Schiffe bekommen habe und erst dann habe er mit seiner Arbeit begonnen. Und das war schlicht die Unwahrheit.


    Dann wurde aber ihre Reaktion doch deutlicher. Was ihn wenig wundert. Sie warf ihn doch tatsächlich raus. Aber er bewegte sich nur langsam nach oben und stellte den Becher auf den Tisch und blieb stehen als sein seine Schuhe mit den Boden verwachsen.


    „Nun auf Deine Aufforderung hin habe ich ja grade eine Klärung mit Dir Persönlich herbeiführen wollen. Aber wie man sieht bist Du an meinem Teil der Geschichte nicht interessiert. Denn Du wirfst mich aus dem Haus nach dem ich meinen Teil der Geschichte erzählt habe. Findest Du das nicht unpassend? Du selbst hast mich eingeladen um meinen Standpunkt darzustellen. Und nun wirfst Du mich aus dem Haus weil ich getan habe wozu Du mich aufgefordert hast. Wenn diese Art Gespräche also so wenig ergiebig sind wie dieses jetzt. Was soll ich also tun wenn ich Dich nicht verklagen will und Du nicht willst dass ich mich an deine Verwandten wende? “


    Sagte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Er ging davon aus, dass wenigstens der Sklave es nicht wagen würde Hand an ihn zu legen. Er für seinen Teil erwarte eine Antwort. Wenn sie ihn schon raus warf ohne das der Schachverhalt wegen dem sie ihn eingeladen hatte geklärt war. Er musste ja langsam davon ausgehen das sie ihn nur eingeladen hatte um eine Provokation hervor zu rufen. Nur konnte er sich nicht vorstellen warum er hatte dieser Frau nichts getan. Und er hatte auch schon klar gemacht, das er sie nicht verklagen wollte aber er konnte sich auch nicht einfach verleumden lassen. Das war ein nicht tragbarer Zustand.

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