Tatatatack.
Mit einem sachten Klacken schlugen Fingernägel auf eine Tischplatte, in einer so raschen Folge hintereinander, dass das Geräusch fast – nur fast – ineinander zu verschwimmen schien.
Eine Pause. Dann. Tatatatack.
Wieder kamen die Nägel auf. Ein Papyrus lag auf der Tischfläche. Daneben stand ein Becher mit purem Wein, der jedoch kaum angerührt war. Und irgendwo davor lag eine geöffnete Schriftrolle.
Tatatatack.
Ein wenig Wachs lag zerbröselt herum, dennoch war das Siegel noch erkennbar, würde man den Papyrus umdrehen. Aber er lag einfach nur da, die Enden etwas gewölbt, weil er in eine aufgerollte Form gezwängt gewesen war und erst seit kurzem geöffnet, und offenbarte die Schriftzeichen darauf.
…
Diesmal blieb das Geräusch aus. Die Finger verharrten in der Luft – und griffen nach einem kurzen Zögern schließlich zu dem Weinbecher, hoben ihn an, nur um dann wieder zu verharren. Und zu verharren.
Seiana starrte in die dunkelrote Flüssigkeit. Der Brief konnte nur eines bedeuten, dennoch hatte sie einen Sklaven losgeschickt gehabt, der Gewissheit schaffen sollte – und Gewissheit geschafft hatte. Er war tot. Caius – Archias, so hatte er nun wieder unterschrieben – war tot. Hatte sich selbst umgebracht. Und Seiana spürte, wie die Eislandschaft in ihrem Inneren sich wieder ausbreitete, alles mit einer glitzernden Schicht überzog, die nur gelegentlich knisterte. Es war wieder da. Was sie hinter sich gelassen glaubte, war wieder da, aufgerüttelt durch den Tod des Mannes, mit dem sie so lange verlobt gewesen war. So lange. Nur um dann von ihm verlassen zu werden, einer anderen wegen. Weil sie anders war. Mehr. Es war wieder da. Wie sehr er sie damit verletzt hatte. Was er ihr alles an den Kopf geworfen hatte. Verklemmt, frigide, zu alt, du kriegst keinen ab. Die Worte auf dem Papyrus schienen sie angesichts dessen zu verhöhnen: es tat ihm leid, stand da. Bitter kräuselten sich ihre Lippen. Nicht genug. Nein, sie war nicht genug gewesen, nicht für ihn. Etwas in Seiana zog sich schmerzhaft zusammen, nur um überdeckt zu werden von einer weiteren Schicht schimmernder Kristalle, die sich rasant bildeten, um das zu schützen, was wichtig war. Umschloss ihr Inneres und verbarg alte Wunden und Unsicherheiten, umhüllte all das, was fehlerhaft war in ihren Augen und begrub es unter Kälte und verletztem Stolz, um nach außen hin vor allem eines zeigen zu können: Selbstbewusstsein. Mit einer raschen Bewegung führte sie den Becher nun doch zum Mund und leerte ihn in einem Zug. Selbstbewusstsein.