Der Zeitpunkt, an dem ich für sie Zeit hatte war sehr unbestimmt. Der Bürgerkrieg war dabei maßgeblich. Meine Hoffnung bestand darin, dass bis zum Herbst alles ausgefochten war. Die Flotte machte für den Winter fest.
" Spätestens im Winter, frühestens nach dem Bürgerkrieg. Ein Kaiser, heißt wieder Ruhe im Land. Bis dahin gibt es viel zu tun." Meine Hand ging mit ihrer mit. Blieb bei ihr, hielt sie sanft fest. " Es könnte Einwände von unserem Pater Familias geben. Nicht, dass du jemanden besuchst, sondern wen du besuchst. Du bist noch nicht verheiratet und besuchst fremde Männer." sagte ich gespielt vorwurfsvoll und lächelte im Anschluss daran. Am liebsten hätte ich sie, auf meinen Schoß genommen, aber wir saßen im Tablinum. Es wäre fatal, wenn uns einer der Familie so sehen würde. Das merkte ich mir für Misenum vor. In der casa waren wir ungestört.
tablinum
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Der trotzigen Zügen lagen weiter um ihr schön geschwungenes Lippenpaar. Als seine Worte endeten formten sie sich zu einem empörten leisen Püh und in ihren Hellblauen begann es zu funkeln. Der Becher stand inzwischen auf dem Tisch, bereit zum Auffüllen und ihre Finger waren unbewusst zwischen seine gerutscht. Die letzten Worte von Masse bereiteten der Braunhaarigen Bauchschmerzen und trotzdem fühlte sie sich nicht unwohl oder gar krank. Es war ein unbekanntes Ziehen und es zog sich um ihren Nabel bis hinauf zum Herzen, ließ es unruhig und schnell schlagen.
Bis zum Winter ... Die Wiederholung war weder eine Feststellung, noch eine Frage. Es schwang vielmehr leichte Enttäuschung darin und durch das leise… so lange noch! wurde es zur Gewissheit und stand deutlich zwischen ihnen. Wirst du mir bis dahin schreiben? Der Blick von Romana flog nahezu rastlos über seine Gesichtszüge, fand dort keine Stelle zum Stillstehen. Es war eine Mischung aus Angst und Neugier in ihren Augen. Selbst ihre Finger verkrampften sich ängstlich, er könnte ihre Frage mit einem 'Nein' beantworten. -
Mädchen und junge Frauen hatten eine amüsante Art ihre Gemütslage offen zu zeigen. Schmollmund, leichte Furchen auf der Stirn oder eben dieses bekannte Püh, was Romana von sich gab und dem Ganzen noch Nachdruck verlieh. Ich lächelte in mich hinein. Mit der Zeit lernte man seine Gefühle nicht mehr ganz so freien Lauf zu lassen, sie zu kontrollieren. Hier war das nicht notwendig. Unser Treffen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, trotzdem war ein bisschen Zurückhaltung angebracht. Wer weiß wo das sonst enden würde. Außerdem musste ich mir erst klar werden, was sich da in mir abspielte. Romana hatte aus meinem Ärger und dem Trotz heraus in mir etwas los getreten. Ich hatte nie daran geglaubt , dass eine Frau dazu fähig sei.
" Sagen wir Herbst, das ist nicht mehr ganz so lang hin." versuchte ich zu trösten und ein bisschen Hoffnung zu machen, dass sie noch vor dem Winter nach Misenum kommen konnte. Mit dem Schreiben war das eine heiklere Angelegenheit. Waren wir auf See ging es nicht. Aber ansonsten dürfte es kein Problem sein einen Brief zu schreiben. " So, wie ich es möglich machen kann, schreibe ich dir. Sind wir auf See, kann es etwas dauern. " Ein Nein würde sie wahrscheinlich sehr enttäuschen und ein Brief war keine große Sache. Die Zeit musste ich mir nehmen. Für Romana , ja.
Wie zart ihre Hand war. Ich begann mich immer mehr für sie zu interessieren. -
Mit dem Wort 'Herbst' löste sich all ihre Verspannungen und ihr Gesicht begann zu strahlen. Ihre Augen fanden eine Stelle, wo sie ruhen konnten und ihre Lippen umspielte ein sanftes Lächeln. Im Moment war es für Romana nicht wichtig, wann der erste Brief eintreffen würde, sondern nur die Bestätigung, das er ihn schreiben wollte.
Massa betrachtend, bog sich ihr Köpfchen hin und her. Bist du oft auf See? Mit kribbelnden Fingerspitzen tastete die Braunhaarige seinen Handrücken ab. Jede Sehne wurde nachgezogen und jede seiner Bewegungen registriert. Kein Stillsitzen und keine Distanz hinderten sie, sich ihm ganz zu widmen und sich auf ihn zu konzentrieren. Nicht einmal die Anwesenheit von Nuha und dem anderen Sklaven hielten sie davon ab, ihn nah zu sein. Selbst die Schönheit des Raumes war ausgeblendet, weder an Essen noch an Trinken ward gedacht und schon gar nicht daran, dass er bald nach Misenum zurück kehren wollte. Obwohl sie wusste, der Abschied lag nicht mehr fern, verdränge sie es und lebte vom Augenblick. Vergessen war die Überlegung ihn zu zeichnen, vergessen auch, weshalb sie in Rom war. -
Regungslosigkeit, gebannt durch ihre sanften Fingerspitzen, zärtlich, beruhigend, ich war nicht fähig meine Hand weg zu ziehen. Stunden lang so sitzen, sich nicht bewegen. Ich spürte es bis in die Zehenspitzen kribbeln. " Ich weiß es noch nicht. Die kommenden Ereignisse werden entscheiden ob und wie lange es notwendig wird." Eine kurze Unterbrechung der Stille. Die wohltuende Nähe von ihr, sie hatte es wahrhaftig geschafft mich in ihren Bann zu ziehen. Sollte ich mir Gedanken machen? Nach Ägypten nun Rom. Ich geriet auf direktem Weg in einen selbstgemachten Gewissenkonflikt. Warum hing ich Ägypten immer noch nach? Wieso vergaß ich nicht was dort war? Ihre Augen waren es. Diese grünen Juwelen die mich am ersten Tag angefunkelt hatten. Grün ? Hellblau waren sie. Romana's Augen waren hellblau. Ich war verwirrt. Die ganze Zeit musste ich Romana angestarrt haben. " Entschuldige, dass ich dich so Welt vergessen angesehen habe." Ich brauchte Abstand. Es fehlte nicht viel und .... lieber nicht weiter denken. Morgen ging es nach Misenum. Machte ich nicht vorerst einen Strich drunter, wäre ich fähig und versuchte die Gunst der Stunde zu nutzen. Einmal ihre Vollkommenheit spüren. Es reizte zu sehr um es nicht zu tun. Ich fasste mich. " Es wird für mich Zeit, meine Pflichten rufen. Morgen reise ich ab. Falls du noch eine Frage hast, findest du mich in meinem cubiculum." Vorsichtig zog ich meine Hand unter ihrer weg. Sie verstand es hoffentlich nicht falsch. Ein Kuss auf ihre Wange, flüchtig, zärtlich. So zärtlich ich es bei der Unruhe die mich ergriffen hatte hin bekam. " Valete, Romana. Wir sehen uns sicher vor meiner Abreise noch einmal." Nichts war unmöglich und es wurde darauf spekuliert, dass man sich noch einmal sah. Ich drehte mich um und ging, so gelassen es mir möglich war.
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Stück für Stück ging es ihr wieder besser... nicht wirklich gut, und nach wie vor sah man für ihren Geschmack zu viel von dem, was Terentius getan hatte, aber: es ging ihr wieder besser. Gut genug, um sich nicht mehr verkriechen zu können. Und es gab etwas, um dass sie sich kümmern musste – kümmern konnte, hieß das, weil es sie nicht direkt selbst betraf, aber dafür doch für eine Ablenkung gut war, während es zugleich dafür sorgte, dass sie nach und nach wieder in Kontakt mit ihrer Familie kam. „Geh zu Varenus und bitte ihn darum, ins Tablinum zu kommen, wenn er ein wenig Zeit für mich erübrigen kann“, wies sie also einen Sklaven an, der sich gleich davon machte.
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Seiana sah auf, als Varenus tatsächlich kurze Zeit später das Tablinum betrat, und setzte ein Lächeln auf. Sie hämmerte sich ein einfach zu ignorieren, wie sie aussah, in der Hoffnung, wenn sie so tat als sei nichts, würden sich alle anderen danach richten, und neigte grüßend den Kopf. „Varenus. Danke, dass du einen Augenblick für mich erübrigst.“ Nach der Begrüßung trat sie an einen Tisch und zog eine Schriftrolle zu sich heran. „Ich will dich nicht zu lange aufhalten, daher komme ich gleich zum Punkt: Catus hat Rom verlassen und mir seine Betriebe überschrieben.“ Sie sah wieder auf. „Ich würde die Verwaltung gerne deine Söhnen übergeben. Sie sind alt genug, um ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen, was die Familie und unsere Güter angeht, finde ich... Sofern du nichts dagegen hast, würde ich mit beiden sprechen und alles in die Wege leiten.“
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Titus blieb ungewöhnlich ruhig. Sein Blick richtete sich gezielt auf die Augenpartie seines Gegenübers, so dass er eventuelle Veränderungen gar nicht zur Kenntnis nahm. Dies war sowieso schwierig, da er Seiana seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte. Und im Alter, nun ja, verändert man sich eben.
Nach der netten Begrüßung seitens Seiana, grüßte er zurück und nahm anschließend Platz. Als dann Seiana hinab sah, um eine Schriftrolle hervorzuholen, wisch sein Blick für einen Augenblick ab und schweifte wahllos im Raum umher. Dabei vernahm er die gesagten Worte und als sie wieder auf sah, blickte er sofort wieder in Richtung ihres Kopfes. Dass Catus Rom verlassen hatte interessierte ihm ehrlich gesagt nicht wirklich. Dieser war ihm weiterhin zu fremd. Jedoch sein Sohn Albinus eventuell, da er wie auch Catus die Schriften studierte. Bestimmt hatten sich die beiden zu philosophischen Fragen unterhalten. "Danke für deine Wertschätzung gegenüber meinen Söhnen. Danke auch dafür, dass du meinen Sohn in deiner Schola angestellt hast. Die beiden haben bereits meine Zustimmung erhalten selbstständig Geschäfte zu führen. Irgendwann werde auch ich nicht mehr sein, zumal sie alt genug sind. Um welche Betriebe handelt es sich eigentlich?" Das Auswendiglernen der vielen Betriebe der Famlie Decima hatte auch ein Titus nicht vor.
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Ein Lächeln zuckte kurz um Seianas Lippen – und die Bewegung erinnerte sie mit einem winzigen Schmerz an die lädierten Stellen. Sie nahm ebenfalls Platz, nachdem sie die Schriftrolle hervorgezogen hatte, mit der Catus die Betriebe ihr übertragen hatte. „Es ist leicht, deine Kinder wertzuschätzen. Sie sind fleißig, jedenfalls nach allem, was ich höre. Was Albinus angeht... er war den Sommer über regelmäßig Gast in der Bibliothek der Schola. Er hat sich die Chance verdient“, erwiderte sie. Albinus hatte es ihr leicht gemacht, seiner Bewerbung zu entsprechen und ihn anzustellen. Sie räusperte sich leicht. „Es handelt sich um einen recht großen Gemüsehof, der an unsere Ländereien in Ostia anschließt. Entweder übernimmt ihn einer deiner Söhne, oder bewirtschaften ihn gemeinsam, wenn sie das möchten – groß genug ist er definitiv, dass man sich die Arbeit teilen kann. Außerdem hat Catus in seiner Zeit hier in Rom eine Schneiderei gegründet, die ebenfalls jemand weiterführen muss.“
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Zwischenzeitlich wich er kurz vom direkten Augenkontakt ab und sah ein paar lädierte Stellen im Gesicht seiner Vetterin. Doch wie sie sich diese zugezogen hatte konnte Titus nur erahnen. Wäre sie gestürzt, würde sie weiterhin in der Casa ihres Ehemannes wohnen, doch so. Nun ja, musste es etwas mit Gewaltanwendung zu tun haben. Facto ihr Ehemann. Von Soldaten ist man ja so einiges gewohnt, aber so was? Auf jeden Fall unverständlich, da Titus nie seine Frau schlagen würde, wenn auch er manchmal gegenüber den männlichen decimern Sklaven handanlegt. Doch seine EHEFRAU, NEIN!
Doch den Zustand des Gesichtes von Seiana anzusprechen hatte er trotzdem vermieden und daher tat so als hätte er es weiterhin nicht wahrgenommen. Jedoch würde er seine eigene Frau später davon in Kenntnis setzen. Sie als Frau war eben eine bessere Ansprechpartnerin als Titus, wenn er auch derzeit Hausherr war. "Ich denke, meine beiden Söhne sollten gleich behandelt werden. Ich kann keinen von ihnen vorziehen, beide sind meine Schätze. Da Albinus bei dir eine Tätigkeit ausübt würde ich sagen er bekommt ein Teil des Gemüsehofes und Dexter den anderen Teil zusätzlich die Schneiderei. Wie es scheint wird er den Weg eines Kaufmannes gehen. Seiana, das macht mich überglücklich, glücklicher kann ein Vater nicht sein." Dass sein Sohn vor einiger Zeit beabsichtigte dem Militär beizutreten, hatte er längst verdrängt. Zumal er mit solch geschäftlichen Bindungen die Verpflichtung von Dexter gegenüber die Familie verstärken konnte, ohne direkt eine Anweisung geben zu müssen.
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„Ja, dein Vorschlag ist gut. Dann werde ich mit deinen Söhnen sprechen und alles weitere veranlassen.“ Seiana verzog ihre Lippen zu einem kurzen Lächeln, das auch noch auf ihren Zügen blieb, als Varenus weiter sprach. Der Weg des Kaufmanns war sicher kein schlechter... und ganz sicher ehrbar. Aber sie hätte es lieber gesehen, würden sich Varenus' Söhne entweder dem Militär oder der Politik – und damit verbunden dann doch irgendwann auch dem Militär – zuwenden. Aber es lag nicht bei ihr, sich da einzumischen, also nickte sie nur. „Wenn er ein paar Familienbetriebe übernimmt, kann er sich sicher weiter auf diesem Weg entwickeln und profilieren. Und falls ihm das Kaufmannsdasein allein nicht mehr genügt, kann er immer noch auf fähige Verwalter zurückgreifen.“
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Ein junger Sklave führte Celeste ins Tablinum der Casa Decima und bot ihr dort etwas zu trinken an. Seiana selbst tauchte nur kurze Zeit später auf. Sie hatte Zeit im Moment – viel Zeit. Zu viel für ihren Geschmack, aber das war etwas, was sich nicht ändern ließ. So lange unklar war, was der Kaiser entschied, nicht nur im Hinblick auf sie, sondern auch auf ihren Bruder, hielt sie es für klüger sich zurückzuhalten. Entsprechend war sie nicht nur weit häufiger als früher daheim, sondern hatte auch genug freie Zeit, um sich um spontane Besuche kümmern zu können. In diesem Fall allerdings hätte sie sich die Zeit genommen, selbst wenn sie keine gehabt hätte – Celeste, Scriba und vorgebliche Freundin ihres Bruders, Seiana war bei jenem Essen dabei gewesen, als Faustus sie in der Familie vorgestellt hatte. Celeste bedeutete eine Verbindung zu ihrem Bruder, welcher Art auch immer, und so war es für Seiana keine Frage gewesen, ob sie sie empfing. „Salve, Celeste“, begrüßte sie die Scriba, als sie das Tablinum betrat, während sie sie zugleich musterte. War sie früher nicht blond gewesen? „Mein Bruder kann dich leider nicht empfangen... Aber es freut mich, dich zu sehen. Was kann ich für dich tun?“
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Da war sie nun. Nachdem was sie in den Straßen gehört hatte, konnte man wohl froh sein, dass das Gebäude überhaupt noch stand. Sie hatte natürlich auch gehört, dass Serapio im Carcer saß. Es war deutlich mehr passiert als sie in Alexandria mitbekommen hatte. Gut für ihren Hauptberuf, aber schlecht für ihre Vorzeigebeschäftigung. Außerdem war er doch ihr Alibifreund. Irgendwie schienen die Götter ihr immer wieder Retourkutschen für ihr zweifelhaftes Zweitleben zu erteilen. Jetzt gerieten sogar schon die in Schwierigkeiten, die nicht wirklich etwas mit ihr zu tun hatten. Sie sollte wohl mal einen dieser Tempel aufsuchen und versuchen mit den hier ansässigen Göttern zu sprechen. So langsam meinte sie dort ein Omen zu erkennen. Während sie also durch die Casa geführt wurde, dachte sie über diese Möglichkeit nach. Dann betrat sie den Raum und erkannte die Schwester ihres Arbeitgebers.
"Salve Seiana."
Dann sah sie sich um und hörte der Frau zu, was diese zu ihr sagte. Zum Glück schien sie nicht vergessen worden zu sein oder ganz unten durch weil sie sich so lange nicht gemeldet hatte. Den wirklichen Grund, hätte sie doch nie verraten können. In Aegyptus wurde sie nicht nur von von diesem komischen germanischen Römer gesucht sondern sogar von diesen vermaledeiten Wüstenvölkern. Sie hatte sich ganz schön in Probleme geritten. Aber zum Glück war sie von Beiden großen Problemen weit weg. Das dachte sie jedenfalls.
"Es freut mich auch dich zu sehen. Ich habe das ein oder andere auf den Straßen der Stadt aufgeschnappt. Allerdings bin ich erst vor einigen Tagen hier angekommen. Steht es wirklich so schlimm wie man hört? Er ist im Carcer, habe ich gehört? Weißt du wie es dazu kam? Hat er etwas angestellt?"
Dann fiel ihr auf, dass sie ja noch gar nicht auf die Frage geantwortet hatte, die ihr gestellt wurde.
"Ich wollte gern wieder versuchen meine Arbeit aufzunehmen. Ich habe doch seine Betriebe überprüft und verwaltet. Durch die Unruhen habe ich keine Berichte mehr erhalten und konnte meine Aufgaben nicht erledigen. Falls das noch gewünscht wird, würde ich wieder weiter machen. Allerdings stellt sich wohl die Frage wer sich während seiner Haft darum kümmert. Hast du das übernommen?"
Vorsichtig lächelte sie die Decima an. Diese Tarnung war gut und es war auch nicht viel Arbeit. Der Verlust dieser Deckung wäre wirklich bedauerlich. -
Seiana schwieg zunächst, als Celeste anfing zu reden und sie mit Fragen überhäufte, versuchte zu sortieren, was sie zu hören bekam. Celeste schien wenig von dem zu wissen, was hier passiert war... oder aber sie tat so, um mehr zu erfahren, was allerdings selbst für Seiana, die chronisch an leichter Paranoia litt, ein wenig unsinnig zu sein schien. Es war ja nichts, was nicht leicht herauszufinden wäre, und nichts, was gerade Celeste als Scriba ihres Bruders nicht ohnehin wissen sollte. Seiana wunderte es höchstens ein wenig, dass sie tatsächlich so schlecht informiert war, aber wenn sie erst seit kurzem in Rom war... der Informationsfluss in andere Provinzen war während des Bürgerkriegs denkbar schlecht gewesen, insofern war es verständlich, dass sie nur wenig wusste. „Er ist von Vescularius zum Praefectus Praetorio befördert worden. Die Garde zog in den Krieg, er wurde gefangen genommen. Eine Entscheidung über sein Schicksal steht noch aus.“ Seiana bemühte sich um einen neutralen Tonfall. „Allgemein steht unsere Familie nicht allzu gut da im Moment, aber wir... arbeiten daran, dass es wieder aufwärts geht.“ So viel zunächst mal dazu. Seiana atmete leise, aber tief ein, während sie sich auf das hier und jetzt konzentrierte. Es brachte nicht viel, in Gedanken zu ihrem Bruder abzudriften, wie es ihm wohl gerade gehen mochte, oder was wohl mit ihm passieren würde. „Einiges hat Faustus mir überschrieben, um andere Dinge, gerade um seine Betriebe, kümmert sich sein Leibsklave“, erklärte Seiana. Sie wusste zwar nicht, was Faustus mit Celeste ausgemacht hatte, warum sie nicht mit ihm zusammen oder kurz nach ihm nach Rom gekommen war und wann genau offenbar der Kontakt so abgerissen war, dass Ravdushara Celestes Aufgaben übernommen hatte, aber im Grunde spielte das keine Rolle. Sie war in Faustus' Diensten gewesen, hatte ihm darüber hinaus geholfen, und solange Faustus sich nicht selbst um diese Angelegenheit kümmern konnte, war es Seianas Aufgabe das zu tun. „Du kannst gerne Ravdushara dabei zur Hand gehen, ich weiß nur nicht, ob die Arbeit ausreicht für zwei. Falls nicht, hätte ich sicherlich andere Arbeit für dich, bis Faustus...“ Schicksal entschieden ist. Seiana stockte. Es fiel ihr schwer, das auszusprechen, aber es brachte auch wenig so zu tun, als wäre er einfach nur verreist. „Bis wir wissen, was mit ihm geschieht.“
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Man durfte mit Fug und recht behaupten, dass Celeste doch sehr überrascht war als sie hörte was passiert war. Von der Beförderung hatte sie noch etwas mitbekommen, aber dem Rest dann nicht mehr. Da war sie selbst verhindert gewesen.
"Es tut mir leid, dass das alles passiert ist. Ich wäre gern bald nachgekommen..."als hätte sie dann etwas tun können. Nichts wäre anders gekommen oder hätte von ihr verhindert werden können. Von daher war ihre Aussage zum Teil Blödsinn, aber zurücknehmen konnte sie das auch nicht mehr. Aber es tat ihr wirklich leid, dass ihnen die Götter nicht zugewandter waren als ihr. "...aber ich blieb noch etwas . Faustus hatte mich gebeten Informationen an ihn zu senden, die die Stadt und die Provinz betrafen. Bei dem Versuch an diese zu gelangen, driftete ich etwas in die Wüste ab und es gelang mir erst nach langer Zeit aus dieser zu entfliehen. Als ich zurück in Alexandria war, bin ich so schnell wie möglich hierher zurückgekommen."
Celeste war über ihre Formulierung und Ausführung richtig stolz. Den Alptraum, den sie über Monate erleben musste, hatte sie in weit schweifende Beschreibung gepackt. Noch immer verfolgten sie Alpträume, aber die Verletzungen waren verheilt. Zu mindestens die körperlichen. Die seelischen würden hoffentlich nachfolgen können. Aber in dieser Vergangenheit wollte sie jetzt nicht verharren.
"Ich bin mir sicher, dass Ravdushara das zu euer aller Zufriedenheit erledigt. Da wird er meiner Hilfe wohl nicht bedürfen."
Das Angebot der Decima jedoch machte sie neugierig. Bisher hatte es ihr nicht geschadet für diese Gens zu arbeiten und sie war sich sicher, dass sich das nicht ändern würde.
"Was wäre das für Arbeit, die du für mich hättest bis Faustus wieder zurück ist?"
Sie kannte diesen Mann nun schon viele Jahre. Angefangen zu der Zeit als er ganz unten war und sie sich in diesem speziellen Etablissement getroffen hatten. Dann sein Weg hinauf zu den Großen des Reiches. Er würde sicher wieder auf die Füße fallen. -
Celeste schien einiges erlebt zu haben, gerade für eine Scriba. In der Wüste abgedriftet, um von dort dann fliehen zu müssen? Seiana konnte sich nicht wirklich etwas darunter vorstellen, außer dass es Celeste wohl übel erwischt haben musste dort... „Du bist in Schwierigkeiten geraten, als du einen Auftrag für meinen Bruder erfüllt hast?“ fragte sie nach. „Du wirst natürlich eine Entschädigung dafür bekommen. Hast du in der vergangenen Zeit überhaupt einen Lohn erhalten?“ Es war das mindeste, was sie tun konnte. Wenn sie schon ihrem Bruder nicht helfen konnte, dann wenigstens denen, die ihm in irgendeiner Form nahe standen – selbst wenn Celeste nur seine Scriba gewesen wäre, hätte Seiana das getan, aber sie war mehr, musste mehr sein. Seiana glaubte kaum, dass Faustus einfach irgendwen als Alibi-Freundin ausgesucht und der Familie präsentiert hätte.
„Nun“, erwiderte sie dann, als Celeste nach der möglichen Arbeit fragte, „ein junger Verwandter von mir plant, in die Politik einzusteigen. Natürlich kann er auf die Sklaven des Hauses zurückgreifen, wenn er Unterstützung braucht, aber er wird sicher nicht nein sagen, wenn er eine persönliche Scriba haben könnte. Und ihm würde es noch mal mehr Zeit verschaffen, sich auf seine Karriere zu konzentrieren, wenn er nicht wechselnde Hilfen hat.“
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Im Tablinum angekommen, wurde Flavius Gracchus von dem Sklaven eine Erfrischung angeboten. Seiana indes brauchte nicht lange, bis sie ebenfalls kam. Einen Senator warten zu lassen wäre ihr kaum eingefallen, schon gar nicht diesen. „Salve, Senator Flavius“, grüßte sie ihn, als sie eintrat. „Es freut mich zu sehen, dass du wohlauf bist.“
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Zitat
Original von Decima Seiana
Celeste schien einiges erlebt zu haben, gerade für eine Scriba. In der Wüste abgedriftet, um von dort dann fliehen zu müssen? Seiana konnte sich nicht wirklich etwas darunter vorstellen, außer dass es Celeste wohl übel erwischt haben musste dort... „Du bist in Schwierigkeiten geraten, als du einen Auftrag für meinen Bruder erfüllt hast?“ fragte sie nach. „Du wirst natürlich eine Entschädigung dafür bekommen. Hast du in der vergangenen Zeit überhaupt einen Lohn erhalten?“ Es war das mindeste, was sie tun konnte. Wenn sie schon ihrem Bruder nicht helfen konnte, dann wenigstens denen, die ihm in irgendeiner Form nahe standen – selbst wenn Celeste nur seine Scriba gewesen wäre, hätte Seiana das getan, aber sie war mehr, musste mehr sein. Seiana glaubte kaum, dass Faustus einfach irgendwen als Alibi-Freundin ausgesucht und der Familie präsentiert hätte.„Nun“, erwiderte sie dann, als Celeste nach der möglichen Arbeit fragte, „ein junger Verwandter von mir plant, in die Politik einzusteigen. Natürlich kann er auf die Sklaven des Hauses zurückgreifen, wenn er Unterstützung braucht, aber er wird sicher nicht nein sagen, wenn er eine persönliche Scriba haben könnte. Und ihm würde es noch mal mehr Zeit verschaffen, sich auf seine Karriere zu konzentrieren, wenn er nicht wechselnde Hilfen hat.“
Irgendwie hörte es sich so herum nicht mehr ganz so nett an wie sie es formuliert hatte. Celeste hatte ganz schönen Mist gemacht und am Ende die Rechnung bezahlt. Da musste die Familie ihres Auftraggebers aber nicht für einstehen. Es war ja ihr Fehler gewesen. Sie war einfach zu unvorsichtig geworden.
"Ich habe in letzter Zeit keinen Lohn erhalten. Aber die Zeiten waren ja auch nicht einfacch gewesen. Es ist daher nicht schlimm."
Sie kam ja auch ganz gut ohne zurecht. Wobei sie sich sicher nicht gegen ein wenig mehr Geld wehren würde. Wer würde das schon tun, aber von den Leuten hier würde sie nicht mehr haben wollen als ihr zustand. Manchmal kam das schlechte Gewissen auch bei ihr mal hervor.
"Ihr schuldet mir nichts. Der Aufwand ist entlohnt worden. Wenn du jedoch dein Gewissen erleichtern möchtest, würde ich den Lohn für die drei Monate in Anspruch nehmen in denen ich noch die Buchhaltung erledigen konnte."
Hach...es war wirklich schwer mit ehrlicher Arbeit an das große Geld zu kommen. Aber sie würde weiter für die Familie arbeiten können und das war doch was Gutes, oder?
"Nun, ich bin eine erfahrene Scriba und ich werde ihm sicher hilfreich zur Seite stehen können. Wenn er denn mit mir zufrieden ist."
Wenn sie ihn nicht leiden konnte, würde sich sicher ein Weg finden ihn wieder loszuwerden. Die Keltin konnte sich im Moment ihre Auftraggeber oder vielleicht besser Arbeitgeber -ja, das hörte sich besser an- aussuchen und das würde sie auch tun.
"An welche Unterstützung hattest du gedacht?"
Vielleicht konnte sie ja so auch schon eine Entscheidungshilfe bekommen. Informationen waren einfach ein wichtiges Gut und was wäre sie für eine Beschafferin von Informationen wenn sie nicht so viele Fragen stellte wie sie konnte. -
Zitat
Original von Decima Seiana
Im Tablinum angekommen, wurde Flavius Gracchus von dem Sklaven eine Erfrischung angeboten. Seiana indes brauchte nicht lange, bis sie ebenfalls kam. Einen Senator warten zu lassen wäre ihr kaum eingefallen, schon gar nicht diesen. „Salve, Senator Flavius“, grüßte sie ihn, als sie eintrat. „Es freut mich zu sehen, dass du wohlauf bist.“
Als würde er selbst neben sich gehen durchquerte Gracchus das Atrium der Casa Decima, als wäre er nur ein Zuschauer, welcher in die eigenen fremden Schritte trat, welcher im Schatten eines anderen folgte. Dies waren Atons Gefilde, dies war das Reich, in welchem Leidenschaft und Feigherzigkeit aufeinander waren getroffen, dies war der Bau des Hasen, welcher zitternd darauf wartete, dass der Fuchs unverrichteter Dinge vorüber zog. Gleichwohl war dies der Raum, in welchem Gracchus jeglicher Glaube an Rom, allfällig gar an die Menschheit war genommen worden, in welchem rückwirkend noch das Ausmaß seiner Schuld in all seiner Gänze deutlich geworden war. Blass betrat Gracchus das Tablinum, ein leises Zittern hatte von seinen Händen Besitz ergriffen, denn der Geruch des Todes verfolgte ihn, das Wimmern der Sklavin am anderen Ende des Raumes, der Anblick des rotfarbenen Blutes, in dessen Zentrum ein abgeschlachteter Leib lag einer Insel im Oceanos gleich. Nur um seinen Händen einen Anker zu bieten ergriff er den angebotenen Becher, trank einen Schluck, um seine trockene Kehle zu befeuchten. Ein wenig erschrak er indes als Decima Seiana den Raum betrat, als hätte er bereits wieder darauf vergessen, dass er Gast in diesem Hause war, um ein Gespräch mit ihr hatte gebeten.
"Salve, ... Decima Seiana"
, erwiderte er ein wenig derangiert ihren Gruß, ehedem er seine Gedanken hastig wieder beisammen sammelte.
"Weitaus essentieller ist, dass du wohlbehalten nach Hause zurück..kehren konntest."
Er versuchte sich in einem Lächeln, doch wollte es ihm nicht gelingen. Er spürte gleichsam Furcht, wie Hoffnung in sich, fürchtete sich vor Decima Seiana und ihren Worten, gleichwohl wie er auf sie hoffte. Mochte auch eine Toga um seine Schultern drapiert sein - nicht die praetexta, doch aus dünn gewebter, grünfarbener Wolle mit roten Zierstickereien am Saum, wie nur ein gut betuchter Römer sie sich konnte leisten -, so fühlte er sich doch in diesem Hause nur einem Eindringling gleich, einem Kinde allfällig, welches durch seine Unachtsamkeit ein Unheil hatte angerichtet und nun musste Rechenschaft ablegen.
"Und ich muss um Exkulpierung bitten, denn es war mir deplorablerweise nicht möglich, darauf Einfluss zu nehmen. Selbst..redend empfängt unser neuer Imperator Caesar Augustus alle Supplikanten ihrer Relevanz nach, so dass eine Intervention zum re'hten Augenblicke mir verwehrt blieb." -
„Das ist das mindeste, was ich tun kann. Wie hoch war dein Monatslohn? Ich werde nachher gleich veranlassen, dass du ihn bekommst.“ Seiana wäre es fast lieber gewesen, wenn sie ihr auch etwas für die Schwierigkeiten hätte zahlen können, in die Celeste offenbar aufgrund eines Auftrags von Faustus geraten war. Aber nachdem sie gemeint hatte, dass das erledigt war, wollte Seiana auch nicht weiter nachbohren.
Als es dann allerdings um Aquila ging, konnte Seiana sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. „Er mit dir zufrieden?“ wiederholte sie, leicht amüsiert, und realisierte erst einen Augenblick später, dass das Gespräch sie tatsächlich abzulenken begann. „Er steht noch ganz am Anfang seiner Karriere, er absolviert gerade ein Tirocinium fori bei einem Senator. Er kann froh sein, für seinen ersten Wahlkampf schon eine persönliche Hilfe zu bekommen... Faustus war mit dir zufrieden, das ist alles, was ich wissen muss. Und er auch.“ Sie lehnte sich etwas zurück, erfreut, dass Celeste tatsächlich Interesse zeigte. Es war vielleicht etwas übertrieben, einem Jungspund wie Aquila schon eine Scriba zur Seite zu stellen... irgendwas sollte der Junge schließlich auch selbst machen. Aber was sie derzeit für die Familie tun konnte, war ohnehin schon wenig genug. Wenn sie so einfach einen Verwandten bei seinen ersten Schritten in der Politik unterstützen konnte und zugleich einer Bekannten ihres Bruders dadurch half... würde sie es tun. Selbst wenn es den Jungen etwas verwöhnte. „Nun, zunächst mal wird er Hilfe beim Wahlkampf brauchen können. Sollte er gewählt werden, stehen später die Verpflichtungen an, die ihn im Amt erwarten. Möglicherweise muss ihm ab und zu der Kopf zurecht gerückt werden, falls du dir das zutraust.“ Seiana war nicht entgangen, dass Aquila vor einigen Wochen ein paar Tage lang mit deutlichen Anzeichen einer Prügelei durchs Haus gegangen war. „Sein Name ist übrigens Marcus Aquila.“
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