Maximus Decimus Meridius

  • Ich kannte die Problematik, schließlich war Sophus Soldat und er konnte selbst damals als Centurio innerhalb Italias nicht beliebig reisen.


    „Natürlich verstehe ich das. Herzlichen Glückwunsch übrigens zur Ernennung.
    Tja, wollen wir dann so verbleiben, dass ich nach wie vor Sophus als Ansprechpartner habe, denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ich im Grunde fast ausschließlich die Factioarbeit in meiner Provinz erledige und er sich als Einziger damals bereiterklärt hat. Es wäre für mich auch vollkommen in Ordnung, wenn Sophus überhaupt als Repräsentant für Italia gilt und dennoch ich für ihn die Arbeit mache. Ich selbst möchte mich nicht in Vordergrund drängen, außerdem ist es in meiner Familie üblich geworden, dass ich - unterstützt von diversem Personal - den Besitz meines Paters verwalte.“

  • Meridius verstand.


    "Es ist überhaupt kein Problem Sophus ebenfalls als Sodalis in die Factio mit aufzunehmen. Und das mit dem Stellvertreter können wir regeln, sobald es zu diesem Treffen in Rom kommt."


    Meridius hielt inne.


    "Bis dahin hatte ich mir vorgestellt, dass die entsprechend Interessierten in einer Provinz zusammenkommen und dafür sorgen, dass in dieser Provinz zumindest ein Wagen gestellt wird. Die Teilnahme der betreffenden Wagen kann dann eigenständig erfolgen, es sollte jedoch so sein, dass die lokalen Wagen zumindest immer teilnehmen. Ich denke, dass dies machbar ist."

  • „Prima, dann wäre verwaltungstechnisch das Wichtigste für mich geklärt.“


    Mit einem Lächeln unterstrich ich mein Nicken und bestätigte gleichzeitig Meridius’ Annahme.


    „Ohne mit meinem Pater noch einmal Rücksprache gehalten zu haben, weiß ich sicher, dass er eine Mitgliedschaft wünschen würde und wie gesagt, er muss sich nicht selbst produzieren, dafür bin schließlich ich da. Das soll heißen, ich erledige die Fußarbeit und er kommt dann, wenn es nötig ist, seiner Führungsrolle nach.“


    Für mich war das selbstverständlich und ich nahm an, dass es Meridius in seiner Familie nicht viel anders halten würde.


    „Was nun die Wagen betrifft … Zwei befinden sich ja unter meinem Training. Zusätzlich beabsichtige ich, einen absoluten Neuling aufzubauen, denn ich halte es für nötig, ein Erfahrungsgefälle unter den Lenkern innerhalb unserer Factio zu haben. Ich kenne mich seit langem mit dem Rennsport aus und sehe es als Nachteil, dass unsere Lenker annähernd auf einem Niveau sind.


    Interessant wäre für mich noch zu wissen, ob einer dieser bereits etablierten Lenker in Germania gebraucht wird, sofern dort ein Trainingsprogramm aufgezogen werden soll. Du hast etwas in der Art vermuten lassen.“


    Fragend blickte ich Meridius an.

  • Meridius dachte nach.


    "Nun, ich selbst habe einen Wagen in Tarraco. Ein junger Lenker, der Auriga Quintus Arius, Sohn des Quintus Arius, und so weiter, komischerweise heißen in der Familie alle so, und das geht zurück bis zu dem Flottenkommandaten, nunja gerüchtehalber, wird für mich fahren. Wie es in Germanien laufen wird, weiß ich jedoch noch nicht.


    Ich habe mir überlegt, den Proconsul Agrippa für uns zu gewinnen. Er könnte die Aurata in Hispania übernehmen und ich verlege meinen Wagen nach Germanien. Doch dazu müsste ich ersteinmal mit ihm darüber reden.


    Bei meinem letzten Besuch jedenfalls zeigte er sich interessiert."

  • „Agrippa? Das wäre ein guter Schachzug.“ Anerkennend nickte ich. Auch dieser Name fiel häufig im Zusammenhang mit Crassus und Curio.


    „So lange also kein anderer Rennstall unserer Factio Interesse an einem der beiden „erfahreneren“ Lenker zeigt, werde ich mich um deren Ausbildung kümmern. Ich habe vor, auch überregionale Rennen bestreiten zu lassen, sofern es sich arrangieren lässt. Ein Spitzenlenker fehlt unserer Partei derzeit. Leider. Aber ich habe trotzdem vorerst die Suche nach einem solchen aufgegeben. Möglicherweise ändern sich die Rennmodalitäten und so lange möchte ich warten. Finanziell sieht es nicht schlecht aus, die Factio verfügt über zahlungskräftige und –willige Spender. Danke übrigens für die Kontovollmacht.“


    Ich überlegte, ob noch etwas wichtig wäre, angesprochen zu werden.


    „Im Grunde wäre alles für mich Wichtige geklärt. Hast du noch irgendwelche Anliegen an mich?“

  • "Vielleicht noch eines."


    Meridius sah Aurelia an.


    "Ich hatte vor langer Zeit einmal geplant gehabt einen Empfang, eine Gedenkverantstaltung zu halten, welche die großen Aurata-Männer der Aurelia und Octavia würdigen sollte. Du kannst Dich vielleicht erinnern. Ein paar Weine, Leckereien, lockere Gespräche, etwas Musik. Dann eine Rede auf Octavius Anton und eine auf Aurelius Crassus...


    Wenn Du das ganze mit einer Wagenpräsentation und dergleichen verbinden könntest, gäbe dies etwas her. Wie gesagt, ich bin in Germanien und komme dafür nicht in Betracht. Doch Decimus Mattiacus und Decimus Maior sind ebenfalls in der Factio Activ. Vielleicht kannst Du Dich mit ihnen, mit Sophus und auch einem der Octavier absprechen. Es wäre wichtig die Octavier wieder mit ins Boot zu nehmen. Auch wenn sie zwischenzeitlich an Einfluss verloren haben, muss man immer mit ihnen rechnen.


    Und vergiss auch die Sabattier nicht."

  • Ich hörte aufmerksam zu. Natürlich hatte ich die Pläne, die großen Aurata-Männer betreffend, nicht vergessen, wie könnte ich.


    „Meine Familie bedeutet mir alle. Es ist selbstverständlich, dass ich alles, was ich zu einer solchen Veranstaltung beitragen kann, auch leisten werde. Die Vorbereitung und Organisation will ich gerne in Zusammenarbeit mit den beiden Decima übernehmen. Die Veranstaltung selbst kann frühestens im Mai stattfinden, denn zu einem früheren Zeitpunkt ist Sophus' Teilnahme unmöglich. Die Rede für Crassus wird er halten, da bin ich sicher. Es wird einige Abstimmarbeit auf uns zukommen, wollen wir alle terminlich unter einen Hut bringen. Wirst du es dir einrichten können?“


    Ich überlegte, welcher der Octavier denn Ansprechpartner sein könnte. In dieser Familie einfach nachfragen wäre das Einfachste, aber vielleicht wusste Meridius auf Anhieb jemanden.


    „Avitus, der bislang als Repräsentant auf dieser geplanten Veranstaltung galt, ist ja nun weggefallen. Gibt es nach deiner Kenntnis einen bereits eingeweihten und bereitwilligen Octavier für unser Vorhaben? Ansonsten frage ich einfach nach. Als eingetragenes Factiomitglied gilt noch keiner, oder? Wollen sie überhaupt aktiv beteiligt sein?


    Und ja, Sebastianus, der Sabbatier, ist eine gute Stütze.“

  • "Was die Octavier betrifft, weiß ich zur Zeit nicht, wer in dieser Familie das Ruder in der Hand hält. Du wirst Dich wohl erkundigen müssen. Kann sein, dass es Detritus ist, doch ich bin mir nicht sicher."


    Meridius lächelte.


    "Alles andere muss ich Dir überlassen. Ob ich anwesend sein kann, keine Ahnung. Aber meine Anwesenheit wäre auch nicht unbedingt von nöten, wenn zumindest ein Stellvertreter der Factio das ganze Repräsentiert. Doch ich werde sehen, was ich machen kann."

  • „Als ehemaliger Vertrauter Crasus’ wäre es eine Ehrerweisung, wenn du anwesend wärst. Vielleicht finden wir eine Lösung. Um die Octavier werde ich mich also kümmern. Victor oder Maximus erscheinen mir auch noch einflussreich, wobei Detritus – wenn ich nicht irre – einmal Mitglied der Aurata war, was natürlich von Vorteil ist.“


    Ich lächelte zurück.


    „Schon in Ordnung, ich kümmere mich um alles. Inzwischen kann ich mich mit der Factio identifizieren und wenn ich mich wo einbringe, dann stets umfassend. Am besten, ich gehe gleich von hier zur Casa Octavia bevor ich nach Mantua zurückkehre.“

  • "Es freut mich, dass Du mit solchem Elan bei der Sache bist, Aurelia. Ich wünschte alle Römer würden diesen Eifer an den Tag legen."


    Meridius neigte sich wieder nach hinten.


    "Ich jedenfalls wünsche Dir viel Erfolg und würde mich freuen, möglichst bald von erfolgreichen Schritten zu hören. Ich bin mir sicher, dass es gelingen wird."

  • Ich freute mich über seine Worte, lächelte und schaute dann aber meinerseits verlegen zur Seite.


    „Mir lag nie daran, selbst zu irgendwelchem Ruhm zu gelangen.“
    Noch immer ein verlegenes Lächeln auf den Lippen, blickte ich Meridius wieder an.


    „Es wäre für mich ein Leichtes gewesen, die Karriereleiter zu erklimmen, aber ich hätte dabei gegen alle guten Sitten meiner Vorfahren verstoßen und das ist es mir nicht wert. Wichtig ist mir allein, die Ehre meiner Gens und ihren Einfluss im Reich zu mehren. Ich selbst bin unwichtig, ja unbedeutend, die Aurelia ist alles was zählt.“


    Die Verlegenheit war verschwunden, sie hatte Entschlossenheit Platz gemacht.


    „Ich lasse es dich wissen, sobald ich Ergebnisse vorzuweisen habe.“

  • "Sehr schön."


    Meridius hielt kurz inne.


    "Vielleicht noch ein letztes. Die Wagenrennen vor kurzem. Ich war ja nicht anwesend, wie sind sie gelaufen? Das wir nicht gewonnen haben, habe ich mitbekommen, jedoch habe ich kein Bild vom Stand der Wagen und der Lenker..."


    Er sah Aurelia fragend an.

  • Sorgenvoll runzelte sich meine Stirn.


    "Wie erwartet, war das Abschneiden unserer Lenker nicht erfolgreich gewesen. Daher war ich ja auch bestrebt, einen besseren Mann für die Factio zu erwerben. Helios, der unerfahrenste von allen, ist durch einen Sturz aus dem Rennen geschieden. In einem nächsten Lauf startete Patroklos. Ich hab ihn im Mittelfeld erwartet, aber er belegte am Ende Platz sechs von insgesamt acht Wagen. Das ist für mich enttäuschend, habe ich doch bislang mit denselben Gespannen unter den Lenkern der Praesina Erfolge erringen können. Aber gut, wir werden daran arbeiten müssen. Ich habe ein Konzept entworfen, dass die Lenker umfänglich in kommende Rennen einbindet, damit sie Erfahrungen sammeln.


    Die nächsten Wagenrennen sollen Ende April stattfinden, wusstest du das? Ich nehme an, der Austragungsort wird wieder in Italie liegen, aber genaues weiß ich noch nicht."

  • "Nein, ich wusste davon nichts."


    Er blickte kurz ins Nichts.


    "Aber in meinem Zuständigkeitsbereich in Germanien, werde ich sicher das eine oder andere Rennen ausrichten. Es wäre gut, wenn dann alle Wagen der Aurata anwesend wären.


    Vielleicht könnten wir die Zusammenarbeit auch auf Ebene unserer Gestüte ausbauen. Die iberischen Pferde gehören zu den Besten die es gibt, kraftvoll im Antritt und in der Ausdauer, vor allem aus der Kehrtwendung heraus. Was bei diesen Reitpferden ein absoluter Vorteil ist, müsste doch in den Kurven der Rennstrecke sicher ebenfalls einiges bringen, oder nicht?"

  • „Im Grunde stimme ich dir zu. Ich sollte es möglichst einrichten, an diesen von dir geplanten Rennen mit den von mir trainierten Lenkern teilzunehmen. Notfalls muss ich einen Begleiter finden, falls es für mich selbst unmöglich ist.“


    Als er auf seine Pferdezucht zu sprechen kam, musste ich schmunzeln. Würden wir jetzt ein Fachgespräch beginnen, müsste der Tag verlängert werden.


    „Wie stellst du dir im Einzelnen die Zusammenarbeit vor? Ich verfolge eine ganz spezielle Zuchtrichtung, bei der ich den römischen Bestand mit ägyptischen Vollblütern veredele. Ein Austausch von Tieren kommt daher sicher für beide Gestüte nur bedingt in Frage, ein Austausch an Erfahrung schon eher und in größerem Maße. Auch meine Zucht ist äußerst erfolgreich und gehört auf italienischem Boden zu den allerbesten, ich bin Hoflieferant“, sagte ich nicht ohne Stolz.


    „Ein Wagenpferd muss vor allem über eine nicht zu gerade Kruppe und eine kräftige Hinterhand verfügen. Darin gebe ich dir Recht. Der Schub muss von hinten kommen. Reitpferde benötigen andere Punkte, wie zum Beispiel eine schräge Schulter.“

  • Meridius schmunzelte.


    "Nun, ich kenne kein Reitpferd, das mehr Schub von hinten entwickelt als das Iberische. Ich werde meinen Verwalter damit beauftragen, zu Dir Kontakt aufzunehmen. Alles weitere könnt ihr dann besprechen. Ich finde vermutlich eh keine Zeit dazu."


    Er musterte Aurelia.


    "Haben wir noch etwas?"

  • "Ich denke, wir haben alles besprochen, was aktuell angelegen hatte.
    Hm, wer ist eigentlich dein Verwalter? Nur, damit ich weiß, wen ich vor mir habe, wenn er sich vorstellt. Na ja, und was die Pferde betrifft, möchte ich jetzt kein Streitgespräch anfangen."
    Ich lächelte verschmitzt. "Natürlich bin ich von meinen Pferden nicht weniger überzeugt als du von deinen. Vielleicht ergibt sich einmal die Gelegenheit, uns gegenseitig Zuchterfolge zu präsentieren. Anschauen würde ich mir deinen Bestand auf jeden Fall."


    Die Idee hatte aber etwas, hoffentlich war sie bei den geographischen Entfernungen umsetzbar.


    "Da gibt es nur ein Problem - ich werde schnell seekrank und Spanien lockt mich daher nicht allzusehr. Ach ja, um Sophus' Aufnahme als aktives Mitglied der Factio wolltest du dich ja kümmern", vergewisserte ich mich nochmals und griff zu meinem Getränk. Reden machte durchaus durstig, ich merkte das immer wieder.

  • "Decimianus Verus ist sein Name.
    Iulius Lepidus kümmert sich indess um den Wagen in Tarraco."


    Meridius schenkte nach.


    "Es war ein gutes Gespräch.
    Wenn ich wieder in Rom bin, sollten wir es wiederholen.
    Wie kommst Du nach Hause? Hast Du eine Sänfte?"

  • „Ja, ich habe unser Gespräch auch als sehr angenehm empfunden und habe gegen eine Wiederholung nichts einzuwenden. Ich hatte ja bereits angedeutet, dass ich einen engeren Kontakt sehr begrüßen würde. Vielleicht hat dann sogar Sophus Zeit und außerdem fände ich es nett, einmal deine zukünftige Frau kennen zu lernen, was jetzt aber nicht heißen soll, dass ein weiteres Gespräch unter vier Augen nicht in meinem Sinne wäre.“


    Wieder lachte ich verschmitzt. Alles in allem war es ein netter Nachmittag, sehr informativ und angenehm.


    „Decimianus Verus, gut, ich werde mir den Namen merken. Ansonsten wünsche ich dir für deinen Amtsantritt alles Gute. Die Götter mögen stets mit dir sein!“


    Ja, wie kam ich eigentlich nach Hause? Sollte ich sogleich die Casa der Octavier aussuchen? Noch mitten in den Überlegungen antwortete ich zögerlich: „Nein, mit Sänften konnte ich mich nie anfreunden. Ich laufe noch recht gern. Ich bin nur gerade am überlegen, wie ich von hier am schnellsten zur Casa der Octavier komme, aber du kennst dich sicher auch nicht aus, oder doch?“

  • "Doch den Weg kenne ich gerade noch."


    Meridius lachte.


    "Ich werde Dir einen Sklaven mitgeben, der Dir den Weg zeigt und darauf achtet, dass Du auch ankommst."


    Dann erhob er sich.


    "Es wäre zu schade, wenn Du verloren gingst."

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