Maximus Decimus Meridius

  • Sein Sohn wirkte überlegt und vorbereitet. Er machte nicht den Eindruck, dass es eine Spontanidee gewesen wäre, welche er nach einem Traum in der Nacht getroffen hatte. Vermutlich war der Gedanke in den letzten Tagen bei ihm gereift. Und Meridius würde sich nicht wundern, hätte er schon Marcus geschrieben. Livianus hatte hoffentlich nicht vor, seinen Neffen auch tatsächlich in die Truppe aufzunehmen.


    "Ich will Dir nicht absprechen, dass Du es Dir nicht reiflich überlegt hättest. Und ich will auch nicht anzweifeln, dass Du ein überragender Reiter bist. Du wirst vermutlich auch im Umgang mit dem Schwert Fortschritte gemacht haben ..."


    Er nahm sich eine kleine Pause und setzte dann neu an.


    "Was sagt Deine Mutter dazu?"


    Diese entscheidene Frage wollte er noch vorher gestellt haben, ehe er selbst mit seiner Meinung die Fronten bezog.

  • Seinen Vater aussprechen lassend, damit er möglichst schnell auf den Punkt kam, beobachtete der junge Decimer genau und immer kritischer. Er ahnte, in welche Richtung sich das Gespräch im weiteren Verlauf entwickeln würde.


    "Mutter? Ich habe bis jetzt nicht wieder mit ihr darüber gesprochen, das halte ich angesichts ihres gegenwärtigen Zustandes nicht für ratsam."


    Er zog einen Mundwinkel hoch. Meridius wusste doch genauso gut wie er, was sie daon hielt, ihren einzigen nach der Scheidung von Damian verbliebenen Sohn beim Heer zu wissen. Ehrlich gesagt fürchtete Maximian sich davor, ihr zu sagen, dass er in den Krieg ziehen wollte. Sie würde darunter leiden. Etwa so, wie Valeria das auch tat.


    "Und was sagst du dazu?" meinte er schließlich.

  • Etwas in der Art hatte sich Meridius schon gedacht. Maximian hatte sicher vorgehabt erst seinen Vater anzusprechen und zu überzeugen. Denn er wusste zu genau, hatte er ersteinmal den ehemaligen General für sich gewonnen, würde auch seine Mutter nicht mehr viel dagegen zu setzen haben. Nur dass dann Meridius selbst die Scherereien mit Iulia haben würde.


    "Was ich davon halte?"


    Er sah seinen Sohn musternd an. Er selbst hatte erst vor wenigen Wochen vor dem Kaiser gestanden und ihn indirekt gebeten, ihm ein Kommando auf dem Feldzug zu geben. Doch ER war immerhin Soldat, erprobter General, erfolgreicher Kommandeur, welcher auf Jahre Erfahrung in den Legionen zurückblicken konnte, taktische Schulung und strategische Weitsicht mitbrachte. Alles Dinge, welche Maximian abgingen. Und er selbst hatte auch das Gesicht des Krieges gesehen, die Fratze des Grauens, welche alle Männer ergriff, die auf einem Schlachtfeld überlebten.


    "Wie hattest Du es Dir konkret vorgestellt?"


    fragte er noch einmal, um sich von dem Reifeprozess seines Sohnes zu überzeugen. Immerhin musste er wissen, wie weit dieser schon war, und wie weit vorne man ansetzen musste.

  • Gegenfragen bedeuteten bei seinem Vater nie etwas Gutes. Gemein, wie er den jungen Mann zappeln!


    "Naja, du gibst mir dein Einverständnis und unterrichtest Livianus. Wahrscheinlich wirst du ihm bei dieser Gelegenheit empfehlen, dass ich in der hintersten Reihe des Reservetrupps am besten aufgehoben bin..." Er unterbrach sich kurz und tappte mit seinem Schnürschuh einmal auf den Boden zu seinen Füßen. "Ich reite nach Mantua, nehme eventuell ein gesundheitliches Zeugnis deines Arztes mit, melde mich und bleib dann gleich dort. Man wird mir mit Neid begegnen, vielleicht sogar schlimmeren als das. So habe ich Zeit, mich zu integrieren...."


    Alles ganz einfach. Aber er hatte noch etwas anzumerken, wohl um seine Chancen etwas zu verbessern:


    "Ich wäre gewiss nicht der einzige Sohn eines Senators, der sich so kurzfristig vor dem Krieg in den Dienst stellen lässt."

  • Einverständnis - Reservetrupp. Weit durchdacht war der Plan bei weitem nicht. Meridius zog eine Augenbraue nach oben. Maximian hatte sich wirklich noch nicht überlegt gehabt, wie das ganze aussehen sollte. Und er hatte schon gar keine Vorstellung davon, was auf ihn in Parthien warten würde.


    "Sicher. Du wärst vermutlich auch nicht der erste Senatorensohn, der nicht mehr aus Parthien zurück kommt. Crassus hat in Parthien sechs Legionen eingesetzt und mehrere zehntausend Mann dabei verloren."


    Er hielt inne.


    "Du bist mein Sohn. Der Beitritt zu den Truppen als normaler Probatus wäre weit unter Deinem Stand. Und eine Aufnahme zu den Equites der Legion würde mich auch nicht unbedingt beruhigen, wenn ich weiß, dass es gegen die besten Reiter des Ostens geht. Du bist jung, Maximian. Du hast ein Leben VOR Dir. Dieser Feldzug hingegen ist ein Rendevouz mit dem Tod. Ich sehe also nicht, dass ich Veranlassung hätte, Dir meine Zustimmung zu geben."

  • Maximian war drauf und dran die Augen zu verdrehen, aber das verbat der Respekt und die Höflichkeit seinem Vater gegenüber und so biss er eben die Kiefer etwas aufeinander.


    "Ich habe nicht vor, mich als Probatus einstellen zu lassen. Ich kenne die neuen Gesetze und heiße sie willkommen. Aber auch ohne ihre Erlassung hätte ich mich dazu entschieden, mit nach Parthien zu gehen. So viele Bauernjungen werden in Mantua ausgebildet, die meisten von ihnen werden noch nie ein Schwert gehaten haben. Wenn sie nach Parthien müssen und doch nur Aussicht auf einen raschen Tod haben, dann sollte ich bei ihnen sein, anstatt in einem verwaisten Castellum meine Übungen zu machen. Denn dann hättest du wiederum keine Veranlassung mich gegen den nächsten Feind reiten zu lassen, denn ich werde immer noch unerfahren sein, während abermals Tausende von Bauernjungen ausgebildet werden müssen. Ja, vielleicht bin ich dann ein paar Jahre älter, aber was, außer dem, wird anders sein?" sprach er inbrünstig und hielt nun endlich mal wieder den Mund geschlossen, weil ihm nichts weiter einfallen wollte, das er hinzufügen konnte.

  • Meridius verstand nur zu gut, dass sein Sohn in die Schlacht reiten wollte. Er selbst hatte den Weg zu den Truppen ebenfalls gewählt, er selbst hatte Rom gedient und in Schlachten gekämpft. Ruhm für Rom zu erringen war der Wunsch so manchen jungen Mannes. Und es war auch nicht zu verdenken.


    "Was sich ändert? Es ändert eine Menge in Hinblick auf Deine Mutter. Ich habe Dich nicht in die Welt gesetzt, um Dich eines Tages beerdigen zu müssen. Du wirst mir die Augen schließen und MIR die Münze für den Fährmann auf die Lieder legen, nicht umgekehrt."


    Er versuchte Verständnis für seinen Sohn aufzubringen, doch bei aller Liebe, Parthien war eine Schuhnummer zu groß.


    "Die Parther sind ein ernsthafter Gegner. Wer nicht gut ist, wer nicht erfahren ist, wer nicht das Glück der Götter auf seiner Seite hat, wird gegen die Parther definitiv fallen. Schicke ich Dich jetzt dorthin, sehe ich Dich nie wieder. Crassus ist gefallen. Zehntausende Römer sind seit damals gegen die Parther gefallen. Die Legionsadler welche wir verloren, DAS alles sagt mir, dass DU definitiv nicht nach Parthien reiten wirst. Wenn Du unbedingt zu den Truppen möchtest, melde Dich zu einer anderen Einheit.


    Ich persönlich würde es jedoch lieber sehen, wenn Du zu einem der vielen Senatoren oder Iuristen Roms in Ausbildung gehen würdest. Dein Kommando kannst Du dann später immer noch erhalten. Und Sextus wird Dich bis dahin in allem fit machen, was man für das Kriegshandwerk braucht. Reiten können ist das eine. Doch das Überleben sitzt im Verstand, sitzt in der Weitsicht. Parthien ist noch nichts für Dich!"

  • Maximians Faust hieb einmal auf die Lehne des Stuhles ein und blieb dann darauf liegen. Warum musste sein Verstand ausgerechnet jetzt Verrat an ihm üben, dass er wusste, dass Meridius einfach recht hatte? Wohl deshalb, weil sein Vater sehr hohes Ansehen bei seinem Sohn genoss. Meridius machte ihm nichts vor, da konnte er sich sicher sein, denn er war die längste Zeit seines Lebens Soldat gewesen.


    Er biss sich auf die Zunge, damit er nicht noch einmal aufbegehrte. Sein jugendlicher Ungestüm würde nur Unheil anrichten. Verbissen starrte der junge Mann irgendeinen Gegenstand auf dem väterlichen Schreibtisch an, ehe er Meridius wieder ansah.


    "Ist das dein letztes Wort zu Parthien?" fragte er, die eine Hand immer noch zur Faust geballt.

  • Meridius spürte die Mißbilligung seines Sohnes sofort, konnte dies aber auch nachvollziehen. War er nicht selbst in jungen Jahren ebenso gewesen? Nur die Parther waren wirklich eine Nummer zu groß und Meridius gedachte nicht, seiner Gemahlin eine lange Abwesenheit des Sohnes zuzumuten. Die Sorge um den Sohn, war gerade in der jetzigen Situation das letzte was er ihr zumuten wollte.


    "Es war mein letztes Wort."


    antworte er knapp und beobachtete die Reaktion seinen Sohnes. Er ging davon aus, dass sich Maximian fügen würde, auch wenn er sich mindestens ebenso vorstellen konnte, dass es dieser dennoch versuchte und sich vielleicht sogar heimlich zu Livianus begab. Wobei Maximian auf der anderen Seite seit einiger Zeit immer mehr verantwortungsbewusstsein zeigte. Wahrscheinlich tat er ihm mit letzter Vermutung sogar Unrecht. Maximian würde bleiben. Er war sich sicher.

  • Mit der Desillusionierung kämpfend, nicht mit in die Ferne ziehen zu dürfen, nickte Maximian stumm und kratzte sich dann am Kinn, weil er den ganzen Schlamassel nun erst wieder überdenken musste. Dass er sich "heimlich" rekrutieren lassen könnte, daran dachte er jetzt noch gar nicht, dazu saß die Enttäuschung wohl zu tief.


    "Na schön. Dann muss ich es wohl akzeptieren" antwortete er und verkniff sich das Zähneknirschen. Brocken herunterschlucken und beruhigen, sagte er sich, alles andere war sinnlos und zeugte von allem anderen als Reife. Es gelang ihm sogar weitestgehend das in die Tat umzusetzen.


    "Und was würde mir eine Lehre bei einem Iuristen einbringen?" fragte er, einen unzufriedenen Tonfall nicht überspielend.

  • Maximian schien keinen Widerstand einlegen zu wollen. Meridius war über diesen Sachverhalt nicht traurig. Dennoch spürte er, dass er seinem Sohn einen großen Traum genommen hatte. Einen verständlichen Traum.


    "Du bist mein Sohn. Du wirst eines Tages alles erben, was sich in meinem Besitz befindet. Dazu zählen aber auch Verpflichtungen. Es wäre gut schon im Vorfeld dafür zu sorgen, Dir ein Standbein zu geben, mit welchem Du in Rom zurecht kommen wirst."


    Er wurde nachdenklich.


    "Ich will Dir die Truppen nicht verbieten. Wenn Du darauf bestehst, kann ich dafür sorgen, dass Du Decurio bei einer Legion in Germanien werden kannst. Meine Kontakte sind immer noch gut. Nur wie gesagt, ich gehe nicht davon aus, dass Du Dein Leben lang Soldat bleiben möchtest. Und solltest Du ein Kommando antreten wollen, ist es sinnvoller eine Laufbahn in Rom anszustreben. Iuristische und rhetorische Kenntnisse sind dafür jedoch Grundlage."

  • Nachdem er die Arbeit für den heutigen Tag beendet hatte, saß Meridius noch über ein paar Schriften römischer Geschichtsschreiber und verglich, was sie über die Kriege des Scipio Africanus zu berichten hatten. Der Scipione war ihm schon immer ein großes Vorbild gewesen ...


    Ein Klopfen an der Türe riss ihn jedoch aus seinen Gedanken.


    "Ja bitte, es ist offen."


    Meridius legte die Schriftrolle zur Seite.

  • Barrus öffnete die Tür und trat ein.


    "Salve Meridius."


    Er ließ die Tür offen stehen,da es ja eh nicht all zu lange dauern würde.


    "Ich wollte dich noch unterichten,dass ich Rom verlassen werde,um in Germania Stationarius beim Cursus Publicus zu werden."

  • Barrus trat ein. Meridius hatte mit ihm bisher nicht allzuviel zu tun gehabt. Genauer genommen kannte er ihn eigentlich kaum. Er winkte ihn folglich näher und forderte ihn auf Platz zu nehmen.


    "Nimm doch bitte Platz."


    Er wartete einen Moment.


    "Stationarius in Germanien? Wie kommst Du zu diesem Entschluss?"


    Es war die Neugier, welche ihn fragen ließ.

  • Barrus nickte und nahm Platz.


    "Nun.Zum einem hatte mich Germanien schon immer sehr interessiert.Ich fand es immer schade,dass ich nie dazu gekommen bin diese Provinz zu besuchen.Zum anderen denke ich,dass ich dem Imperium als Mitglied des Cursus Publicus gut helfen kann."


    Er lehnte sich etwas zurück und faltete die Hände zusammen.

  • Er verstand. Seine Gedanken gingen für einen Moment nach Germanien, die Erlebnisse der letzten Monate und Jahre zogen im Zeitraffer an ihm vorbei. Germanien. Römische Provinz am Limes, auf der anderen Seite saßen die barbarischen Völker. Auch wenn er eine lange Zeit Statthalter dieser Provinz gewesen war, erschien sie ihm noch heute fremd.


    "Nun, es wundert mich, dass Du Dich für diese Gegend entschieden hast, aber ich kann Dir für Deine Unternehmung nur Glück wünschen. Es würde mich freuen, wenn Du hin und wieder schreiben könntest, damit ich auf dem laufenden bin, was in 'meiner' ehemaligen Provinz so geschieht. Ich lass Dich dann im Gegenzug wissen, was in Rom gerade los ist. Einverstanden?"


    Er sah Barrus mit einem Lächeln an.

  • Barrus nickte ebenfalls mit einem schmunzeln auf den Lippen.


    "Das können wir natürlich gerne machen.Ein bisschen zusätzlicher Schriftkram wird mich schon nicht umbringen."


    Er erichtete sich dann langsam wieder,da er nichtmehr allzu viel Zeit verschwenden wollte. :D

  • Zitat

    Original von Spurius Decimus Barrus
    Barrus nickte ebenfalls mit einem schmunzeln auf den Lippen.


    "Das können wir natürlich gerne machen.Ein bisschen zusätzlicher Schriftkram wird mich schon nicht umbringen."


    Er erichtete sich dann langsam wieder,da er nichtmehr allzu viel Zeit verschwenden wollte. :D


    Meridius war zufrieden. Durch die Zusage seines Verwandten hätte er in Kürze einen Informanten in Germanien, welcher ihn über alles wichtige unterrichten würde. Als sich Spurius erhob, tat dies Meridius ebenfalls. Er hatte vor, noch einen kleinen Spaziergang im Garten zu tätigen.


    "Nun, ich danke Dir. Und ich wünsche Dir viel Erfolg in Germanien.
    Sollte es sich ergeben, kannst Du ja dem Statthalter meine Grüße ausrichten.
    Vale."


    Mit diesen Worten traten die Männer nach draussen.

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