LEGIO I im Manöver

  • Meridius war müde und fühlte sich wie erschlagen. Gleich die zweite Welle der "Angreifer" hatte eine Lücke zwischen den Linien ausgemacht und war - nach allen Seiten Übungspfeile und Holzspeerchen schleudernd - bis zur Offiziersabteilung des Stabes durchgestossen. Der Tribun befand sich zu diesem Zeitpunkt an der Spitze des Zuges, die Lage gestalltete sich unübersichtlich, die Kommandos verliefen sich zwischen den einzelnen Einheiten, die isoliert zu operieren begannen. Meridius brüllte lautstark Befehel, trieb die umstehenden Centurien dazu an, vor allem den Tross zu schützen, die Maultiere beisammen zu halten und dem "Feind" möglichst keine Angriffsfläche zu geben. Die Reihen sollten geschlossen bleiben, Schilde hoch, Formation halten, die Hagel aushalten und dann auf das Eingreifen der Hilfstruppen warten, so und so ähnlich lauteten die Parolen. Der Stab indess war wider erwarten in ein regelrechtes Reitergefecht verwickelt worden, Meridius trieb die anderen Offiziere an, die Kräfte schienen ausgegelichen, als wenige Momente später der Tribun mit einer weiteren Turma eintraf und dem durchgebrochenen Gegner zusammen mit einer Centurie der III. Kohorte in den Rücken fiel. Die "Feinde" traten den Rückzug an, die Linien hatten stand gehalten, und nach kurzem Neusortieren und Formieren konnte der Marsch fortgesetzt werden, bis das nächste Lager weitgehend ungestört erreicht wurde...

  • Die Angriffe des letzten Tages hatten die Soldaten noch vorsichtiger gemacht. Dazu trug mit sicherheit auch bei, dass sich Macer wenig erfreut darüber gezeigt hatte, dass die Legionäre nicht mal ein kleines Grüppchen Offiziere vernünftig schützen konnten.
    Das Gelände wurde zusehends flacher und damit noch besser geeignet für rasche Reiterattacken. Trotz der zunehmenden Hitze wagte es kein Soldat, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ein Rast zum Nachfüllen seiner Wasservorräte zu machen. Und die kleinen Rinnsale, die im Gebirge häufig zu finden waren, wurden immer seltener.


    Dafür schlug am Mittag der "Feind" wieder zu. Noch massiver als am Vortag und diesmal auf breiter Front. Die Vorhut hatte gerade eine natürliche Barriere aus Buschwerk passierbar gemacht, das Pioniergerät wurde wieder verpackt und die Kolonne wollte sich wieder in Bewegung setzen. Diesmal erlaubte es das Gelände, nicht nur kleine defensive Häufchen zu bilden, sondern in aller Eile eine Schlachtreihe zu formen. Wieder warfen die Soldaten ihre Tragestangen davon und holten die Schilde nach vorne. Mit einer Wendung nach Links und wenigen Schritten nach vorn hatten sie ein massives Bollwerk gebildet, hinter dass sich der Tross im Schutz der Kavallerie zurück ziehen konnte. Mit einem Pilenhagel aus den hinteren Reihen brachen sie die Wucht des Angriffes während die vorderen Reihen mit ihren Pila zwischen den Schilden wiederum ein Durchbrechen der Reiterei verhinderten. Diesmal hielt die Linie stand. Mit aller Konzentration zeigten die Legionäre, was sie gelernt hatten und wie schnell sich eine römische Legion kampfbereit machen konnte.
    An mehr als der einfachen Abwehr des Angriffs war den Offizieren aber auch diesmal nicht gelegen. Noch war das Gelände zu unübersichtlich, um mit der Schlachtreihe einen Vormarsch zu wagen, um über die "gefallenen" Manöverfeinde hinweg die flüchtenden Reiter anzugreifen. Ein Teil der Legionskavallerie jagte hinter ihnen her, bis sie sich weit genug zurück gezogen hatten, während die Fußtruppen bereits wieder daran gingen, die Marschformation zu bilden. Schon bald konnte man offenes Gelände erreichen, in dem man vor derartigen Angriffen besser geschützt war. Die offene Schlacht war das Paradestück der schweren Infantrie, und bei Angriffen auf eine Marschkolonne war nicht viel mehr zu machen, als die Position so gut wie möglich zu halten.

  • Eine brütende Hitze und die unbarmherzig strahlende Sonne machten jede Bewegung doppelt so Kraftraubend wie an den Tagen zuvor. So oft es möglich war entledigten sich die Legionäre ihrer Helme, unter welchen der Kopf schon zu kochen begann.


    Nach einer langen Wegstreckke über offenes Feld ging es auf einen kleinen aber doch sehr dichten Wald zu. Die Legion musste diesen Wald auf einem gerade so passierbaren Weg durchqueren. An diesem Tag zeigte sich auch mal wieder, dass ein Grossteil der neuen Legionäre noch keinerlei Erfahrungen im Feld hatte. Während die erfahreneren Soldaten in dem bisherigen Tagesverlauf ohne Angriffe nur die Ruhe vor dem Sturm sahen und angespannt zwischen die Bäume starrten, hielten die Jüngeren es nur für eine verdiente Pause und freuten sich schon auf die Schatten spendenden Bäume.


    Zu Anfang schienen sich die pesimistischen Ahnungen der Älteren auch nicht zu bewahrheiten. Doch als die gesamte Legion auf dem schmalen Pfad marschierte und die Vorhut schon fast wieder den Wald verlies, ertönte Rings um die Legionäre ein schauerliches Kriegsgeschrei und der Feind brach auf seinen Pferden durch das Unterholz und stürzte sich auf die Römer.


    Jetzt zeigte sich wiedereinmal der große Nachteil der schweren Infanterie, die auf dem engen Raum nur begrenzt bis Stellenweise gar nicht ein geordnete Schlachtreihe aufbauen konnte. In vierer oder fünfer Gruppen versuchten die Soldaten einen Einfall der gegner in ihren Rücken zu vermeiden. Jeder kämpfte um sein nacktes Überleben und nur an den Stellen, wo die Centurionen und die Feldzeichenträger standen und die Befehle gaben, konnte auch daran gedacht werden den Tross zu verteidigen.


    Victor stand an diesem Tag mit seiner Kohorte in der Mitte der Legions-Schlange, als der Angriff erfolgte. Er konnte gerade noch den Schild vor seinen Körper ziehen, da sah er auch nur noch den schwarzen massigen Leib eines Pferdes, das mit vollem Galopp auf ihn zukam und gegen ihn anlief. Zweimal drehte sich Victor um seine eigene Achse, bevor ihm für einige Minuten das Bewusstsein schwand.


    Als er seine Augen wieder öffnete sah er seine gesamte Einheit in ein ungeordnetes Verteidigungsgefecht mit dem "Gegne"r verwickelt. immerwieder verschwand der Feind im dichten Gehölz und tauchte auf der anderen Seite des weges wieder auf. Glücklicherweise war Victor in der Nähe seines Centurios gestürzt, weswegen die Schalcht an dieser Stelle nicht übermässig tobte. Langsam sammelte sich eine kohorte zusammen und nahm den Tross in ihre Mitte.


    Indem heiklen Moment, als sich das kleine agmen quadratum öffnete um die Lastenträger einzulassen, griff der "Feind" mit aller Kraft und sprengte die truppe wieder auseinander. Es entstand ein heilloses Durcheinander. Vergeblich versuchten der Centurio und einige Optiones wieder Ordnung in das Chaos zu bringen. Alle Aufrufe zum Sammeln scheiterten daran, dass der einzige verfügbare Feldzeichenträger unglücklich von einem Holzspeer getroffen worden war und unverletzt, aber Bewusstlos mit dem Feldzeichen zu Boden fiel. Victor sah das unglück und stürzte sich, seinen Schild fortwerfend, auf das Zeichen und erhob es wieder.


    Nachdem sich wieder ein großer teil der Truppe um das Zeichen sammeln konnte, begann auch der wütende Angriff der "Gegner" nachzulassen. Grüppchen für Grüppchen sammelten sie die Soldaten wieder auf und bildeten endlich ein vollstäniges Karree um den Tross.


    Nach der Überwindung des Übberaschungseffektes konnte an vielen Stelln der Legion der "Feind" wenn auch nicht zurückgedrängt, so doch vom Tross und den Offizieren abgehalten werden.

  • Bis spät in die Nacht herein, als die ersten Nachtwachen schon ihren Dienst taten und die übrigen Legionäre in ihren Zelten lagen liessen sich Macer und einige der übrigen Offiziere von den Centurionen berichten, wie sie den Zustand der Truppe nach den letzten Tagen einschätzten. Ein jeder der Centurionen nannte die Zahl der Verletzten in seiner Einheit und berichteten, welche Schwächen und welche herausragenden Leistungen sie gesehen hatten.
    Die Trockenheit machte demnach nicht mehr als die erwarteten Probleme und auch die Marschgeschwindigkeit entsprach der Planung. Die Reaktionszeit der Truppe auf die Angriffe hatte sich dagegen als zu lange erwiesen, der Feind hatte immer wieder Lücken ausmachen können, die sich durch zu unkontrollierte Reaktionen ergaben. Immerhin waren am zweiten Tag Tross und Offiziere geschützt worden, aber die Schlachreihe war nicht vollständig geschlossen gewesen. Macer war zwar durchaus zufrieden mit dem bisherigen Verlauf, aber nicht richtig glücklich.


    Hin und wieder fragte er auch nach einzelnen Namen oder bekam diese von den Centurionen genannt. Über Florius Rufus Arius, der schon einmal für eine Beförderung vorgemerkt worden war wusste sein Centurio nichts zu berichten. Ebensowenig war bisher Appius Claudius Callidus aufgefallen.
    Über Gaius Octavius Victor wusste sein Centurio dagegen nur Gutes zu berichten. "Er ist sehr tapfer und hat sich heute um seine Einheit verdient gemacht, indem er selbstständig die Aufgabe unseres angeschlagenen Signifers übernommen hat und der Truppe damit zu schneller Ordnung verholfen hat!" Macer lies dies notieren; derartige Leistungen hörte er gerne.


    Centurio Lucius Furius Carus erschien nicht zu Meldung, der er verletzt worden war. Macer beschloss, am Wochenende, an dem ein Ruhetag geplant war, mit ihm zu sprechen.

  • "Ruhetag" war ein relativer Begriff. Zwar wurde an diesem Tage gerastet, die Soldaten ruhten ihre Füsse aus und streckten sie weit von sich, doch gab es alle Hände voll zu tun. Die Ausrüstung wurde auf Vordermann gebracht, der Proviant wurde aktualisiert und Rationen wurden neu ausgegeben. Das Lager wurde mit einer doppelten Wache gesichert, die Legionskavallerie streifte rund um die Uhr um die nähere Umgebung des Lagers und Meridius bat Macer gar, nach dem Morgenappell zwischen Lagerumwallung und Zeltanlagen einen Extra-Drill einzuschieben um das Manövrieren auf engstem Raum zu beschleunigen.

  • Sim-Off:

    Da hat mein Lagerpräfekt wohl etwas zu flüchtig gelesen... Ich sagte "am Wochenende" und nicht "morgen". Heute wird noch marschiert! :D
    (Mir fällt gerade auf, wir brauchen noch zwei Tage - also Ruhetag erst Montag)


    Den ganzen Tag hatte die Sonne heiß auf die Soldaten herunter gebrannt, kaum ein Windzug brachte Abkühlung, kein Baum angenehmen Schatten. Hatten die Legionäre im Gebirge noch über den steinigen Boden geklagt, so fluchten sie nun über die scharfkantigen Gräser, die ihren Füßen in den offenen Caligae zusetzten. Bei den hohen Temperaturen machte sich die Wasserknappheit, die sich in den letzten Tagen schon angekündigt hatte besonders stark bemerkbar. Am Morgen hatten die Offiziere ihre Soldaten vor die Wahl gestellt, einen kürzeren, direkten Weg zum nächsten Zielpunkt einzuschlagen oder einen von den Kundschaftern entdeckten weiteren Weg zu nehmen, der dafür zu einem größeren Fluß führen würde. Nach den kleineren Scharmützeln der letzten Tage hatte sich die Truppe, durchaus zur Überraschung der Offiziere, entschlossen, auf einen Umweg zu verzichten und den direkten kürzeren Weg zum Zielpunkt zu nehmen. Vermutlich hatten die routinierteren Soldaten ihren jungen Kameraden zugeredet, dass dies die sicherere Variante wäre, da man in der trockenen Ebene vor Angriffen relativ sicher war und es am Zielpunkt gewiss wieder Wasser geben würde.


    In der Tat hatten die Kundschafter wieder gute Arbeit geleistet und einen Lagerplatz mit einem Wasserloch gefunden. Schnell errichteten die Pioniere einen provisorischen Brunnen und den ganzen Abend hindurch schöpften die Soldaten Wasser, um ihren Durst zu stillen und die Vorräte für den nächsten Tag wieder aufzufüllen.

  • Zitat

    Spurius Purgitius Macer dixit:

    Sim-Off:

    Da hat mein Lagerpräfekt wohl etwas zu flüchtig gelesen... Ich sagte "am Wochenende" und nicht "morgen". Heute wird noch marschiert! :D
    (Mir fällt gerade auf, wir brauchen noch zwei Tage - also Ruhetag erst Montag)


    Mea culpa! 8)

  • Seit dem Abstieg aus dem Appenin hatten die Umrisse des Mons Garganus die Blicke der Soldaten immer wieder an den Horizont gelenkt, nun standen sie kurz davor, den Zielpunkt des Manövers zu erreichen. Die Nähe zum Meer, welches man ebenfalls schon sehen konnte, machte sich durch eine willkommene frische Brise bemerkbar. Die Soldaten sammelten ihre Kräfte, um diese Etappe zu bewältigen, denn sie wussten, dass dann ein Ruhetag anstehen würde, an dem sie mal ein Gepäck auf den Schultern haben würden. Mit weiteren Angriffen war in dieser Gegend auch nicht zu rechnen, zumindest konnte man im offenen Gelände längst nicht so schnell überrascht werden, wie noch vor wenigen Tagen.
    Die Offiziereliessen die Truppe bis nahe ans Meer heran marschieren, an eine kleine geschützte Bucht, aber immer noch weit genug weg, um bei Flut trockenen Boden unter den Füßen zu haben. Im weichen Boden fiel den Legionären das Schanzen wieder wesentlich leichter als im Gebirge und das Lager war entsprechend schnell errichtet. So fiel der erholsame Abend am Lagerfeuer etwas länger aus als in den letzten Tagen, was die Männer dankbar aufnahmen.
    Die Centurionen verteilten indes schon Aufgaben für den nächsten Tag. Auch wenn kein Marsch angesagt war, sollten die Soldaten nicht auf der faulen Haut liegen.

  • Nach einer erholsamen Nacht traten die Legionäre am diesem Morgen zum Arbeitsdienst an. Statt Marschgepäcken schulterten sie Pionierwerkzeuge und machten sich in kleinen Gruppen auf den Weg an die zugewiesenen Arbeitsstellen. Die kleine Bucht sollte zu einem gesicherten Landeplatz ausgebaut werden, an dem ein Teil der Truppe von der Flotte aus Ravenna abgeholt werden konnte. Also schütteten die Legionäre zusätzliche Verteidigungsanlagen auf und rodeten an den nahen Berghängen Bäume, um Stege zu errichten. Mit schnell gebauten Floßen fuhren einige Männer ein Stück auf's Meer hinaus, um nach gefährlichen Sandbänken am Eingang der Bucht zu suchen und mit Pfählen einen Fahrweg zu markieren.
    An Land wurde auf einem Sockel aus aufgeschütteten Steinen ein kleiner Holzturm errichtet, auf dem ein Ausguck das Meer beobachten konnte und von dem aus den Schiffen Signale gegeben werden sollten.


    Auf Bitten des Praefectus Castrorum hatte Macer einige Abteilungen vom Arbeitsdienst freigestellt und ihnen dafür zusätzlichen Drill auferlegt, so dass sie den schnellen Wechsel von einer Marschformation zu einer geordneten Schlachtaufstellung besser bewältigen konnten.


    Am Abend waren alle Soldaten genauso erschöpft wie nach einer langen Marschetappe und froh, diesmal wenigstens nicht wieder ihre Zelte einrichten und neues Feuerholz sammeln zu müssen.

  • In der Stabsbesprechung am Abend wandte sich Meridius direkt an seinen Tribunen:


    "Tribun. Mit dem Verlauf des Manövers können wir im Allgemeinen zufrieden sein. Unsere Ziele haben wir bisher erreicht. Dennoch, es sollte zu bedenken geben, dass zum einen sowohl Geschwindigkeit als auch Präzision und Disziplin längst nicht ausreichen werden um gegen einen gut gewappneten Gegner ohne Schwierigkeiten bestehen zu können. Vor allem gegen berittene Gegner sehen wir ohne starke Auxiliarverbände ziemlich schlecht aus. Sollten wir tatsächlich einmal gegen Numidier oder berittene Gallier kämpfen müssen, es könnte große Schwierigkeiten geben."

  • "Es ist durchaus beabsichtigt, dass die Legionäre diesmal ohne Auxilia auskommen müssen. Wer es ohne schafft, dem fällt es mit ihrer Unterstützung wesentlich leichter.


    Präzision und Disziplin sind in der Tat die Punkte, an denen noch einiges getan werden muss. Dafür sind wir ja hier; nur vom Laufen um den Exerzierplatz lernt man das ja leider nicht...


    Zeitlich sind wir allerdings voll im Plan, würde ich sagen. Und es hat ja niemand gesagt, dass wir die Geschwindigkeit demnächst nicht noch etwas steigern. Ein Teil des Trosses bleibt ja mal wieder hier und fährt per Schiff zurück."

  • Der Morgen hatte für die Legionäre mit der angenehmen Erkenntnis begonnen, dass sie diesmal nicht das gesamte Lager abbrechen mussten. Die neune und zenhte Kohorte sollte vor Ort bleiben und von der Flotte abgeholt werden. Die übrigen Legionäre brauchten also diesmal nicht die Gräben wieder zuzuschütten, wie sie es an den vergangenen Tagen im "Feindesland" immer wieder tun mussten. Es reichte, die Zelte einzupacken und die Schanzpfähle der abziehenden Kohorten zu entfernen. Die vor Ort bleibenden Kohorten würden das große Lager durch das einziehen eines zweiten Walls mit Graben für ihre Zwecke angemessen verkleinern.


    Der Rückweg sollte auf einer etwas anderen Route als der Hinweg zurück gelegt werden, und so bog die Marschkolonne schon bald nach dem Start leicht nach rechts ab und schlug eine etwas weiter nördlichere Route als auf dem Hinweg ein. Abermals war der Tross etwas verkleinert worden und die Rationen der Männer inzwischen fast zur Hälfte aufgebraucht, so dass die kleinere Truppe trotz der immer noch drückenden Hitze der heißen Küstenebene schnell voran kam.

  • Meridius hatte - nun da der Tross auf ein Minimum reduziert worden war - nicht mehr alzu große Sorgen, die Organisation und den Ablauf zu kontrollieren. Alles lief wohl geordnet und reibungslos. Jeder Soldat trug das notwendige Gepäck am Körper, nur wenige Maultiere trugen zusätzliche Lasten an Ausrüstungsgegeständen, die Wagen und das Groß sollte ja per Schiff nach Ostia zurückgebracht werden. Folglich ritt er neben Macer um diesen bei der taktischen Befehlsführung zu unterstützen und zu entlasten.

  • Es war eine angenehm kühle Nacht nach einer recht heißen zweiten Etappe des Rückmarsches. Die Kundschafter hatten einen großen und nicht allzu steinigen Lagerplatz gefunden, auf dem die Legionäre ohne große Mühe das Lager errichtet hatten. Ein kleiner Fluß in der Nähe lieferte genug Trinkwasser für Mensch und Tier und erfrischte die Soldaten nach dem Marsch in der heißen Sonne.
    Die dritte Nachwache bereitete sich schon darauf vor, bald abgelöst zu werden und nur das Klimpern der Soldatengürtel der Patrouillen war zu hören.


    Plötzlich jedoch bemerkte die Torwache an der Porta Sinistra den Hufschlag galoppierender Pferde und schon bald machte ein Soldat zwei Reiter aus, die geradwegs auf das Lager zusteuerten. Erschöpft hielten sie vor dem Tor an und verlangten dringen nach dem diensthabenden Wachoffizier. Eine der Torwachen eilte überrascht zum Praetorium des Lagers und traf dort auf einen jungen Tribun, der eigentlich nur wegen seiner politische Karriere beim Militär war und der gerade gelangweilt zu einer Kontrollrunde aufbrechen wollte. Überrascht folgte er dem Soldaten zum Tor, konnte seine Müdigkeit aber trotz der Dunkelheit nicht ganz verbergen. Was die Reiter ihm allerdings meldeten, weckte schlagartig alle seine Lebensgeister:


    "Tribun, das Versorgungslager wurde im Morgengrauen angegriffen! Wir sind von der dritten Turma der Legionskavellerie und wollten gerade unsere Nachtpatrouille beenden, als der feindliche Angriff mit Reiterei und Fußtruppen erfolgte. Wir wurden losgeschickt, euch diese Nachricht zu überbringen und um Verstärkung zu bitten."


    Der Tribun war vollkommen überrascht, hatte er doch geglaubt, in alle Teile des Manövers eingeweiht gewesen zu sein. Offensichtlich hatte er sich getäuscht. Er befahl den Reitern, ihm zu folgen und stürzte zurück ins Praetorium. "Du weckst sofort den Praefectus Castrorum", befahl er einem Soldaten, "und ihr die Tribunen und den Primus Pilus" wies er zwei andere an. "Tribun Macer wecke ich selber", rief er und rannte zum Zelt des Befehlshabers.
    Kurze Zeit später waren alle Stabsoffiziere im Praetorium versammelt und hörten erneut der Meldung der Reiter zu. Alle zeigten sich nicht sonderlich überrascht, offensichtlich waren sie besser über die Manöverpläne informiert worden.


    Macer ergriff kurz das Wort: "Meine Herren, damit kommen wir zum interessantesten Abschnitt des Manövers - dem Eilmarsch. In drei Tagten möchte ich am Versorgungslager sein, am vierten Tag wird der Feind angegriffen! Für den Moment lautet der Befehl: Wecken, Lager abbrechen, Marschbereitschaft herstellen. Die Kundschafter starten, sobald es die Lichtverhältnisse zulassen."

  • Wieder einmal wurde man viel zu früh aus seiner wohlverdienten Nachtruhe geweckt. Und wieder gab es nur ein kärgliches "Frühstück", wenn man das bisschen Nahrung so nennen wollte. Was hätte nicht jeder Soldat für ein Bad in den Thermen oder einen kleinen Besuch in der nächsten Taverne gegeben. Zugegeben, diese Nacht konnte jeder gut schlafen und so waren die meisten Legionäre auch ausgeschlafen. Nach dem bekannt geworden war, warum zu dieser unmenschlichen Stunde der Weckruf erschollen war, riss auch der müdeste Mann seine verschlafenen Augen auf. Der Gedanke an einen Eilmarsch nach dem Abbruch des Lagers wirkte ungefähr so motivierend, wie ein Blitz aus Iuppiters Hand.


    Nachdem die letzten Caligulae geschnürt, der letzte Panzer umgebunden und der letzte Pfahl verstaut gewesen waren, füllten alle Legionäre noch einmal ihre Feldflaschen, um für die nächsten 3 anstrengenden Tage gerüstet zu sein. Die ersten Kundschafter waren schon seit einer guten Stunde losgeritten, als sich auch der Rest der Legion auf den Weg machte. Mit durchgedrückten Knien verliessen die Fußsoldaten die Stätte der letzten angenehmen Nachtruhe. Vor ihnen lagen nun schweißtreibende Märsche unter den unbarmherzigen Strahlen der Sonne. Das löste nicht nur bei den unerfahrenen und jungen Soldaten düstere Gedanken aus. In diesen Tagen würde es sich zeigen, ob das Exerzieren und Marschieren den Körper für den Gewaltmarsch gestählt hatte.

  • Der Schall der Trompeten hatte die Männer noch in der Dunkelheit aus dem Schlaf gerissen. Verstört und schläfrig traten sie vor ihren Zelten an und nahmen die lautstarken Befehle ihrer Centurionen entgegen. Alle wussten, dass jetzt die richtig harten Tage auf sie zukommen würden. In großer Eile packten sie ihre Sachen und beluden die Tragtiere. Um Zeit zu sparen wurde diesmal auf das übliche Einebnen der Schanzanlagen verzichtet. Als die Sonne über dem Horizont sichtbar wurde, gallopierten die Kundschafter los, um eine schnelle Route in Richtung des Versorgungslagers zu finden. Die beiden Reiter, die in der letzten Nacht die Nachricht überbracht hatten bekamen frische Pferde und ritten mit an der Spitze.
    Trotz aller Hast wurde nicht darauf verzichtet, eine ordentliche Marschformation zu bilden. Man befand sich in Feindesland und es war immer mit Angriffen zu rechnen. Vor- und Nachhut bestanden jetzt zwar nur noch aus zwei Kohorten, aber ansonsten wurde nichts geändert. Früher als an den anderen Tagen setzte sich der Zug in Bewegung. Pausen wurden unterwegs keine angelegt und auf kunstvolle Pionierarbeit verzichtet, solange nur der Weg passierbar war. Immerhin musste das Pensum von zwei Tagesmärschen nun an einem Tag bewältigt werden - und das in stetig ansteigendem Gelände! In ihrer Ausbildung hatten die Legionäre gelernt, 20 Meilen in fünf Stunden zu marschieren. Jetzt wurden von ihnen über 30 Meilen verlangt. Truppen auf einem Eilmarsch zu führen ist keine leichte Angelegenheit. Treibt der Kommandeur die Männer zu sehr an, besteht die Gefahr, dass sie sich zu sehr verausgaben und plötzlich zu gar nichts mehr in der Lage sind. Geht er dagegen zu langsam vor, wird er sich vorwerfen lassen müssen, nicht alles getan zu haben, was möglich war.


    Erst am späten Nachmittag hatte die Legion ein ausreichendes Wegpensum absolviert und erreichte eine Stelle, die für ein Nachtlager geeignet schien. Erschöpft, aber trotzdem nicht weniger sorgfältig errichteten die Soldaten das Lager, aßen ihren Getreidebrei, um am nächsten Tag wieder bei Kräften zu sein und fielen müde in ihre Zelte, um sich mit ein paar kurzen Stunden Schlaf so gut wie möglich zu erholen.

  • Meridius entschloss sich an diesem Abend einen Rundgang durch das Lager zu machen, sich nach dem Zustand der Soldaten zu erkundigen, sich ihre Nöte und Sorgen anzuhören und die Ausrüstung zu inspizieren. Überall herrschte eine leicht gedrückte Stimmung, die Männer waren müde, und anderes als in echten Kriegszeiten einfach nur abgestresst und gefrustst, keineswegs mit Patriotismus oder dergelichen erfüllt, ging es ja nicht gegen einen echten Gegner, sondern alleine gegen Kameraden. Es herrschte weder Hektik, noch Sorge, noch Angst, je länger der Abend wurde, um so gelassener wurden die Männer, hier und dort wurde fröhlich gelacht, einige wetteten welche Zenturie morgen wohl die Spitze des Zuges bilden wurde, andere freuten sich auf die Thermen, wieder andere erwürfelten fast abergläubig den wahrscheinlich Ausgang der anstehenden Wahlen in Rom. Meridius musste nur schmunzeln, kam ihm die Politik doch hin und wieder selbst wie ein Würfelspiel vor, so wie die Schlachten auch, und hatte nicht bereits Cäsar geschrieben, die Würfel seien gefallen, als er den Rubicon überschritt?


    Nun, wie auch immer, das Manöver neigte sich seinem Höhepunkt, aber auch seinem Ende zu, und die Aussicht endlich wieder über das Forum von Rom zu schlendern erwärmte sein Herz mindestens eben so sehr, wie das der anderen Männer.

  • Am nächsten Morgen mussten die Soldaten wieder vor Sonnenaufgang aufstehen und beginnen, ihre Sachen zu packen. Die Stapazen des letzten Tages steckten vielen noch in den Knochen, als sie daran gingen, Zelte zusammen zu falten und Werkzeuge auf die Maultiere zu schnallen. Auch den Offizieren merkte man die Kürze der Nacht an, aber trotzdem versäumten auch sie es nicht, pünktlich aufzustehen und wie jeden Morgen ihren Leuten allein durch ihre Anwesenheit neue Kraft zu geben. Macer hatte sich auch auf dieser Etappe dazu entschieden, auf sein Pferd zu verzichten, und als Zeichen an die Truppe den zweiten Tag des Eilmarsch zu Fußzu verbringen. Niemand solle sagen können, dass er die Soldaten Dinge üben liess, die er selber nicht vollbringen konnte.
    Wieder starteten die Reiter früh und wieder setzte sich auch die Marschkolonne schnell in Bewegung. Noch schneller als auf dem Hinweg wurde das Gelände wieder schwieriger und steiniger, als sie immer höher in den Appenin hinein zogen. Schon am Mittag hatten sie die Strecke eines normalen Tagesmarsches absolviert und wieder hieß es, in der zweiten Hälfte des Tages eine ähnliche Länge zu schaffen, um möglichst zeitig den Kameradem am Versorgungslager zur Seite zu stehen. Natürlich wusste niemand von den Soldaten, was sie dort erwarten würde. Ob der "Feind" (wie sich inzwischen herumgesprochen hatte, handelte es sich dabei um einige Auxiliartruppen aus einem der Kastelle nördlich von Rom, die für dieses Manöver als Gegner besonders ausgestattet wurden) noch dort war, das Lager vielleicht besetzt hatte, oder doch schon abgezogen war und jetzt noch verfolgt werden sollte. Oder ob er ihnen gar entgegen kam, und mit einer plötzlichen Konfrontation aus dem Eilmarsch heraus gerechnet werden musste. All dies wussten - wenn überhaupt - nur die Offiziere, die das Manöver geplant hatten, und die stapften unbeirrt auf felsigem Weg immer weiter vorwärts.

  • Jeder Muskel schmerzte und jede Bewegung tat von mal zu mal mehr weh. Auch der steinige Untergrund trugen viel dazu bei das sich die Stimmung vieler Legionäre von Stunde um Stunde verschlechterte. Mochte man am Vortag noch gescherzt und gelacht haben, nachdem man im Lager angekommen war, so lastete an diesem zweiten Abend des Eilmarsches eine bleierne Schwere auf allen Soldaten. Zwar bereitete es einigen Männern wahre Schadenfreude, da auch Tribun Macer sichtlich unter der stechenden Sonne, beim Marsch gelitten hatte, aber die Meisten brachten noch nicht mal mehr die Willenskraft für das Verziehen der Lippen auf.


    Überhaupt war dieser Abend alles andere als angenehm, auch nicht für Victor. Ein harter mit Felsbrocken durchsetzter Untergrund bereitete ebenso Schwierigkeiten, wie das Nicht-Vorhandensein einer Wasserquelle. Nach diesem anstrengenden Tag und dem nicht minder schweißtreibeden Abend konnte sich Victor kaum noch zusammenreissen, um sein Wasser zu rationieren. Alles in ihm verlangte danach die staubtrockene Kehle und die aufgeplatzten Lippen mit Feuchtigkeit zu benetzen. Einige der älteren Legionäre lutschten aus den gleichen gründen an Kieselsteinen, um wenigstens die Speichelproduktion ein wenig anzuregen; viele dieser Steine waren schon jahrelang im Besitz der Soldaten und waren deswegen schon ganz glatt und rund geschliffen. Ein paar der jüngeren Männer und auch Victor versuchten das Gleiche mit den Steinen auf dem Lagerplatz. Aber diese Steine waren von der sonne schon so erhitzt das sich keiner Linderung für seine Kehle verschaffen konnte; im Gegenteil, Manche holten sich bei ihren versuchen auch noch eine verbrannte Zunge davon.


    Alles in Allem, war es einfach unerträglich und jeder Legionär wollte nur so schnell wie möglich in sein Zelt, um wenigstens für ein paar Stunden die Leiden dieser Welt zu vergessen...

  • In zwei Tagen bergauf eine Strecke zu schaffen, für die man bergab vier Tage gebraucht hatte, das war schon eine gehörige Leistung. Längst hatten die meisten den Überblick verloren, ob die Strecke durch die andere Streckenführung gegenüber dem Hinweg vielleicht kürzer oder gar länger geworden war. Was sie nur wussten war, dass ihnen die Umgebung wenig bekannt vor kam und dass sie noch zu weit vom Lager entfernt waren, als dass die heutige Etappe kürzer werden würde. Noch einmal galt es, im Dunkeln aufzustehen und das Lager im Schein von Fackeln abzubrechen, noch einmal stand ein Pensum an, das weit über die normale Marschleistung hinaus ging.
    Doch am Nachmittag zeichnete sich durch eine erhöhte Aktivität der Reiterei an, dass sich etwas tun würde. Wie schon auf dem Hinweg, als die Reiter bemerkenswert unruhig war, bevor die Angriffe erfolgten, kamen auch diesmal die Reiter häufiger als üblich zurück und erstatteten Meldung. Als sich nach einer dieser Meldungen ein Teil der berittenen Offiziere in Begleitung einer zusätzlichen Reitereskorte von der Marschkolonne löste und in schnellem Ritt entfernte, merkte auch der unerfahrenste Soldat, dass der Eilmarsch bald ein Ende finden würde. Fraglich nur, wie dieses aussehen würde.


    Nach einiger Zeit kehrten die Offiziere zurück und liessen die Kolonne anhalten. Sie ritten zu den einzelnen Einheiten hin und sprachen mit den Centurionen. Nach quälenden Minuten erhielten die Soldaten die Nachricht: das angegriffene Versorgungslager ist einen halben Tagesmarsch entfernt. Angesichts der Strapazen der letzten Tage wird die Truppe heute nicht mehr weitermarschieren, sondern im nächsten Tal das Nachtlager aufschlagen. Der Feind scheint ihre Ankunft nicht zu erwarten, die Verteidiger des Lagers konnten bislang erstaunlich gut standhalten. Morgen werde die Truppe aufmarschieren, um sie zu befreien.

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