[Forum Augustum] Templum Martis Ultoris

  • Vic zieht eine Augenbraue nach oben. "Noch nie? Tatsache?" fragt er etwas erstaunt.


    "Das ist leider oft so. Aber du solltest das Opfer nicht nur als eins-zu-eins-Beziehung, als do ut des verstehen. Eine Opfer für die Götter sollte als langfristige Gabe gesehen werden, als langfristiger Ausgleich der Wagschalen. Denn wer weiß, ob du in dem Augenblick, in dem du es am nötigsten hast, gerade ein Opfer zur Hand hast. Möglich, dass dir Mars aus diesem Grund nicht mehr deinen Weg weist, dass er dir vielleicht sogar deswegen deinen Zweifel und dich in seinen Tempel geschickt hat."

  • "Nein, noch nie. Und dies aus einem recht einfachen Grund. Ich wüsste nicht wem ich opfern sollte."


    Er musste trotz der ernsten Situation schmunzeln.


    "Mein Vater entstammt einer alten griechischen Familie und meine Mutter ist eine Römerin. Daher wurde ich zwischen zwei Götterwelten erzogen. Indem ich Mars opferte würde ich das Erbe meines Vaters beschmutzen. Wenn ich jedoch dem griechischen Erbe folgen würde und ein Opfer an Ares erbrächte, so würde ich mein römisches Blut verraten. Vermutlich wirst du als Priester diese Zwickmühle nicht verstehen. Und eigentlich sollte sie auch nicht da sein."

  • "Warum opferst du nicht beiden? Wenn du beide mit Missachtung strafst, dann ist es kein Wunder, wenn dich beide verlassen haben."


    Vic streicht sich nachdenklich übers Kinn und senkt dann ein wenig seine Stimme. Es ist ihm zwar klar, dass Mars jedes Wort hören würde, aber irdische Ohren, die sich vielleicht in der Nähe befinden, müssen es ja nicht ebenso tun.


    "Du solltest selbst entscheiden, wem du Opfern willst. Ungeachtet von Vater und Mutter. Hört auf deine eigenen Gedanken. Ich würde fast vermuten, hier in Rom wirst du bei Mars mit einem Opfer eher Erfolg haben und ich wäre kein Mars-Priester, würde ich dir nicht zu einem Opfer in seinem Tempel raten. Doch wenn du glaubst, dass ein anderer Gott dir nützlicher ist, dann versuche es mit ihm. Und vielleicht ist dir ja ein ganz anderer Weg vorbestimmt, als der des Kriegers. Dann würdest du weder bei Mars noch bei Ares eine Antwort finden."

  • "Ich werde dir zur Seite stehen, wenn du dies wünscht. Doch das Opfer durchführen, das musst du schon selbst."


    Bevor sich Vic dem Cultus Deorum zugewandt hatte, war auch er der Meinung, dass man so ein Opfer ruhig den Sacerdotes überlassen könnte. Doch in seiner Lehrzeit hat er so einiges dazugelernt. 8)

  • Tadelnd schüttelt Victor den Kopf. "Na dann wird es aber höchste Zeit. Ohne dein Eltern zu kritisieren, anstatt sich über den richtigen Götterpantheon zu streiten, hätten sie dich lieber beide mit zum Opfer nehmen sollen. Als erstes brauchst du eine Opfergabe. Wie viel und in welchem Wert, das ist deine Entscheidung, denn nur du allein kennst den Wert, den es für dich hat. Wenn du nicht gleich einen Stier oder ein Schwein opfern möchtest, so tut es durchaus auch eine kleinere Gabe. Schinkenspeck, Spelzkekse, oder vielleicht etwas Wein. Als kleine Aufmerksamkeit zwischendurch eignet sich auch ein Rauchopfer, doch wenn dies wirklich dein erstes Opfer für Mars ist, dann wäre vielleicht ein wenig mehr angebracht."


    Er deutet zum Eingang des Tempels. "Draußen stehen sich die Wein- und Kekshändler die Füße platt. Die warten den ganzen Tag auf Leute wie dich. Sie sind zwar ein wenig teurer, als die Händler auf dem Markt, aber dafür musst du nicht so weit laufen."

  • 'Na sehr weit scheints mit dem Götterglauben ja nich zu sein. Ouou, wenn dat mal gut geht.'


    "Wenn du das möchtest, so steht dir natürlich auch diese Option frei."


    Immer hat Vic geglaubt, dass die Götter in Rom noch mehr verehrt werden, als in den Provinzen. Aber anscheinend hat er sich doch geirrt.

  • Noch bevor ihm Victor antworten kann, dass er seine Zeit sowieso in diesem Tempel verbringt, ist Prudentius Balbus auch schon weg.


    "Merkwürdig." murmelt er und schaut zu der alles überthronenden Marsstatue. "War das so geplant?"


    Aus einem kleinen Beutel holt Victor etwas Ladanum hervor und streut es in die Räucherschale.

  • Von der Regia kommend betreten Iulius Imperiosus und Victor den gewaltigen Tempel am Forum Augusti.


    "Das ist also der Mars Ultor Tempel. Übrigens der einzige Tempel des Mars innerhalb des Pomeriums. Der große Augustus hat ihn nach dem Sieg über die Caesar-Mörder erbauen lassen, daher ist er auch dem Mars Ultor, dem Rächer, geweiht."


    Vic stutzt und schaut seinen neuen Schüler dann fragend an. "Hast du mir eigentlich schon gesagt, wie du überhaupt heißt? Ich werd dich wohl kaum die ganze Zeit Discipulus nennen sollen, oder?"

  • Victor blickt ihn musternd an und denkt sich, dass abzuwarten bleibt, wie sein zweiter Schüler heißt. Er sollte sich angewöhnen, als erstes immer nach dem Namen zu fragen. 8)


    "Dann komm mit, ich werde sie dir geben."


    Sie gehen weiter durch den Tempel, vorbei an den unzähligen Büsten, und biegen vor der großen Apsis in einen Nebenraum ein. In den dort in die Wand eingelassenen Nischen stapeln sich einige Schriftrollen. Vic geht zielstrebig zu einer der Nischen und greift eine relativ neu aussehende Papyrusrolle.


    "Hier werden die Grundlagen des religiösen Handelns erklärt. Sie sind in allen Kulten gleich und du wirst vieles entdecken, was du schon aus deinem täglichen religösen Leben kennst. Du kannst die Rolle gerne mitnehmen und dir eine Kopie davon erstellen. Wenn du glaubst, dass du auch alles so behalten kannst, dann musst du das aber nicht. Hauptsache, du weißt es."


    Er überreicht Imperiosus die Schriftrolle und denk daran, wie sehr ihn Tiberia Claudia damit gequält hatte.


    Religions-Fibel


    Religiöses Handeln kann sich auf vielerlei Wege ausdrücken.


    Berührung:


    Das Ritual der Berührung stellt eine Übertragung von göttlicher Macht dar. Als Beispiel sei hier das Ritual bei den Lupercalien zu nennen, wo die Luperci Frauen mit Zweigen berühren um so Fruchtbarkeit zu übertragen. Auch bei der Tempelweihe findet dieses Ritual Anwendung. Die Berührung des Türpfosten des zu entstehenden Tempels stellt neben der Besti8mmung des Grundstücks durch den Augur den wichtigsten Aspekt dieses Rituals dar.
    Auch das Berühren und Küssen von Kultstatuen durch Gläubige stellt ein Ritual dar, wo durch ein enger Kontakt zwischen dem Menschen und der Gottheit hergestellt wird. Dies vermittelt Wohlwollen und Vertrauen.


    Ostentation:


    Mit Ostentation ist die Zurschaustellung von Kultstatuen und anderen religiösen Artefakten gemeint. Manche Tempel haben nur an bestimmten Tagen geöffnet und bei manchen Kulten findet regelmäßig (jährlich) eine Prozession statt, bei der die Kultstatue zur Schau gestellt wird. Diese Mittel schaffen bei den Gläubigen ein reges Interesse durch die Seltenheit.


    Prozession:


    Jede Prozession hat einen klar definierten Start- und Endpunkt und der Prozessionsweg ist allen klar bekannt. Die Teilnehmenden (Gruppen) haben Festtagskleidung (Toga) zu tragen und in der Regel mit einem anschließenden Ritual zutun, welches auf die Prozession folgt.


    Es gibt verschiedene Arten von Prozessionen, z.B. welche, die von verschiedenen Orten ausgehen. Des weiteren unterscheidet man die, welche räumliche Figuren beschreiben, wie einen Kreis um eine Gruppe oder Ort, welches als Reinigungszeremonie zu verstehen ist. (Innen – Außen, Rein – Unrein).


    „Lustratio exercitus“ – Die Umkreisung des Heeres
    „Lustratio urbis“ – Umkreisung der Stadt


    Musik:


    Musik spielt auch eine große Rolle bei religiösen Handlungen. So kann das Spielen der Tibia störende Geräusche bei einem Ritual übertönen. Auch ist es nicht selten, dass Hymnen bei öffentlichen Ritualen und Prozessionen gespielt werden. Für dies Aufgaben gibt es spez. Kultmusiker. Auch Chöre von Frauen und Kindern sind bekannt.


    Tanz:


    Auch der Tanz stellt ein Ritual dar. Erinnert sei hier an den Tänzen der Salier im März. Auch bei anderen Zeremonien kann ein Tanz vorkommen. Am weitesten ist mit der Dreischritt („tripudium“) bekannt. Meistens ist er Tanz Jugendlichen vorbehalten, doch auch ältere Tänzer sind bekannt, wie z.B. die Arvalbrüder. Gerade in Kulten die aus dem Osten des Imperiums stammen, sind Tänze bekannt, wie z.B. im Isiskult.


    Wettkampf:


    Auch eine Reihe von Wettkämpfen sind den Göttern gewidmet. Erinnert sei hier an den Lauf der Luperci, welcher als Wettkampf ausgetragen wird oder die Wagenrennen zum Oktoberfest oder die Equirria zu Ehren des Mars. Auch Gladiatorenkämpfe zählen hierzu, welche häufig zu Totenfesten abgehalten wurden und als „munus“ – Geschenk bezeichnet wurden.


    Gabe


    Die Gabe ist ein Geschenk (an die Götter). Ziel ist es ein langfristige Balance zwischen den Gaben der Götter und der Gläubigen zu erreichen. Von den meisten Gaben bekommen die Gläubigen etwas zurück, was zeigen soll, wie huldvoll und überlegen die Götter sind.
    Man unterscheidet „blutige“ und „unblutige“ Opfer.


    Blutige Opfer


    Bei der Opferung von Tieren gibt es einige zu beachten. Jede Gottheit hat eigene Vorstellungen von ihren Opfertieren, welche der zu Opfernde beachten muss. Zu unterscheiden sind das Alter des Opfertieres, ob es noch am säugen ist, ob es noch trächtig ist etc. Auch das Geschlecht ist von Bedeutung, genauso wie die Farbe des Tieres. So opfert man Himmelsgottheiten weiße Tiere, Feuergottheiten rote Tiere und Unterweltgottheiten schwarze Tiere. Vor der Opferung muss das Tier gereinigt werden, es wird mit Wasser besprenkelt und mit einer Salzlake („mola salza“) eingerieben. Der Opferleiter streicht dem Tier mit dem Messer über den Rücken. Dann fragt der Opferdiener: „Agene?“ (Soll ich handeln?) und der Opferleiter spricht „Age!“. Nach der Schlachtung des Tieres und wenn es ausgeblutet ist, wird die Eingeweideschau veranstaltet. Sind diese in einem akzeptablen Zustand, heißt es „litatio“ – „das Opfer ist angenommen“. Ist dem nicht so, muss das Opfer so lange wiederholt werden, bis dieser Zustand erreicht ist. Fehler sind bei der nicht korrekten Durchführung des Opfers und/oder des à Gebetes zu suchen. Auch kann es nach mehrmaligen Durchführen des Opfers sein, dass die Gottheit dieses Opfer nicht annehmen möchte. Blutige Opfer sind ausschließlich am Altar vor dem Tempel durchzuführen. Oft schließt sich nach der Opferung ein à Mahl an.


    Unblutige Opfer - „Libation“


    Mit der Libation sind unblutige Opfer gemeint. Dies können sein: Das ausgießen (spenden) von Wein aus einer flachen Schale („patera“), das Verbrennen von Weihrauch auf einen Altar oder Herd, das Opfern von Kuchen, Blumen oder auch Geld. Diese Opfer können dargebracht, vergossen oder verbrannt werden. Werden diese Gaben im Tempel dargereicht, so geschieht dies in der Regel auf einen tragbaren Altar („foculus“). Unblutige Opfer gibt es auch häufig als Voropfer von blutigen Opferungen.


    Vernichtung:


    Stellt zum einem die Übergabe von Gaben an die Götter dar, indem sie in eine Grube eingelassen wurden. (Dies geschieht, nachdem die Tempelräume voll mit Opfergaben sind, sie werden dann auf dem Tempelgrundstück „templum“ eingegraben), es kann aber auch eine Art Selbstverfluchung darstellen, wo durch das Schicksal des Eidbrüchigen symbolisch vorweggenommen wird, z.B. durch das vollkommene Verbrennen eines Opfertieres, zerstückeln eines Tieres oder durch das Wegwerfen eines Steins.


    Mahl:


    Das Mahl schließt sich meistens an eine Tieropferung an. Dazu wird das Tier nach der Opferung auf Kochtöpfe verteilt. So zählen Küchen und Sitzgelegenheiten neben dem eigentlichen „aedes“ mit der „cella“ zur Einrichtung eines Tempels. Auch das gemeinsame einnehmen eines „daps“ – Breis ist aus landwirtschaftlichen Ritualen bekannt.


    Pflegerituale:


    Pflegerituale spielen auch eine wichtige Rolle und sind in zwei Arten zu unterscheiden. Zum einem das waschen, ölen, ausschwefeln und bekleiden von Kultbildern, welches als Symbol für die Anwesenheit der Gottheit darstellt.
    Zum anderen verlangt ein religiöses Ritual auch Reinheit vom Teilnehmer. Das besprengen des Kopfes mit Wassers und das waschen der Hände sind hier Minimum. Hervorgegangener Geschlechtsverkehr verlangt mehr.


    Gebet:


    Bei jedem Ritual gibt es mindestens ein Gebet. Genauso setzt ein Gebet mind. eine hervorgegangene Gabe voraus, um die Aufmerksamkeit der Götter zu erregen. Oberstes Gebot beim Gebet sind Ruhe und Konzentration der Teilnehmer. Jede Störung kann das gebet unwirksam machen. Um dies zu vermeiden ist es ratsam, einen Flötenspieler bei dem Ritual zu haben, welcher mit seinem Gespiele störende Laute übertönt. (à Musik)
    Die Person, die das Gebet spricht (Ritualleiter), kann sich auch den Zipfel der Toga über den Kopf ziehen um so maximale Störungsfreiheit zu erlangen („ritus patrius“). Es ist auch von entscheidender Bedeutung, das der genaue Wortlaut der Formel eingehalten wird, da sonst das Gebet nicht wirksam ist. Beten Nicht-CD-Mitglieder bei einem (privaten) Ritual ist es daher ratsam, einen Sacerdos als Vorsprecher zu haben. Bei einem Gemeinschaftsgebet, welches eine abschließende Bestätigungsformel enthält, ist es ratsam, diese schriftlich unter den Teilnehmenden zu verteilen.
    Der Ritualleiter steht bei dem gebet, evt. mit geneigtem Kopf (auch kniend ist möglich als Form des Flehens) die Hände zum Himmel oder zur Statue bzw. Altar gerichtet. Er spricht mit erhobener Stimme und schließt das Gebet mit einer Wendung nach Rechts ab.

  • "Es ist dein zukünftiges Arbeitsfeld, daher solltest du dich damit auskennen. Ich werde dich ab und zu das ein oder andere fragen, allerdings mehr im Kontext der täglichen Praxis."


    Das sture Abfragen ist Victor selbst zuwider.


    "Außerdem solltest du es für deine Prüfung zum Popa oder Commentarius wissen. Ich kann dir nicht sagen, was genau das Collegium fragen wird, doch es kann durchaus sein, dass sie auch dein Grundwissen prüfen. Aber bis dahin hast du noch genügend Zeit."

  • Er hört gut zu und stellt sich das vor..träumt ein wenig..
    Wird aber schnell nüchtern..


    "Als erstes will ich ja dem Tempel des Merkur dienen, was danach kommt, das wissen nur die Götter selbst. Wie lange dauert denn meine Ausbildung in etwa? Ich habe dies noch nicht in Erfahrung gebracht.."


    Schaut den Sacerdos fragend an.

  • "Das kommt ganz darauf an, wie geschickt du bist. In der Regel dauert es zwischen zwei und drei Monaten. Allerdings wirst du dich in dieser Zeit wohl oder übel hauptsächlich auf Mars konzentrieren müssen."


    Er erinnert sich an seine eigene Zeit als Discipulus, wo er darauf brannte, dem Mars zu dienen und bei der Sacerdos Mercuris lernen musste, dem Mercurius zu huldigen.


    "Aber wir können trotzdem mal im Tempel des Mercurius vorbeischauen und ein ihm gebührendes Opfer darbringen. Und es hindert dich natürlich auch niemand daran, dein eigenes privates Kultleben nach ihm auszurichten."

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