[Forum Augustum] Templum Martis Ultoris

  • "Das hat man mir nicht gesagt, aber im Grunde wird es für die Ausbildung, die Du bei mir erhalten wirst, keinen großen Unterschied machen - wir werden uns einfach ein wenig mehr auf den Kult der beiden Göttinnen konzentrieren, vielleicht fällt Dir dann die Entscheidung leichter, sie muss nicht heute oder morgen gefällt werden," erklärte ich und atmete tief ein, als wir gegen die schwüle Hitze Roms wie gegen eine Wand aus Wärme liefen. Die Tempel waren immer so angenehm kühl, dass man den Unterschied einmal mehr und deutlich bemerkte, wenn man sie wieder verließ. Vielleicht suchten sich deswegen immer wieder junge Männer und Frauen den Dienst an den Göttern aus, damit sie der Gluthitze der urbs aeterna am Tage einigermaßen entkamen ... selbst Achaia kam mir in der Erinnerung deutlich kühler vor als das sich auf den Hochsommer vorbereitende Rom.


    Sie schien sicherer zu gehen, als wir hinaustraten, anscheinend war es richtig gewesen, das Innere des Tempels zu verlassen, vielleicht war sie auch nervös gewesen, ihrem zukünftigen Lehrer gegenüber zu treten, den sie nicht kannte und sich darob so einiges ausmalen mochte. Zumindest hatte ich die vage Hoffnung, nicht gänzlich wie ein furchtbarer Mensch gewirkt zu haben, immerhin war sie noch nicht schreiend weggelaufen - auch wenn das sicher interessant ausgesehen hätte und mir einen Blick auf ihre Rückseite ermöglicht hätte. "Was sollte falsch an dem Wunsch sein, alles kennenzulernen, um gut vorbereitet dann einst als sacerdos zu dienen?" erwiederte ich mit einem Lächeln auf den Lippen. "Je mehr Du lernst, je mehr Du Dich vorbereitest, desto mehr wird Deine Demut den Göttern dienen, ein Weg, den nur wenige zu beschreiten wissen, und noch wengie bestehen. Es wird einst Deine Aufgabe sein, eine Antwort für all die Fragen der Menschen zu wissen, die zu Dir kommen, weil sie Sorgen und Ängste bedrücken, und dies lernt man nur durch Erfahrung, durch immerwährenden Dienst und auch durch die Beobachtung anderer. Das Rüstzeug für die Prüfungen, denen Du Dich dann noch stellen musst, werde ich Dir mitgeben, Octavia Severa und ich hoffe, Du musst es dann nicht wie ich selbst machen, der für seine Opferprüfung im eigenen Haus übte und dem die Opfergaben abgehauen sind, bevor ich sie töten konnte - und eine riesige Blutlache im atrium hinterließen."


    Ich musste bei der Erinnerung unvermittelt grinsen, fast jungenhaft, denn wie ein großer Streich war es mir damals vorgekommen, während die Sklaven, die den Dreck wegmachen mussten, sich weit weniger amüsiert hatten. "Äh, wo waren wir?" Wenigstens hatte mich die Erinnerung von ihren Augen abgelenkt, aber ich merkte recht bald, dass ich gegen dieses Grün keine allzu große Chance hatte, so, wie sie mich ansah, so aufmerksam und interessiert. Vielleicht würde sie mich irgendwann ... neiiin, Aquilius, denk an Götter und Ferkel und sowas. "Ich denke nicht, dass Dein Herangehen an Deine Ausbildung ein Fehler ist, und sollte dies einer sein, wäre es ein Fehler, der so manchem sacerdos guttun würde, der sich nur mit Ach und Krach durch seine Prüfung mogeln kann. Wir werden mit Deiner Ausbildung also am morgigen Tage beginnen, so Du keine anderen Verpflichtungen hast."

  • In meiner spärlich gesäten freien Zeit wollte ich nun auch einmal die vielen Tempel besichtigen, die Rom für den Besucher bereithielt. Freudig betrat ich den Tempel des Mars, des Kriegsgottes der Römer. Hier würde ich wahrscheinlich keine tiefschürfenden Antworten finden, glaubten die Menschen doch schon seit Ewigkeiten an die Götter und würden sicher noch lange in ihren Träumen wandeln wollen. Doch ein Gespräch mit einem ihrer Priester konnte sicher nicht schaden. So ging ich durch den weitläufigen Tempel und erblickte auch eine große Statue dieses großen Gottes. Schmunzelnd betrachtete ich das Werk eines Künstlers.


    "Kann ich mit einem Priester sprechen?", fragte ich durch den Raum und ließ suchend meine Augen schweifen.

  • Die Zeit der schlimmsten Mittagshitze war gekommen, und naturgemäß flaute der Besucherstrom um diese Stunden ab - die wenigsten Römer drückten sich hierbei durch den Sonnenschein, und es blieb uns die Zeit, nach den vielen Opfern des Morgens, gründlich aufzuräumen. Als ich gerade eine der letzten Schalen mit Opferkeksen nach hinten brachte, in die Räumlichkeiten der Priester, in welchen meine Kollegen hungrig über die geopferten Gaben herfallen würden, vernahm ich die Stimme eines Besuchers, und da sich keiner der Tempeldiener bequemte, ihm zu antworten - faules Pack!, später würde es dafür sicherlich die entsprechende Abreibung geben - ging ich auf den älteren Mann zu und nahm mich seines Ansinnens an.


    "Salve - wie kann ich Dir helfen?" fragte ich ihn freundlich und betrachtete mein Gegenüber einige Momente lang genauer, rein von der Kleidung und dem Bartwuchs her war er wohl kein Römer, und das machte ihn zu einem besonderen Besucher. Gerade Mars wurde von Aussenstehenden, da er Roms Geschicke so sehr verkörperte, eher selten besucht und ich konnte eine gewisse Neugierde auf das Anliegen dieses Mannes nicht ganz verhehlen.

  • Die meisten Diener dieses Gottes drückten sich wohl vor der erbarmungslosen Mittagshitze und reagierten nicht auf meine Frage. Feine Diener hatte sich Mars da in sein Haus geholt. Meine zerschlissene Kleidung war so luftig gestaltet, dass mich die Hitze eher wenig störte. Aber einer von ihnen hatte wohl Erbarmen mit mir. Lächelnd wandte ich mich zu ihm um und musterte ihn meinerseits. Ein junger Erwachsener von muskulösem Körperbau und markantem Gesicht. Ein junger Adonis. Aber die liefen in Athen ja zuhauf herum. Aber ich wollte ihn nicht warten lassen und so trug ich mein Anliegen vor.


    "Chaire, werter Herr. Ich bin Theodorus von Corinthus. Ich bin schon länger auf Reisen und suche dabei nach einer gewissen Erkenntnis. Vielleicht kann ich sie ja hier finden. Sag mir, warum glaubst Du an die Götter, die auf dem forum ihre Behausungen haben?"

  • Ein Grieche also - was die Kleidung erklärte und auch die Neigung dazu, sich das Haupthaar im Gesicht wachsen zu lassen, eine Sache, die ich trotz einiger in Achaia verbrachter Jahre weder verstanden noch selbst ausgeübt hatte, die römische Rasur war mir dafür einfach zu sehr zum Teil meines Lebens geworden, auf den ich morgens ungern verzichtete, um mich sauber zu fühlen. Dass er allerdings gleich mit einer Glaubensfrage herauskam, bereitete mich innerlich auf eine lange und höchstwahrscheinlich ergebnislose Diskussion vor, wie es in Glaubensfragen oft der Fall war.
    "Willkommen im Haus des Mars, Theodorus von Corinthus - mein Name ist Caius Flavius Aquilius und ich bin einer der sacerdotes in diesem Tempel - und wenn es darum geht, mit einer Diskussion Deinen Gedanken eine Sichtweise aufzuzeigen, die Dir selbst vielleicht fremd sein sollte, will ich Dir gerne behilflich sein. Aber lass uns doch ein wenig abseits gehen, damit wir jene, die zum Zwiegespräch mit Vater Mars gekommen sind, nicht mit unseren Worten stören."


    Ich trat beiseite und machte eine einladende Geste zum hinteren Bereich des Tempels, ein officium war sicherlich um diese Zeit frei und konnte benutzt werden, tagsüber drückten sich die meisten Priester, genau wie ich, gern um Schreibarbeiten jeglicher Art. Während des Weges nahm ich indes den Gesprächsfaden wieder auf. "Ich glaube an die Götter aus mehreren Gründen - zum einen, wie Du sicher weisst, ist unser Volk sehr traditionsgebunden, ein öffentliches Leben ohne den Götterkult ist für einen Römer unvorstellbar, unser Kalender wird von den Feiertagen bestimmt, ebenso wie unser privates Sein. Die Götter und ihre Verehrung sind so sehr Teil unseres Lebens, dass die wenigsten Menschen den Glauben wirklich hinterfragen - mein persönlicher Grund zu glauben ist allerdings durch das Wissen getragen, dass die Götter existieren, dass ich Ihr Wirken bereits gespürt und gesehen habe."

  • Trotzdem wollte ich es dir nicht voranthalten, doch deine Worte erfreuen mich und bestätigen die Richtigkeit. Es ist so, dass diese Schritte meine ersten selbständigen Schritte sind. Es fällt mir schwer, weil ich weiß, meine Unsicherheit vor dem Mentor zu verbergen, wäre eine Sünde und ich bin im Verbergen nicht geübt sie lachte leise und ihre Fröhlichkeit blühte in ihren Augen auf NOCH nicht geübt. Ihr Blick wurde für einen Moment richtig schelmisch, wie bei einem Jungen, der gerade überlegte, wie er an den Topf mit Honig kommt, um dort das süße Zeug zu naschen. Flavius Aquilius führte sie in das Innere des Tempels. Severa machte die Hitze nicht zu schaffen, doch dieser Wechsel vom Heiß zum Kühl war zu extrem. Severa blieb stehen und drehte sich neugierig um, den Kopf ganz hoch in den Nacken geworfen, um die Form der Säulen und ihre Höhe zu bewundern. Der schlanke Hals zeigte sich von seiner wunderschönen Seite, angespannt, die feine seidige Haut und vor allem diese Verletzlichkeit. Ein Druck auf diese filligranen Knochen... die Schlagader...oder einfach die Lippen an diesem honigsüßen anbetungswürdigen Turm auf und ab wandern lassen, die Duft der Frische und der Unschuld genießen. Als er über Demut, Fragen und der Aufgabe der Priester sprach, bannte eine Frage in ihr Hast du nie selbst Zweifel gehabt? Als sie seinen Blick sah, präzesierte sie sich Zweifel nicht am Glauben, nein, sondern, ob du diesen Glauben richtig an die Menschen weitergibst. Das ist meine große Angst. Nicht, dass ich die Prüfungen nicht ablege, oder dass ich die Opferritualle vollziehe, sondern, ob ich es schaffe, den Suchenden Trost und Antwort zu spenden. aber bis dahin ist noch ein langer Weg. Vielleicht im Laufe der Zeit werde ich diese Angst los, oder sie bringt mich dazu zu verstehen, wo meine Aufgabe ist.


    Mit dem Ferkel fand sie gar nicht so komisch, im Gegenteil, sie schien sogar verärgert zu sein. Es gab die wahrscheinlich gewünschte Reaktion auf diese Erzählung nicht. Severas Augen entzogen sich seinem Blick. Armer Ferkel. seufzte Severa und entschied, den Trick von Batschachi, den Sklaven auf dem Gut ihrer Familie zu verwenden. Sie nannte ihn so, weil er laut und nieste und es sich wie ba-atsch-a-chi anhörte . Also hatte Severa ihn Batschachi genannt. Er war der kleinen Domina nicht böse, im Gegenteil. Er zeigte Severa einen Trick, mit welchem - besonders klappte das mit den Hünnern - er die Tiere in einen Zustand der Starre versetzte. "Pssst, kleine Severa, die Tiere schlafen. Mach sie nicht wach". Ihr interessierter Blick verfolgte Flavius Aquilius und als er über den morgigen Tag sagte, schimmerte die grüne Farbe mit kleinen dankbaren Bernsteinfunken. Ich werde pünktlich da sein. Was soll ich noch mitbringen, außer meiner Neugier, Fleiß und Geduld? Ihre Lippen öffneten sich zu ihm schon bekannten Lächeln. Doch schon hörte sie, wie ein alter Mann mit dem Bart, kein Römer, darauf brauchte Severa nicht einmal zu wetten, fragte nach einem Priester. Sie hätte so gern bei diesem Gespräch dabei gewesen, aber doch scheu, Flavius Aquilius danach zu fragen.

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius
    Ein Grieche also - was die Kleidung erklärte und auch die Neigung dazu, sich das Haupthaar im Gesicht wachsen zu lassen, eine Sache, die ich trotz einiger in Achaia verbrachter Jahre weder verstanden noch selbst ausgeübt hatte, die römische Rasur war mir dafür einfach zu sehr zum Teil meines Lebens geworden, auf den ich morgens ungern verzichtete, um mich sauber zu fühlen. Dass er allerdings gleich mit einer Glaubensfrage herauskam, bereitete mich innerlich auf eine lange und höchstwahrscheinlich ergebnislose Diskussion vor, wie es in Glaubensfragen oft der Fall war.
    "Willkommen im Haus des Mars, Theodorus von Corinthus - mein Name ist Caius Flavius Aquilius und ich bin einer der sacerdotes in diesem Tempel - und wenn es darum geht, mit einer Diskussion Deinen Gedanken eine Sichtweise aufzuzeigen, die Dir selbst vielleicht fremd sein sollte, will ich Dir gerne behilflich sein. Aber lass uns doch ein wenig abseits gehen, damit wir jene, die zum Zwiegespräch mit Vater Mars gekommen sind, nicht mit unseren Worten stören."


    Ich trat beiseite und machte eine einladende Geste zum hinteren Bereich des Tempels, ein officium war sicherlich um diese Zeit frei und konnte benutzt werden, tagsüber drückten sich die meisten Priester, genau wie ich, gern um Schreibarbeiten jeglicher Art. Während des Weges nahm ich indes den Gesprächsfaden wieder auf. "Ich glaube an die Götter aus mehreren Gründen - zum einen, wie Du sicher weisst, ist unser Volk sehr traditionsgebunden, ein öffentliches Leben ohne den Götterkult ist für einen Römer unvorstellbar, unser Kalender wird von den Feiertagen bestimmt, ebenso wie unser privates Sein. Die Götter und ihre Verehrung sind so sehr Teil unseres Lebens, dass die wenigsten Menschen den Glauben wirklich hinterfragen - mein persönlicher Grund zu glauben ist allerdings durch das Wissen getragen, dass die Götter existieren, dass ich Ihr Wirken bereits gespürt und gesehen habe."


    Ich nickte ihm zu und folgte dem jungen Mann dann in sein officium. Während ich noch die Tür hinter mir schloss, dachte ich über den Sinn seiner Worte nach. Der Götterglauben war im Alltag der Menschen tief verwurzelt, das wusste ich. Auch andere Griechen, selbst hochgebildete Gelehrte, betrachteten den Glauben nicht so skeptisch wie ich, ja sie dachten nicht darüber nach, weil es ihnen so alltäglich wie die regelmäßigen Mahlzeiten erschien. Soweit konnte ich Aquilius folgen und es ergab auch Sinn für diese Menschen. Der Glaube gab ihnen Halt und war für sie universelle Erklärung von nicht erklärbaren Rätseln der Natur. Ich als Grieche wusste jedoch um die Erklärung vieler Rätsel und daher entzauberte es so manch faulen Zauber der angeblichen Götter. Aber die Menschen sollten glauben, was sie wollten. Dann jedoch sagte der junge Mann etwas, das mich erstaunte. Er wollte das Wirken der Götter selbst gesehen haben? Das ergab für mich keinen Sinn.


    "Es freut mich sehr, Deine Bekanntschaft zu machen, Flavius Aquilius!", sprach ich freundlich, nachdem ich die Tür geschlossen hatte und ihn wieder ansah.


    "Das Wirken der Götter ist also wahrhaftig? Ich als Philosoph und Naturwissenschaftler kann das nur bedingt glauben. Gewisse Dinge in der Natur sind doch erklärbar, nicht wahr?"


    Ich überlegte noch etwas, dann fiel mir plötzlich sein Familienname ein.


    "Sucht Deine Gens noch immer einen paedagogus?"

  • Zitat

    Original von Octavia Severa
    Trotzdem wollte ich es dir nicht voranthalten, doch deine Worte erfreuen mich und bestätigen die Richtigkeit. Es ist so, dass diese Schritte meine ersten selbständigen Schritte sind. Es fällt mir schwer, weil ich weiß, meine Unsicherheit vor dem Mentor zu verbergen, wäre eine Sünde und ich bin im Verbergen nicht geübt sie lachte leise und ihre Fröhlichkeit blühte in ihren Augen auf NOCH nicht geübt. Ihr Blick wurde für einen Moment richtig schelmisch, wie bei einem Jungen, der gerade überlegte, wie er an den Topf mit Honig kommt, um dort das süße Zeug zu naschen. Flavius Aquilius führte sie in das Innere des Tempels. Severa machte die Hitze nicht zu schaffen, doch dieser Wechsel vom Heiß zum Kühl war zu extrem. Severa blieb stehen und drehte sich neugierig um, den Kopf ganz hoch in den Nacken geworfen, um die Form der Säulen und ihre Höhe zu bewundern. Der schlanke Hals zeigte sich von seiner wunderschönen Seite, angespannt, die feine seidige Haut und vor allem diese Verletzlichkeit. Ein Druck auf diese filligranen Knochen... die Schlagader...oder einfach die Lippen an diesem honigsüßen anbetungswürdigen Turm auf und ab wandern lassen, die Duft der Frische und der Unschuld genießen. Als er über Demut, Fragen und der Aufgabe der Priester sprach, bannte eine Frage in ihr Hast du nie selbst Zweifel gehabt? Als sie seinen Blick sah, präzesierte sie sich Zweifel nicht am Glauben, nein, sondern, ob du diesen Glauben richtig an die Menschen weitergibst. Das ist meine große Angst. Nicht, dass ich die Prüfungen nicht ablege, oder dass ich die Opferritualle vollziehe, sondern, ob ich es schaffe, den Suchenden Trost und Antwort zu spenden. aber bis dahin ist noch ein langer Weg. Vielleicht im Laufe der Zeit werde ich diese Angst los, oder sie bringt mich dazu zu verstehen, wo meine Aufgabe ist.


    "Für Deine ersten selbständigen Schritte gehst Du sie aber mit viel Elan und Zuversicht an - ich bin mir sicher, dass Du Deinen Weg machen wirst, Octavia Severa, und wenn ich Dir dabei helfen kann, will ich es gerne tun," meinte ich lächelnd und versuchte, den Blick ausschließlich in ihr Gesicht gerichtet zu halten. Es war schon schwer genug, ihre grünen Augen nicht anzustarren, die so lebendig funkelten, dass sie nun den Kopf zurücklegte, um in die Höhe zu blicken, empfand ich als eine unfaire Geste einer ohnehin schon verlockenden jungen Frau, auch wenn sie nicht ahnen konnte, wie ihre Gegenwart auf mich wirkte. Fast war ich verlockt, mit einer Hand ihren weich schimmernden Hals entlang zu tasten, aber ich verschränkte stattdessen die Hände auf dem Rücken ineinander und hielt mich aufrecht, um nicht zu weit meinen Gedanken zu folgen.


    "Zweifel ..." folgte ich ihren Worten und atmete leise ein. "Zweifel hat man wohl immer, bei vielen Dingen, die man im Leben tut, aber in einer Sache hatte ich niemals Zweifel - sobald ich vor Vater Mars stehe, in Seinem Haus, vor Seinem Abbild, weiss ich, dass ich richtig gehandelt habe, denn Er heißt mich immer willkommen, in den dunklen wie in den hellen Stunden. Ich habe ihn oft aufgesucht, wenn ich mir keinen Rat mehr wusste, und Er war immer für mich da. Diese Gewissheit ist es letztendlich, die wir versuchen, den Menschen zu vermitteln, und diese Gewissheit wächst erst über die Jahre hinweg. Bis dahin ist es meistens der beste Weg, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen und zu versuchen, ihnen so gut zu helfen, wie es Dir möglich ist."


    Zitat

    Original von Octavia SeveraMit dem Ferkel fand sie gar nicht so komisch, im Gegenteil, sie schien sogar verärgert zu sein. Es gab die wahrscheinlich gewünschte Reaktion auf diese Erzählung nicht. Severas Augen entzogen sich seinem Blick. Armer Ferkel. seufzte Severa und entschied, den Trick von Batschachi, den Sklaven auf dem Gut ihrer Familie zu verwenden. Sie nannte ihn so, weil er laut und nieste und es sich wie ba-atsch-a-chi anhörte . Also hatte Severa ihn Batschachi genannt. Er war der kleinen Domina nicht böse, im Gegenteil. Er zeigte Severa einen Trick, mit welchem - besonders klappte das mit den Hünnern - er die Tiere in einen Zustand der Starre versetzte. "Pssst, kleine Severa, die Tiere schlafen. Mach sie nicht wach". Ihr interessierter Blick verfolgte Flavius Aquilius und als er über den morgigen Tag sagte, schimmerte die grüne Farbe mit kleinen dankbaren Bernsteinfunken. Ich werde pünktlich da sein. Was soll ich noch mitbringen, außer meiner Neugier, Fleiß und Geduld? Ihre Lippen öffneten sich zu ihm schon bekannten Lächeln. Doch schon hörte sie, wie ein alter Mann mit dem Bart, kein Römer, darauf brauchte Severa nicht einmal zu wetten, fragte nach einem Priester. Sie hätte so gern bei diesem Gespräch dabei gewesen, aber doch scheu, Flavius Aquilius danach zu fragen.


    Die Ferkelgeschichte war anscheinend nicht so gut angekommen, aber bei einer Frau wunderte es mich auch nicht wirklich, die wenigsten opferten gern selbst, wenn es an das blutige Arbeiten ging - in sofern übersprang ich das Thema einfach und schmunzelte dann auf ihre Frage hin leicht. "Nun, eine Wachstafel und ein stilus wären sicherlich auch nicht schlecht, damit Du wichtige Punkte notieren kannst - aber ansonsten brauchst Du nichts. Wir werden erst ein wenig Theorie machen, dann nehme ich Dich in den Tempel mit und wir werden uns mit der Praxis beschäftigen." Dieses Lächeln, hoffentlich war mein Kopf morgen klarer, sonst würde ich mich nicht konzentrieren können. Frauen sollte es in manchen Augenblicken einfach verboten sein zu lächeln ..


  • Ich bot ihm einen der Holzstühle mit Lederbespannung an, auf denen wir unsere Besucher für gewöhnlich empfingen, und setzte mich selbst ihm gegenüber, ein Sklave blickte auch gleich durch die Tür herein und entfernte sich, nachdem ich Wein und Wasser bestellt hatte - wen man schon einen Gast hatte, musste man ihn auch angemessen bewirten.
    "Nun, ich denke, was die Existenz der Götter angeht, lassen sich zwei Wege beschreiten - der eine wird in allem, was durch Götter gewirkt wird und uns als das Wirken der Götter erscheint, eine natürliche Ursache erblicken und sie sicherlich auch wohlbegründet erklären können, was dafür spricht, wie weit sich die Wissenschaften entwickelt haben, wie gut wir fähig sind, mit Logik und Verstand bestimmten Rätseln auf den Grund zu gehen. Der andere wird das Problem emotional angehen anstatt des Rationalen, und vehement verteidigen, dass das Wirken der Götter in allem zu sehen ist und in manchem besonders stark ... ich gebe zu, bei vielem fällt es mir schwer, einen speziellen göttlichen Willen erkennen zu wollen, doch in manchen Augenblicken bin ich mir vollkommen sicher, dass die Götter existieren und sich um uns kümmern."


    Eine kurze Pause ließ ich einkehren, um dann fortzufahren: "An manchen Morgen, an denen ich in diesen Tempel gehe, um meinen Dienst zu tun, habe ich die Gelegenheit, den Sonnenaufgang zu bewundern, dieses vollkommene, atemberaubende Spiel der Farben am Himmel, das stattfindet, als existierten wir nicht, als sei es vollkommen unwichtig, ob wir überhaupt existieren, denn wir sind für die Perfektion dieser Pracht absolut nicht notwendig. Die Natur ist zu so viel Perfektion fähig, und diese erkennen zu dürfen, in Atem gehalten davor zu stehen und unfähig zu sein, mit Worten alles zu fassen, ist dies nicht ein Augenblick, in dem man dem Göttlichen so nahe ist wie niemals sonst? Die Natur mag auf logischen Prinzipien fußen, doch woher stammen sie, woher ist diese alles umfassende Ordnung? Ich kann nicht glauben, dass sie sich einfach so erschaffen hat."
    Mit der Frage nach dem paedagogus erwischte er mich allerdings auf dem falschen Fuß. "Ähm. Wer aus meiner Familie sucht denn einen paedagogus? Vielleicht Flavius Aristides?"

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius


    Ich bot ihm einen der Holzstühle mit Lederbespannung an, auf denen wir unsere Besucher für gewöhnlich empfingen, und setzte mich selbst ihm gegenüber, ein Sklave blickte auch gleich durch die Tür herein und entfernte sich, nachdem ich Wein und Wasser bestellt hatte - wen man schon einen Gast hatte, musste man ihn auch angemessen bewirten.
    "Nun, ich denke, was die Existenz der Götter angeht, lassen sich zwei Wege beschreiten - der eine wird in allem, was durch Götter gewirkt wird und uns als das Wirken der Götter erscheint, eine natürliche Ursache erblicken und sie sicherlich auch wohlbegründet erklären können, was dafür spricht, wie weit sich die Wissenschaften entwickelt haben, wie gut wir fähig sind, mit Logik und Verstand bestimmten Rätseln auf den Grund zu gehen. Der andere wird das Problem emotional angehen anstatt des Rationalen, und vehement verteidigen, dass das Wirken der Götter in allem zu sehen ist und in manchem besonders stark ... ich gebe zu, bei vielem fällt es mir schwer, einen speziellen göttlichen Willen erkennen zu wollen, doch in manchen Augenblicken bin ich mir vollkommen sicher, dass die Götter existieren und sich um uns kümmern."


    Eine kurze Pause ließ ich einkehren, um dann fortzufahren: "An manchen Morgen, an denen ich in diesen Tempel gehe, um meinen Dienst zu tun, habe ich die Gelegenheit, den Sonnenaufgang zu bewundern, dieses vollkommene, atemberaubende Spiel der Farben am Himmel, das stattfindet, als existierten wir nicht, als sei es vollkommen unwichtig, ob wir überhaupt existieren, denn wir sind für die Perfektion dieser Pracht absolut nicht notwendig. Die Natur ist zu so viel Perfektion fähig, und diese erkennen zu dürfen, in Atem gehalten davor zu stehen und unfähig zu sein, mit Worten alles zu fassen, ist dies nicht ein Augenblick, in dem man dem Göttlichen so nahe ist wie niemals sonst? Die Natur mag auf logischen Prinzipien fußen, doch woher stammen sie, woher ist diese alles umfassende Ordnung? Ich kann nicht glauben, dass sie sich einfach so erschaffen hat."
    Mit der Frage nach dem paedagogus erwischte er mich allerdings auf dem falschen Fuß. "Ähm. Wer aus meiner Familie sucht denn einen paedagogus? Vielleicht Flavius Aristides?"


    Ich hörte dem jungen Priester aufmerksam zu und fand ihn recht sympathisch. Er beharrte nicht so fanatisch auf den Ideen seiner Religion wie andere seiner Art. Ich hatte nichts gegen den Glauben, aber ich hatte etwas gegen Fanatiker. Lächelnd nickte ich hier und da, gab mit einem "Hm, ja..." meine geistige Aufmerksamkeit kund und fand den Vortrag sehr spannend.


    "Du wägst gut ab, das gefällt mir. Es stimmt, dass die einen rational-wissenschaftlich denken und die anderen emotional-religiös. Aber sie alle leben dasselbe Leben und sollen dieselbe Toleranz genießen. Entschuldig also bitte, wenn ich dich angegriffen haben sollte mit meinen Fragen. Ich bin jedoch jemand, der das Ganze kritisch betrachtet.


    Mit Deiner Ausführung der Natur bin ich sehr einverstanden. Der Mensch selbst ist nichts gegen die Schönheit der Natur, die uns umgibt. Weißt Du, warum ich die Armut und nicht den Reichtum einer verstaubten Bibliothek in Athen gewählt habe? Ich sehe das Leben und die Natur als wunderschön an. Ich genieße jeden Augenblick und bin für jedes Geschenk dankbar, dass mir die Natur zuteil werden lässt. Ich denke die Religion funktioniert ähnlich, eben mit dem Unterschied, dass hier nicht das Natürliche, sondern das Übernatürliche angebetet wird. Und ich habe damit kein Problem.


    Doch eine bohrende Frage macht mich seit langem halb wahnsinnig: Existieren wir wirklich? Alles was wir sehen, ist von unseren Sinneswahrnehmungen beeinflusst. Und die sind auch nicht untrübsam. Deswegen zweifle ich an sovielen Dingen, auch an meiner Existenz.


    Zweitens die Frage nach dem Sinn dessen, was wir hier tun. Eigentlich vergehen wir, ohne etwas Bleibendes zu hinterlassen. Natürlich erinnern sich unsere Kinder und Kindeskinder an uns, was aber ist danach? Endet nicht alles später in Sternenstaub? Schon Achilles wählte den Weg des Ruhmes vor einem normalen Leben. Aber auch sein Andenken wird irgendwann verloschen sein. Ich frage dich also noch einmal: wofür leben wir?"


    Nach diesen Worten nahm ich ein wenig Zeit zum Verschnaufen und nippte am Wein, der mittlerweile gebracht worden war. Als ich meine weiteren Worte im Geiste gesammelt hatte, setzte ich fort.


    "Allein diese Fragen haben mich in all den Jahren weite Strecken zu Fuß zurücklegen lassen. Vielleicht verdanke ich dieser ewigen Suche auch ein wenig meine verbliebene körperliche und geistige Leistungsfähigkeit....


    Übrigens, zur Frage des paedagogus..."


    Ich reichte ihm eine Kopie des Aushangs, der auf dem Markt zu sehen war.

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius
    "Nun, eine Wachstafel und ein stilus wären sicherlich auch nicht schlecht, damit Du wichtige Punkte notieren kannst - aber ansonsten brauchst Du nichts. Wir werden erst ein wenig Theorie machen, dann nehme ich Dich in den Tempel mit und wir werden uns mit der Praxis beschäftigen." Dieses Lächeln, hoffentlich war mein Kopf morgen klarer, sonst würde ich mich nicht konzentrieren können. Frauen sollte es in manchen Augenblicken einfach verboten sein zu lächeln ..


    Also war das wie eine Anweisung zu nehmen, erst morgen wieder hier zu erscheinen. Severa spürte innerlich den Widerstand. Sie wollte nicht gehen. Doch die andere Stimme riet ihr, sich zu fügen. Ich danke dir für die Zeit, die du für mich genommen hast und noch nehmen wirst. Ich werde noch heute eine Bibliothek aufsuchen und auch die Bibliothek der Casa Octavia wird nun von mir auch nicht mehr sicher. Ihr Lachen war angenehm, weder laut noch leise. Sie hatte es nicht vor, sich zu genieren und die falsche Scheu zu zeigen. Könntest du mir vielleicht was empfehlen? Es war ihr peinlich zu sagen, dass sie im Prinzip zu wenig bis jetzt gelesen hatte. Zum ersten Mal bereute Severa die mangelnde Erziehung. Sie hörte lieber Geschichten von einem anderen erzählt, als diese selbst zu lesen. Die leichte Röte legte sich auf die Wangen und der Schmollmund mit weichen vollen Lippen öffnete sich leicht, so angespannt wartete sie auf die Worte ihres neuen Mentors.


  • Für einige Momente lang fühlte ich mich zurückversetzt in jene goldene Zeit, in der ich als unwilliger Schüler der Rhetorik die meiste Zeit meiner Ausbildung damit verbracht hatte, auf den Stufen der agora in Athen den Philosophen zuzuhören, in der ich die Diskussion dem geschriebenen Wort vorgezogen hatte, die Auseinandersetzung mit tausenderlei Meinungen mich Tag für Tag nach durchzechten Nächten wieder zurück zu den Philosophen geführt hatte, die auf höchst unterschiedliche Weise ihre Meinungen vertreten hatten. Und nun hatte mich ein Philosoph gefunden, hier in der dreckigen Hure Rom, und bot mir die geistige Vielfalt Achaias einmal mehr an. Ich konnte nicht anders, ich fühlte mich mit diesem Gespräch und diesem Gegenüber ziemlich wohl, auf eine geistige Art und Weise, die sich seit langem nicht mehr ergeben hatte.


    "Du hast mich nicht angegriffen, keineswegs. Es ist doch das Grundprinzip einer Diskussion, dass man mit verschiedenen Meinungen beginnt und versucht, die des anderen zu erkunden, um die eigene zu vertiefen und weitere Ideen in sie aufzunehmen - wärest Du zu mir gekommen, um sogleich über die Götter zu schimpfen und die römische Religion zu verunglimpfen, wären wir sicherlich ganz anders miteinander verfahren." Achtkantig rausgeschmissen hätte ich ihn, aber das musste man ja auch nicht so direkt sagen. "Was die Frage der tatsächlichen Existenz angeht, denke ich doch, wir existieren, denn im Gegenzug müsste man wohl fragen: Wieso existieren wir nicht, gibt es irgendeinen Beweis dafür, dass wir nichtexistent sind? Und solange diese thesis nicht in irgendeiner Form verifiziert ist, müssen wir wohl mit dem status quo einer Existenz klarkommen, auch wenn wir sie nicht ohne unsere Sinneswahrnehmung beschreiben können. Vielleicht ist auch das ein Sinn unserer Existenz, dass wir stets kritisch hinterfragen, was und wo wir sind, wohin uns unsere Wege führen können und vor allem, warum wir sie beschreiten."


    Sinnierend nahm ich einen Schluck Wein aus dem einfachen Becher und fuhr mit meinem Gedanken fort: "Ich denke, wir leben, um die Existenz des Lebens in einem immerwährenden Kreislauf, eingebettet in die Perfektion der Natur, weiterzuführen. Wir sind zwar bei weitem nicht die perfekteste Schöpfung inmitten dieser Umgebung, aber doch sind wir fähig zu schöpfen, was einem Tier oder einer Pflanze ausser bei der Fortpflanzung, bei der es um Nachkommen und deren Schaffung geht, nicht gegeben ist. Denk an die Kunst, an die Poesie, an die Philosophie - ist nicht dies der essentielle Lebensfunken, den man uns schenkte, und der restlichen Natur nicht?"



    Ich betrachtete die Kopie und seufzte innerlich, denn der Aushang war absolut typisch für meine Familie, kein Hinweis auf den Ersteller ausser dem Familiennamen - doch da ausser Arrecina und Serenus keine Jugendlichen in der Villa wohnten, vermutete ich schlichtweg Aristides hinter dem Machwerk und runzelte die Stirn: "Nun, ich kann Dir nur raten, es auf jeden Fall zu versuchen - und sollte dieser Posten nicht mehr zur Disposition stehen, sollst Du gern für eine Weile mein Gast sein, denn die Zeiten, in denen ich zur philosophischen Diskussion kam, sind schon eine Weile her, auch mein Vetter Gracchus wird sich sicherlich gerne zu einer Gesprächsrunde gesellen."

  • Zitat

    Original von Octavia Severa
    Also war das wie eine Anweisung zu nehmen, erst morgen wieder hier zu erscheinen. Severa spürte innerlich den Widerstand. Sie wollte nicht gehen. Doch die andere Stimme riet ihr, sich zu fügen. Ich danke dir für die Zeit, die du für mich genommen hast und noch nehmen wirst. Ich werde noch heute eine Bibliothek aufsuchen und auch die Bibliothek der Casa Octavia wird nun von mir auch nicht mehr sicher. Ihr Lachen war angenehm, weder laut noch leise. Sie hatte es nicht vor, sich zu genieren und die falsche Scheu zu zeigen. Könntest du mir vielleicht was empfehlen? Es war ihr peinlich zu sagen, dass sie im Prinzip zu wenig bis jetzt gelesen hatte. Zum ersten Mal bereute Severa die mangelnde Erziehung. Sie hörte lieber Geschichten von einem anderen erzählt, als diese selbst zu lesen. Die leichte Röte legte sich auf die Wangen und der Schmollmund mit weichen vollen Lippen öffnete sich leicht, so angespannt wartete sie auf die Worte ihres neuen Mentors.


    Ihr Lachen empfand ich als angenehm, nicht gekünstelt wie das so vieler Frauen, eher geradeheraus und offen, als würde sie wirklich lachen wollen. In Rom gab es so viele geschickte Lügner, dass ich mir oft genug nicht sicher war, ob die gezeigten Emotionen der Wirklichkeit entsprachen, aber bei diesem warmen Lachen war ich mir ziemlich sicher - und es stand ihr gut, ließ die grünen Augen leuchten.
    "Hmm ... grundsätzliche Literatur über den Götterglauben wäre natürlich nicht schlecht, aber ich denke, was Dir für den Weg als sacerdos mehr bringt, beschäftigt sich mit dem Menschen an sich und nicht alleine mit den Göttern. Versuche es einmal mit Ovid - die ars amatoria empfand ich immer als ein sehr interessantes Werk über die Seele des Menschen. Sicherlich, die Passagen über die praktische Liebeskunst selbst kannst Du überspringen, versuche einmal herauszufinden, von welchem Standpunkt aus Ovid über die Liebe spricht und was sich aus diesem Standpunkt her ableiten lässt."


    Sim-Off:

    Ein wirklich empfehlenswertes Werk, wenn man die Denkweise der Antike zum Thema Liebe und Sexualität einmal erfahren möchte ;)

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius
    Für einige Momente lang fühlte ich mich zurückversetzt in jene goldene Zeit, in der ich als unwilliger Schüler der Rhetorik die meiste Zeit meiner Ausbildung damit verbracht hatte, auf den Stufen der agora in Athen den Philosophen zuzuhören, in der ich die Diskussion dem geschriebenen Wort vorgezogen hatte, die Auseinandersetzung mit tausenderlei Meinungen mich Tag für Tag nach durchzechten Nächten wieder zurück zu den Philosophen geführt hatte, die auf höchst unterschiedliche Weise ihre Meinungen vertreten hatten. Und nun hatte mich ein Philosoph gefunden, hier in der dreckigen Hure Rom, und bot mir die geistige Vielfalt Achaias einmal mehr an. Ich konnte nicht anders, ich fühlte mich mit diesem Gespräch und diesem Gegenüber ziemlich wohl, auf eine geistige Art und Weise, die sich seit langem nicht mehr ergeben hatte.


    "Du hast mich nicht angegriffen, keineswegs. Es ist doch das Grundprinzip einer Diskussion, dass man mit verschiedenen Meinungen beginnt und versucht, die des anderen zu erkunden, um die eigene zu vertiefen und weitere Ideen in sie aufzunehmen - wärest Du zu mir gekommen, um sogleich über die Götter zu schimpfen und die römische Religion zu verunglimpfen, wären wir sicherlich ganz anders miteinander verfahren." Achtkantig rausgeschmissen hätte ich ihn, aber das musste man ja auch nicht so direkt sagen. "Was die Frage der tatsächlichen Existenz angeht, denke ich doch, wir existieren, denn im Gegenzug müsste man wohl fragen: Wieso existieren wir nicht, gibt es irgendeinen Beweis dafür, dass wir nichtexistent sind? Und solange diese thesis nicht in irgendeiner Form verifiziert ist, müssen wir wohl mit dem status quo einer Existenz klarkommen, auch wenn wir sie nicht ohne unsere Sinneswahrnehmung beschreiben können. Vielleicht ist auch das ein Sinn unserer Existenz, dass wir stets kritisch hinterfragen, was und wo wir sind, wohin uns unsere Wege führen können und vor allem, warum wir sie beschreiten."


    Sinnierend nahm ich einen Schluck Wein aus dem einfachen Becher und fuhr mit meinem Gedanken fort: "Ich denke, wir leben, um die Existenz des Lebens in einem immerwährenden Kreislauf, eingebettet in die Perfektion der Natur, weiterzuführen. Wir sind zwar bei weitem nicht die perfekteste Schöpfung inmitten dieser Umgebung, aber doch sind wir fähig zu schöpfen, was einem Tier oder einer Pflanze ausser bei der Fortpflanzung, bei der es um Nachkommen und deren Schaffung geht, nicht gegeben ist. Denk an die Kunst, an die Poesie, an die Philosophie - ist nicht dies der essentielle Lebensfunken, den man uns schenkte, und der restlichen Natur nicht?"


    Ich hörte dem jungen Mann aufmerksam zu. Wieder fühlte ich mich in die Tage in Athen zurückversetzt, wo mein alter Mentor und immer wieder eine Blume vorhielt und fragte: "Was ist das?"
    Wer antwortete, es sei eine Blume, bekam eins mit dem Stock übergebraten und durfte oft nächtelang über der Frage brüten und fand selbst dann nicht die gewünschte Antwort. Ich selbst verbrachte ein halbes Jahr damit, herauszufinden, warum der Alte nicht das Offensichtliche sah und meinte. Scheinbar gab es dahinter noch etwas. Und dann kam mir die Erkenntnis. Wir Menschen können nicht mit vollkommener Sicherheit sagen, dass wir eine Blume vor uns haben. Und so schickte er mich fort, da er nichts mehr zu lehren hatte. So begann meine Reise.


    "Ein gutes Argument. Man kann weder beweisen, dass man existiert, noch dass man es nicht tut. Beides hält sich die Waage. Doch letztlich denke ich doch, dass wir in einem inneren Gefängnis unserer Selbstbeschränktheit leben. Unsere Sinne könnten - wenn wir zu den Göttern zurückkehren - genauso gut von Iuppiter oder Mars beeinflusst sein. Vielleicht sind wir beide in Wirklichkeit alte Kröten, die sich schon seit Äonen über den Sinn des Daseins unterhalten, und wir merken es erst jetzt..."


    Bei dieser Vorstellung musste ich laut lachen. Wahrlich, es gab ja für mich keinen ersichtlichen Beweis, dass es nicht so war. Im Prinzip war das eher belustigend als deprimierend.


    "Dass wir in einem ewigen Kreislauf existieren, dem kann ich zustimmen. Jedoch halte ich uns Menschen nicht für etwas Besseres. Schau dir die Perfektion der Natur an und dann unsere barbarischen Werke. Ich als Grieche kann ein Lied davon singen. Wir wurden schon immer zwischen den Mächten herumgeworfen wie ein Ball zwischen spielenden Kindern. Aber das ist nicht gegen dich gerichtet, sondern es soll nur als anschauliches Beispiel dienen. Wir Menschen besitzen einen guten und einen schlechten Funken in uns. Welcher Funke jeweils das Feuer unserer Existenz am lodern hält, das ist schwer zu unterscheiden. Hingegen die Tiere sind mit der Unschuld ihres Geistes gesegnet. Sie leben instinktgesteuert in den Tag hinein und sind sich ihrer Taten nicht bewusst, weil es zu ihrem Leben gehört. Wir Menschen jedoch haben dieses Bewusstsein. Und das macht uns wiederum sehr verletzlich."


    Ich nahm meinen Becher, füllte ihn mit etwas Wein und tat einen großen Teil Wasser dazu. Mit viel Wein im Blut sinniert es sich schlecht.


    Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius
    Ich betrachtete die Kopie und seufzte innerlich, denn der Aushang war absolut typisch für meine Familie, kein Hinweis auf den Ersteller ausser dem Familiennamen - doch da ausser Arrecina und Serenus keine Jugendlichen in der Villa wohnten, vermutete ich schlichtweg Aristides hinter dem Machwerk und runzelte die Stirn: "Nun, ich kann Dir nur raten, es auf jeden Fall zu versuchen - und sollte dieser Posten nicht mehr zur Disposition stehen, sollst Du gern für eine Weile mein Gast sein, denn die Zeiten, in denen ich zur philosophischen Diskussion kam, sind schon eine Weile her, auch mein Vetter Gracchus wird sich sicherlich gerne zu einer Gesprächsrunde gesellen."


    Erfreut blickte ich Aquilius an und nickte eifrig.


    "Gern werde ich dein Gast sein, allein schon um diesen reizvollen Diskurs am Laufen zu halten. Wann endet deine Arbeit im Tempel denn?"


    Ich wollte ihm nicht zur Last fallen, aber so war es mir lieber, als mich wieder von ungehobelten Türwächtern anraunzen zu lassen oder womöglich gar nicht hineinzukommen.

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius
    "Hmm ... grundsätzliche Literatur über den Götterglauben wäre natürlich nicht schlecht, aber ich denke, was Dir für den Weg als sacerdos mehr bringt, beschäftigt sich mit dem Menschen an sich und nicht alleine mit den Göttern. Versuche es einmal mit Ovid - die ars amatoria empfand ich immer als ein sehr interessantes Werk über die Seele des Menschen. Sicherlich, die Passagen über die praktische Liebeskunst selbst kannst Du überspringen, versuche einmal herauszufinden, von welchem Standpunkt aus Ovid über die Liebe spricht und was sich aus diesem Standpunkt her ableiten lässt."


    Sim-Off:

    Ein wirklich empfehlenswertes Werk, wenn man die Denkweise der Antike zum Thema Liebe und Sexualität einmal erfahren möchte ;)


    Was bringt mir ein Buch über die Liebe? Ich will nicht über die..über die Sexualität erfahren, sondern mehr über den Glauben, über seine tiefen Wurzeln. Ist das eine Einstellung? Ist das ein Gefühl? Es gibt so viele Fragen, so viel, was man lesen kann. Warum gerade Ovid? Severa wurde leicht wütend und die Augen funkelten zornig, was sie leider nur hübscher machten. Eine Eigenschaft, die nicht alle Frauen besitzen. Nicht, dass Severa dumm war, sie war nur ungeduldig, eine nicht gerade octavianische Eigenschaft, wie ihr Großonkel Detritus sagen würde. Sie verstand Flavius Aquilius einfach nicht. Bei ihr stand gleich das Bild, dass sie mit der geschlechtlichen Liebe auseinandersetzen mußte, noch mehr, sie verstand es so, als ob der Priester dabei ihr ihre Unerfahrenheit und Unwissenheit vorwarf. Stattdessen seinen Worten bis zuletzt zuzuhören, hackte dieses "Sicherlich, die Passagen über die praktische Liebeskunst selbst kannst Du überspringen" in ihrem Kopf und blockierte alles. Wahrscheinlich verstand Aquilius selbst nicht, was Severa dazu brachte, so zornig zu sein. Er spürte regelrecht, wie die Wut den Besitz über ihr Denken ergriff. Ihre feinen Nasenflügel zitterten niedlich. Nach und nach beruhigte sich Severa. Sie lief rot. Ihr Benehmen war wieder nicht akzeptabel und Detritus hätte seine spöttische Bemerkungen, die eigentlich nur in seinem Inneren liefen. Er war zu gemütlich oder auch zu erzogen, oder auch zu gleichgültig, um sie auszusprechen. Aber vielleicht wollte er einfach die junge Dame nicht in eine konfuse Situation bringen. Verzeih für meine.. für meinen Ausbruch murmelte Severa letztendlich. Ich bin doch zu aufgeregt und brauche ein wenig Zeit, um meine Gedanken zu beruhigen. Heute war ein zu ereignisreicher Tag. Ich hoffe, diese Nachsicht wirst du mir gewehren. Sie schaute fragend zu Flavius Aquilius.



  • "War es nicht die mächtige polis Athen, die einst selbst andere Städte wie einen Spielball nutzte, sie von sich abhängig machte, um dann als die größte aller Städte zu gelten und sagenhafte Kämpfe mit den Persern zu führen? War es nicht jene polis Athen, die damals als die fortschrittlichste, besonderste und philosophischste Stadt galt, die Geistesgrößten wie Sokrates und Platon, Aristoteles und viele andere hervorbrachte? Vielleicht gibt es für jede Stadt und jedes Volk ein Zeitalter ihrer Macht, und nun ist das Zeitalter der Römer, wie einst das Zeitalter der Athener war. Spuren jener einstigen Größe gibt es doch heute immernoch überall zu finden, und welches Volk wird nicht ob seines Wissens und seiner Bildung so bewundert wie das Deine? Ich glaube nicht, dass alles so gänzlich erloschen ist, wie es Dir scheinen mag, die Stärke der Truppen ist dcch nicht immer das wichtigste Kriterium zur Bewertung einer Zivilisation - bedenke die Besonderheit Aegyptens, das nun eine Provinz Roms ist und doch um so viele Jahrhunderte älter die Größe eines Reiches atmet, mit dessen Gottgleichheit wir uns kaum messen können,"
    hielt ich dagegen und gewann mehr und mehr Spaß an diesem Diskurs. Wie hatte ich es vermisst zu diskutieren, die Gedanken schweifen zu lassen und wieder einzufangen, wenn sie gar zu wild durch die Gegend fluteten.


    "Die Frage ist doch, würden wir zwischen Instikt und wachem Bewusstsein wählen können, was würden wir wählen? Würdest Du in der Unschuld Deiner Triebe leben wollen oder wäre Dir reflektiertes Handeln lieber? Sicher, es birgt mehr Fehler, aber doch umso mehr Erkenntnisse und Einsichten. Verletzlich zu sein und darob zu wissen bedeutet doch auch, sich gegen diese Form der Verletzlichkeit besonders zu wappnen, da man um seine Schwäche weiß, wie es die milites im Krieg ebenso tun, um zu überleben." Behutsam stellte ich meinen Becher Wein vor mir ab, da ich fühlte, dass er sich langsam in meinen Adern auszubreiten begann - ich konnte mich schließlich nicht am hellen Tage betrinken, nicht im Tempel - auch wenn ich vermutete, dass Mars mich verstehen würde. "Nun, ich werde wohl noch drei Stunden hier zu tun haben, aber nach Sonnenuntergang solltest Du mich in jedem Falle in der villa Flavia Felix antreffen können."

  • Zitat

    Original von Octavia Severa
    Was bringt mir ein Buch über die Liebe? Ich will nicht über die..über die Sexualität erfahren, sondern mehr über den Glauben, über seine tiefen Wurzeln. Ist das eine Einstellung? Ist das ein Gefühl? Es gibt so viele Fragen, so viel, was man lesen kann. Warum gerade Ovid? Severa wurde leicht wütend und die Augen funkelten zornig, was sie leider nur hübscher machten. Eine Eigenschaft, die nicht alle Frauen besitzen. Nicht, dass Severa dumm war, sie war nur ungeduldig, eine nicht gerade octavianische Eigenschaft, wie ihr Großonkel Detritus sagen würde. Sie verstand Flavius Aquilius einfach nicht. Bei ihr stand gleich das Bild, dass sie mit der geschlechtlichen Liebe auseinandersetzen mußte, noch mehr, sie verstand es so, als ob der Priester dabei ihr ihre Unerfahrenheit und Unwissenheit vorwarf. Stattdessen seinen Worten bis zuletzt zuzuhören, hackte dieses "Sicherlich, die Passagen über die praktische Liebeskunst selbst kannst Du überspringen" in ihrem Kopf und blockierte alles. Wahrscheinlich verstand Aquilius selbst nicht, was Severa dazu brachte, so zornig zu sein. Er spürte regelrecht, wie die Wut den Besitz über ihr Denken ergriff. Ihre feinen Nasenflügel zitterten niedlich. Nach und nach beruhigte sich Severa. Sie lief rot. Ihr Benehmen war wieder nicht akzeptabel und Detritus hätte seine spöttische Bemerkungen, die eigentlich nur in seinem Inneren liefen. Er war zu gemütlich oder auch zu erzogen, oder auch zu gleichgültig, um sie auszusprechen. Aber vielleicht wollte er einfach die junge Dame nicht in eine konfuse Situation bringen. Verzeih für meine.. für meinen Ausbruch murmelte Severa letztendlich. Ich bin doch zu aufgeregt und brauche ein wenig Zeit, um meine Gedanken zu beruhigen. Heute war ein zu ereignisreicher Tag. Ich hoffe, diese Nachsicht wirst du mir gewehren. Sie schaute fragend zu Flavius Aquilius.


    Herrjeh, da hatte ich mir aber eine streitbare junge Frau eingehandelt - aber es war mir nicht unrecht, denn mit stillen Jasagern konnte ich nicht viel anfangen, und ich würde es wohl nie können. Wahrscheinlich war das der Grund, wieso mich die Aussicht auf eine politische Karriere so erschreckte - zuviele Speichellecker um einen herum, denen man dann kaum mehr entkommen konnte.
    "Octavia Severa, wenn Du Menschen verstehen willst, musst Du bei ihren Grundbedürfnissen beginnen, nicht bei der süßen und klebrigen Nachspeise des zehngängigen Abendessens. Menschen werden von ihren Bedürfnissen geleitet, und ein jeder Mensch trägt dies in sich, ob er will, oder nicht. Nahrung, Wasser, Schlaf - um die wichtigsten zu nennen - halten den Menschen am Leben. Fortpflanzung sichert den Bestand unserer Art, wie es auch bei allen Tieren der Fall ist. Alles, was darüber hinaus geht, geistige Beschäftigungen, die Liebe zu den Musen, das Gefallen an Spiritualität, dies sind Dinge, die man zum Überleben nicht notwendig braucht, die sich aber immer wieder entwickeln, wenn genug Muße vorhanden ist - aber sie bauen auf dem Grundkonstrukt der befriedigten Bedürfnisse auf. Ein hungriger Magen taugt nicht zum lernen, verdurstest Du, kannst Du nicht denken, schläfst Du nicht, wirst Du nach kürzester Zeit keine Ruhe mehr finden, um zu studieren, stillst Du das Bedürfnis Deines Leibes nach Entspannung nicht, wirst Du ebenso ruhelos sein und Dich nicht auf das Wesentliche konzentrieren können. Bevor Du also Deinen Geist den Musen, dem Glauben und allem zuwendest, das uns vom bloßen Menschen zum bewußten Menschen erhebt, musst Du Dich mit dem beschäftigen, was den Menschen verwirren und hemmen kann - und dazu gehört auch der Umgang mit Gefühl und Begierden."


    Ich betrachtete sie eine Weile und schmunzelte innerlich - hatte sie mich denn so falsch verstanden? Dass eine Frau sich über die bloße Tatsache ärgerte, dass man sie mit Lesestoff über sinnliches Vergnügen konfrontieren konnte, war irgendwie sehr amüsant. "Es geht nicht darum, dass Du Dich mit der ars amatoria nun durch Rom begibst und versuchst, die Vorschläge anzuwenden, es geht darum, dass Du versuchst herauszufinden, von welchem persönlichen Standpunkt aus der Autor die Liebe, das Gefühlsleben des Menschen betrachtet, wie er vielleicht selbst empfunden haben muss, um zu schreiben, was er schrieb. Diese Methode ist eigentlich für jedes Schriftstück notwendig, um es sinnhaft zu reflektieren, aber Ovid macht es uns leicht und versteckt seine Ansichten nicht so sehr wie es vielleicht andere tun würden. Er ist, zumindest was das anbelangt, eine gute Lektüre für den Beginn - und wenn Du ernsthaft damit beginnen willst zu lernen, musst Du auch lernen, die eigenen Empfindungen zu einem bestimmten Thema zurückzustellen, damit sie nicht die wesentliche Information überdecken." Lächelnd blickte ich sie an, und wich auch ihrem Blick nicht aus, bis sich unser beider Blicke direkt treffen mussten, ihr grünblitzendes Funkeln von meinem Himmelblau reflektiert wurde. "Widersprechen darfst Du, solange Du Deine Meinung stichhaltig begründen kannst. Also, spricht nun immernoch so vieles gegen Ovid?"

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius

    "War es nicht die mächtige polis Athen, die einst selbst andere Städte wie einen Spielball nutzte, sie von sich abhängig machte, um dann als die größte aller Städte zu gelten und sagenhafte Kämpfe mit den Persern zu führen? War es nicht jene polis Athen, die damals als die fortschrittlichste, besonderste und philosophischste Stadt galt, die Geistesgrößten wie Sokrates und Platon, Aristoteles und viele andere hervorbrachte? Vielleicht gibt es für jede Stadt und jedes Volk ein Zeitalter ihrer Macht, und nun ist das Zeitalter der Römer, wie einst das Zeitalter der Athener war. Spuren jener einstigen Größe gibt es doch heute immernoch überall zu finden, und welches Volk wird nicht ob seines Wissens und seiner Bildung so bewundert wie das Deine? Ich glaube nicht, dass alles so gänzlich erloschen ist, wie es Dir scheinen mag, die Stärke der Truppen ist dcch nicht immer das wichtigste Kriterium zur Bewertung einer Zivilisation - bedenke die Besonderheit Aegyptens, das nun eine Provinz Roms ist und doch um so viele Jahrhunderte älter die Größe eines Reiches atmet, mit dessen Gottgleichheit wir uns kaum messen können,"
    hielt ich dagegen und gewann mehr und mehr Spaß an diesem Diskurs. Wie hatte ich es vermisst zu diskutieren, die Gedanken schweifen zu lassen und wieder einzufangen, wenn sie gar zu wild durch die Gegend fluteten.


    "Die Frage ist doch, würden wir zwischen Instikt und wachem Bewusstsein wählen können, was würden wir wählen? Würdest Du in der Unschuld Deiner Triebe leben wollen oder wäre Dir reflektiertes Handeln lieber? Sicher, es birgt mehr Fehler, aber doch umso mehr Erkenntnisse und Einsichten. Verletzlich zu sein und darob zu wissen bedeutet doch auch, sich gegen diese Form der Verletzlichkeit besonders zu wappnen, da man um seine Schwäche weiß, wie es die milites im Krieg ebenso tun, um zu überleben." Behutsam stellte ich meinen Becher Wein vor mir ab, da ich fühlte, dass er sich langsam in meinen Adern auszubreiten begann - ich konnte mich schließlich nicht am hellen Tage betrinken, nicht im Tempel - auch wenn ich vermutete, dass Mars mich verstehen würde. "Nun, ich werde wohl noch drei Stunden hier zu tun haben, aber nach Sonnenuntergang solltest Du mich in jedem Falle in der villa Flavia Felix antreffen können."


    Ich überhörte demonstrativ seine Annahme, Roms Größe würde jetzt die Athens in den Schatten stellen. Vielleicht hatten die Römer sich viel von uns abgeguckt, aber in ihrem Herz waren sie stinkende Viehhirten. Bei aller Toleranz, die ich mir anerzogen hatte, konnte ich das nicht tolerieren. So wurde ich etwas reservierter und mein Lächeln kalt.


    "Nun, ich möchte kein Urteil darüber fällen, ob Roms Zeit gekommen ist. Das sollen andere entscheiden...", erwiderte ich diplomatisch und nahm einen Schluck verdünnten Weines.


    "Sicher wird man mit klarem Bewusstsein sicherer durch die Welt gehen. Aber ich denke nicht, dass wir deswegen nicht weniger gespalten sind. Aber ich will Dich nicht weiter behelligen...", sagte ich warm lächelnd und stand auf.


    "Ich werde Dich sicher noch besuchen, darauf mein Wort."

  • Dieses vage Versteifen meines Gegenübers, als die Sprache auf die polis Athen kam, entging mir nicht, und auch nicht, dass der Redefluss meines Gegenübers tendenziell vorerst versiegt zu sein schien - aber so waren sie eben, die Achaier, kaum erinnerte man sie daran, dass ihre Zivilisation nun ein Teil eines mächtigeren imperiums war, wurden sie zugeknöpft bis unter die Barthaare. Aber ich hätte mich wohl nicht anders gefühlt, hätte man mir die Tatsache, dass mein eigenes Volk unterlegen war, bei einer Diskussion als Argument entgegen gehalten.
    "Du hast mich nicht aufgehalten, Theodorus von Corinthus, und ich würde mir manchmal wünschen, es kämen mehr Besucher mit dem Wunsch nach einer gelehrten Diskussion in den Tempel als jene, die nur Hilfe und Trost suchen. Sodenn freue ich mich darauf, Dich in der Villa Flavia begrüßen zu dürfen, wo wir unser Gespräch sicherlich gut fortsetzen können." Auch ich erhob mich, bereit, ihn hinaus zu begleiten, auch wenn ich kaum glaubte, dass man sich im Inneren dieses Tempels allzu sehr verirren konnte.

  • Gleich nach dem Gespräch mit ihrem Vater und Valerius Victor, hatte sie den Eid geleistet. Nun wollte sie den Mann aufsuchen , der ihr Lehrer sein würde. Sie betrat den Tempel ehrfürchtig und sah sich um.
    Immer noch wieder stieg ein Gefühl der Unsicherheit in ihr auf, ob sie dem allen gewachsen war. Dennoch fühlte sie auch stolz und Zuversicht, endlich würde ihr langweiliges und wie es ihr manchmal schien nutzloses Dasein,ein Ende haben.
    Kein Mensch war zu sehen an diesem Morgen im Tempel. Sollte sie einfach warten das Flavius Aquilius auftauchte oder wo konnte sie sich hinwenden?
    Sie ging ein paar Schrritte hin und her und sah in jede Nische. Ja sie würde warten, irgendwann würde er erscheinen und Geduld war eine der Tugenden in denen sie sich üben musste

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!