[Atrium] Der Innenhof

Valeria hatte genickt, als Darius vorschlug, germanisch mit Loki zu reden, und dann hatte sie einem vorbeikommenden Sklaven aufgetragen, Livianus zu holen (wenn er denn da war) und ein Gästezimmer herrichten zu lassen. Nun wandte sie sich wieder an die beiden ungleichen und doch gleichen Männer. Gerade sagte Darius ihren Namen und Valeria runzelte nur verständnislos die Stirn.
"Ähm...hm...hä?" machte sie verwirrt und sah die beiden an.

Kurze Zeit später betrat Livianus das Atrium und sah sich um. Tatsächlich! Da stand wirklich ein Cherusker in seinem Atrium und neben ihm Valeria und Darius. Er ging auf die Gruppe zu.

"Was ist denn hier los?!"

Darius grinste kurz Valeria an, da kam auch schon Livianus.

"Heil......Salve, Herr!
Dieser Germane gehört zu der Herrin! Er wurde anscheinend aus seinem Dorf vertrieben und im Tempel von der Herrin aufgegriffen!"

Er hoffte, dass war auch eine Erklärung für Valeria.

Livianus schien nicht begeistert. Valeria knirschte kurz mit den Zähnen und ging dann rasch auf ihren Großcousin zu.
"Ich kann dir das erklären", sagte sie.
"Das ist Loki. Er stand plötzlich vor dem Tempel, angeschossen mit einem Pfeil. Er kann im Tempel nicht bleiben und allein lassen wollte ich ihn auch nicht und...naja, die Wachen waren so nett und haben ihn durch gelassen..."
Sie dachte daran zurück, wie einer zum anderen geflüstert hatte, dass man ihr vertrauen könne, schließlich sei sie eine Decima, noch dazu schwanger und eine Priesterin.
"Er spricht nur sehr wenig Latein, aber was ich verstanden habe ist, dass er vor seinen eigenen Landsmännern geflohen ist. Bitte....schick ihn nicht weg."
Valeria sah Livianus an und bat stumm darum, dass er nett zu Loki war.

Mit kräftigem Schritt, direkt vom Eingang komend, betritt Tribun Tiberius Vitamalacus das Attrium. Blitzschnell erfasst er die anwesenden Personen, die Frau ist hochschwanger, wohl die Verwandte des Legatus, den Sklaven hatte der Tribun auch schon gesehen.
Den fremden Mann mustert der Tribun mit kaltem, misstrauischen Blick,... ein Cherusker mitten im Praetorium... Ganz automatisch legt sich die Hand des Tribuns auf den den Griff seines Gladius.

"Legatus ! " grüsst der Tribun militärisch knapp.

Teilweise verwundert, teilweise verärgert sah er zwischen den dreien hin und her, versuchte jedoch ruhig zu bleiben.

„Und da bringt ihr in zu mir ins Praetorium? Einen Cherusker? Einen Feind? Direkt in das Zentrum des Lagers und direkt zum Kommandanten der Legio?“

Er musterte den Mann und sah dann wieder zu Valeria und Darius.

„Was ist, wenn er ein Spion ist und mich töten möchte?“

Aus den Augenwinkeln konnte er den Tribunen sehen und das er die Hand auf sein Gladius legte. Livianus hob einhaltgebietend die Hand, ohne seinen Blick von Valeria abzuwenden.

Der Tribun nimmt die Hand vom Griff des Gladius, doch er bleibt wachsam. Er hatte noch die letzten Worte der Frau mitbekommen und innerlich schüttelt er den Kopf über die Naivität und Gutgläubigkeit der Verwandten des Legatus. Typisch Frau, denkt er sich.

Eines weiss der Tribun sicher : Die Wachen, welche sie so einfach mit dem Barbaren passieren haben lassen, werden ihre Nachlässigkeit in den nächsten Wochen beim Latrinendienst sicherlich bereuen.

Wachsam wartete der Tribun im Hintergrund ab.

Valeria schluckte.
"Ich..ähm...hm", machte Valeria und sah zu Boden. Daran hatte sie gar nicht gedacht. Loki wirkte so...friedlich und putzig. Sie hob den Blick wieder.
"Er war verwundet und er hat sicherlich keine bösen Absichten. Ich übernehme die Verantwortung für das, was er tut", sagte sie mit leichem Anflug von Trotz in der Stimme.

Loki beäugte den stattlich aussehenden Neuankömmling mit kritischem Blick, verstand durch das Verhalten Darius' und Valerias aber dass dies wohl der Mensch war auf den sie gewartet hatten... "Liwiahnus est?", flüsterte er mit zur Seite geneigten Kopf zu Valeria rüber, die mit erregter Stimme auf den Menschen einredete... Darius war vollkommen still geworden und schien den Ausgang der Auseinandersetzung abzuwarten...

Loki hörte Schritte hinter sich und wandte sich um, bis er einen einen Menschen in seltsamer Kluft erblickte, der ihn noch seltsamer anstarrte... seine Hand war angriffslustig auf ein ziemlich kurzes Schwert gelegt. Loki wandte sich sich dem Neuankömmling zu und grinste ihn breit an... "Miles... romanum est? Hilarus.", schmunzelte er den römischen Soldaten an, während er sich die richtigen Worte zusammensuchte.

Darius trat etwas in den Hintergrund und signalisierte damit, dass er Loki nicht ins Haus geholt hatte. Das war allein Valerias Schuld.
Er beugte sich von hinten zu Loki und flüsterte auf Germanisch:
"Das da ist Livianus, der Legat. Und das da glaube ich ein Offizier der Legion. Der Legat glaubt, du seihst ein Spion und willst ihn umbringen!"

Bei diesen Worten riss Loki ungläubig die Augen auf und wandte sich halb zu Darius, um ihm einen Du-machst-Witze-Blick zuzuwerfen...

Anscheinend war sich seine Großcousine nicht dem Erst der Lage bewusst. Natürlich konnte er auch keine bösen Absichten haben, aber als Legatus einer Legion konnte man sich auf keine Vermutungen einlassen, denn diese konnten einem das Leben kosten.

"Valeria! Welche Verantwortung willst du übernehmen? Etwa die, wenn er nun plötzlich ein Messer zückt und damit auf mich einsticht? Dann gibt es keine Verantwortung mehr zu übernehmen!"

Livianus seufzte und warf wieder einen kurzen Blick auf den Germanen. Dann wandte er sich an Darius.

"Was sagst du zu ihm? Hast du mit ihm gesprochen? Welchen Eindruck macht er?"

Valeria wurde nun leicht wütend gab zurück:
"Aber DU kannst sie tragen, Livianus? Du, wo dir doch so wenig an deinem Leben liegt? Du denkst nie an die anderen, nicht wahr? Ja, Aemilia ist tot, aber das gibt dir nicht das Recht, dich so hängen zu lassen, wie du es in den letzten Tagen getan hast, und das gibt dir schon gar nicht das Recht, nun an diesem Mann und meinem Urteilsvermögen zu zweifeln. Im Gegensatz zu dir habe ich ihn kennengelernt. Er ist kein Meuchelmörder und kein Spion, er wurde nicht geschickt, um dich zu töten - er kannte ja nicht einmal deinen Namen! Aemilia ist tot, Livianus. Aber wäre sie es nicht, so hätte sie sich nun gewundert, was aus ihrem Mann geworden ist!"

Sie sah ihn wütend an. Immerhin hatte er versucht, sich mit dem Gladius selbst umzubringen! Tränen der Wut waren in ihre AUgen getreten und sie sah Livianus noch immer un verwandt an, obwohl der Druck, einfach wegzulaufen, sehr stark war. Schon taten ihr die Worte wieder leid, die sie gesagt hatte, schon wollte sie sie rückgängig machen, sich entschuldigen...aber sie konnte nicht. Da war etwas in ihr, das ihr sagte, dass Livianus das gerade einfach...brauchte. Sie starrte ihn an, schnellatmend, versuchte die Tränen stumm zurückzudrängen, und wartete. Würde er sie wegschicken, würde sie gehen und sich später vielleicht entschuldigen.

Livianus konnte es nicht glauben, als Valeria nun wütend zurückschimpfte. Was hatte denn das eine mit dem anderen zu tun? Das hier war ein militärisches Legionslager und keine Vergnügungstherme in der Besucher aus und eingehen konnten wie es ihnen beliebte. Und vor allem war er es nicht gewohnt in seinem Lager, ja geschweige denn in seinem eigenen Haus, einen Widerspruch zu hören – wie stand er denn vor seinen Männern und vor den Sklaven da. Er warf dem Tribunen einen kurzen Blick zu, um dessen Reaktion zu sehen und sagte dann zu ihm

„Vitamalacus nimm dich seiner an. Mein Sklave Darius wird dir als Übersetzer zur Verfügung stehen. Ich will wissen wie er hier her kommt und was er will. Vielleicht hat er auch andere nützliche Informationen. Du kannst mein privates Officium für das Verhör nehmen.“

Dann sah er zu Valeria.

„Das ist mein letztes Wort dazu. Hat er feindliche Absichten, so wird der Tribun dies ans Tageslicht bringen.“

Jetzt gingen sie die beiden Römer beinahe an die Gurgel, was Loki tierisch unangenehm war... nur seinetwegen? Weil er hier war? Dabei wollte er ja nicht einmal hier sein...

"Besser Rhenus.", murmelte er in seinen Bart hinein. Die spinnen doch, die Römer.

Valeria fühlte sich, als hätte sie etwas sehr, sehr Dummes gesagt. Sie blickte Livianus noch einen Moment an, senkte dann den Kopf und ging an ihm vorbei zu Darius.
"Sag ihm, dass es mir leid tut und dass er die Wahrheit sagen soll", sagte sie leise zu Darius, ehe sie weiterging - in ihr Cubiculum.

Loki war irgendwie der Ansicht dass sein Leben von Minute zu Minute aufregender wurde... als die Decima zerknirscht den Raum verließ und ihn keiner weiteren Worte würdigte verschränkte er die Arme und runzelte die Stirn. Dieser Liwiahnuss hatte es geschafft sie mit mehreren Worten zum Schweigen zu bringen. Eine Priesterin! "Liwiahnuss doch Teufel", dachte er bei sich, und warf einen misstrauischen Blick zum übrig gebliebenen Soldaten...

Spion und Mörder? Er? Irgendwie belustigte ihn der Gedanke... trotzdem schlich sich Unsicherheit in seine Knochen, die einzige Person der er im römischen Reich vertraute hatte ihn allein gelassen, und Darius selber schien auch darauf aus zu sein sowenig Ärger wie möglich zu verursachen...

Der Legatus hatte es mit dieser Frau wahrlich nicht leicht. Lag ihre unvernunft daran das sie Schweanger war oder war es eben das typische Verhalten einer Frau ? Eine Legatus Legionis so irrwitzig in Gegenwart eines seiner Stabsoffiziere zu wiedersprechen und ihre Dignitas und Gravitas so sehr missen zu lassen.

Doch Tribun Tiberius Vitamalacus nickte seinem Legatus nur knapp zu, sein Gesicht zeigte wie so häufig keine Regung.

"Legatus, sehr wohl. Ich werde herausfinden, woher dieser Barbar kommt und was seine Motive sind."

Mit zwei Schritten trat der grossgewachsene Tribun an den Barbar heran und legte kräftig seine Hand auf dessen Schulter.

"Du Kommst mit,... ich habe einige Fragen an dich,"sprach er langsam in Latein. Sicher hätte er auch seine spärliches Germanisch verwenden können, doch das er es sprach und wesentlich besser verstand, das wollte er nicht zu schnell verraten.

Er gab Darius ein Zeichen, seine Worte zu übersetzen und ihnen dann ins Officium zu folgen.

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Edit : Link eingefügt

Zitat

Livianus seufzte und warf wieder einen kurzen Blick auf den Germanen. Dann wandte er sich an Darius.

"Was sagst du zu ihm? Hast du mit ihm gesprochen? Welchen Eindruck macht er?"

"Er macht ehrlich gesagt einen etwas verwirrten Eindruck. Wie gesagt, er wurde vertrieben und kennt sich nicht aus im römischen Reich und spricht nur schlecht Latein, Herr!"

Zitat

"Sag ihm, dass es mir leid tut und dass er die Wahrheit sagen soll", sagte sie leise zu Darius, ehe sie weiterging - in ihr Cubiculum.

Darius nickte nur, dann sah er noch kurz Valeria nach.
Er sagte leise zu Loki, während sie dem Tribun in das officium folgten:"Es tut Valeria leid und du sollst die Wahrheit sagen!"

Nach dem er die erste Befragung des Germanen trat Tribun Tiberius wieder in das Attrium, um zu sehen, ob er dort den Legatus finden würde, um ihn Bericht zu erstatten.