• Es gab eine Menge Unausgesprochenes, das mir auf der Seele lastete. Da war es unglaublich... angenehm, die Anteilnahme meiner Schwester zu spüren. Nach und nach legte sich eine wohlig-wolkig-weiche Schwere über die Dinge, und ich hörte auf, darüber nachzudenken, was ich sagen sollte und konnte und was nicht... Ich ließ mich einlullen vom Hanf und von Seianas Verständnis, vergass ganz die Machtfrage, und dass ich meiner großen Schwester doch eigentlich hatte zeigen wollen, wie souverän und stark ich war. Sie sagte, ich solle auf mich aufpassen, und rechtzeitig aufhören. Das war süß.
    "Einer muss es aber tun. Andere sind irgendwo an den Grenzen stationiert, und riskieren da ihr Leben. Einfach aufhören geht nun mal nicht... Und was würde die Familie dann denken. Nee, nee... Aber ich komme schon klar, weißt du, allein es mal zu erzählen, so wie jetzt, das macht es echt schon viel besser, ehrlich..."
    Auf dem Feldzug, da waren meinen Kameraden manchmal wahrscheinlich fast die Ohren abgefallen, besonders Sparsus, weil ich mir immer alles von der Seele reden musste. Hier bei den Cohortes war das etwas anders, mein Rang grenzte mich von der Mannschaft ab, und die Atmosphäre war auch eine ganz andere.


    Auch als das Thema dann in Folge auf diesen sehr, sehr wunden Punkt kam, hätte ich Seiana am liebsten einfach alles erzählt. Wem, wenn nicht ihr konnte ich es sagen? Sollte ich sie etwa anlügen, wie ich es bei Tante Venusia getan hatte? Nein... lügen war hässlich... und vor allem so anstrengend... und es machte einsam. Ich hatte es satt, immerzu mein Geheimnis mit mir herumzuschleppen, ständig auf der Hut zu sein. Aber ich tat das schon so lange, dass es mir schier undenkbar schien, es jetzt einfach sein zu lassen.
    "Er war... geheimnisvoll", sagte ich leise, und mir war, als würde der Nebel immer dichter und ich würde mich dadurch vorantasten, unbeholfen, Schritt für Schritt, immer nur ratend, immer nur irrend. "Jemand, der sich nicht gerne in die Karten blicken lässt. Und widersprüchlich... manchmal sehr hilfsbereit... und mutig, er hat mir geholfen, damals als ich alleine in Rom war und so... abgedriftet bin, hat mich bei sich wohnen lassen, und mich verteidigt, als ich in richtig schlimmen Schwierigkeiten war... und dann war er wieder kalt und schroff und düster. Einmal hab ich in einem Strassentheaterstück von ihm mitspielen dürfen, also, nur so was ganz kleines, aber es war ein voller Erfolg. - Ich glaube, er war auch in nicht so ganz legale Sachen verwickelt... Aber ich habe ihn nie durchschaut... Anfangs wusste ich nicht, dass er ein Sklave war, er wirkte auch gar nicht so, ganz im Gegenteil. Dass er als Sklave geboren wurde, das kann eigentlich nur ein entsetzlicher Irrtum gewesen sein, so eine Art Flüchtigkeitsfehler im Kosmos. - Ich weiß auch gar nicht was genau er überhaupt getan hat, dass sie ihn......"
    Meine Augen quollen über, und ich wischte mir verstohlen die Feuchtigkeit von den Wangen, schniefte leise. Wann würde ich endlich über diese Sache hinweg sein! Ich spürte Seianas Präsenz neben mir, tröstlich und nah. Die Tränen runterschluckend, zog ich die Beine an mich, und umschlag meine Knie mit den Armen.
    "Seiana...", murmelte ich mit erstickter Stimme, und blickte eindringlich in ihr rauchumwogtes Gesicht, "kannst du ein Geheimnis bewahren?!"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Wirklich beruhigt war Seiana nicht, als sie Faustus’ Antwort hörte. Einer muss es aber tun. Einfach aufhören geht nicht. Ich komme schon klar. Nein, das beruhigte sie keineswegs, aber irgendwie war ihr Hirn ein wenig zu vernebelt, als dass sie all die Gegenargumente fassen könnte, die in ihrem Kopf herumschwirrten. Es gab genügend, aber sie wollten einfach nicht still halten, nicht genug, nicht so, dass sie sie in Worte hätte formulieren können. Was würde die Familie denken… Sie starrte vor sich hin, während diese Worte sie einzuhüllen schienen. Die Familie… Es war so wichtig, was die Familie dachte, sie wusste das, aber in diesem Augenblick schien sie nicht mehr sagen zu können, warum es eigentlich so wichtig war. Sie wollte Faustus sagen, dass es egal war, was die Familie dachte. Und dass sie ganz sicher nicht schlecht von ihm denken würde, wenn er aufhörte, wenn er tat, was er tun musste, um sich selbst zu schützen. Aber auch das sagte sie nicht, weil Faustus weiterredete, und was in ihrem Kopf dann hängen blieb, so, dass sich Worte zu einer Antwort fanden, war das, was er zuletzt sagte. „Dann erzähl mir davon. Ich meine, auch in… weiß nicht, ein paar Tagen. Ein paar Wochen. Immer, bevor es dir zu viel wird. Ja?“ Mehr konnte sie ihm nicht tun für ihn, aber wenn ihm das tatsächlich half, dann hörte sie ihm nur zu gerne zu – ganz abgesehen davon, dass sie es genoss, so mit ihm zusammen zu sein. Es war schon viel zu lange her, dass sie so miteinander hatten reden können, fand sie, und sie stellte fest, dass sie es vermisst hatte. So sehr vermisst… Obwohl das Thema eher ernst war, verzogen sich ihre Lippen zu einem ganz leichten Lächeln, und sie lehnte kurz den Kopf erneut an die Wand hinter sich.


    Als Faustus dann zu erzählen begann von diesem Sklaven, verflog ihr Lächeln, wie sacht es auch gewesen sein mochte. Ihr Kopf blieb an der Wand, drehte sich aber zu ihm, während Worte von seinen Lippen perlten, die in ihrer Gesamtheit so viel mehr zu sagen schienen als die einzelnen Sätze. Zum einen begann sie zu begreifen, wie wenig sie von Faustus eigentlich wusste. Sie waren sich so nahe gewesen, als Kinder, als Jugendliche… und das wirkte sich naturgemäß immer noch aus auf sie, ließ ihre Beziehung zueinander immer noch eng sein, ihr Verständnis füreinander immer noch groß. Aber abgesehen davon: was wusste sie schon von ihm, von seinem Leben? Und er umgekehrt von ihrem? Faustus hatte also in einem Theaterstück mitgespielt… das ein Erfolg gewesen war… Die Leute, die ihre Mutter auf ihren jüngsten Sohn angesetzt hatte, hatten das offenbar nicht mitbekommen, oder sie hatten vergessen es zu erzählen, oder es nicht für wichtig gehalten, oder das war eine der Berichterstattungen gewesen, die sie nicht mitbekommen hatte, aber es war wichtig, es war so wichtig… Das war doch viel wichtiger als all die negativen Dinge, die sie erzählt hatten, darüber wie Faustus immer tiefer in eine Abwärtsstrudel geraten war, fand sie. Seiana blinzelte. Was Faustus’ Worte noch verrieten, dass ihm dieser Sklave viel bedeutet hatte. Dazu bedurfte es nicht des leisen Schniefens, das an ihr Ohr drang, um ihr das klar zu machen. „Faustus…“ murmelte sie leise, und ein wenig betroffen. Er vermisste diesen Sklaven. Er trauerte um ihn. „Ich glaub ich hätt ihn gern mal kennen gelernt…“ Dann erwiderte sie Faustus’ Blick, als dieser sie ansah, mit einer Intensität, die sie ein wenig schaudern ließ. „Ja“, antwortete sie schlicht.

  • "...hmhm... das mach ich." murmelte ich und nickte gerührt. Das war echt lieb, dieses Angebot, und es wärmte mir wirklich das Herz, aber gleichzeitig kam ich mir dabei wieder so... wie der sensible kleine Bruder vor, der die Dinge alleine nicht auf die Reihe brachte, und regelmässig eine Schulter zum Ausweinen brauchte. Mal sehen...


    Ja. Natürlich sagte sie ja, klar konnte sie das, Seiana war keine Plaudertasche, sie konnte schweigen... Und es tat so gut, von Hannibal zu erzählen, auch die Dinge am Rande. Ich sah ihn wieder vor mir, wie in dem Traum mit den Crysanthemen, sein feines Lächeln und wie er langsam verblasste.
    "Er war... - "
    Nein, es ging nicht. Selbst wenn sie es mit Verständnis aufnahm, sie würde von da an immer, bei all unseren künftigen Auseinandersetzungen, eine fundamentale moralische Überlegenheit auf ihrer Seite haben... ich hätte keine Chance mehr, ihr irgendwas vorzuschreiben. Andererseits hörte sie ja eh nicht auf mich. Ich blickte den Rauchschwaden nach, wie sie aufstiegen, verschmolzen und wieder zerfaserten, um sich dann im Schummerlicht des Stalles aufzulösen... Mein Mund formte die Worte ganz ohne mein Zutun.
    "Er war... ein sehr schöner Mann. Und für mich wie... die Erfüllung aller Träume. Nein, mehr, manchmal habe ich gedacht, ich selbst wäre nur ein Traum, und real erst dann wenn er mich träumt..."
    Ich hob die Hand ein wenig, und ließ sie langsam durch die Rauchschleier gleiten, mit gespreizten Fingern, wie durch Wasser.
    "Er war mein Erastes.", sagte ich leise. " Aber nur für kurze Zeit. Es ist nicht gutgegangen, genaugenommen war es ein Desaster, und am Ende wollte er nichts mehr von mir wissen. So war das..."
    Ein banges Gefühl machte sich in meiner Magengrube breit. Locker und entspannt hin oder her, ich kam mir ziemlich nackt vor, nach dieser Enthüllung. Nur Sparsus hatte ich es mal gesagt, beziehungsweise, eigentlich hatte es es selbst rausgekriegt, und er hatte klasse reagiert, war gar nicht komisch geworden oder so... Aus den Augenwinkeln suchte ich zu erkennen, wie Seiana es aufnahm. Ob sie jetzt aus allen Wolken fiel, oder es schon vermutet hatte... hoffentlich wurde sie nicht komisch.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Hätte Seiana geahnt, was Faustus durch den Kopf schwirrte, hätte sie wohl die Augen verdreht – jetzt erst recht, nachdem der Rauch begann, ihr mehr und mehr den Kopf zu vernebeln begann, auf diese angenehme Weise, die sie noch von früher kannte, die dazu führte, dass sie sich so leicht fühlte wie sonst nie, wie seit Jahren nicht mehr, seit ihrer Jugend, ihrer Kindheit, in der alles so herrlich leicht erschienen war… Es ging doch nicht darum, dass er der kleine Bruder war. Es ging darum, dass sie füreinander da waren. Er war doch auch da für sie, wenn sie jemanden brauchte. Aber Seiana ahnte nichts davon, hörte nur seine Zusicherung, und ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem angedeuteten Lächeln. Sie machte sich trotzdem Sorgen um ihn. Aber immerhin hatte er es ihr wenigstens versprochen, dass er zu ihr kommen würde, auch in Zukunft.


    Als die Pfeife wieder bei ihr war, nahm sie einen weiteren Zug, sog den Rauch tief in die Lungen. Je länger sie das rauchte, desto besser funktionierte das wieder, stellte sie fest. Etwas versonnen folgte ihr Blick den Rauchschwaden, als auch Faustus den seinen abwandte, während er an- und wieder absetzte, etwas zu sagen. Ihr simples ja… sie konnte nicht sagen, ob es ausreichte oder nicht. Als er dann wieder zu sprechen anfing, sah sie ihn immer noch nicht an, sondern sah die Rauchschwaden an, die merkwürdig verschlungene Formen zu bilden begannen. Es war kein bewusster Gedanke, der sie dazu antrieb, mehr ein Gefühl, ein Gefühl, dass sie noch nicht einmal wirklich greifen konnte, geschweige denn in Worte formulieren – ein Gefühl, dass es womöglich besser war, ihn jetzt nicht anzusehen. Dass er sonst womöglich aufhören würde, zu reden. Langsam senkten und hoben sich ihre Augenlider, in einem verzögerten Blinzeln, und Stück für Stück wanderte ihr Blick dann doch wieder zu ihrem Bruder. Stück für Stück, je mehr Worte über seine Lippen kamen. Sie sah ihn Momente lang einfach nur an. Sein Erastes. Sollte sie das überraschen? Sie wusste es nicht. Fakt war: es tat es nicht. Sie lauschte in sich hinein, aber da war… nichts. Faustus war einfach Faustus. Es war ihr gleichgültig, welches Geschlecht er bevorzugte. Es spielte keine Rolle für sie, was er tat, oder wie er lebte… oder wen er liebte. Hätte er den Lebenstraum seines 16jährigen Selbst verwirklicht, es würde nichts daran ändern, was er für sie war, was sie für ihn empfand. Genauso wenig, das merkte sie in diesem Augenblick, war relevant, was er ihr gerade erzählt hatte. Nicht für das, was er ihr bedeutete. Hätte ihr ein anderer Mensch das erzählt, ein anderer ihrer Brüder, wären sie nicht tot, ein Freund, irgendjemand… sie hätte anders reagiert. In gewisser Weise war sie so konservativ geworden, wie ihre Mutter es sich wohl gewünscht hatte, achtete strikt auf das, was Ehre und Anstand geboten. Sie brach die Regeln, oder das, was sie für die Regeln hielt, nicht einfach so aus Spaß, oder Unwissenheit. Sie tat es jedes Mal in vollem Bewusstsein dessen, und nachdem sie abgewogen hatte. Und dass sie sich nicht an alles hielt, was sich schickte, dass sie manchmal selbst gegen das handelte, was sie eigentlich für angemessen und ehrbar hielt, änderte nichts an dem, was sie dachte, wie sie urteilte – dass sie andere wohl schnell verurteilen konnte, wenn sie gegen die Regeln der Ehre und des Anstands verstießen, sofern sie ihr nicht eine wirklich gute Begründung liefern konnten, eingeschlossen des Nachweises, dass sie darüber nachgedacht hatten. Aber Faustus… Faustus war wohl der eine, einzige Mensch, den Seiana auf eine Art liebte, die schlicht alles zuließ.


    Nein, es spielte keine Rolle für sie. Faustus war einfach Faustus, egal was er sagte oder tat. Egal was geschah. Was allerdings eine Rolle spielte, war die Tatsache, dass dieser Mann ihm offenbar weh getan hatte. Auf eine Art, die, wie ein winziger Teil von ihr gerade ebenfalls schmerzlich realisierte, sie selbst wohl niemals erleben würde, weil sie derartige Gefühle nicht empfinden konnte. Oder nicht zuließ? Nicht empfinden konnte, mutmaßte sie. Es spielte auch keine Rolle. Sie sah Faustus an. „Es tut mir leid“, murmelte sie. „Dass es nicht geklappt hat. Dass er dir weh getan hat…“

  • Ach, Seiana. Eine Welle der geschwisterlichen Liebe wogte in mir auf, als sie so wundervoll reagierte. Das war gar nicht selbstverständlich. Wir waren ja streng erzogen, und selbst ich, der ich doch theoretisch dem Ideal anhing, wild und frei und jenseits der ganzen Prüderie, die die griechische Liebe umgab, zu leben, auch ich trug eine Menge Vorbehalte und Tabus mit mir herum. (Vor allem natürlich, wenn es um andere ging, aber nicht nur.)
    Mein Lächeln war verschleiert, begeistert von meiner Schwester, und zugleich wehmütig, weil ich doch immer noch Hannibal hinterhertrauerte.
    "Ja, das war ziemlich arg. Aber ich glaube, ich war selbst schuld... hab mir halt was vorgemacht. Weißt du, als ich in Parthien war, da hab ich einen Brief von ihm bekommen, einen so furios wunderschönen Brief, und den hab ich viel zu ernst genommen. Hab ihn immer bei mir getragen, und mir Wunder was ausgemalt für nach der Rückkehr... Aber Hannibal hatte viele Liebschaften, und ich wollte... das Absolute oder so, ich glaube das war ihm lästig."
    Es war eine bittersüße Wohltat endlich mal davon erzählen zu können. Ich hätte stundenlang reden können, seine Erinnerung heraufbeschwören, in alten Gefühlen wühlen, schwärmen...
    "Er war so schön! Hatte die hinreissendsten Augen die du dir nur vorstellen kannst, wie ein Reh... durfte man ihm aber nicht sagen, das... und ein umwerfendes Lächeln, so ein bisschen süffisant immer..."
    Ich seufzte tief, und dann war es wieder an mir, an der Pfeife zu ziehen. Das tat ich ausgiebig und gierig, bis das Kraut verglommen war und die Pfeife erlosch. Unzufrieden inspizierte ich das Gerät und stellte fest:
    "Das blöde Ding ist schon aufgeraucht. Warte ich mach uns noch eine... Also gleich..."


    Für den Moment war es einfach zu perfekt, da auf dem Stroh rumzuliegen und den Rauchschlieren beim Vergehen zuzusehen... ich wollte mir gerade nicht den Stress machen, meine Utensilien aufzusammeln... Funken zu schlagen.... nein, hier lag es sich wunderbar. Gutes Zeug, wirklich...
    "Seiana? Ich muss dich jetzt mal drücken."
    Das tat ich dann auch, legte die Arme um sie und zog sie an mein Herz, träge und sehr liebevoll. "Weißt du, du bist so ein toller Mensch. Der tollste Mensch den ich kenne!"
    Ich blinzelte treuherzig und strahlte sie überschwänglich an.
    "Hör mal, es tut mir wahnsinnig leid! Dass ich so rumgebrüllt hab, ich weiß gar nicht was da in mich gefahren ist... also eigentlich weiß ich's schon, bin einfach zur Zeit neben der Spur wegen dem allen und so, aber, Mensch, dass ich das an dir ausgelassen habe, also nee..."
    Ich schüttelte den Kopf, zutiefst bestürzt dass ich sowas unentspanntes hatte tun können.
    "Nee, also wirklich, das ist keine Art. Also, der Ton. Die Sache, ja, ich weiß auch nicht, die Sache ist mir gerade zu komplexiert... ähm... kompli... ment... ziert? Kompliment, meine Komplizin...haha...hihiha...haha..."
    Das war urkomisch! Ich prustete los, kriegte mich gar nicht mehr ein, und als ich mir die Lachtränen aus den kaninchenroten Augen wischte, hatte ich endgültig und komplett den Faden verloren.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Garulf betrat den equile der Decimer, ein wahrlich imposanter Anblick. Einige der schönsten Pferde die er je gesehen hat standen hier und warteten darauf dass sie jemand zum einem Ausritt fertigmachen würde. Genau deswegen war der Sklave auch da, denn sein Herr wollte das neue Pferdegeschirr testen und eine Ausfahrt mit dem Wagen machen.


    Ihm machte diese Arbeit Spaß, früher besaß er selbst 2 Pferde und diese Tiere taten ihm stets gut. Sie waren anders als Menschen, kannten keine aggresive Verhaltensweisen, sie flüchteten nur wenn es notwendig war. Manchmal wünschte sich Garulf manche Menschen wäre mehr wie Pferde, das Leben wäre so einfach.


    Er streichelte den Hengst sanft an dessen Nüstern, das Pferd bedankte sich mit einem sanften Kopfnicken. Wie gerne würde er selbst mal wieder ein Pferd reiten, einfach durch die Wiesen gallopieren und etwas Freiheit genießen, auch wenn er danach wieder als einfacher Sklave zurückkehren würde.

  • Bereits kurz nach seiner Ankunft ging Flavus zu den Pferden, immerhin wollte er sich umsehen wo er seinen Wallach unterbringen konnte. Dieser war noch auf dem Weg hier her, aber Flavus hatte keinen Zweifel daran, dass das Pferd die Reise unbeschadet überstehen würde. Es war noch etwas Platz und die Stallungen machten einen mehr als guten Eindruck, anders als in Hisbania, aber trotzdem sehr geräumig.


    Angekommen sah er bereits einen der Sklaven des Hauses, er kannte diese einen bisher nicht, doch hatte er bereits gehört dass Serapio einen Germanen als Leibwächter hatte, eine sehr imposante Gestalt. Dieser Hüne, der da gerde sehr sanft zu den Tieren war, schien eben jener Sklave zu sein.


    Er ging auf ihn zu und sprach ihn auch direkt an. Salve servus. Ich bin Caius Decimus Flavus, ein entfernter Verwandter deines Herrn. Kümmerst du dich hier um die Pferde? Ich dachte du bist Serapios Leibwächter?

  • Abgelenkt sah Garulf den Decimer etwas seltsam an. Salve Herr Flavus, ich sein Garulf. Ja ich sein Schützer von Herr, aber ich auch mögen Pferde und hatte früher selbst Pferd, daher ich hier sein. Es tut gut zu sein bei Pferden.


    Dieser junge Mann war neu hier, soviel stand fest. Aber er war nett, das gefiel dem Germanen. Nicht jeder war nett zu ihm, es war typisch für die Römer Sklaven wie Abschaum zu behandeln, nur die meisten Decimer waren anders. Das war interessant, aber auch angenehm. Auch dieser Flavus schien so ein Decimer zu sein, was ihn freute.


    Dieses Pferd sein besonders schön, du es kennen bereits? Ja, dieser braune Hengst war mit seiner goldenen Mähne wirklich ein Prachtpferd, dazu mit seinen etwa 160cm Höhe ein großes Exemplar, selten war so etwas schon, gerade in Rom.

  • Der Decimer war erfreut darüber, dass wenigstens einer der Sklaven Erfahrungen mit diesen Tieren hatte, denn das war wichtig. Eigentlich sogar entscheidend, gerade bei seinem Hengst war es wichtig.
    "Nun Garulf, dieser Hengst gehört mir und hört auf den Namen Avalonius Invictus. Du kannst dich gerne um ihn kümmern, er hat ein sehr angenehmes Wesen und war mir stets ein treuer Diener. Ich habe ihn großgezogen, aufwachsen sehen, ihn eingeritten. Also pass mir gut auf ihn auf, ja?"
    Er musterte den Sklaven, wirklich ein Prachtexemplar eines Germanen, sicher aus dem Norden.
    "Du bist nicht direkt vom Limes, oder? Ich hörte so große Hünen wie dich gäbe es eher im Norden, nördlich von colonia aggripina."

  • Der Sklave war verwundert, entweder kam der junge Herr bereits weit herum, oder er hatte nur viel gehört. Aber so ganz unrecht hatte er nicht, in der Tendenz wurden die Stammesmänner größer, je weiter man Richtung Norden kam.
    Ja, ich sein aus Norden, vom großen Meer ich stamme. Ich sicher gut aufpassen auf dein Pferd, ist schönes Pferd. Ich wünschte ich können noch einmal reiten auf Pferd, durch Wiesen und Felder. Schön es war in Heimat, manchmal ich sogar vermissen Heimat, aber ich nicht wollen klagen darüber. Rom ist schön, ihr Römer seit manchmal nette Menschen, alle hier nett sein.
    Er konnte nur hoffen dass Flavus ihn auch wirklich verstand, es war ja nicht so einfach, er konnte kaum Latein sprechen, zumindest klang es sicher sehr merkwürdig.

  • Flavus war überrascht wie offen der Germane sprach, auch wenn es manchmal schwer war ihm zu folgen. Aber er verstand ihn ganz gut, also war auch das Gespräch recht angenehm und auch nur durch das Sprechen konnte er es ja lernen.
    "Nun, ich denke schon dass du eines Tages wieder reiten wirst. Ich würde nur ungern alleine ausreiten und ich denke Serapio fühlt sich auch wohler wenn ich jemand als Schutz bei mir habe. Aber ich habe erst einmal eine andere Aufgabe für dich, auch wenn es sicher andere Sklaven hier gibt die dazu besser geeignet wären." Er machte eine längere Pause, denn er wusste nicht so genau ob diese Idee wirklich gut war, oder eher schlecht. Aber er musste es einfach versuchen und Garulf schien dafür nicht unbedingt schlecht zu sein, alleine seine Größe verleite ihm etwas Respekt und genau das war es, was man dazu brauchte.
    "Geh zum Senator Purgitius Macer und bitte ihn um ein Gespräch in meinem Namen. Wenn er dich fragt worum es geht sagst du ihm nur, dass ich ihn gerne kennenlernen würde. Ich würde dann in sein Casa kommen." Das musste reichen, mehr war erst einmal nicht notwendig.

  • Bei dem Gedanken daran wieder reiten zu dürfen wurd edem Germanen ganz warm ums Herz. Reiten war eine große Leidenschaft, es wäre wundervoll wieder ausreiten zu dürfen. Herr, es wäre große Ehre mit dir ausreiten dürfen. Nun aber hatte Garulf Probleme den Worten von Flavus zu folgen, immerhin verstand er genug um sich Sorgen zu machen dass er für diese Aufgabe geeignet war, aber er konnte nicht nein sagen, er war Sklave und auch wenn Flavus nicht sein Herr war, er musste ihm gehorchen.
    Ich werde ihn heute bitten Herr, ich mich beeilen dass du bekommen bald eine Antwort. Ich direkt gehen. Zum Glück wusste er bereits wo die Casa war, er hatte sie bereits zufällig gesehen und der Weg war einfach.

  • Ratlos lenkte Manius seine Schritte durch die Casa, welche trotz der Zeit, die er bereits hier hatte verbracht, noch immer ihm fremd war. Wieder bedrängte ihn dieses alles umfassende Gefühl, dass etwas nicht korrekt war, dass dieses Leben, diese Welt, dies Geschehen nicht war, wie es sollte sein, was es sollte sein - doch wie stets konnte er diese Diskrepanz nicht fassen, konnte sie nicht näher definieren, schien sich beständig nur im Kreis um sich selbst zu drehen.
    "Los, los, zum Stall, nicht trödeln!"
    Zwei junge Sklaven huschten an Manius vorbei, sodann packte ihn von hinten eine kräftige Hand am Ellenbogen und zog ihn mit sich. Es war die Köchin, welche die schroffe Aufforderung hatte gesprochen und ihm nun - mehr oder minder mit seinem Einverständnis, obgleich die Art und Weise des Geheiß' ihn ein wenig konsternierte - den Weg wies, eine überaus resolute Sklavin, welche er zwar aus der Küche kannte, deren Name ihm jedoch nicht geläufig war. Da ihm indes im Augenblicke keine andere Vorstellung jedweder Handlung im Sinne lag, folgte er den Sklaven, denn schlussendlich hatten auch die Männer an der Porta ihn zum Stall gewiesen. Ein Gemisch aus dem Gestank von Pferdeäpfeln, den Ausdünstungen der Tiere und einer weiteren indefiniblen, feinen Nuance - allfällig war es die Furcht, welche über dem gesamten Hause lag - hielt den Stall umfasst, wiewohl die Tiere durch die Anwesenheit der vielen Personen ebenso nervös schienen wie diese selbst. Manius hörte nicht auf das Durcheinander von Worten und Stimmen, welche alle nicht recht zu wissen schienen, wie es nun sollte weitergehen, er achtete nicht auf die bleichen Gesichter, welche er ohnehin nicht kannte, trat nur durch das Dämmerlicht des Stalls hindurch zu einem braunfarbenen Pferd. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen als er seine Hand beruhigend dem Tier auf die Flanke legte, erinnerte ihn dieses doch an eine weit zurückliegende, ferne Zeit, eine Zeit in welcher er noch nicht gefangen gewesen war in dieser Stadt, eine Zeit in welcher er noch regelmäßig Ausritte hatte unternommen auf seinem Hengst Empyrion gemeinsam mit Caius. Er hatte ihn geliebt. Den Hengst. Und Caius. Der ebenfalls ein Hengst gewesen war. Was mochte nur aus ihm geworden sein? Tatsächlich schien Manius diese Frage weitaus essentieller als die Frage danach, was nun aus ihm würde werden, bot dies doch neuerlich einen Aufschub einer Entscheidung, welche er - nachdem die Männer an der Porta ihm jeglichen Wind aus den Segeln seines Mutes hatten genommen - nicht zu treffen hätte gewusst. Dann jedoch entsann er sich eines Pferdes im Senat, welches kein Pferd gewesen war, sondern ein Esel, oder allfällig ein Schwein, ein fettes Schwein - und dieser Gedanke wiederum derangierte ihn derart, dass er nun doch suchte sich auf das Geschehen um ihn her zu konzentrieren.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • [..] Während mein Sklave und ich uns durch die Gänge mühten, wurde mir trotz aller Wut im Leib wieder deutlich, dass es hier um mehr ging, als nur Gegenstände, die zu Bruch gegangen waren. Was, wenn der Mob hier wirklich eindringen würde, was durchaus zu befürchten stand? Muckel gönnte ich einen Seitenblick und er wirkte blass, auch wenn das aufgrund seiner Hautfarbe nur schwer zu bewerkstelligen war. Angespannt hievte ich die Kiste voran, während uns einige Sklaven überholten. Der älteste unter ihnen blieb stehen.


    “Zum Stall!“, sagte er dann etwas außer Atem, wie er war und deutete in die Richtung, in der dieser lag. “Alle sollen zum Stall!“


    Dann schwenkte sein Blick auf meinen Arm, genauer gesagt auf die Hand, die den Griff der Kiste hielt und seine Augenbraue krümmte sich ein wenig in die Höhe. Es lag mir auf der Zunge. Es lag mir doch wirklich auf der Zunge, doch ich schluckte meinen Kommentar hinunter und nickte Muckel zu. Gemeinsam schlingerten wir weiter und ich wusste genau, dass ich nicht der einzige war, der sich hier etwas verkneifen musste. Verdammt! Die Lage war ernst, doch es lag mir fern mich noch einmal umzuschauen, um zu sehen, ob die Porta auch wirklich hielt. Außerdem konnte man sie von hier aus auch gar nicht sehen.


    “Ehrlich Casca... Alle fürchten um ihr Leben und du nur um … das hier!“ Sein Kopf ruckte nach unten und ich wusste, dass er die Kiste meinte.


    Ja, was glaubte er eigentlich? Dass ich keine Angst hatte? Dass ich keine Wut hatte? Dass ich keine... Befürchtungen oder dergleichen hatte? Ich war ein Mensch voller Emotionen und im Augenblick hatte ich so viele, dass ich schon gar nicht mehr wusste, welcher ich zuerst nachgeben sollte!


    “Was weißt du schon! Wir sind hier, wir sind alle entehrt! Sie werden uns das Dach über dem Kopf und unser Leben rauben! Wir sind am Ende und da ist... gerade nur rechtens, dass ich genau das rette was mir auf dieser Welt noch bleibt! Und es ist mir vollkommen egal, was du dabei empfindest!“, ranzte ich ihn an, wohl wissend, dass meine Stimme gerade in extrem lautes Crescendo übergegangen war und ich aufpassen musste, dass sie nicht völlig nach hinten kippte. Das wird da mit uns herum schleppten war ein wichtiger Teil meiner Kindheit und noch wichtigerer Teil meiner Lebensträume, die ich im Alter von sechs Jahren in den Orcus hatte werfen müssen.


    Muckel verkniff sich alles. Sogar sein Gesicht und er schleppte weiter. Allein weil er wusste, dass ich in einer Stimmung wie dieser nicht in der Lage war das Wort 'Contenance' überhaupt zu denken. Wir erreichten den Hof und bald darauf den Stall, wo schon eine illustre, nervös gespannte Menge versammelt war, die sich leise verhielt und ebenso wie ich hoffte, dass die Tür zur Straße hielt. Die Pferde schnaubten beunruhigt und ich bahnte mir den Weg zwischen einigen Sklaven hindurch und ließ die Kiste auf den Boden, woraufhin ich mich aufrichtete und den Arm ausschüttelte. Dann nickte ich allen zu und zog mich in eine Ecke zurück, in die mir nur Muckel folgte. Ich war außer Atem, doch ich bemühte mich, nicht laut nach Luft zu schnappen.


    “Casca!?“, flüsterte mir Muckel entgegen, doch schenkte ihm nur einen bösen Blick und hob die Hand, um im Vorfeld schon jedwede Kommentare abzuwehren. Auf die konnte ich gerade gar nicht.


    Ein wenig kraftlos stieß ich mich von der Wand ab und ging hinüber zu dem Mann, der ihm als 'Aton' im Gedächtnis geblieben war. Dieser stand bei einem der Pferde, als wolle er es beruhigen. Vielleicht sollte ich das auch tun. Also, mich beruhigen und mich irgendwie ablenken von der herabwürdigenden Situation. “Sie sind unruhig,“, sagte ich lapidar und deutete auf die scharrenden Pferde. “Wer kann es ihnen verdenken. Wir haben ihnen nicht mal die Möglichkeit gelassen, sich auf die vielen Gäste vorzubereiten.“ Es sollte ein Scherz sein, doch irgendwie hatte ich schon im Gespür, dass er mir nicht glücken würde.


    “Wenn wir fliehen müssen, dann lassen wir die Kiste einfach unter dem Stroh!“


    Muckel hatte sich genähert und ich verdrehte die Augen. “Genau das werden wir nicht hier tun! Hier sind doch genug Leute, die dir tragen helfen können!“, zischte ich ärgerlich zurück, wohl wissend, dass Muckel recht hatte. Wir würden sie nicht mitnehmen können. Ich wischte mir die Hände an meiner Kleidung ab, da sie ein wenig schweißnass waren und lauschte einen Moment in mich selbst hinein. Hatte ich soetwas schon einmal erlebt? Nein, hatte ich nicht und war nie versessen darauf gewesen. Ich seufzte und lehnte mich erschöpft gegen das Holz einer Boxenwand.

  • http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Kaum dass Seiana von den Soldaten fortgebracht worden war, war Raghnall schon wieder in der Insula verschwunden – und nur kurze Zeit später kam er, Álvaro im Schlepptau, wieder heraus. Die Amme, die Sklavin, Bran, das musste erst mal reichen, auch wenn er das Kind irgendwie ein bisschen ins Herz geschlossen hatte – kein Wunder, wenn sich seine Mutter schon so emotionslos zeigte. Aber später konnte er immer noch nach dem Rechten sehen... jetzt war erst mal wichtig zu sehen, was die Decima gemeint hatte mit: Aton. Er ist Senator. Wenn dieser Aton tatsächlich Senator war, konnte er nur einer sein, der unter Vescularius hatte verschwinden müssen – und damit war er einer, der jetzt, wo Cornelius gewonnen hatte, auf der Sonnenseite des Lebens stand. Einer, der den Decimi helfen konnte... vielleicht helfen würde. Immerhin hatten sie ihn bei sich versteckt, während all dieser Zeit.


    Raghnall sah also zu, dass Álvaro und er schleunigst zur Casa Decima kamen, und als sie dort den Mob sahen, der sich davor versammelt hatte, fackelten sie nicht lange und umrundeten das Haus, um Lieferantenzugang beim Stall zu nutzen... der, insofern hatten sie Glück, tatsächlich nicht belagert wurde von irgendwelchen Menschen, die irgendwas kaputt hauen wollten. Zuerst wollten die Veteranen hinter der Tür auch sie nicht reinlassen... aber nachdem sie sie erkannt hatten, und sich vergewissert hatten, dass es in der Nebengasse nach wie vor ruhig war, wurde die Tür geöffnet – und hinter ihnen gleich wieder verrammelt. Von den Veteranen erfuhr er auch eine Kurzzusammenfassung dessen, was passiert war... und wo er die Bewohner finden würde. Wo sie zu finden sein sollten, jedenfalls, wenn sie sich alle an die Anweisung gehalten hatten. Mit schnellem Schritt kam Raghnall also in den Stall, und tatsächlich, da sah er den Mann, der als Aton nun schon geraume Zeit in der Casa Decima gelebt und sich um die Bücher gekümmert hatte. Einer der Decimi stand bei ihm, einer der jungen, die Raghnall sowieso nicht so wirklich ernst nahm. Er nickte dem Decimus zu und wandte sich dann an den anderen Mann... Aton. Den Senator. Wenn seine Herrin Recht hatte. „Entschuldigt...“, machte er erst mal auf sich aufmerksam, überlegte flüchtig, wie er vorgehen sollte... und beschloss dann, einfach mit der Tür ins Haus zu fallen. „Senator. Ich muss dich sprechen.“





    SKLAVE - DECIMA SEIANA

  • Zustimmend nickte Manius auf die Worte des Decimus Casca hin, welchen er eines fernen Gedankens wegen den Decimi konnte zuordnen, vermochte jedoch im Augenblicke nicht die Kurzweil des ausgesprochenen Scherzes zu goutieren, obgleich er ihm durchaus amüsant erschien. Sodann trat ein weiterer Mann heran und eine Kiste rückte für einen kurzen Moment in den Focus der Aufmerksamkeit bis dieser durch das neuerliche Eintreffen wiederum eines weiteren Mannes und durch dessen Senator wurde gefüllt. Erwartungsvoll blickte Manius zu dem Decimus hin, welcher unzweifelhaft musste angesprochen sein, während gleichsam ein anderer Teil in ihm wusste, dass dies nicht korrekt war.
    Senator.
    Dies war es gewesen, was die Decima damals in der Bibliothek hatte ausgesprochen - deutlich konnte er die Laute nun in seiner Erinnerung vernehmen -, dies war das fehlende Fragment, das seit diesem Zeitpunkt beständig sich in seinen Sinn hatte gedrängt, einer hartnäckigen Larve gleich, welche an seine Füße sich hatte angehaftet, seine Beine war emporgekrochen, ihre Krallen hatte sukzessive in sein Rückgrat geschlagen, um in seinem Nacken sich festzusetzen, wo er sie nicht hatte sehen können.
    Senator.
    Fern noch grollte die die Essenz unausgesprochener Wahrheiten aus diesem Worte, einem Sommergewitter gleich, welches weit im Osten sich zusammen braute, welches doch gleichsam sich anschickte binnen kürzester Zeit das Zentrum der Welt zu umfassen und über Stunden hinweg dem Zorne der Götter gleich zwischen den Hügeln der ewigen Stadt sich zu entladen.
    "Senator"
    , repetierte er leise und blickte in die Augen des schönen Raghnall, welcher an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit allfällig gänzlich andere Gedanken hätte in ihm empor getrieben. Doch von diesem Augenblick an, dem Eingeständnis seiner Pflicht aus seinem eigenen Munde, von diesem Augenblicke an war das folgende Geschehen unvermeidlich.
    Senator Manius Flavius Gracchus
    , dröhnte es mit einem Male in den Hallen seines Gedankengebäudes aus tausenden Mündern zugleich, eine Erinnerung an jede einzelne Stimme, welche jemals diesen Namen hatte ausgesprochen, hallte es von den Wänden und den Grenzen seines Kopfes wider und wider, dass er glaubte darin ersticken zu müssen, glaubte seinen Verstand einbüßen zu müssen, welchen er womöglich doch gerade im Begriff war wiederzufinden. Dieser Name war in seine Seele eingebrannt, tief in sein Fleisch hinein, lastete schwer auf seinen Schultern, dass er glaubte unter seiner Bedeutung zerbrechen zu müssen. Mit einer fahrigen Bewegung suchte er Halt an einem Pfosten, denn die Welt um ihn her schien sich in Strudeln zu verlieren, schien ein Spiegel seines Innersten zu sein, in welchem die Zeit verschwamm - Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft -, er hin- und hergerissen war von dem Verlangen, seine Person zu definieren oder endgültig zu vergessen, im unerbittlichen Kampfe mit sich selbst, gegen sich selbst und um sich selbst.
    Manius Flavius Gracchus
    , war die Konstante seines Lebens, welche alles und nichts definierte, welche alles und nichts bedeutete, für oder gegen die er sich musste entscheiden. Doch je mehr er zuließ, dass dieser Name die Herrschaft gewann über sein Sein, desto mehr Bilder verdrängten die Realität, krochen in ihm empor, Geräusche und Gerüche, Empfindungen und Gedanken.
    Kaisermörder!
    Tiberius Durus, die Konspiration, das Testament des Valerianus', die Beseitigung des Kaisers und seiner Familie, Vescularius Salinator, die Proscritpion, Titus und Flamma in Weidenkörben, Antonia und Sciurus in Lumpen, die Flucht aus Rom, Minor und Flaccus neben dem Leichenkarren, die Toten auf dem Karren, die Larven um ihre Körper, der Fußmarsch, die Flucht durch Italia, die Demütigung und Schmach, das Fieber, das ausgezehrte Antlitz seines Sohnes, das Versteckspiel in Mantua, die wahnwitzige Idee zur Rettung des Imperium, die neuerliche Reise, die Ankunft in Rom, Faustus' Widerstand und gleichzeitig Zuneigung, das Versteckspiel in Rom, Atons Herrschaft über sein Leben, Atons Niedergang und das Zurückbleiben trister Leere, die Rebellen in Rom, welche keine Rebellen waren, sondern die Befreiung Roms - Römer, die Römer schlachteten! Kaum nur konnte er all dies in sich zurückhalten, kaum nur konnte er verhindern, dass verräterische, schimmernde Wasserperlen sich aus seinen Augenwinkeln drückten, denn nichts wollte er im Augenblicke noch von sich geben, gar als fürchtete er mit dem Verlust der Tränentropfen nur neuerlich ein Stück seiner Selbst zu verlieren. Wie oft hatte er in den letzen Monaten geglaubt, nicht tiefer sinken zu können, nur um stets eines besseren belehrt zu werden, und doch hatte er nicht im Ansatze erahnt, wie tief er tatsächlich gesunken war. Wie bei allen Göttern hatte er nur Faustus' Angebot annehmen können, sich im Inneren dieses Hauses zu verstecken, einem Hasen gleich, welcher in seinem Bau unter der Erde abwartete bis der Fuchs über ihm vorübergezogen war? Noch ehedem er jedoch diese Frage sich hatte gestellt, wusste er bereits die Antwort, denn in seinem ganzen Leben war er stets nur ein Feigling gewesen, hatte nie genügend Mut aufgebracht, um auch nur ein wenig mehr als ein Hase zu sein. Über die Unzulänglichkeit seiner Selbst indes zogen seine Gedanken zu wichtigeren Menschen seines Lebens, zu Minor, Antonia, Titus, Flaccus und Flamma, deren Wohl in seiner Verantwortung lag, über deren Verbleib indes er nicht die geringste Spur einer Ahnung hatte. Wie hatte er untätig sich in dieser Casa einnisten können, während das Schicksal seiner Familie irgendwo in Italia im Ungewissen schwebte? Faustus. Blind war er vor Liebe gewesen, hatte einem verliebten Narren gleich sein Leben negiert, nur um einige Augenblicke vergessen zu können, was war, sich verlieren zu können im trügerischen Ozean der Liebe. Wo war Faustus jetzt? Gefallen oder gefangen allfällig, der Praefectus Praetorio des Vescularius - Sieger und Verräter hatten die Plätze getauscht, er selbst stand mitten unter den Verrätern und würde das zurecht wütende Volk Roms - was hatten sie nur getan? - diese Casa stürmen, so würde er sein Ende mit ihnen finden, würde sein Leichnam verscharrt werden, würde niemals irgendwer wissen, was aus Senator Manius Flavius Gracchus geworden war.
    "Ja"
    , entgegnete Gracchus ein wenig abwesend, noch immer ein wenig hadernd mit sich selbst, ein wenig ertappt beinah, doch letztlich konnte er seiner Pflicht nun nicht mehr entkommen, da jedes noch so marginale Fragment seiner Maskerade - intrinsisch wie extrinsisch - von seiner Person war abgefallen.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • So fühlte sich also Verlorenheit an. Gepaart mit einem Schuss Angst und der Gewissheit, dass wohl nichts mehr so sein würde, wie es einmal war. Es war erschöpfend, schweißtreibend, machte weiche Knie und war überhaupt nicht gut für den Teint, wie ich ja an Muckel gesehen hatte. Am besten ich merkte es mir gut für den Zeitpunkt, an dem ich einmal meine Memoiren schreiben würde. So in dreißig bis vierzig Jahren, wenn wir denn alle Glück hatten und hier lebend heraus kamen. Immerhin hatte ich für meinen Kommentar ein Nicken von Aton erhalten. Nach Lachen war sowieso niemandem. Meine Stirn lehnte noch immer an der Wand der Box, doch das änderte sich, als jemand hinzu trat. Ich hob den Kopf und mein Blick fiel auf einen Mann. Offensichtlich mit einer Botschaft. Ich erwiderte sein Nicken, nur um dann perplex drein zu schauen, als er mich links liegen ließ und sich an Aton wandte. Muckel rückte ein wenig näher und sah mir entgegen. Ich sah zurück und zuckte dann mit den Schultern, wobei sich meine Augen ein wenig weiteten und sich meine Unterlippe verzog.


    Als die Worte fielen, die verkündeten, dass dieser Mensch den Senator zu sprechen wünschte, ruckte mein Kopf wieder herum. Senator. Senator? Ich blinzelte, schaute auf das Pferd, dann auf Aton und fragte mich noch immer, ob ich mich verhört hatte. Doch ich war mir schließlich sicher, als das Wort auch leise über Atons Lippen kam. Ich drückte mich von der Wand weg und war doch sehr versucht, etwas zu sagen. “Aber...“, entkam es mir und ich wollte noch anfügen, dass es sich nur um ein Missverständnis handeln konnte, doch ich fühlte die Hand meines Sklaven auf meiner Schulter, die ich sofort versuchte wieder davon zu wischen. Irgendwie kam es mir so vor, als würde Aton aus einem Traum erwachen und ich im Gegenzug in einen hinein fallen. Vielleicht waren auch alle ein wenig verrückt geworden? Die Umständen schrien ja förmlich nach so etwas. Muckel zog mich mit sich. “Besser du sagst jetzt gar nichts!“ flüsterte er mir entgegen und ich nickte schwach. Mir fiel auch gar nichts mehr ein.

  • http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Es dauerte. Und dauerte. Und dauerte dann noch ein bisschen. Und obwohl Raghnall durchaus ein bisschen ungeduldig wurde – eher ziemlich ungeduldig –, verkniff er sich den ironischen Kommentar, der ihm auf der Zunge lag. Einem Senator sollte man besser nicht dumm kommen, das war eine Regel, an die sogar er sich hielt... meistens. In jedem Fall in Situationen wie diesen, wo die Lage so ernst war und wo seine Herrin wollte, dass er... ja, was eigentlich? Was genau wollte sie von ihm? Sie hatte ja noch nicht einmal Zeit gehabt ihm zu sagen, wie der Mann vor ihm hieß, geschweige denn irgendeinen Hinweis darauf zu geben, was sie sich nun dabei gedacht hatte, zwei ihrer Sklaven zu ihm zu schicken, bevor der Centurio ihnen das Wort abgeschnitten hatte und Raghnall verschwinden musste.


    Während der Senator also für den Moment in seinen Gedanken versunken zu sein schien, begann auch der Gallier kurz zu grübeln. Allein: grübeln war nicht seins. Ganz egal, was die Decima von ihm gewollt hatte, er würde sich ganz sicher nicht die Finger verbrennen, indem er versuchte mit dem Senator auf Augenhöhe zu reden. So was ging nie gut, wenn ein Sklave das versuchte. Und überhaupt war das hier wohl der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um um Hilfe zu bitten, das konnte sie also auch kaum gemeint haben. Allerdings... Raghnall warf einen flüchtigen Blick auf Álvaro. Es musste einen Grund geben, dass Seiana befohlen hatte, dass der Custos Corporis mitkam, noch dazu der von den beiden, der weit umgänglicher war. Als der Senator also endlich mit einem ja antwortete, hatte Raghnall für sich auch entschieden, was er als nächstes tun, oder besser: sagen sollte. „Meine Herrin Decima Seiana schickt uns. Ihr Custos Corporis“, er wies auf Álvaro, der in kurzer Entfernung von ihnen stehen geblieben war und schweigend wartete, „und ich stehen zu deiner Verfügung. So lange du uns benötigst.“ Wie lang auch immer das sein mochte. Erst mal sicherlich, bis Rom gesichert und der Senator in sein Heim zurückgekehrt war, aber Raghnall hatte keine Ahnung, ob da dann irgendwelche Sklaven zu finden waren... geschweige denn solche von der Sorte, die mehr waren als einfache Haussklaven, sondern einem Senator zur Hand gehen konnten.





    SKLAVE - DECIMA SEIANA

  • “Hast du das gehört?“, flüsterte Muckel mir entgegen und verrenkte sich nun ein wenig den Hals, um zu der Pferdebox hinüber zu starren.


    Es hatte es eilig gehabt mich ein wenig vom Ort des Geschehens zu bringen, als würde er fürchten, dass ich irgendeinen Unsinn täte. Doch das hatte ich gar nicht vor gehabt. Ich hatte mich lediglich gewundert, dass vollkommen fremde Leute Aton mit Senator ansprachen und das mit einer Natürlichkeit, als wären wir in der Curia. Natürlich hatte ich das gehört! Doch was sollte ich machen? Ein einziges “Aber, und das war schon zu viel? Das war angebracht! Das war das Haus der Decima und wer sollte sich denn darum kümmern, wenn nicht jemand aus der Familie? Außer mir war ja kein anderer da und es war wichtig, was hier vorging. Sehr wichtig!


    “Muckel...wirklich! Ich werde jetzt zu ihm rüber gehen, und dann...klären wir das!“


    Ich straffte schon meine Haltung, doch Muckel legte vorsichtshalber wieder die Hand auf meinen Arm, den ich ihm neuerlich hastig entzog.


    “Und wenn er wirklich Senator ist? Was willst du denn dann....ich meine, da ist doch sch....“


    “So ein Unsinn!“, schnitt ich ihm sogleich das Wort ab.“Wenn Aton plötzlich zum Senator wird, dann könnte ich selbst schon übermorgen...“ Ich überlegte kurz, doch mir fiel auf die Schnelle kein passendes Äquivalent ein. Ein Hannibal sein? Zu tragisch und im Grunde auch unwichtig. “Wie auch immer! Die Welt steht in Flammen und wahrscheinlich auch gleich unser ganzes Haus! Wer weiß wo Seiana nun ist, Serapio oder mein Bruder... und dann kommt einfach jemand hier herein, der die Gesamtsituation völlig ign...“


    Weiter kam nun ich wiederum nicht, denn ich hatte mich ein wenig rückwärts von Muckel fort bewegt, damit er endlich seine bewahrenden Finger von mir ließ. Bei dieser Gelegenheit hatte ich jemanden angerempelt, oder besser: War ihm auf den Fuß getreten. “Oh, verzeih'!“, entkam es mir, während ich mich zu diesem Jemand herum drehte.

  • Es war so schrecklich, überall diese hastigen Schritte und dann diese Schreie, die Mira durch Mark und Bein gingen. Was war nur geschehen und wieso verharrten sie jetzt in dieser Scheune und überhaupt, waren sie alle? Hatten es alle des Hauses geschafft oder waren noch einige ohne sicheres Dach über dem Kopf? Apropos sicheres Dach .. war dieser Stall sicher? Immer wieder entfloh ein tonloses Schluchzen Mira's Kehle, während sie sich in eine der Ecken zurück gezogen hatte und ihre schlanken Arme um ihren Oberkörper geschlungen hatte. Sachte Schauer waren es, die ihren Körper erzittern ließen, so dass sie ihre Arme nur noch fester um ihren Körper schlang und dadurch versuchte, dem Zittern ihres Körper's Einhalt zu gebieten.


    Doch auch dies schien nicht wirklich zu gelingen und so glitten Mira's Augen suchend durch den Stall, bevor sie ihren Blick sogleich gen Boden wandte, während abermals ein ängstlicher Schauer über ihren Rücken rann.“Sie werden uns finden. Sie werden uns finden.“ Wiederholte Mira mit ängstlicher Stimme, auch wenn sie ihre Worte so leise sprach, dass diese mit Sicherheit niemand sonst wahr nahm oder sich nicht bemüßigt fühlte auf die Worte der Sklavin zu antworten. Und so konzentrierte sie sich auf ihren hastig pochenden Herzschlag und versuchte diesem Herr zu werden, auch wenn es ihr nicht gelingen mochte und Mira ein leises Wimmern über ihre Lippen entfliehen ließ. Ein Geräusch dass von Angst kündete, doch keine Augen richteten sich auf sie und versicherten ihr, dass dieser Albtraum bald vorbei war.


    Ein Albtraum, aus dem sie jeden Augenblick erwachte und ihrer Arbeit nachging. Doch dem war nicht so und als sie schließlich einen Rempler spürte, entwich ihren Lippen tatsächlich ein tonloser Aufschrei. Eh' sich ihre geweiteten Augen auf den jungen Mann richteten, den sie an dem einen oder anderen Tag aus sicherer Entfernung beobachten durfte, auch wenn er davon nichts mitbekommen hatte, zumindest war dies ihre Vermutung. Denn was warf das für ein Licht auf die Sklavin, wenn sie ihren Blick auf den hohen Herren ruhen ließ, anstatt ihrer Arbeit nach zu gehen, für die sie ins Haus geholt wurde.

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