Cubiculum | Manius Flavius Gracchus

  • Gracchus versuchte den skeptischen Blick von seinem Antlitz zu vertreiben, doch mochte es ihm nicht zur Gänze gelingen. Diese Weggefährten bereiteten ihm schon jetzt großes Unbehagen. Furianus' Kameraden aus der Legio mochten noch von einigem Ansehen, in doppeltem Sinne, sein, doch in seiner Zeit bei den Vigiles mochte er wer weiß was kennengelernt haben. Nicht nur, dass er als Unteroffizier kaum Kontakt zur Führungsriege aufgebaut haben konnte, diese Einheit nahm gar Peregrini sowie Plebejer niedrigster Herkunft in ihre Reihen auf.
    "Um deiner selbst Willen möchte ich hoffen, das sich diese Weggefährten in unseren Kreisen zu bewegen wissen. Natürlich besteht auch während einer Feierlichkeit noch immer die Gelegenheit, sich unliebsamer Gäste zu entledigen, doch dies hinterlässt oftmals einen unguten Beigeschmack. Außerdem solltest du bedenken, dass eine Vermischung der Stände auf beiden Seiten Missmut hervorufen könnte. Vielleicht solltest du für deine engsten Kameraden und Freunde eine seperate Feier in Betracht ziehen."
    Gracchus verkniff sich den Ausdruck 'Pöbel'. Die weiteren Worte lösten ungelich größeres Wohlwollen bei ihm aus und ein feines Lächeln kräuselte seine Lippen.
    "Was das Vermögen betrifft, so bin ich froh, dass du dir darüber Gedanken machst. In der Tat ist eine Sponsalia oder Nuptia ein kostenzehrendes Unterfangen. Ich möchte dir einen Vorschlag zur Güte unterbreiten, so dass du dir keinerlei Vorwürfe darüber machen musst, das Familienerbe verschwendet zu haben. Du selbst bezahlst von deinem Einkommen die Verköstigung der Gäste, mit ein wenig geschickter Kalkulation dürfte dieser Anteil nicht allzu hoch ausfallen. Ich werde meinen Sklaven anweisen für einen angemessenen Festrahmen Sorge zu tragen. Dies wird zwar etwas kostspieliger werden, doch im Fall dieses freudigen Ereignisses soll dies deine Sorge nicht sein."

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  • "Eine hervorragende Idee, Onkel. Dann mache ich doch lieber eine private Runde im Beisein meiner Kameraden und später den offiziellen Festakt mit den Persönlichkeiten Roms. So würden beide Parteien davon profitieren, so denk ich. Auch bin ich mit dem weiteren Vorgehen und den Bedingungen einverstanden, so sei es."


    Lächelnd wollte er gerade aufstehen, um Gracchus endlich die Ruhe zu seinen Studien zu gewährleisten, doch er hatte noch weitere Punkte, welche einer Verzögerung nicht wert waren.


    "Gracchus, wie ich bereits erwähne bin ich in Kenntnis was deine Aufgabe anbelangt, die dir Vater auferlegt hat. Sollte ich weitere Aufgaben kennen oder ist es das einzige Laster, welches dir aufgebürgt wurde?"

  • Verwirrt blinzelte Gracchus seinen Vetter an und überlegte, ob es ihn ärgern sollte, dass er etwas onkelhaftes an sich haben musste, oder ob dies ein positives Charakteristikum darstellte. Schon Calpurnia, die Tochter seines Vetters Constantinus, hatte ihn als Onkel bezeichnet und dabei war sie eindeutig um einiges älter als er. Dass nun auch noch Felix' Sohn ihn wiederholt solchermaßen bezeichnete, gab ihm doch zu denken.
    "Aber mein lieber Furianus, die Verwaltung des flavischen Vermögens sehe ich nicht im Geringsten als Last an."
    Es ließ Gracchus keine Ruhe.
    "Sag, Furianus, wie alt bist du eigentlich genau?"

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  • Da der "Onkel" :] nicht auf seine Frage zu anderen Aufgaben einging schloss Furianus daraus, dass jener nur diese Aufgabe inne hatte. Man könnte meinen diese Tatsache müsste ihn erfreuen, doch wusste er selbst, dass er nun die ganzen Aufgaben verleiht bekam.
    So lächelte er ein wenig und verkniff sich ein Ratespiel mit Gracchus.
    "Ich zähle 25 Jahre, Gracchus. Und wie viele Jahre zählst du?"


    Diese Tatsachen wurden von Männern ohnehin schon offener gehandhabt als es bei Frauen der Fall war. Doch bei Claudia wusste Furianus woran er war. Sie war eindeutig älter. 8)

  • Gracchus seufzte nachdenklich.
    "Dreiundzwanzig."
    Er blickte Furianus schwermütig an.
    "Ich möchte ungern eitel erscheinen, doch sag mir ehrlich, wirke ich denn wirklich schon so alt, dass mich alle meine Vettern und Basen als Onkel bezeichnen müssten? Mein lieber Furianus, lass uns bitte bei der Wahrheit bleiben. Als Sohn meines Vetters darfst du mich gerne als deinen Großcousin bezeichnen, so wie ich dir gegenbüber bei Vetter bleiben werde. Ich hoffe, dies ist nicht zuviel verlangt."

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  • Furianus überkam Verwunderung, als er die Zahlen hörte.

    Sim-Off:

    Eigentlich müsste Furianus 21 sein, aber als Quaestor wäre er sonst nicht zugelassen. ;)


    Doch Furianus wahrte die Fassade und lächelte.


    "Nicht doch, Großcousin, du siehst gemäß deinem Alter aus, nur war dies wohl ein Fehler meinerseits und ich sollte mich in Zukunft mehr der Familienkunde widmen. Ich hoffe, du verzeihst mir dies."


    Entschuldigend sah er seinen Großcousin zu und fuhr dann fort.


    "Meine primäre, von Vater übertragene Aufgabe wird es sein mich um die Villa zu kümmern. Auch sagte er ich würde das letzte Wort im Hause haben. Dies beschäftigt mich nun ein wenig und ich würde gerne wissen, ob du nicht was zu verändern gedenkst. Sei es die Ausstattung oder Zimmer, welche du beziehen willst. Ich bin sicher, dass wenn deine Verlobte hier einzieht ihr einen größeren Raum benötigt."


    An dieser Stelle wollte Furianus nicht erwähnen, dass der den Cursus Architecturae mit Auszeichnung bestanden hatte und schon jetzt einige Umbauten plante. Diese Pläne waren wohl auf sein Gemach konzentriert, aber auch ein neues Triclinium hatte für ihn seinen Reiz.

  • Ein Rest von Zweifel verblieb in Gracchus. Wäre er älter als Furianus, so wäre er doch seit langer Zeit schon verheiratet.
    "Die Familienkunde sollte man in der Tat nicht vernachlässigen. Es ist immer wichtig zu wissen, wo seine Wurzeln liegen."
    Die folgenden Worte seines Vetters beunruhigten Gracchus noch zusätzlich. Die Aussicht auf die kommende Unruhe im Haus sagte ihm gar nicht zu.
    "Sind diese einschneidenden Maßnahmen mit deinem Vater abgesprochen? In wieweit erstrecken sich deine Kompetenzen genau?"
    Gracchus hoffte, dass er nicht von heute auf morgen sein Zimmer räumen musste. Er hatte sich mit Sciurus gerade erst so vorzüglich eingerichtet. Nach seiner regelrechten Flucht aus Achaia genoss er diesen Hort der Geborgenheit und Ruhe in vollen Zügen.
    "Im Übrigen werden wir nicht einen großen Raum, sondern nur ein weiteres Zimmer für Antonia benötigen, wie es sittlich ist."

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  • "Einschneidende Maßnahmen? Ich glaube doch nicht, dass die Ausstattung einiger Zimmer als großer Aufwand betrachtet werden kann."


    Furianus mutmaßte ob die Ansicht seines Großcousins wohl mit den Geldern verknüpft war und man solch Ausstattung nicht bezahlen könne.


    "Als Absolvent des Cursus Architecturae kann ich mir wohl anmaßen zu behaupten ich hätte Kentnisse in solch einer Kunst. Aber Gracchus, ein weiteres Zimmer für Antonia ist doch wohl selbstverständlich. Ein größerer Raum im Sinne eines Tricliniums für euch Beide, oder eine Bibliotheca für sie. Ich bin der Meinung, dass Antonia von solch Art des Empfanges doch sehr angetan werden wird."

  • Mit wachsendem Unmut lauschte Gracchus den Plänen seines Vetters und begann seine Unterlippe zu kneten. 'Einige' Zimmer, ein großer Raum, eine Bibliotheca - von der Unruhe bei Umbaumaßnahmen einmal ganz zu schweigen machte es beinahe den Eindruck, als wolle Furianus Antonia und ihn in einen eigenen Teil der Villa verbannen.
    "Gibt es nicht bereits genügend geignete Zimmer? Antonia wird sich in einem der Arbeitszimmer einrichten können, wie es ihr beliebt. Ob sie dabei Schriftrollen oder einen Webstuhl präferiert wird noch herauszufinden sein. Und ein Triclinium..."
    Mit leicht besorgtem Blick schaute Gracchus seinen Vetter an.
    "Was spricht dagegen, das vorhanden Triclinium zu nutzen?"
    Ein weiteres Triclinium würde nur unweigerlich dazu führen, dass Gracchus mehr Zeit als geplant allein mit seiner Gattin verbringen musste. Und damit vermutlich mehr gemeinsames Schweigen ertragen musste.

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  • Furianus lächelte.


    "Es wird kein großes Triclinium sein, Gracchus. Wie bereits erwähnt bin ich wohl noch längere Zeit in dem politischen Lebe ergeben und wie knüpft man am besten Kontakt zu Roms Persönlichkeiten? Natürlich mit Gelagen, Banketten und derartigen Ereignissen. So wird es wohl immer wieder einige Zusammenkünfte geben und ihr könntet euch in eurer Ruhe gestört fühlen, denn ich kann wahrlich nicht verlangen, dass ihr in euren Cubiculi speist. Ich könnte mir vorstellen, dass auch du Gracchus deinen Nutzen aus solchen Ereignissen ziehen könntest, doch für Antonia wäre dies unpassend. Ich will keinen Unmut bei ihr beschwören, das liegt mir fern."

  • Je detaillierter Furianus auf seine Pläne einging, desto unbehaglicher wurde Gracchus zumute. Seine letzte Worte brachten ihn jedoch endgültig aus der Ruhe.
    "Deine politische Motivationen in allen Ehren, Furianus, doch wage es nicht, den Namen dieser Gens in den Schmutz zu ziehen. Ich werde nicht zulassen, dass die Villa Flavia zu einem Ort verruchter Gelage wird und ich bin mir sicher, dass dein Vater dies ebenfalls nicht billigen wird. Dies ist nicht irgendein Dorf in Britannia, dies ist Rom. Gerade wenn du dich in das Licht der Öffentlichkeit stellst wird hinter jeder zweiten Ecke ein missgünstiger Rivale oder Klient eines Konkurrenten nur darauf warten, dass du einen Fehler begehst. Wenn du wirklich glaubst, dass dir ein solches Verhalten zur Ehre gereicht, dann feire deine Orgien, doch tue es nicht im Haus meiner Vorfahren. Miete dir eine Villa an, wie es die übrigen Zügellosen tun, außerhalb der Stadt unter einem fremden Namen. Doch wage es nicht..."
    Gracchus biss die Zähne zusammen. Er stand kurz davor, sich zu vergessen. E schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Seine Gesichtszüge glätteten sich wieder und er öffnete die Augen.
    "Wenn du angemessene Festlichkeiten, Zusammenkünfte und meinetwegen auch Bankette feiern möchtest, wie es sich für einen Mann deines Standes gehört, so werde ich dem beiwohnen. Und Antonia ebenfalls, sie ist eine überaus eloquente Person."

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  • Furianus stand auf und verzog sein Gesicht nicht.


    "Wenn du mir Orgien oder dergleichen zutraust, so bin ich maßlos enttäuscht von dir, Gracchus. Deine Ansicht ist beleidigend und du sollst wissen, dass es mich kränkt dies aus deinem Munde zu hören."


    Er war nicht wütend, er dachte nach. Erinnerte sich an die Dinge, die zu solch einer Meinung von seiner Person führen könnten, doch scheiterte er sogleichn denn es gab nichts. So stand er noch wenige Augenblicke vor Gracchus und schaute ihm in die Augen, versuchte darin zu lesen. Es gelang ihm nicht und er ging zur Türe.


    "Eloquent mag Antonia sein, doch ob sie als Frau Interesse an politischen Themen bei Zusammenkünfte verspürt mag ich zu bezweifeln. Zusammenkünfte politischen Wesens."


    "...den Namen dieser Gens in den Schmutz zu ziehen."
    "...die Villa Flavia zu einem Ort verruchter Gelage wird."
    "...wie es die übrigen Zügellosen tun."
    Diese Worte waren wie Dolche in seinem Herzen und der Schmerz kam dem des Prometheus gleich, wenn der Adler kam.
    Furianus hatte Mühe seine Beherrschung zu erhalten und nicht doch eine Träne der Enttäuschung seiner Augen entspringen zu lassen.
    Er wandte sich kurz an Gracchus und sagte in apathischer Weise die letzten Worten, bis er auch schließlich die Türe öffnete und hinausging.


    "Vale, Flavius."

  • Aufgebracht starrte Gracchus die verschlossene Türe an, durch welche der Sohn seines Vetters soeben entschwunden war. Schließlich wandte er ruckartig seinen Kopf und nahm aufgebracht wieder das Pergament zur Hand.
    "Iuppiter in seinem Aspekt als Homoscus Maximus..." begann er erneut zu lesen, brach jedoch bald ab und blickte erbost wieder auf.
    "Iupiter Tonans und Summanus könnte nicht für ein lauteres Grollen sorgen, als er."
    Ungehalten schüttelte er den Kopf über die Einfalt seines Verwandten. Zuerst zu versuchen, ihn aus seinem Aktionsradius zu komplementieren, zu glauben, dass er dies nicht bemerken würde und dann auch noch seine zukünftige Gattin zu beleidigen, dies übertraf alles, was Gracchus bisher erlebt hatte. Die Politik hatte seinen Vetter anscheinend schon allzu fest in ihren Klauen, und Gracchus fürchtete, dass diese politischen Spiele die Familie noch um Rang und Namen bringen würden. Selbst sein Vater würde nicht endlos die schützende Hand über Furianus halten können.

  • Zitat

    Original von Lucius Flavius Furianus

    Sim-Off:

    Eigentlich müsste Furianus 21 sein, aber als Quaestor wäre er sonst nicht zugelassen. ;)


    Sim-Off:

    Kleine Anmerkung: Hier im IR gelten nicht wirklich die damals vorgeschriebenen Mindestalter. Allerdings mit Maß und Ziel, denn ein Konsul mit Ende 20 ist natürlich unglaubwürdig. ;)

  • Einige Tage lang war Gracchus von jeglichem Tun ferngehalten worden. Hatte er die Kälte des Winters auch unbeschadet überstanden, so hatte ihn letztlich eine Erkältung auf den letzten Zügen der verblassenden kalten Jahreszeit eingeholt. Der Kopf war ihm schwer geworden und die Glieder kalt, die Nase triefte in einem fort und daran, die Villa zu verlassen war nicht zu denken. Ein von Sciurus herbeigeorderter Medicus hatte Bettruhe und heiße Brühe verordnet und Gracchus beruhigt, dass es nichts Ernsthafteres als eine bloße Erkältung sei. So hatte Gracchus das Bett gehütet, die Tage waren an ihm vorrüber gegangen und mit ihnen auch das dumpfe Gefühl des Unwohlseins.
    Gebadet, gesalbt und frisch eingekleidet saß Gracchus nun in seinem Cubiculum und sichtete die Dokumente, welche während der letzten Tage liegen geblieben waren. Neben Briefen waren dies auch kurze Berichte zum vergangenen Wahlkampf.
    "Wie deplorabel, dass ich dies nicht selbst vernehmen konnte. Es scheinen äußerst bemerkenswerte Disukssionen geführt worden sein. Ich bin höchst gespannt, wie die neuen Magistrate sich anstellen werden, allen voran mein Vetter."
    Er legte die Berichte zur Seite und nahm einen Brief zur Hand, wie sich herausstellte, eine Einladung zur Hochzeit der Tiberia und des Vinicus.
    "Vinicius."
    Gracchus sprach den Namen aus und ließ den besonderen Klang ein Weilchen nachwirken. Schließlich bedeutete er Sciurus mit einem Wink, sich das Folgende zu notieren, woraufhin dieser eine Wachstafel und einen Griffel bereit hielt.
    "Teile Claudia mit, dass ich sie an eben jenem Tag an der Villa Claudia abholen werde. Zusätzlich brauchen wir ein Geschenk für das Brautpaar. Etwas besonderes und dennoch praktisch sollte es sein."
    Nachdenklich knetete Gracchus seine Unterlippe, bis er schließlich gefunden was er in seinem Geist gesucht hatte. Seine Augen leuchteten vor kindlicher Freude.
    "Welch wundervolle Idee, edler Stoff für edle Körper. Finde heraus, wo der beste Stoffhändler Roms residiert, ich werden ihm einen Besuch abstatten. Möglicherweise finde ich für Claudia ebenfalls ein geignetes Tuch. Weiters erwirb eine Statue, der Praefectus Praetorio hat sicherlich eine äußerst prächtige Villa in welcher marmorne Schönheit vollendet zur Geltung kommt. Und nun sorge für etwas zu Essen, mein Appetit regt sich. Der Sinn steht mir nach Flusskrebs in Sesam und Kümmeltunke."
    Sorgfältig glättete Gracchus die Einladung, legte sie zur Seite und nahm sich des nächsten Dokumentes an.

  • Eine leere Kanne stand auf dem Tisch, Gracchus lümmelte sich halb quer über einen Sessel wie es keinem Patrizier gut zu Gesicht stand und der Sklave Sciurus beäugte dies alles aus wachen Augen von seinem Stuhl nahe der Tür. Gracchus hatte sich nach dem Abendmahl dem Falerner hingegeben wie es nur selten geschah, er war darin ertrunken und versuchte nun verzweifelt an die Oberfläche seiner selbst zu schwimmen.
    "Die Götter treiben ein gar undurchschaubares Spiel, Sciurus, und wir sind nur billige Figuren in ihrem Plan. Mich, treuer Sciurus, mich haben sie erschaffen, um mich zu verspotten. Sieh mich an, Unglücklicher der ich bin, verzagt und verzweifelt, angefüllt mit dem besten Wein der Welt, wo soll es hingehen mit mir? Es scheint, als hätten die Götter mir nichts zugedacht als meinen Namen, den Namen mit welchem sie mich straften, verlangt er doch von mir, was ich nicht geben kann. Aus Achaia getrieben, oh geliebtes Achaia! Geliebter Nikomachos, oh, geliebter Sciurus! Alles und jeden haben sie mir entrissen, doch der Agonie scheint kein Ende angedacht! Wie dem Tantalos die nährenden Früchte, so setzen sie mir meine Vettern voran, welch Qual durchfährt mich bei ihrem Anblick, welch süßes Verlangen. Es dürstet mir nach Liebe, geliebter Sciurus, der Hunger nach ihren Körpern verzehrt meine Seele, doch wann immer ich mich aufrecke, meine Hand nach den süßen Früchten erstrecken möchte, so umstürmt mich die Claudia, und sei es nur in Gedanken. Ist dies denn zuviel verlangt, sage es mir, ist es zu viel verlangt einen warmen Körper neben mir auf meinem Lager zu wünschen?"
    Sein schwammiger Blick versuchte den Sklaven zu fixieren. Dieser sprach leise, unbestimmt.
    "Nach eurer Hochzeit wird sie bei euch sein, Herr."
    Gracchus griff sich mit den Händen an den Kopf.
    "Bewahren mich die Götter davor! In ihrem eigenen Bette wird sie nächtigen, Nacht um Nacht. Den Vertrag der Ehe werde ich erfüllen, für einen Erben wird sie bei mir liegen und noch zwei Mal für weitere Nachkommen. Danach nie wieder, es sei denn die Notwendigkeit besteht, sollte einer von den Knaben zu früh diese Welt verlassen. Was böte mir schon ihr Körper, zerbrechlich und fein wie er ist? Mich verlangt nach einem starken Leib, denn nichts, was dieser bieten kann, findet sich an einer Frau. Oh, Sciurus, geliebter Sciurus, wie ein Felsbrocken hängt das Unheil über mir an einem feinen Haar. Welch Ungerechtigkeit, oh ihr Götter, auf dieser Welt zu sein! Welch fataler Irrtum!"
    Er griff nach seinem Glas, doch nur wenige Tropfen des Falerners fanden sich noch darin.
    "Welch fataler Irrtum, dem wir blindlings erliegen..."
    Achtlos ließ er das Glas auf den Boden fallen, wo es in zwei Teile zersprang.

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  • In einer betont langsamen Bewegung strich Gracchus über seine Toga und musterte den Faltenwurf von oben herab. Ein Seufzen bahnte sich tief aus seiner Brust den Weg in die Freiheit und mutlos sank er auf den Stuhl hinab.
    "Ist dies denn wahrhaftig notwendig, Sciurus?"
    Der angesprochene Sklave nickte seinem Herrn zu. "Ich fürchte ja, Herr."
    "Dieses Elend."
    "Es ist eine vorteilhafte Verbindung, Herr."
    "In der Tat, dies ist es. Doch dies ist auch schon das einzige, was diese Angelegenheit ansatzweise tolerabel macht. Ich möchte nicht behaupten, dass sie mich hasst. Mitnichten, wie sollte sie? Sie kennt mich kaum. Doch in ihrer Gegenwart überkommt mich unwillkürlich stets das Gefühl, das sie mich nichteinmal für bedingt passabel erachtet."
    In Gracchus Tonfall lag eine Spur Verzweiflung, deretwegen er sich nicht im Geringsten schämte. Nur zu deutlich waren ihm die Erinnerungen an die wenigen gemeinsamen Momente mit der Claudia, allen voran diejenigen auf der Hochzeit der Tiberia und des Vinicius.
    "Das scheint Euch sicherlich nur so, Herr. Ihr seid ein Flavius und damit weitaus mehr als bedingt passabel."
    "Aber nein, aber nein, Sciurus. Es ist ein untrügliches Gefühl. Was mich zutiefst betrübt ist die Überlegung, dass es zeitlebens so bleiben wird und keinerlei Änderung dieser Sachlage abzusehen ist. Welch eigentümliche Vorstellung, tagein tagaus dieser Maske von höflicher Distanziertheit gegenüber zu sitzen und dabei genau zu wissen, welcher Vulkan dahinter brodelt."
    Ein leichter Schauder durchzog Gracchus und er schüttelte sich. Schließlich weiteten sich seine Augen merklich und ein Hauch von Entsetzen spiegelte sich darin.
    "Bei den Göttern! Der Gedanke bringt einen Keim von Erregung im mir hervor!"
    Verzweifelt schüttelte er die Hand, als wollte er etwas daran festklebendes loswerden.
    "Beängstigend!"
    Er holte tief Luft und dachte lauernd an die Claudia.
    "Nein, nicht die Frau ist der Anstoß der Erregung, allein die Vorstellung ihrer Distanziertheit vermag dies zu sein."
    Er lehnte sich beruhigt zurück und strich abwesend mit seinem Zeigefinger über die Brauen.
    "Bringen wir es hinter uns. Notiere folgendes."
    Mehrmals verwarf Gracchus den Text seines Schreibens, dann endlich war es annehmbar. Er beauftragte Sciurus es in sauberer Schrift auf ein Blatt zu übertragen und schlussendlich zur Villa Claudia zu überstellen.
    "Nimm Papyrus, keine Tafel, das hat den Anschein von Profanität. Wenn nur Antonias Vater sich nicht hätte zurückgezogen. Ein Gespräch mit einem ehrbaren Mann wäre um einiges einfacher. Wie dem auch sei, beginne nun, Sciurus, und... eile dich... ein wenig. Soviel es denn sein muss."

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  • Man sollte eigentlich nicht jene aufsuchen, die man zu schätzen wusste, wenn man wütend war, aber heute war es mir einerlei. Immerhin war ich nicht auf Gracchus wütend, sondern auf unser beider stumpfsinnigen Vetter Furianus, und so würde er hoffentlich meine Gemütslage verstehen und nachvollziehen können. Gleich nach dem Besuch in der Casa Caecilia war ich schnellen Schrittes durch die Villa Flavia Felix geeilt und hoffte, meinen liebsten Vetter anzutreffen, und sei es nur für ein Gespräch und einige verstohlene Blicke auf seine Gestalt. Selbst der Gedanke, mich mit ihm zu unterhalten und ein wenig seine Nähe atmen zu können, brachte mich nicht von meiner Wut ab, aber ein guter Teil jener lag wohl auch darin begründet, dass sie so nutzlos war wie ein Regenschauer auf einen Sumpf, denn Furianus würde sich wohl nie ändern in seiner Kopflosigkeit ...
    So klopfte ich an und räusperte mich energisch. "Gracchus? Bist Du zu sprechen?"

  • Die Stimme seines Vetters hätte Gracchus noch durch dicke Kerkertüren erkannt. Er saß über Papyrus- und Pergamentstapel gebeugt und durchforstete jene nach Daten von Ereignissen, welche die Chronicusa Romana betrafen oder möglicherweise betreffen konnten. Doch als Aquilius' Stimme ertönte, legte er das Pergament, welches er in seinen Händen hielt, auf den Schreibtisch und bedeutete Sciurus die Tür zu öffnen und den Vetter einzulassen. Er drehte sich zur Türe hin und ein freudiges Lächeln kräuselte seine Lippen. Bevor er zu Sprechen anhob wartete er, bis der Vetter eingetreten und die Tür hinter ihm geschlossen war.
    "Salve, Aquilius. Kommst du, um mich meiner Aufgaben zu entreißen und mir den Abend zu versüßen?"
    Seine Worte waren vordergründig spöttisch.
    "Nimm Platz. Sciurus, bringe uns Wein, eine von den guten Amphoren."

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  • Kurz glitt mein Blick über das Gesicht meines Vetters, tranken sein Lächeln mit meinem Blick, als wäre es der Regen, nach dem die Wüste in mir gedürstet hatte, dann trat ich in die Mitte des Raumes und atmete tief ein, versuchend, den Zorn über Furianus in irgendeine geregelte und vor allem auszusprechende Bahn zu lenken. Als sich Sciurus erhob, um sich um den Wein zu kümmern, strich ich die einzige Haarsträhne, die dorthin immer fiel, wenn sie mich ärgern wollte, aus derselben und suchte nach geeigneten Worten. Es schien nicht zu der Arbeitsidylle passen zu wollen, dass ich nun dorthin eingedrungen war, und für einen Moment fühlte ich mich wie ein Fremder.


    "Es geht um Furianus, und ich fürchte, es wird weder Dir noch mir den Abend versüßen, so gern ich dies auch getan hätte, werter Gracchus," entgegnete ich ihm schließlich und suchte seinen Blick. "Er kann es wieder einmal nicht lassen und zieht den Namen unserer Familie erneut durch den Schmutz."

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