Spaziergang am Meer

  • "Ich... es ist... ich habe Angst, Helena," flüsterte ich leise. "Ich zerbreche mir den Kopf, was ist, was sein wird, was Minervina denkt, ob Du nicht nur sagst, dass ich Deine Freundin bin, obwohl es sich ja auch gar nicht schickt und...." ICh brach ab und atmete zitternd ein. "Es tut mir leid, aber es ist, als würde meine Welt sich ein zweites Mal in so kurzer Zeit komplett auf den Kopf stellen und ich kann meinem Kopf nicht sagen, dass er aufhören soll zu denken."

  • Ich sah sie an. Ein wenig erleichtert aber auch ein wenig erschrocken. Leichter Vorwurf lag in meiner Stimme, als ich antwortete.


    "Glaube mir Pentesilea. Wenn du nicht meine Freundin wärst, würde ich dir nicht soviel Vertrauen entgegenbringen. Aber ich bin froh, dass du mir sagst was dich genau bekümmert. Um ehrlich zu sein war ich ein wenig rat - und hilflos."


    Ich legte meinen Arm um ihre Schulter und ging so ein Stück mit ihr weiter.


    "Ich kann nicht nachempfinden wie es dir geht, allerdings in etwa vorstellen. Aber du musst nicht befürchten, dass Minervina dich weniger mag. Sie weiß noch gar nicht was Sklaven sind und ich denke sie wird den Unterschied noch weniger als ich beachten wenn sie es erst einmal weiß. Sie mag dich viel zu sehr. Und außerdem wird sie gar nicht erfahren dass du unfrei bist, bis dahin wird es Vergangenheit sein!"

  • "Und doch wird sie es eines Tages wissen. Sie ist nicht dumm, Helena, sie wird bald schon verstehen, was es heisst ein Libertus zu sein, was es hiess, was man vorher war. " Ich seufzte. Warum konnte ich mich nicht einfach freuen? "Ich habe Angst sie dann zu verlieren. ICh weiss, es steht mir nicht zu so zu reden, denn sie ist nicht meine Tochter, aber sie war in all der Zeit, an die ich mich erinnere, ein so wichtiger Teil meines Lebens und sie bedeutet mir so viel. Verzeih..." fügte ich an, als ich merkt, dass ich vielleicht zu viel sagte.

  • "Sie ist in gewisser Weise auch deine Tochter. Sie ist praktisch mit zwei Müttern anstelle eines Vaters aufgewachsen. Du hast dich vielleicht noch mehr um sie gekümmert als ich. Daher verstehe ich deine Ängste. Doch Minervina ist - wie du sagtest - nicht dumm und wird die Liebe zu dir nicht vergessen. Zudem heißt Libertus zu sein, frei zu sein. Du wirst einem Peregrinus gleichgestellt und könntest ohne weiteres das römische Bürgerrecht erlangen. Also musst du dir keine Gedanken machen!"


    Ich lächelte leicht. Sie und ich,.. wir hatten beide Recht. Vielleicht hatte ich mich weniger gekümmert als es hätte sein sollen. Sie war eigentlich die bessere Mutter gewesen...

  • "Nein, sie hat eine Mutter und diese liebt sie! Sehr sogar. Du solltest sehen, wie sie sich immer freut, wenn Du etwas Zeit für sie hast. Diese Stunden sind es, die sie wahrlich glücklich machen. Ich bin, ich weiss nicht, was ich für sie bin, aber keine Mutter."
    Nun lächelte ich ehrlich.

  • "Na aber mehr als eine Tante bist du doch. Wie wäre es mit Minervinas Lieblings - Pentesilea?"


    Ich musste grinsen. Ich war froh, dass Minervina uns nicht dazwischen krähte, wie sie es sonst recht gerne tat. Ich war gespannt, wie sie sich nach der Freilassung entscheiden würde. Nachher würde ich das Pergament ausfüllen.

  • "Ja vielleicht," lächelte ich. "Wahrscheinlich sogar, schliesslich kennt sie nur eine Pentesilea." Ich rieb mir kurz den Kopf. "Ich denke, ich werde noch eine Weile bleiben. Irgendwer muss den beiden Schreihälsen doch beibringen sich nicht jede Minute mit ihrer Neugierde umzubringen."

  • "Ja, ich denke Minervina und ich wären beide nicht die richtigen dafür!"


    Ich lächelte sie dankbar an. Es stimmte. Ich brauchte sie nicht nur als Freundin hier sondern auch als Aufpasserin für Minervina und die beiden Jungs.


    "Ist es dir recht wenn ich nachher deine Freilassung veranlasse und dir auch gleich deinen erste Lohn auszahle?"

  • Ich sah sie an und in meinen Augen waren alle meine Gefühle zu sehen. "Mache es so, wie Du es für richtig hälst. Und wenn Du meinst, dass ich weiterhin als Sklavin tätig sein soll, dann soll es so sein."
    ICh begann mich mit all dem abzufinden, wie ich es schon einmal mit meiner Amnesie getan hatte.

  • "Nein, du bist keine Sklavin! Du bist zu stolz und viel zu sehr meine Freundin als dass ich dich in diesem Stand lassen könnte!"


    Ich blieb stehen und zauderte nicht lange mit einer Umarmung.

  • Ich konnte nicht anders als sie ebenfalls zu umarmen. Eine Träne rann meine Wange hinunter. "ICh bin nicht stolz, ich bin ein Feigling," flüsterte ich leise. "ICh danke Dir, Helena, für Alles."

  • "Nein, du bist kein Feigling."


    Ich strich ihr über den Rücken. Ich fühlte ihre Träne an meiner Wange und hätte beinahe selbst geweint. Es war schon seltsam wie manche Leute 'Sklaven' als Gegenstand ansehen konnte. Im härtesten aller Fälle sah ich sie als mir gehorchende und mir verpflichtete Personen.


    "Mein Dank sei auch dir gewiss, Pente."


    nannte ich sie zum ersten Mal bei dem Spitznamen den ich ihr im Geheimen gegeben hatte. Langsam löste ich mich von ihr und wischte ihr die Träne fort.


    "Freunde für immer?"

  • "Pente?" lächelte ich zweifelnd. "Ja, Freunde für immer," sagte ich mit fester Überzeugung. "Freunde für immer." Nun liefen mir die Tränen weiter, aber vor Freude.

  • "Oh Bitte..."


    Ich spürte wie sich meine Augenwinkel ebenfalls mit Tränen füllten. Und selbst ich konnte sie nach dem nächsten Blinzeln nicht mehr zurückhalten und umarmte sie erneut.


    "Ich bin so froh..."


    flüsterte ich leise. Endlich hatte ich es ihr gesagt.

  • Ich hielt sie fest und wir wurden erst auseinandergerissen, als Minervina ungeduldig an uns zog. Bis zu dem Moment hatten wir uns nicht einmal an den Blicken der Leute gestört. Meine Kopfweh waren imme rnoch da, aber sie wurden irgendwie erträglicher. Was auch immer mein Kopf mir jetzt würde sagen wollen, es war mir egal. Ich wusste, ich hatte eine Freundin, eine Freundin, die ich nie wieder verlieren würde.

  • Unerhört! Die beiden hatten doch nicht etwa sie, Minervina, vergessen? Als sie sich umsah standen die beiden Arm in Arm da. Ungeduldig lief sie zurück und zupfte an Helenas Tunika.


    "Komm, ich will zurück! Ich habe Hunger!"

  • "Na und nun machen wir uns auf den Weg zu den Märkten!"


    Nach Minervinas Zupfen löste ich mich von Pentesilea und zwinkerte ihr noch einmal aufmunternd zu. Dann ergriff ich Minervinas Hand und wir gingen los.

  • Ich folgte ihnen, wurde aber bald mitgezogen, so dass ich gar ncit lange hintan an bleiben konnte. "Was haltet ihr davon, wenn wir uns nur was auf dem Markt holen?"
    Mir war nicht danach in einer Taverne zu sitzen und dort was zu essen, aber wenn die beiden wollten, würde ich natürlich mitgehen. Doch hoffte ich heimlich, dass das Glück mir hold wäre.

  • "Ja, mir soll es recht sein! Erst einmal kommt es nicht so teuer, wir atmen frische Luft und müssen uns nicht den ganzen Blicken aussetzen. Zudem geht es schneller! gerne also!"


    Ich nickte Pentesilea zu.

  • Wieder der dankbare Blick und dann ein Augenzwinkern zu Minervina. "Ausserdem ist es hier frischer."
    Dann sah ich auch schon den Markt vor uns und den Stand, den ich dringend brauchte für meine Kopfschmerzen. Ich wandte mich etwas verlegen an Helena. "Ähm, ich... naja, ich habe kein Geld..."

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