Casa Germanica - Peristyl

  • Derzeit lasse ich nur einen Marmorbruch aktiv bearbeiten. Dazu werden allerdings in die nächsten Tagen noch mindestens eine Tongrube und noch eine Eisenmine im Norden Italiens kommen. Ich erschließe gerade das Land nördnlich von Patavium und hoffe dort auf entsprechende Vorkommen zu stoßen beziehungsweise dort billig Minen aufkaufen zu können. Ich bin bestrebt meine unabhängigen Betriebe möglichst weit voneinander entfernt zu halten. So ist die Gefahr vor möglichen Folgen von Katastrophen lange nicht so groß, als wenn alle auf einem Fleck platziert wären.


    Crassus schmunzelte kurz als seine Gedanken zu den Methoden abschweiften, die den Besitzer einer Mine dazu bringen konnten, ihren Betrieb und ihr Land sehr billig abzugeben. Waren zwar nicht die feine griechische Art aber dafür meist äußerst wirkungsvoll.

  • "Oh du möchtest also dringend in den konkreten Konkurenzkampf mit den staatlichen Minen treten. Nun dann wünsche ich dir viel Glück. Über deine Ambitionen Land zu Kaufen muß ich nachdenken. Das kann ich nicht von jetzt auf gleich entscheiden."


    Da schau an. Crassus liebte es wohl im Dreck zu arbeiten. :D Ein förderliches Gewerbe machte trotzdem in seiner Stellung Sinn. Mit genügend Liquidität behaftet, sollte er in der Lage sein auch nur prozentual gering laufende Gewerbe aktiv zu halten. Trotzdem erinnerte sich der Germanicus daran, das es im Besonderen zuviel Überproduktionen gab und Crassus nun so verspätet wohl die Schwere des Geschäftes noch kennen lernen würde.

  • In Ordnung. Wirst du mir dann zu gegebener Zeit deine Entscheidung mitteilen oder soll ich nach einem von dir festgelegten Zeitraum jemanden zu dir schicken, der deine Entscheidung einholt? Welche der Möglichkeiten ist dir die genehmere?


    Da sich solangsam das Gespräch dem Ende neigte, trank Crassus seinen Becher leer, ließ ihn aber nicht mehr auffüllen und stellte ihn auf den Tisch zurück. Der Abend war doch nun auch schon weit fortgeschritten und die wichtigen Themen wohl alle schon besprochen, sodass Crassus mit dem Wissen, einen nicht ganz unerfolgreichen Arbeitstag gehabt zu haben, heute Abend gewiss gut einschlafen würde können.

  • "Ich gehe doch ab und zu an der Pforte der Castra vorbei. Da ich annehme dich tagsüber dort begegen zu können, werde ich einfach reinschauen."


    Ja ab und an verließ Avarus die Stadt zu dieser Seite, um am Grab seiner Ahnen ein paar Blumen nieder zu legen und den alten Geistern den neusten Tratsch zu erzählen...

  • Sofern ich nicht gerade im Palast verweile, ist davon auszugehen, dass ich dort anzutreffen bin, ja.


    Crassus rutschte langsam von der Kline und kündigte damit seinen baldigen Abgang an:


    Ich danke dir für deine Gastfreundschaft heut Abend, welche eine produktive Atmosphäre vermittelt hat in welcher wir vielerlei Dinge besprechen und auch klären konnten. Doch nun ist der Abend schon vorrangeschritten und ich möchte deine Gastfreundschaft durch meine Anwesenheit nicht länger strapazieren.


    Gleichzeitig mit dem Ende der üblichen Floskeln hatte sich Crassus vollständig erhoben und aufgerichtet.

  • "Das tust du doch nicht, Crassus." Wurde Avarus fast leutseelig, fand aber auch, das es für ihn Zeit war die Gemächer aufzusuchen. Der Jüngste war er nun auch nicht mehr und schließlich wollten die Knochen für wichtigere Feste gesund gehalten werden. Dazu zählte auch das Vorschlafen. "Ich danke dir, das du kommen konntest. Freue mich über die Einigungen und werde nun anwenden, was wir vermittelt haben." Der Senator hatte sich ebenfalls erhoben. Wartete nun darauf den Eques zur Tür begleiten zu können, um ihm noch eine gute Nacht und einen sicheren Heimweg zu wünschen.

  • Auf dem sehr kurzen Weg vom Peristyl bis zur Porta tauschte Crassus noch einige Floskeln mit Avarus aus. An der Porta dann angekommen wurde das Gefolge von Crassus, welches vor der Türe gewartet hatte, durch sein Hinaustreten aufgeschreckt und in Aufstellung gebracht.


    Ich wünsche dir, Avarus, noch eine angenehme Nachtruhe und möchte dir damit noch einmal für das Essen danken.
    Vale bene.

  • Obwohl es in Rom bitterkalt ist, ist davon im Peristyl der Casa Germanica wenig zu spüren. In mehreren großen Metallschalen brennen kleine Feuer und erwärmen die Luft um die kleine Klinengruppe, die unter dem Dach in einem der Seitengänge des Peristyls aufgestellt worden ist. Obwohl Lucilla längst zur oberen Schicht der Damenwelt Roms gehört, ist sie tief in ihrem Herzen doch immer zu sehr Landei und hält es nicht allzu lange eingesperrt in einem Officium aus, selbst zum Arbeiten nicht. Mindestens müssen die Sonnenstrahlen durch das compluvium im Atrium auf sie herab fallen, aber noch angenehmer ist es ihr, ihre Arbeit ins Peristyl zu verlagern. Da sie sich schon immer vor der Weberei und Stickerei gedrückt hat, bleibt eh nur die Verwaltung ihrer Güter und Betriebe übrig, denn alle andere Arbeit einer Dame von Welt - Einkaufen, Thermenbesuche, Abendgesellschaften, etc. - führen sie eh außer Haus.


    Eine Decke liegt um Lucillas Füße und sie kaut nachdenklich auf dem Ende des Griffels herum, mit dem sie sich ab und zu ein paar Zahlen auf eine Wachstafel notiert.
    "So ein Mist," murmelt sie leise, als ein Sklave herantritt.
    "Dein Bruder, Herrin, der Senator Decimus."
    Lucilla schaut auf. "Decimus?" Immerhin heißen alle ihre Brüder Decimus, ebenso ihre Cousins, Onkels und Neffen, da müsste sie dem Haushalt wohl noch etwas Präzision einbläuen. Allerdings hat Lucilla nicht mehr allzuviele Brüder, in Rom genau genommen nur noch einen, der dazu noch Senator ist. "Meridius? Er soll hereinkommen!"
    "Er ist schon hier, Herrin."
    Das würde sie den Sklaven auch noch einbläuen müssen. Woher will dieser Wicht denn wissen, ob sie gerade jetzt ihren Bruder sehen will? Gut, bei ihrem Bruder mag das noch angehen, aber wahrscheinlich hätte er jeden anderen ebenso eingelassen.


    Lucilla wendet ihren Kopf und da steht er tatsächlich - Meridius. Sie lächelt und überlegt schon, ihm entgegen zu eilen, aber da sie keine Schuhe an hat und der Steinboden doch ein bisschen kalt ist, lässt sie das.
    "Meridius, wie schön dich zu sehen. Setzt dich doch. Was führt dich hierher, ich hoffe, es ist nichts passiert?"
    Zu vieles ist im Ungewissen, als dass nicht ständig irgendetwas passieren könnte. Livianus und Serapio im Krieg, Maior und Maximian noch immer irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs, Severa schwanger auf dem Land ...

  • Lucilla saß im peristylium und arbeitete an irgendwelchen Unterlagen. Ein ungewöhnlicher Ort wie Meridius fand, war es doch um diese Jahreszeit in Rom ziemlich kalt. Aber Lucilla war schon immer etwas anders als die anderen gewesen, er kannte sie seit klein auf nicht anders ... Kaum trat er ein, begrüßte sie ihn auf das Herzlichste.


    "Sei gegrüßt, Schwesterherz.
    Ich freue mich ebenfalls Dich zu sehen ..."


    erwiderte er die Begrüßung und brachte die wenigen Meter hinter sich, welche zwischen ihnen gelegen hatten. Dann beugte er sich nach unten zu seiner sitzenden Schwester und gab ihr einen brüderlichen Kuss auf die Stirn ehe er selbst Platz nahm.


    "Keine Sorge, es ist nichts geschehen, zumindest nicht dass ich etwas wüsste. Ich war nur gerade in der Gegend und dachte, wenn ich schon mal hier bin, kann ich Dir auch einen Besuch abstatten und Dich fragen, wie es Dir geht. Ich hoffe, gut."


    Er hielt einen Moment inne, musterte sie, stellte fest, dass ihre Gesichtszüge und Farbe von Glück und Gesundheit kündeten und fuhr dann fort.


    "Zum einen ist euer Hochzeitsgeschenk endlich eingetroffen. Zu dieser Jahreszeit fahren ja kaum Schiffe und es war schwer die vier Stuten aus Tarraco hier her zu schaffen. Zum anderen wurde ein Brief von Faustus für Dich in der Casa abgegeben. Ich habe ihn gleich mitgebracht."


    Dass er zudem mit seiner Schwester mal wieder reden wollte, einfach nur um ihre Stimme zu hören, sagte er nicht, aber sie würde es ihm eh anmerken ...

  • Ein Sklave huscht heran und bringt für Meridius einen Becher in den er aus der auf dem Tisch stehenden Kanne sehr stark verdünntem Wein einschenkt. Eigentlich ist es eher mit Weintropfen angereichertes Wasser, ganz nach Lucillas Geschmack. Zumindest bei der Bewirtung sind die Sklaven schon mal ganz gut gezogen. Trotzdem müsste Lucilla unbedingt demnächst über die Sklavenmärkte ziehen, ein paar Stellen scheinen im Haushalt unterbesetzt. Kein Wunder, Avarus lebte je fast noch alleine in der großen Casa und genügsam ist er obendrein. Aber damit ist nun Schluss. Lucilla braucht fähiges Personal um sich. Vielleicht sollte sie Funisulana mitnehmen, die hat einfach ein Händchen für Neuerwerbungen.


    Diese Gedanken schweifen aber nur nebenher durch Lucillas Geist. Sie lehnt sich zurück und schaut ihren Bruder zweifelnd an.
    "Gerade in der Gegend? Meridius, bitte, so weit ist es nun auch nicht. Du bist in Rom quasi immer in der Gegend, ganz besonders, wenn du zuhause bist."
    Natürlich weiß Lucilla ganz genau, weshalb er hier ist. Meridius ist und bleibt ihr großer Bruder und sein Beschützerinstinkt war schon immer sehr ausgeprägt. Vermutlich hat er auf dem Weg bis ins Peristyl schon die halbe Casa kritisch darauf beäugt, ob Lucilla es auch wirklich gut hier hat.
    "Es geht mir sehr gut. Medicus ist ein guter Ehemann, ich verhungere nicht und es fehlt auch sonst an nichts." Ihr Tonfall wird ein wenig weicher. "Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. Wahrscheinlich bin ich überhaupt die Letzte, um die du dir Sorgen zu machen brauchst."


    Sie schiebt ihm die Schale mit Obst näher, die auf dem Tisch steht, nachdem sie sich selbst eine Traube daraus genommen hat.
    "Und euch? Wie geht es euch? Ihr kommt doch zurecht so ganz ohne Frau im Haus, die für alles sorgt?" Wahrscheinlich feiern sie Tag und Nacht Saturnalien, aber Lucillas Decima-Bemutterungsinstinkt ist doch zu ausgeprägt, um nicht zu fragen.


    "Was meinst du mit vier Stuten aus Tarraco?" fragt sie dann, als der Sinn seiner Worte ihr langsam aufgeht. "Du hast doch nicht etwa ...?"

  • Also ging es ihr gut. Zumindest beteuerte sie es und so sah sie auch aus. Meridius lächelte, als sie versuchte ihm eine etwaige Sorge auszureden, nahm dann dankbar einen Becher des wirklich stark verdünnten Weines, nippte ein paar mal daran und griff letztlich ebenfalls zu ein paar Trauben. Wo Lucilla diese im Winter auftrieb, war ihm so klar nie gewesen, doch hatte sie es auch in der Casa Decima immer wieder hinbekommen.


    "Doch ich habe..."


    ging er auf ihre Frage ein und schob sich eine Traube in den Mund, auf welcher er genüßlich herumkaute.


    "Ich weiß zwar, dass Du Dich beim Reiten immer gequält hast, aber es sind wirklich geduldige und ruhige Tiere."


    Iberische Pferde waren von Natur aus temperamentvoll, er hatte vier schöne und ruhige Stuten herausgesucht, ein nicht ganz einfaches Unterfangen, aber es war doch machbar gewesen.


    "Sie sind noch jung. Wenn Du sie lieber vor einen Wagen spannen möchtest, kannst Du es ihnen beibringen lassen. Allerdings solltest Du auch Deinen Gatten fragen. Sie sind für euch beide gedacht..."


    Gespannt wartete er auf die Reaktion seiner kleineren Schwester. Wie schade, dass Tertia nicht mehr lebte. In solchen Momenten wurde es ihm immer wieder bewusst.

  • Beim Reiten immer gequält - das ist die größte Untertreibung, die Lucilla in letzter Zeit gehört hat. Sie hat es gehasst. Und sie hasst es heute noch. Schlimmer noch, sie fürchtet es. Und Pferde zum darauf Reiten noch dazu. Schon allein, wenn sie nur oben auf sitzt, unendlich weit vom Boden entfernt, den wackeligen Leib unter ihrem Hintern und ein dürres Halteseil (was man eigentlich gar nicht zum Festhalten, sondern auch noch zum Lenken des Viechs nutzen soll) in den Händen, überkommt sie die nackte Panik. Und wenn sie nur daran denkt, dann wird ihr schon ganz schlecht. So wie jetzt, da sie ein bisschen blass um die Nase wird.

    "Wir können sie sicher zur Zucht verwenden." wirft sie ein, nur um irgendwas zu sagen. "Du weißt doch, Avarus hat auch ein Gestüt. Germanische Hengste und Hispanische Stuten, das passt doch prima." Natürlich hat Lucilla keine Ahnung, dass es tatsächlich Stuten sind, aber ihr Bild weist natürlich gewisse Parallelen auf.
    "Das gibt sicherlich eine perfekte Kombination, kleine, wilde, zähe Racker." So gesehen sollte Lucilla die Kinder vielleicht doch zur Verwandtschaft schicken, wenn sie alt genug sind.


    "Vielen Dank auf jeden Fall, auch in Medicus Namen. Er ist leider nicht da, ist irgendwo in der Stadt unterwegs. Du weißt ja, so ein Aedil hat allerhand zu tun."


    Lucillas Blick fällt auf die Wachstafel, voll mit Berechnungen zu Getreide, Eiern und Hühnern. "Hast du schon etwas von Severa gehört? Geht es ihr gut? Wie lange dauert es noch?" Ein Schelm, wer Böses dabei denkt - Lucillas Gedanken gehen natürlich nicht von Hühnern zu Severa, sondern von Landgut zu Landgut zu Severa ...

  • Seine Schwester wurde tatsächlich etwas blass um die Nase. Eine Reaktion der Art hatte er schon fast erwartet. Und dass sie die Pferde eher für die Zucht verwenden würden, schmerzte ihn nicht wirklich. Hatte er ja mit Absicht nur vier Stuten ausgewählt und darauf geachtet, dass kein Zuchthengst darunter war.


    "Severa geht es den Umständen entsprechend."


    antwortet er. Er hatte nichts neues vom Landgut gehört.


    "Ich werde morgen wieder dorthin aufbrechen und nach ihr sehen."


    Mit einer langsamen Bewegung holte er ein kleines Kästchen aus einem Beutel und schob es über den Tisch. Hatte sie tatsächlich gedacht, er würde ihr nur vier Pferde schenken? Die Pferde waren pro forma, die bekam jeder. In dem Kästchen indess befand sich der eigentliche Schatz und sollte Lucilla es öffnen, würde sie ihn sofort wiedererkennen. Es war ein Ring, welchen Mutter immer getragen hatte und welcher an Lucilla oder Tertia weitergegeben werden sollte, wenn eine von beiden heiratete. Tertia weilte im elysium. Lucilla war die einzige Schwester, welche ihm geblieben war.


    "Ich denke, das sollte Dir gehören..."


    Meridius lehnte sich zurück. Es war trotz der Kälte recht gemütlich hier.

  • "Morgen? Oh." Lucilla schaut ein bisschen erstaunt. Reisepläne von heute auf morgen erstaunen sie immer ein bisschen. Außer es sind ihre eigenen, denn die gehen manchmal von jetzt auf gleich. "Pass gut auf dich auf, im Norden soll es schon ziemlich kalt sein. Hach, ich hoffe, Magnus und Venusia geht es gut. Ich weiß, ich weiß, sie sind ja schon lange genug in Germania, aber ein bisschen Sorgen mache ich mir trotzdem immer. Erst neulich hat Simplex, der Tuchhändler von den oberen Mercati Traiania - du weißt schon, er hat diesen kleinen, exklusiven Laden Richtung Forum Augustum - er hat erzählt, dass ihm eine ganze Warenladung im Schnee der germanischen Alpen verloren gegangen ist!" Sie schüttelt verständnislos den Kopf. "Gut, er ist ja selbst schuld, nur weil er zu knausrig ist, die Ware über Gallia zu schicken - aber, und darauf will ich eigentlich hinaus, wenn der Schnee in den Bergen schon so hoch ist, wie schlimm muss es dann erst im Norden Germaniens sein!"


    Lucilla seufzt und folgt dem kleinen Kästchen auf dem Tisch. "Mir?" fragt sie verwirrt und springt in Gedanken über die Landkarte zurück nach Rom. "Was ist es?" Sie zieht das Kästchen zu sich und öffnet es.


    Ein Schwall an Erinnerungen strömt über Lucilla hinweg - die Casa in Tarraco, das fröhliche, unbesorgte Lachen ihrer Mutter, der Lärm der Kinder im Garten, der Duft nach Blumen und frisch gebackenem Brot, das Leuchten in Klein-Faustus Augen, das Klackern von Holzschwertern aneinander, das freche Grinsen ihrer Cousins, das Rauschen des Meeres und das kühle, salzige Wasser um ihre Füße, der stolze Blick zu ihren großen Brüdern hinauf, die märchenerzählende Stimme Onkel Mercators, die endlose Weite auf dem Landgut, frisch gebackener Saturnalienkuchen, Perlen, Holzfiguren und Spangen - die Schätze ihrer Kindheit.
    "Ja, das sollte es wohl." sagt sie leise und nimmt den Ring aus dem Kästchen. Sie steckt ihn an ihre Hand. "Er passt wie angegossen." Lächelnd blickt sie zu Meridius auf und präsentiert ihm ihre Hand. "Matrona Decima," grinst sie breit. Die Händler und Handlanger in Tarraco hatten so ihre Mutter betitelt.

  • "Matrona Decima!"


    wiederholte auch Meridius und grinste ebenfalls. Lucilla saß nachdenklich vor ihm, wenn auch mit einem Lachen im Gesicht. Ach, wie war die Zeit vergangen. Wie früher würde es nie wieder sein. Zu viele waren gegangen. Und nun lag es an ihnen, die Familie fortzuführen. Nicht so einfach, wenn man bedachte, dass sie alle über das Imperium zerstreut lebten.


    "Ich wünsche Dir wirklich alles Gute für Deine Zukunft. Wieviele Kinder wolltest noch einmal? Es sollten mindestens fünf sein, wenn Du in die Nachfolge von Mutter treten möchtest ..."


    Sie würden Germanica sein, dem Namen nach.


    "Erst neulich dachte ich darüber nach, wieder nach Tarraco zurückzukehren. Der Senat ist für mich nicht unbedingt notwendig. Wir alle sind versorgt. Wie denkst Du darüber?"

  • Lachend winkt Lucilla ab. "Ich bitte dich, unsere Mutter war eine einfache Frau in bescheidenen Verhältnissen und als sich das römische Leben endlich richtig einstellte, da verlor sie ihren Ehemann. Nein, nein, Bruderherz, fünf sind noch viel zu wenig." Sie beschreibt mit dem Arm einen Bogen. "Ich wohne in einem halben Palast, was glaubst du, wie viele Kinder hier hineinpassen?! Ich dachte so an ein Dutzend." Wovon bis ins Alter dann womöglich fünf überleben würden, doch an so etwas denkt Lucilla nicht.


    Unverständig schüttelt sie den Kopf. "Ich verstehe überhaupt nicht, warum vornehme Damen immer so wenige Kinder haben. Weißt du, also ein bisschen leer ist es hier schon," gibt sie am Ende doch zu. "Die ganzen Germanica bummeln ja in der Welt herum. Na und dann ist das doch völlige Verschwendung, so ein riesen Haus nicht zu füllen, oder nicht? Ich meine, sich einen Dichter zu laden ist ja ganz schick, und ein paar Gesellschafter, gut, aber auf Dauer? Auf Dauer füllen nur Kinder diese Leere." Sie sagt das ganz bestimmt und ist sich dabei völlig ihrer hispanischen Wissens-Überlegenheit gegenüber den römischen Matronen in dieser Hinsicht bewusst.


    "Nach Tarraco?" fragt sie dann, irgendwie aus dem Konzept gebracht. Gerade jetzt, wo Lucilla jede Senatoren-Stimme gebrauchen kann. Sie mustert ihren Bruder aufmerksam. Er wird auch nicht jünger, natürlich nicht. Und im Gegensatz zu Lucilla bleibt er auch nicht ewig bei 29 stehen. Der Senat war für ihn schon immer nur lästiges Beiwerk seiner militärischen Karriere gewesen. Hätte er Legatus werden können ohne sich der Politik zu widmen, vermutlich hätte er es getan.


    "Wirst du den Kaiser um ein Amt bitten, oder den Senat?" Es gibt keine Legion in Tarraco, nicht einmal in der Nähe. Er würde sich faktisch aus dem Militär zurück ziehen, vielleicht wegen Severa. Und sie hat es wirklich verdient. "Oder wirst du dich dem Getreide und den Pferden widmen?" Lucilla kann sich Meridius förmlich vorstellen, wie er durch das Getreidefeld geht und seine Finger durch die goldenen Ähren streichen. (:D)


    "Wenn du zurück gehen möchtest, dann tue das, Meridius. Du hast mehr als genug für diese Familie getan. Ich bin immer noch eine Decima und ich werde schon dafür sorgen, dass hier in Rom für die Familie alles läuft, wenn es nötig ist. Du kennst mich doch."

  • Lucilla war in ihrem Element und Meridius genoß diese Zusammenkunft sehr. Auch wenn er erst einmal auf das Landgut reiste und nicht nach Hispania oder sonst wo hin, er würde sie in jedem Fall vermissen. Erst jetzt wurde es ihm richtig klar, jetzt wo er sie in der Casa Germanica besuchte. Casa Germanica, das bedeutete, sie würde so gut wie kaum mehr in der Casa Decima leben. Weder in Rom, noch in Tarraco. Auch wenn sie immer eine Decima blieb, ihr Lebensmittelpunkt war nun bei Senator Germanicus.


    "Leg Dir so viele Kinder zu, wie Du möchtest..."


    Meridius lachte und malte sich aus, wie ein ganzer Pulk um Lucilla herum balgte. Die anderen Senatorendamen würden sicher die Nase rümpfen, galt doch das 1-Kind-Modell seit langem zu dem von der Oberschicht propagierten. Sei es drum, sie waren Iberer, und wenn Lucilla sich etwas in den Kopf setzte, dann würde es eh so kommen, wie sie es sich vornahm.


    "Ich weiß es noch nicht, ob ein Amt, oder nicht. Tarraco ist ein vager Gedanke. Er kam mir eher spontan. Doch wenn ich mich nach Tarraco zurückziehe, dann wohl entgültig. Ohne irgendein Amt. Die Länderreien der Familie machen genug Arbeit, die Getreidefelder, Weinberge, Olivenheine ... die Koppeln voller Pferde ..."


    Wozu sollte er überhaupt noch einem Amt nachgehen? Welche Ambitionen hatte er überhaupt noch? Und hatte er nicht bereits alles erlebt, was es zu erleben gab? Er zuckte mit der Schulter.


    "Nun, wie auch immer, ich sehe erstmal nach Iulia. Und dann sehen wir weiter. Maximian ist ja auch noch da. So einfach, wie ich es mir wünsche, kann ich es mir nicht machen..."


    Er zwinkerte Lucilla zu.


    "Wie läuft eigentlich die Arbeit Deines Gatten?
    Ist der Aedil zu Hause oder auswärts?"

  • Natürlich würde sich Lucilla eh so viele Kinder zulegen, wie sie möchte, aber Meridius Zustimmung zu haben, das setzt dem Vorhaben natürlich noch ein Krönchen auf. "Bis zum Frühjahr ist ja noch einige Zeit hin. Immerhin wirst du wohl kaum deine Frau und dein Neugeborenes im Winter in einem Wagen übers Land bis Hispania rumpeln lassen wollen."
    In einem Wagen rumpeln ist natürlich besser, als zu Pferd zu reiten, aber nicht unbedingt im Winter. Außerdem würden sie im Frühling wieder übers Meer fahren können, was auf alle Fälle angenehmer ist, wenn man nicht gerade einem Piraten in die Hände fällt. Aber mit Meridius an ihrer Seite würde das Severa sicher nicht passieren.


    "Was macht Maximian überhaupt? Er ist doch nicht etwa auch zur Legion?" Mittlerweile sind die Decima schon viel zu verstreut, als dass Lucilla noch einen Überblick hätte. Vor allem, seit auch noch ein paar aus Griechenland nach Rom gezogen sind.


    "Das Aedilat verläuft ganz gut. Er hat natürlich viel zu tun, du weißt ja wie das ist. Gerade als Aedil wartet ja nicht nur die viele Schreibtischarbeit, sondern auch noch die Kontrolle in der Stadt. Ich weiß gar nicht, was er heute macht. Irgendwelchen schwarzen Listen wollte er nachgehen ... oder waren es schwarze Schafe auf den Listen? Ich weiß auch nicht so genau." Zumindest war es nicht interessant genug, um Lucillas Neugier zu wecken.

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