[Domus] Factio Veneta

  • "Ich würde mich geehrt fühlen, eine Runde mit Dir drehen zu können," sagte die Iulierin mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, das darüber hinweg täuschen sollte, dass sie sich derzeitig im Grunde nichts anderes wünschte. Nur würde sie schlecht das Angebot zurückweisen können, mit einem der Profis der Veneta zu fahren, ohne ihn zu beleidigen, in sofern rückte diese Vorstellung in eine ziemlich weite Ferne. "Ich möchte schließlich die wichtigen Lenker der Veneta von ihrem Training oder ihren täglichen Pflichten abhalten - so schnell muss es nicht sein, immerhin ist das meine erste Fahrt und ich habe das dumpfe Gefühl, mein Magen würde eine allzu schnelle Runde nicht mitmachen wollen."


    Das war zwar eine glatte Lüge, aber ... nun ja, manchmal musste man eben die Wahrheit ein wenig biegen und mit einem Lächeln garnieren, immerhin waren die meisten Männer bereit, an die Schwäche einer Frau zu glauben, wenn sie diese schon eingestand. "Aber Du auf Hermes' Wagen - das wäre ganz sicher ein sehr interessantes Bild," sagte sie neckend zu Constantius und blinzelte ihm leicht zu. Sie gönnte ihm diese Erfahrung von Herzen, vielleicht würde es auch seine trüben Gedanken bannen können ...

  • Wenn Victor mit Severus durch den Circus jagt, dann ist das normalerweise alles andere, als eine ruhige Fahrt. Regelmäßig geht dann irgendwas zu Bruch, vor allem bei Sev, weshalb sie mittlerweile nur noch die alten Wägen benutzen. Aber für Helena würde Victor auch langsam fahren, wie könnte er einer Frau wie ihr einen Wunsch abschlagen. "Wenn das so ist, dann werde ich natürlich gerne den auriga mimen. Die Profis kannst du natürlich trotzdem kennen lernen, sie leben zwar regelrecht auf der Rennbahn, aber sie kommen schon auch mal runter."


    Grinsend weist er zu einer Tür auf der dem Haupteingang gegenüberliegenden Seite. Sie passt sich farblich perfekt in die Wand ein und kann daher leicht übersehen werden. "Wir können den Hinterausgang rüber zum Circus nehmen. Dann müssen wir nicht um das ganze Gebäude herumlaufen." Sobald die beiden bereit sind, würde es losgehen.

  • Constantius nickte zu den Worten Victors. Das, was aussah, als würde er seinen Worten zustimmen, war in Wirklichkeit das nachdenkliche Nicken eines Mannes, dessen Gedanken gerade einen inneren Monolog führten.


    Die Worte Helenas hatten jeden Zweifel beiseite geschoben. Ein Teil in Constantius applaudierte ihm. Ja, lobte ihn für sein detektivisches Gespür. Ohne aufdringliche Worte hatte er seine These untermauert und schließlich bewiesen. Vielleicht lernte er doch noch eines Tages ein guter Wächter zu sein. Auf der anderen Seite waren der Teil, der seine Schwester nicht verlieren wollte und der Teil, der für Helena bereit war seine Existenz zu opfern, in einem Zustand der eisigen Umklammerung gefangen. Einem Zustand, der durch die Erkenntnis dominiert wurde, dass er, egal wie er sich anstrengen würde, ihr nie zu einem derart glücklichen Leben verhelfen könnte und, dass sich ihre Wege früher oder später trennen mußten, wollte er ihr nicht ein Hindernis in ihrem Leben werden. - wenn auch ein Hindernis mit guten Absichten -


    Hatten sich seine Mundwinkel für einen Moment noch nach unten bewegt, verdrängte nun ein Lächeln jedes Anzeichen von Wehmut als er das Wort erneut ergriff.



    "Nur zu gerne würde ich die Chance wahrnehmen, neben dem großen Hermes stehen zu dürfen."
    Das Lächeln gewann wieder einen Teil der Vorfreude zurück. Nur der Glanz in seinen Augen, auch wenn es niemand bemerken konnte, der ihn nicht seit Jahren kannte, war matter als zuvor.
    "Und vielleicht ist für helena eine derart ruhige Fahrt zu Beginn das Beste. Sie wird hoffentlich noch viele Gelegenheiten bekommen, auch noch einmal mit den anderen Fahrern fahren zu dürfen."


    Constantius stellte seinen Kelch ab und machte sich bereit ihrem Gastgeber zu folgen.

  • Und wieder hatte der Praefectus einen Brief an den Senator geschrieben. Was da wohl los war? Ob der Probleme hatte? Naja, mein Problem war das nicht, ich war schließlich nur die Tabellaria, die sich hier einen abhetzen durfte, um den Brief rechtzeitig auszutragen. Tz.



    An den
    Princeps Factionis
    Lucius Aelius Quarto
    Domus Factio Veneta
    Roma, Italia



    Salve Senator Quarto,


    ich las deinen Brief sehr genau und kann dein Ansuchen nach aktiver Mitarbeit vollumfänglich nachvollziehen. Aufgrund meiner Tätigkeit als Praefectus Vehiculorum ist es mir in der Tat nicht möglich, längerfristig in Tarraco zu fehlen. Aus diesem Grund würde ich gern hier in der Provinz aktiv sein, wenngleich ich auch noch nicht weiß, was genau hier von mir erwartet wird. Ich plane jedoch, in Kürze nach Rom zu reisen und mich dort nach einer geeigneten Arbeitsstelle umzusehen, da Hispania mir nicht das zu geben vermag, was ich gesucht habe. Du weißt nicht zufällig um eine geeignete Tätigkeit für einen Mann meiner Position und meines Alters?
    Ich verfolge die Rennen im Hinblick auf die Veneta von hier aus und freue mich jedes Mal, wenn "wir" wieder einen der vordersten Plätze belegt haben. Leider finden in Hispanien nicht sehr viele Rennen statt. Doch gern würde ich den Blauen beitreten und von hier tun, was ich kann.


    In Erwartung einer positiven Antwort verbleibe auch ich mit einem herzlichen VENETA VICTRIX und freue mich schon auf ein Rennen, dem ich beiwohnen kann. Sollte ich in nächster Zeit nach Rom reisen, würde ich mich über ein Gespärch mit dir freuen.


    gez. Titus Petronius Varus
    Praefectus Vehiculorum Hispania


    Ich nickte.
    Eingeworfen und tschüss. :D

  • Als Quarto an diesem Tag in die Domus der Factio Veneta kam, fand er einen Brief vor. Er brach das Siegel und las das Schreiben. Zufrieden nickend quittierte er den Inhalt und rief dann: “Narcissus! Naaaarcissus! Bring Schreibutensilien herbei, ich habe einen Brief zu diktieren.“

  • Es dauerte eine Weile, bis der Gerufene angeschlurft kam, wobei er leise murmelte: “Natürlich, kaum ist der hohe Herr im Hause, schon gibt es Arbeit. Narcissus tu dies, Narcissus tu das. Keinen Augenblick Ruhe gönnt man einem alten Sklaven hier.“


    Als er jedoch endlich angekommen war, sagte er jedoch lediglich: “Da bin ich doch schon.“

  • “Also dann, schreibe folgendes…“


    An
    Titus Petronius Varus
    Casa Petronia
    Tarraco, Hispania Tarraconensis


    Salve Titus Petronius Varus!


    Ich habe deinen Brief erhalten und darf Dich hiermit als Sodalis Factio Veneta in den Reihen der Blauen willkommen heißen.
    Wenn Du nach Rom reist, so wäre es mir eine große Freude, wenn Du dem Haus der Factio Veneta einen Besuch abstatten würdest. Die Türen stehen Dir als neuem Mitglied selbstredend jederzeit offen und bei dieser Gelegenheit findet sich sicherlich auch Zeit, über Privates zu plaudern, zum Beispiel über die Möglichkeiten, die sich für Dich in Rom bieten könnten.


    VENETA VICTRIX!


    gez. Lucius Aelius Quarto
    PRINCEPS FACTIONIS - FACTIO VENETA



    ROM - ANTE DIEM VIII KAL IUN DCCCLVI A.U.C. (25.5.856/103 n.Chr.)


    Nachdem er geendet hatte, fragte er: “Hast du das?“

  • “Ja Herr.“, antwortete Narcissus und es klang ein wenig beleidigt, so als ob er es als Zumutung empfand, anzunehmen, dass er dem Diktat nicht hätte folgen können.

  • “Ja, natürlich, heute noch!“, antwortete Quarto, als ob es die selbstverständlichste Sache der Welt war und das war sie schließlich auch, wenn der Sklave nicht gerade Narcissus hieß.

  • Ein undeutliches aber wenig begeistertes Schnaufen war alles, was Quarto daraufhin als Antwort bekam. Aber der Sklave machte sich an die Arbeit, wobei es nicht den Anschein hatte, als täte er es mit großer Begeisterung. Doch diesen Eindruck vermittelte er eigentlich ohnehin nie.

  • Von den Ställen im Circus Maximus her kommend, folgten die Geschwister ihrem Führer, dem Trainer Callidus, hinauf zurück in das Gebäude der Factio Veneta. Iulia Helena hatte ein recht mulmigs Gefühl in der Magengegend, während Callidus sie in den Raum mit dem großen Wandfresko führte, aus dem sie zuvor gekommen waren. Denn irgend etwas sagte ihr, dass ihr Bruder Fragen haben würde, die er auch stellen würde.
    "Diese Sklaven mal wieder," brummte Callidus, als er bemerkte, dass keinerlei Getränke mehr im Raum zu sehen waren, irgendjemand hatte erstaunlich tüchtig gleich aufgeräumt, nachdem Victor die Geschwister zur Arena geführt hatte.


    "Was wollt ihr trinken? Ich sehe eben danach, dass wir hier auch ordentlich versorgt werden," fragte der Trainer mit einem etwas leidenden Gesichtsausdruck - immer wenn man den Service mal ein wenig schludriger hätte brauchen können, funktionierte er und umgekehrt nie dann, wenn man ihn dringend nötig hatte. "Für mich einen Becher Wasser, bitte," sagte Iulia Helena lächelnd und setzte sich auf eine der gepolsterten Bänke, sich abermals im Raum umblickend. Nachdem auch Constantius seinen Wunsch geäussert hatte, verließ der Trainer den Raum und zurück blieb nur eine ziemlich drückende Stille, in der Iulia Helena am liebsten fortgerannt wäre. Nun frag schon, dann habe ich es wenigstens hinter mir, dachte sie und atmete tief ein.

  • Der Weg zum Haus der Fractio wurde von Constantius mit einem ausgiebigen Schweigen kommentiert. Und diese ausgiebige Kommunikation sollte er auch in den ersten Minuten fortsetzen, als die beiden Geschwister allein in dem Gebäude waren.
    Nur als er um einen Becher Wein bat, durchbrach er die Monotonie der Stille für einen kurzen Moment.
    Sekunden vergingen. Sekunden deren Dahinscheiden in der Stille des Raumes fast hörbar wurde.
    Nur langsam legte sich der Blick des jüngeren Bruders, der ausgiebig zuvor den Raum betrachtet hatte, auf Helena. Verharrte dort einen Moment und wendete sich wieder von ihr ab. Lediglich die kleinen Falten auf der Stirn des jungen Mannes zeugten von einer Veränderung als er erneut den Raum betrachtete.


    Innerlich schien eine große Kraft auf den Damm seiner Verschwiegenheit zu drücken. Schien mit Gewalt den jungen Iulier zum Sprechen, zum Fragen bewegen zu wollen. Eine ganze Wachstafel voller Fragen, voller Notizen, voller Beobachtungen verlangte nach Aufmerksamkeit, verlangte nach Aufklärung, verlangte nach Gewissheit. Rhetorische Meisterwerke an Fragen wurden parat gelegt. Knifflige Verhörmethoden entwickelt um die Wahrheit mit subtiler Genialität an das Tageslicht zu zerren. Gedanken die so fein, so grazil und fintenreich erschienen und schließlich doch in so profane, tölpelhafte Worte gekleidet wurden


    „Er ist sehr nett!“


    Ein beinahe harmlos klingender Satz. Wäre er nicht begleitet worden von einem Blick voller Wehmut, Unsicherheit und einer Spur Wachsamkeit.

  • Sie kannte ihren Bruder, zumindest vieles an ihm - und so war ihr auch klar, wie schwer ihm allein dieser Satz gefallen sein musste. Aber das, was er vermuten mochte, ließ sich schließlich auch nicht so leicht in Worte fassen. Der Blick jedoch, der sagte mehr, als seine Worte je hätten ausdrücken können, denn sie kannte diesen Blick nur zu gut. An jenem Tag, an dem sie das Haus ihrer Eltern gänzlich verlassen hatte, um zu ihrem viele Jahre älteren Mann zu gehen, hatte er sie nicht viel anders angeschaut, wohl wissend, dass es lange dauern würde, bis sie sich wieder sahen. Und wie damals rührte sie gerade dieser Blick zu Tränen. Schnell erhob sie sich wieder, schritt auf ihn zu und ergriff seine Hände mit den ihren, sie einige Momente lang einfach nur haltend, während sie in das Gesicht ihres Bruders blickte.


    "Ja, das ist er," erwiederte sie schließlich. "Er ist mir sehr sympathisch, das ist Dir sicher aufgefallen. Es tut gut, Menschen kennenzulernen, mit denen ich mich auf Anhieb verstehe - du weisst, dass das nicht immer leicht war, wenn Titus eine neue Stelle erhalten hatte. Und nun, wir kommen her, treffen einige nette Leute und schon scheint sehr vieles zu stimmen ..." Dass sie sich geschickt um das eigentliche Thema lavierte, war ihr genauso klar wie es ihm sein musste, aber dieser Teil ihrer Sicht musste er auch hören. "Manchmal tut es einfach gut, an einem Ort anzukommen und zu sagen: Hier ist es schön, hier gefällt es mir, und hier möchte ich eine Weile bleiben. Es macht mich froh zu wissen, dass Du Dich hier auch wohlzufühlen scheinst, Constantius, denn das ist das Wichtigste dabei ... meinst Du, Du könntest es hier aushalten? Mit den Leuten?"

  • Im Grunde hatte sich der junge Iulier selbst dafür verflucht, dass er das Schweigen gebrochen hatte. Vielleicht wäre es besser gewesen den Moment einfach zu ertragen, das Schweigen zu erdulden und mit unbeantworteten Fragen zurück in die Kaserne zu kehren.
    Constantius wappnete sich auf die kommende Antwort. Eine Antwort, die er im Grunde gar nicht mehr hören wollte. Die Beobachtungen, die unausgesprochenen Worte alles hätte zur Beantwortung seiner versteckten Frage gereicht. Noch bevor er sie überhaupt ausgesprochen hatte.


    Hätte es nicht die Illusion des starken Bruders zerstört, hätte er sich am liebsten von Helena fortgedreht, als sie die Distanz zwischen ihnen beiden mit wenigen Schritten überwand.
    Doch die Maske der Ruhe, der Gelassenheit, der Stärke sollte vollends zerspringen, als der sachte Griff seiner Schwester seine Hände umschloss. Einem Feuer gleich brandete das warme Gefühl durch seinen Körper und riß die wenigen Schutzwälle nieder, die Constantius noch geblieben waren. Seiner illusorischen Stärke beraubt nahmen seine Augen einen wässrigen Glanz an. Verrieten seine Schwäche, verrieten eine tief verwurzelte Furcht.


    Die Worte Helenas, so weise gewählt, so aufrichtig und doch das Wichtige verschweigend, drangen tief in die Seele des jüngeren Bruders ein. Ja er fühlte die Wahrheit in ihren Worten. Wusste um ihr ruheloses Leben, um die Schicksalsschläge die sie erdulden musste. Fühlte es ihr nach und hätte doch alles gegeben um es zu verändern.


    Was sollte er nun erwidern? Sollte er etwas erwidern? Sollte er sich selbst nun völlig preisgeben? Ihr offenbaren, dass ihm sein eigenes Glück nicht wichtig war? Ihr sagen, dass er bereit war jedes Opfer zu bringen? Oder sollte er in diesem Moment nicht nachlassen, um die völlige Wahrheit, auch wenn sie ohne Worte verkündet worden war, laut mit den eigenen Ohren zu vernehmen? Sollte er ihr sagen, dass er nicht den belastenden Haushalt am Zipfel ihrer Stola darstellen wollte?


    Gedanken und Gefühle rangen miteinander als er versuchte zu antworten. Gedämpft klang die Stimme, bemüht Beherrschung zu vermitteln und verkündete erneut nur einen Bruchteil dessen was er eigentlich sagen wollte.


    „Wenn es dir hier gefällt. Sicherlich kann ich es aushalten. Ich werde dir nicht im Weg stehen“

  • Sie seufzte leise vor sich hin. "Ach Constantius, Du stehst mir doch in nichts im Weg. Denke doch so etwas nicht ... was glaubst Du denn? Dass ich mich nun dem nächstbesten auftauchenden Mann an den Hals werfe, um mich dann ein zweites Mal durch das Reich zerren zu lassen, weil er seine Karriere verfolgt?" Iulia Helena hob sachte ihre geschwungenen Augenbrauen an, ein deutliches Zeichen für Amüsement, aber auch eine gewisse fragende Grundhaltung - mit dieser Geste vermochte sie sehr viel auszudrücken, aber dieses Mal war sie frei von Ärger oder ähnlichem.


    "Ich habe mich einmal Vaters Wunsch gebeugt, und es war kein schlechtes Leben an Titus' Seite, als wir uns aneinander gewöhnt hatten. Aber meine Aufgabe hier in Rom ist klar vorgezeichnet: Ich werde Dir solange zur Seite stehen, bis Du eine Frau und einen eigenen Haushalt hast ... und daran wird sich nichts ändern, verstehst Du?" Sachte hob sie eine Hand und strich ihm über die Wange. "Es gibt einen sehr großen Unterschied zwischen einer Heirat und der Tatsache, einen Mann sympathisch und anziehend zu finden. Ausserdem bin ich mir ziemlich sicher, dass er bereits verheiratet ist." Es klang ein wenig wehmütig, aber letztendlich musste sie sich wohl auch mit dieser Tatsache abfinden. Selbst wenn sie so bitter schmeckte wie Galle.

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