Appellplatz

  • Erleichtert bemerkte Marcus, daß es wohl keiner gemerkt hatte wie er sich etwas verspätet dazu geschlichen hatte. Noch mal Glück gehabt, dachte er sich und richtete sich nun zu seiner vollen Größe auf. Da er einige der Soldaten überragte, konnte er durchaus nach vorne sehen und war froh darüber nicht in erster Linie zu stehen, da man so nicht sogleich den mangelhaften Zustand seiner Ausrüstung erkennen würde, wenn es auch die Paradeuniform war. Ein amüsiertes Grinsen huschte über Marcus Gesicht als er den ihm noch unbekannten Legaten herannahen sah. Ja, wer bei den Göttern war denn jener Prunksüchtige, der da auftauchte? Wen wollte der denn hier beeindrucken? Die Soldaten waren dagegen doch wohl gefeilt genug. Marcus sah sich schnell um, konnte jedoch keine Frauen entdecken.


    Dann grübelte Marcus, wer jener Mann sein konnte. Erst als jener sprach und der dann als Legat angesprochen wurde, verschwand das Grinsen ganz schnell aus Marcus Gesicht. Er schluckte heftig und war erneut froh, daß er ganz hinten stand. Hätte der Legat gesehen, wie Marcus bei dessen weißen Lederrüstung mit Silberlöwen gegrinst hatte, wäre Marcus wirklich hochkantig rausgeflogen. Doch Marcus konnte nicht anders. Sobald er auf die Rüstung sah, musste er wieder grinsen. Schnell ablenken, mahnte er sich! Was könnte er denn mit dem zusätzlichen Geld machen? Wahrscheinlich würde er das Geld eh nicht mehr zu einer Lupa tragen können, da er gestern abend eine kleine Runde von guten Würfelspielern entdeckt hatte. Da würde wohl sein Geld drauf gehen. Oder vielleicht doch mal einen Ausflug in die Stadt? Da er nicht mehr Probatus war, wäre das ja jetzt möglich. Marcus sah nach vorne und bemerkte erleichtert, daß das Grinsen verflogen war und er wieder ernst sein konnte.

  • Marcus versuchte zu erhören, was vorne gesprochen wurde. Aber im Gegensatz zum Gruß drang nur Unverständliches an Marcus Ohren. Was wohl der Grund ihres Apells war? Nicht zu viel hinterfragen, schoß ihm in dem Moment durch den Kopf. Hatte ihm das nicht Artorius Avitus geraten? So schob Marcus das zur Seite und harrte einfach der Dinge, die auf sie zukommen mochten. Dabei zupfte er etwas an seiner Rüstung herum, band eine Schnürung fester und polierte, in einem Versuch von Unauffälligkeit, die nicht so glänzenden Teile seiner Rüstung. Kritisch musterte er seine Soldatenstiefel und hoffte, daß man ihn hinten nicht wirklich bemerkte beim Apell.

  • Die Legio hatte Aufstellung genommen und Livianus stand zwischen den Stabsoffizieren, als er seinen Cousin Meridius, hoch zu Ross, auf den Appellplatz zureiten sah. Er löste sich aus der Formation und nahm vor der Legio Aufstellung. Es war einige Zeit her gewesen, als er noch selbst Exerzierkommandos über den Platz brüllte und am heutigen Tag für einen Legaten auch ziemlich ungewöhnlich, doch er wollte es sich nicht nehmen lassen, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Er plusterte sich auf und ließ kurz darauf seine lauten und zackigen Befehle über den Appellplatz schallen.


    "MILITES VENITE!
    MILITES STATE!


    ACIEM DIRIGITE!
    OCULOS PROSAM!
    NUNTIO!
    OCULOS VOSTROS AD SINISTRAM!"


    Mit ruckartigen aber präzisen Bewegungen, führten die Legionäre die Kommandos ihres Legaten aus und blickten letztendlich in Richtung Merdius. Zufrieden ließ Livianus seinen Blick noch einmal über die Männer schweifen, machte dann kehrt und ging auf Merdius zu.


    „Legatus Augusti! Ich melde die Legio IX zu deiner Begrüßung angetreten.“

  • Mit schnellen, einstudierten Bewegungen antwortete Avitus auf die Befehle, die der Legatus über den Appelplatz brüllte und verharrte anschließend im Stillgestanden, während dieser dem Statthalter Meldung machte.


  • Meridius nickte und blickte über die Menge der Männer. Es war mucksmäuschen still geworden und hätte er seine Augen geschlossen, hätte er glauben können, alleine zu sein.


    "Ich danke Dir, Legatus!"


    antwortete er und trat etwas weiter nach vorne um zu sprechen...

  • Man konnte nur noch den schwach wehenden Wind hören, der durch die Gassen des Castellums wehte.
    Sonst war alles still.


    Nachdenklich blickte Seneca in die Gesichter seiner Männer. Viele waren noch sehr jung und völlig unerfahren, andere waren Veteranen, die schon mehrere Kriege erlebt hatten.


    Sein Blick richtete sich auf Meridius, der nun gleich sprechen würde.

  • Meridius entdeckte nun auch Seneca und nickte ihm zu. Der gute alte Seneca. Sie hatten viel gemeinsam erlebt und der Iulier war ihm zu einer wichtigen und treibenden Kraft bei der Legio geworden.


    "Männer der Neunten Legion!
    Söhne der Wölfin und Kameraden!


    Ich war immer stolz, Euer Kommandeur gewesen zu sein.
    Ich bin stolz, an eurer Seite in Hispania gekämpft zu haben.
    Ihr wart treu, zuverlässig, diszipliniert!
    Ihr habt immer alles gegeben!
    Wie es sich für die Söhne des Mars gebührt.


    Ich freue mich, heute wieder bei euch zu sein.
    Ein Stück Heimat zu sehen.
    Die Erinnerungen kehren wieder und mit ihnen
    der Stolz.


    Möge dieser Stolz auf unsere Leistungen uns alle beflügeln.
    Möge er in der Zukunft dafür sorgen,
    dass die neunte Legion,
    immer zu den besten Legionen des Imperiums gehören wird.


    Männer und Kameraden!
    Ich werde mich auf euch verlassen!
    Rom wird sich auf euch verlassen.
    Und Rom wird euch immer dankbar sein."

  • Sofort als sein Legat es befahl, richtete Marcus sich wieder kerzengerade auf und sah gerade aus. So nahm er die gewünschte Haltung an und versuchte, nicht unangenehm in der Masse von Soldaten aufzufallen. Dabei sah er jedoch durchaus neugierig in Richtung des Statthalters. Wenn Marcus schlechtes Gedächnis ihn nicht schon wieder im Stich ließ, waren es doch beide Decimamänner. Was für eine Vetterklüngelei! Na, kein Wunder, war in seiner Familie auch nicht besser. Aber so war der Lauf der Dinge. Wobei sich Marcus schon fragte, warum sein Bruder ihm eigentlich nicht behilflich war! Oder war es es? Ah! Schon wieder so viele Gedanken. Marcus fluchte innerlich. Da wurde er gar noch in der Legion noch zum Philosophen.


    Aufmerksam lauschte Marcus der Rede des Statthalters und bekam eine leicht befremdliche Miene. So alt sah der Statthalter nicht aus, aber er schien schon die Angewohnheit zu bekommen, Neues und Veränderungen nicht wirklich wahr zu nehmen. Hier waren doch bestimmt kaum noch Männer, die in Hispania noch mitgekämpft haben. Aber wahrscheinlich lebte der Gute noch in seiner glorreichen Vergangenheit und blendete alle übrigen Dinge so aus. Aber die ruhmvolle Zeit von dem Statthalter, als er noch Triumphator war, schien vielleicht vorbei zu sein. Wenig angesprochen von der Rede des Statthalters mustert er stattdessen seine Aufmachung. Hmm...na, immerhin nicht so protzig. Passte durchaus zu seinem Rang. Wieder zuckte ein amüsiertes Lächeln, wenn auch nur kurz, über Marcus Gesicht als er seinen Legaten betrachtete. Nun ja, immerhin wirkte Livianus autoritär genug um die Rüstung wieder wett zu machen.

  • Ich hatte mich, wie es sich gehörte, ebenfalls auf dem Appellplatz eingefunden und befand mich unter dem Stab des Legatus Decimus Livianus. Es war fast wie früher, fast alle wichtigen Offiziere waren anwesend. Meridius war damals - in Hispania - Kommandeur gewesen, Livianus schickte sich an Führungspositionen zu übernehmen und mich hatte man als Regionarius vorgesehen und abkommandiert gehabt. Heute - hier in Germanien - schloß sicher der Kreis, auch wenn einige der alten Kameraden nicht mehr unter uns weilten. So hatte Praetorianus in Hispania sein Leben gelassen, waren mein Bruder und Crassus nach Rom gegangen.

  • Livianus trat wieder einen Schritt nach vorne, als Meridius Rede beendet war und zog mit einer schwungvollen Bewegung sein Gladius aus der Schwertscheide. Mit gestrecktem Arm hielt er es senkrecht in die Höhe und zeigte es seinen Männer. Er holte tief Luft und ließ seine Stimme über den Platz hallen.


    „ROMA VICTOR!!!“


    Sein Blick schweifte dabei durch die Reihen seiner Männer und forderte sie auf, es ihm gleich zu tun und den Schlachtruf der römischen Legion durch das Castellum hallen zu lassen.

  • "Roma Victrix!"


    brüllten die Veteranen der Legion, vor allem die Männer der I. Cohorte, welche unter dem Kommando des Primus Pilus schon seit Ewigkeiten in der neunten Legion dienten und lange unter dem Kommando des Statthalters gestanden hatten. Geta hatte schon einige Legaten erlebt, Meridius war für die neunte wirklich ein Vater gewesen.

    Primus Pilus der Legio IX
    I. Centurio der I. Cohorte

    leg9-centurio.png

  • Die Ruf des Legaten holte Marcus aus seinen Betrachtungen heraus. Als der Jubel über den Platz brandete, riß es Marcus auch mit. Empfänglich für Massenbegeisterungen und solche Jubelrufe, erwehrte er sich nicht diesem Enthusiasmus und den Hochrufen. So stimmte Marcus ebenfalls in das Gebrüll mit ein, wenn es auch nur eine Stimme unter vielen war als sie Rom hochleben ließen. Immerhin so wurde Marcus auch einen Teil seiner überschüssigen Energie los, die sich in letzter Zeit aufgestaut hatte. Immer in der Erwartung tiefer in das fremde und barbarische Germanien vordringen zu können und in Kriegshandlungen verstrickt zu werden. Wie sehr er sich auch in jenem Moment wenigstens ein kleines Scharmützel wünschen würde! Gerade in so einer Stimmung erschien man unbesiegbar zu sein.


    Aber wie es das Schicksal so wollte, wurde Marcus in dem Moment von einer Biene gestochen. Ein Fluch kam über seine Lippen und er schlug heftig auf dieses kleine Ungetüm, daß ihm seine Verletzlichkeit so gemeinerweise vor Augen führte. Seine Begeisterung wurde wieder gedämpft und seine Rufe etwas leiser. Schließlich verstummt er und sah erwartungsvoll nach vorne. Vielleicht kamen ja neue Befehle mit dem Statthalter? Vielleicht durften sie ein wenig ausrücken? Oder sie sollten Straßen bauen! Auch das dämpfte Marcus Begeisterung. Er sah sich selber schon mit einer Hacke im Wald, um die Straße in Richtungs eines germanischen Nirgendwo anzulegen. Trotzdem hoffte ein kleiner Teil von ihm auf bessere Befehle!

  • Den Statthalter Meridius kannte Avitus nicht, denn er hatte nie unter ihm gedient. Zwar war dieser jetzt sein Vorgesetzter, aber nie sein Legatus Legionis gewesen, denn der Artorier kam erst nach der letzten großen Kampfhandlung zur Legio.


    Er verfolgte seine Rede, die seiner Meinung nach - zumindest zum Teil - eher an die Veteranen der Hispana, an die Männer, die von Anfang an dabei waren, gerichtet war, als an die gesamte Legio. So ganz mitreißen konnte sie ihn also nicht. Erst die letzten Worte waren offenbar an sie alle gerichtet, was die ersten Sätze wieder wett machte. Auf dass der Stolz sie auch in Zukunft zu großen Leistungen beflügeln mochte... in der Tat. Avitus hatte Grund Stolz auf die Legio zu empfinden und darauf, ein Teil dieser zu sein. Doch auch sehnte sich der junge Artorier danach, selbst irgendwann einmal sagen zu können, dass er seinen Beitrag geleistet hatte, der die Legio zu dem machte, was sie war.


    Auch Avitus stimmte in den Schlachtruf mit ein, als dieser über den Appelplatz hallte. Er hob den gestreckten Arm gen Himmel und brüllte laut mit. Bald legte sich das Ganze wieder und die Männer nahmen wieder Haltung an und Avitus sah nach vorn zu dem Stab, in Erwartung dessen, was folgen würde.

  • Meridius indess genoß den Moment und wandte sich dann wieder an Livianus, welcher ja jetzt der Kommandeur der Truppe war. Gespannt was bei seinem Besuch noch kommen würde, sah er ihn an.

  • Livianus steckte sein Gladius schwungvoll aber mit hoher präzision zurück in die Schwertscheide und nickte Meridius kurz zu. Dann wandte sich an den Praefectus Castrorum.


    “Praefectus! Lass die Legio abtreten. Die Offiziere und Unteroffiziere sollen sich dann vor dem Praetorum zu einem kleinen Empfang einfinden.“


    Er selbst drehte sich wieder um und ging lächelnd auf Meridius zu.


    „Du kennst ja den Weg Meridius. Nach dir! Ich habe ein paar kleine Erfrischungen vorbereiten lassen.“


    Die beiden Männer gingen in Richtung Praetorium.

  • Crispus hob ebenfalls sein Pilum und stimmte ein
    "Roma Victor!"
    Obwohl er nicht mit dem LAPP zusammen gekämpft hatte, so hatte er doch zumindest unter ihm gedient. Und es war ein guter Legat gewesen.
    Allerdings war dieser Livianus auch ein recht netter Kerl...
    Die Jubelrufe, die durch die Mengen brandeten, ließen ein Kribbeln in Crispus Magengegend entstehen - welch ein erhebendes Gefühl!

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