Gespräch mit dem Praefectus Alae Primus Decimus Magnus

  • "Das freie Germanien..."


    Meridius ließ das letzte Stück Wild im Mund verschwinden.


    "Gefällt Dir der Begriff? Für meinen Geschmack besagt er, dass wir hier in der Provincia Germania eben nicht frei sind. Sondern lediglich besetzt. Reine Ansichtssache? Mmm, es ist immer eine Frage der Perspektive. Viele Bewohner dieser Provinz nehmen den Namen jedoch allzuhäufig in den Mund. Vielleicht unreflektiert, vielleicht bewusst. Ich bevorzuge daher eher die Bezeichnung "das Germanien auf der anderen Seite des Limes"..."


    Er zwinkerte seinem Cousin zu.


    "Sertorius sprach damals vom freien Hispania. Aber gut, das ist eine andere Geschichte..."


    Er leerte seinen Becher und schenkte dann nach.


    "Die Anweisungen des Imperators lauteten: Provinz sichern, Eindringlinge zurückschlagen, keine Legionen über den Limes. Falls unsere verbündeten germanischen Freunde angegriffen werden, wird allerhöchstens die Auxillia zum Einsatz kommen. Das ist die Lage."

  • Da hatte er Recht, die Einheimischen verwendeten diesen begriff sehr oft "....Genau deswegen habe ich ihn wahrscheinlich auch verwendet, anscheinend bin ich schon zu lange hier und habe mir schon zuviel angewöhnt.... aber du hast Recht!"


    Sertorius..... "Eine andere Geschichte und Geschichte, lassen wir sie ruhen" ..... zuviele böse Erinnerungen verbindete ich damit.


    Dann nickte ich zu den Ausführungen "Also Dienst wie bisher, in Ordnung!"


    Und wieder einmal wären es wir, die ALA, die als Erstes losgeschickt werden würde, aber gut, dafür waren wir da....


    "Und was hast DU, persönlich, vor? Hast du Pläne? Bauvorhaben oder sowas?... also eher nicht militärischer Natur.....Du hattest doch, in Hispania, etwas von einer Casa erwähnt, wenn ich mich recht entsinne!"

  • "Ja, ich dachte an eine Casa. Ich werde mir ansehen, was es in der Stadt an Objekten gibt. Oder an Bauplätzen. Auf der anderen Seite bietet auch die Regia Platz genug zum Wohnen. Vielleicht lege ich der Familie statt dessen ein Landgut zu. Dann kann ich in der Stadt meiner Arbeit nachgehen, und im Sommer, oder wenn es machbar ist, auf das Landgut fahren."


    Er dachte nach.


    "Hängt ganz von den angebotenen Immobilien ab."

  • "Ein Landgut.... Ja, warum nicht..... vielleicht findest du ja ein schönes Fleckchen, wenn du Confluentes besuchst, die Gegend ist wirklich nicht zu verachten...." ausserdem hätte ich dann vielleicht auch was davon, dachte ich bei mir "...... aber du wirst sicher das Richtige finden!"


    Ich nahm noch einen Schluck Wein "Aber sag, wie geht es Livianus? Du bist ja mit ihm angereist? Warum wollte er denn weg aus Rom?"

  • "Viel geredet hat er darüber nicht..."


    Meridius stellte den Becher ab und griff sich etwas von der Beilage.


    "Ich denke, dass einfach zu viele Dinge zusammen gekommen sind. Zum einen der Mord an Mercator, den er nicht aufklären konnte, dann der Druck - als Praefectus Urbi stehst Du unter einem enormen Druck - die Tatsache, dass Aemilia nach Britannien gezogen ist... wer weiß, vielleicht hat er es in der Casa nicht mehr ausgehalten. Vielleicht hielt er es auch im Senat nicht mehr aus..."

  • Ich wurde nachdenklich.... die Tatsache, dass der Tod meines Vaters, unseres Vaters nicht aufgeklärt werden konnte, machte mich wütend und traurig zu gleich.... zu gerne hätte ich den Mörder meines vaters persönlich gestellt.....
    Aber ich fing mich wieder und blickte zu Meridius....


    "Ich selbst war noch nie lange in Rom.... ist es denn wirklich so schlimm, wie die Meisten erzählen? Und der Senat.... geht es dort wirklich so heiss her?"

  • Meridius lachte kurz und dachte dann nach.
    Was war Rom?


    "Rom... Du findest in Rom alles und nichts. Rom ist Größe, Macht, Schönheit... Rom flösst Ehrfurcht ein. Doch Rom ist auch Schmutz, Lärm, Intrige, Mord und Diebstahl. Rom kann man nicht mit Begriffen fassen. Mal ist es eine gewaltige Größe, die dich fast erdrückt, dann wieder ein Hauch von Nichts, ein Traum, ein Wort, welches man gerade ausflüstern kann..."


    Er sah seinen Cousin an.


    "Was den Senat betrifft gibt es dutzende von Sitzungen, die endlos vor sich hintröppeln und von ihrere Bedeutung gleich nach dem Besuch eines Barbiers einzuordnen sind. Sie sind schlichtweg belanglos und alte Herren, Möchtergerngrößen und Juristen ergehen sich in Paragraphen, Verordnungen ... an anderen Tage indess blitzt die alte Größe unter Cicero auf... und an wieder anderen übersteigen sich die Beleidigungen ins Unermessliche..."

  • Ich lauschte aufmerksam und nickte "Nun, ich kann mir vorstellen, dass dies für einen Soldaten, der Livianus ja zweifelsohne immer schon war, mit der erlernten Struktur und Disziplin, ein Problem darstellt.
    Ich wüsste nicht, wie es mir ergehen würde, müsste ich diesen Sitzungen beiwohnen. Wir sind es gewohnt, klare Strukturen zu haben, Befehle zu erhalten und zu geben und keinerlei Widerspruch zu erwarten, oder auch zu geben..... Wir tun unsere Pflicht, ganz einfach, und müssen, nein, düren erst nicht diskutieren, ob es nun richtig oder falsch wäre......"

  • "Nun, so würde ich es nicht sehen. Ich erwarte von meinen Offizieren, dass sie eigenständig mitdenken, und ihre Sicht der Dinge zu erkennen geben. Auch Legaten können Fehler machen. Zweifelsohne haben sie sich jedoch immer loyal und diszipliniert zu verhalten und Befehle umzusetzen."


    Er musterte seinen Cousin.


    "Es gab genug Befehlshaber römischer Armeen, die haarsträubende Fehler begingen, nicht immer wurden diese Fehler vom Feind bestraft..."

  • Ich winkte ab "Ja, natürlich, Meridius, so extrem, wie ich es formuliert habe, war aus nicht gemeint..... aber letztendlich hat der Kommandant das letzte Wort, auch wenn er sich auf seine Offiziere, als Ratgeber, stützt.
    Aber so, wie du vom Senat erzählt hast, kommt es so vor, als ob die Senatoren nur Diskutieren und Diskutieren und oft nicht wirklich etwas bei rauskommt oder aber die Sache sich ewig in die Länge zieht...... wenn wir das bei unseren Feldzügen so machen würden, würde uns der Feind überrennen, noch während wir, in Mitten einer Diskussion, beisammen sitzen...."

  • Meridius schmunzelte.


    "Zögern und zaudern im falschen Moment ist ein Übel. Losbreschen und und angreifen ebenfalls, wenn es der falsche Moment ist. Ein guter Feldherr zeichnet sich dadurch aus, dass er einen strategischen Blick bewahrt, das Umfeld im Auge behält, die strategischen Ziele des Gegners erkennt und seine taktischen Züge erahnt."


    Er hielt inne.


    "Du warst auf dem Feldzug gegen die Germanen dabei. Du müsstest den Feind kennen. Du kanntest die strategische und die taktische Situation. Ich wäre auf eine Analyse von Deiner Seite sehr gespannt..."

  • "Ich war damals nur ein Tribun, der versuchte, mit seiner Legionsreiterei die Truppen zu schützen. Kein Feldherr, der die gesamte Lage im Auge behalten hätte müssen...."


    Ich hielt kurz Inne und nahm einen Schluck....


    "....aber die Taktik der Germanen war einfach, aber wirksam..... Zuerst kleine Vorstösse in unser Gebiet. Den Feind überraschen und schwächen. Dann wieder ein Rückzug und an anderer Stelle dasselbe.


    Oft genug angewandt und Verwirrung gestifet, starteten sie, in Raetia eine Offensive, nahmen Castra Regina und die dortige ALA schloss sich ihnen an. Dann stiessen sie weiter vor, Richtung Süden.


    Als wir dann soweit waren und bei Castra Regina angelangt sind, war der Grossteil der Germanen wieder verschwunden, nur kleine Angriffstrupps hielten uns in Schach und beschäftigten uns, während sie ihre Männer, hinter dem Limes sammelten und eine Grossoffensive planten, die auch dann durchgeführt wurde..... den traurigen Rest kennst du ja....."


    Wieder machte ich eine Pause und trank nochmal


    "Kurz zusammengefasst würde ich sagen eine effektive Taktik, die sie da angwandt haben.... kleine Angriffe, Unruhe und Verwirrung stiften und den Feind dezimieren. Vielleicht auch nur, um Zeit zu gewinnen, um ihre Truppen besser sammeln zu können, wer weiss....
    Warum dann die letzte Schlacht so lief, wie sie lief, wissen dir Götter. Sedulus, allerdings, werden wir erst im Elysium dazu befragen können.
    Es war grauenhaft, wir hatten zwar von allen Seiten angreifen können, doch die Germanen waren unerwartet diszipliniert und legten eine Taktik an den Tag, die wir vielleicht nicht erwarteten.
    Trotzdem gab jeder sein Bestes..... doch es war anders als in Hispania.... Sertorius hatte Aufständische um sich geschart, dieser Modorok, allerdings hatte eine Armee versammelt, die auch so zu kämpfen verstand...."


    Ich merkte, wie ich ausschweifte, fuhr aber fort....


    "Ich hatte damals, mit ca einer halben Turma den Hügel erklommen und, ich kann es nicht beschwören, den Anführer selbst gestellt, Modorok. Er war so gut geschützt, wie bei uns nur der Feldherr. Organisiert und Diszpliniert, so wie die ganze feindliche Armee!"

  • Meridius nickte und aß während der Erzählunge seinen Cousins genüßlich weiter. Als dieser geendet hatte, hatte auch Meridius genug gespeist und schob den Teller zur Seite. Dann griff er nach etwas zu schreiben und zeichnete mit schnellen Strichen eine Zeichnung auf den Tisch.



    Dann sah er seinen Cousin an.


    "War das die ungefähre Ausgangssituation für die Schlacht?"

  • Meridius nickte.


    "Gut, dann analysieren wir mal die Situation. Die Germanen haben sich auf eine Anhöhe zurückgezogen. Die Legionen marschieren aus allen Himmeslrichtungen auf sie zu. Der Limes versperrt den Weg nach Süden und Westen, selbst aus dem Norden und Osten rücken Legionen also im Rücken der Germanen mit Unterstützung von Alae auf sie zu und kreisen sie ein. Ist das so korrekt?"


    Er blickte zu Magnus.

  • Ich überlegte kurz, nahm die Zeichnung nochmal zur Hand und antwortete dann....


    "Ja, so war es, 2 Legionen im Norden, zwei im Westen, eine im Süden und die Legio IX und die ALA kamen aus dem Südosten!
    Aber worauf möchtest du hinaus?"


    Wollte er jetzt von mir eine Bestätigung, dass Sedulus einen Fehler begangen hatte.....

  • Meridius wurde aus den Gedanken gerissen.


    Sim-Off:

    Danke! :)


    "Gut, dann spielen wir mal die Alternativen durch.
    Gehen wir davon aus, Du hättest das Oberkommando.
    Vorschläge?"


    Er sah seinen Cousin prüfend an.

  • Ich überlegte......


    "Nunja, im Nachhinein zu sagen, man hätte es anders gemacht, wo man schon weiss, wie es ausgegangen ist, ist einfach.


    Ob ich es damals anders gemacht hätte? Ich weiss es nicht! Den Göttern sei Dank, musste ich dies nicht entscheiden!


    Aber, um dir die Antwort nicht schuldig zu bleiben......


    Die Germanen wussten genau, wo sie sich aufstellten. Sie hatten den Platz gut gewählt, für sich und für uns denkbar ungünstig und drängten uns in Zugzwang.
    Wir mussten reagieren! Die Alternative wäre gewesen, sie über den Limes marschieren zu lassen und auf einen besseren Ort für die Schlacht zu warten...... Aber ich denke, dass lag und liegt nicht in unserem Sinne!


    Die Aufstellung anders wählen? Nicht wirklich eine Alternative.... die Germanen wären uns ausgewichen, wenn wir nur von einer oder zwei Seiten angegriffen hätten.
    Die Katapulte hatten wenig Wirkung aufgrund der Lage und in dieser Situation blieb nur der Frontalangriff übrig."


    Ich war gespannt, welche Alternativen Meridius bereit hielt, an die ich und auch Sedulus damals, nicht gedacht hatte.....

  • Meridius hörte den Ausführungen seinen Cousins zu.


    "Ich sehe die Situation anders. Auch wenn ich nicht anwesend war, bestand meiner Ansicht nach, kein vernüftiger rationaler Grund, die Germanen auf der für sie besseren Position zu ihren Bedigungen anzugreifen. Sie haben euch gezwungen? Ein Feldherr lässt sich eine Schlacht niemals aufzwingen, schon gar nicht, wenn seine Truppen zahlenmäßig überlegen sind."


    Er hielt inne.


    "Die Germanen hatten sich auf die Höhenkette zurückgezogen. Zwei Legionen versperrten den Weg nach Westen, zwei Legionen den Weg nach Süden. Diese Legionen direkt anzugreifen, hätte sie gezwungen, ihre überragende Position aufzugeben, ihre Flanke und ihren Rücken zu entblössen."


    Er zeigte auf die Karte.


    "Es gebe nur einen einzigen Grund die Schlacht an diesem Ort anzunehmen. Wenn ein germanischen Unterstützungsheer im Anmarsch wäre. War es aber nicht. Und selbst dann wären die Verluste zu hoch gewesen.


    Kurz: Das einfachste wäre gewesen unter dem Schutz der Legionen Lager aufzuschlagen und abzwarten. Rücken die Germanen von ihrem Hügel runter, wäre dieser bald in römischen Händen gewesen und ihr hättet die Schlacht unter günstigeren Bedingungen schlagen können. Hätten sie ein Lager angegriffen, hätten sie erst diese Verschanzungen überwinden müssen, und hätten zudem die anderen Legionen im Rücken gehabt...


    Und wenn nichts geschieht... dann kreist man sie ein, errichtet Palisaden und wartet bis ihnen auf dem Höhenzug der Proviant ausgeht. Sie saßen in der Falle. Sie wussten es und boten die Schlacht an.


    Man hätte das Angebot ausschlagen sollen."

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