Officium des Kommandeurs

  • Der Kommandeur der Academia sitzt hinter seinem Schreibtisch und macht sich Notzigen für die Vorlesung zum nächsten Examen Secundum. Obwohl das Thema schon fest steht, kommt er nicht so schnell vorwärts, wie er will. Missmutig greift er zu einem bereit stehenden Becher und nimmt einen Schluck.

  • Der Trubel um seine Wahl zum Aedilen und die damit verbundenen neuen Aufgaben machten es Macer nicht eben leichter, an den Vorlesungstexten weiter zu arbeiten. Trotzdem mehrten sich mit der Zeit seine Notizen und der geplante Vortrag nahm Gestalt an. Nachdem er glaubte, genug Stoff für die Vorlesung gesammelt zu haben, gönnte Macer sich eine Pause. Dann griff er zu einer frischen Wachstafel und grübelte über einen geeigneten Starttermin für den Kurs und über das Benachrichtigungsschreiben an die Einheiten.

  • Academia Militaris Ulpia Divina
    zu Händen der Akademieleitung
    Purgitius Macer
    Roma




    Werter Kommandeur Purgitius Macer!


    Hiermit möchte ich mich als Student in der Akademie einschreiben. Ich diene zur Zeit als Centurio in der Legio IX Hispania in Coloniae Claudiae Arae Agrippinensum, Germania, unter dem Befehl von Legatus Decimus Livianus.


    Jedoch ist meine Einschreibung auf die Akademie auch gleichzeitig mit einer ungewöhnlichen Anfrage im Hinblick auf die Ablegung des Examen Primum verbunden.


    In mein Aufgabengebiet fällt als “Architectus” und Leiter der Pioniereinheiten nach dem Winter auch die Instandsetzung strategischer Punkte der germanischen Infrastruktur, unseres Castellums, der Bau von schwerem Kriegsgerät, wie auch vermutlich einige “zivile Projekte” im Rahmen der Zusammenarbeit mit den lokalen Regierungs- und Verwaltungseinrichtungen.


    Diese Aufgaben engen derzeit etwas einen Besuch in Roma ein. Daher wollte ich anfragen, ob nicht die Möglichkeit besteht zumindest das Examen Primum vor Ort, also im Castellum der Legio IX, abzulegen. Der Unterrichtsstoff könnte durch Legatus Legionis Decimus Livianus oder Legatus Legionis Decimus Meridius vermittelt werden, welche ja beide Absolventen der Academia Militaris sind.
    Desweiteren wäre mit dem Legatus Legionis Decimus Meridius ja auch zugleich der stellvertretende Akademieleiter vor Ort. Die Fragen der Abschlussprüfung könnten so problemlos unter seiner Aufsicht bearbeitet werden, um dann anschließend von ihm versiegelt direkt nach Roma zur Korrektur und Bewertung weitergeleitet zu werden.


    Desweiteren hätte ein solcher Unterricht noch einen weiteren Vorteil. Seitens der Legioführung speziell ausgesuchte Legionäre und Optios als potentielle Anwärter auf Offizier- und Unteroffizierränge könnten vorab als “passive” Teilnehmer am Examen Primum teilnehmen. Sie dürfen nicht an der Abschlussprüfung teilnehmen, werden aber seitens Offiziere der Legio IX intern beurteilt und weiter selektiert.


    Gezeichnet:
    Camillus Matinius Plautius
    Centurio der Legio IX Hispania, Germania

  • Macer las den langen Brief sorgfältig durch. Es enthielt viele gute Punkte, über die es sich genauer nachzudenken lohnte. Er nahm sich etwas Zeit und skizzierte kurz auf einer Wachstafel in Stichworten einen möglichen Umbau des Kurssystems. Dann beschloß er, dass er diesbezüglich wohl einen Brief an Meridius schreiben müsste und legte die Sache erst einmal wieder beiseite. Seine Post nach Germania häufte sich in letzter Zeit, fiel ihm bei dieser Gelegenheit auf.

  • Der Tribun hatte den Zeitpunkt der Abgabe der Prüfung verpasst. Die Gründe waren kompliziert und verwickelt. Ob es nun sein Fehler war oder nicht, das war nicht klar, aber es tat auch nichts zur Sache.
    Er hatte es zu verantworten und daher würde er den Kommandeur nicht mit irgendwelchen Geschichten langweilen, sondern ihn einfach nur um eine Nachprüfung bitten.


    So trat er an die Tür des Officiums und klopfte an.

  • Macer ließ den Besucher eintreten, als es klopfte und war nicht sehr überrascht, einen der säumigen Studenten vor sich zu sehen.


    "Salve, Tribun Tiberius Vitamalacus. Ich nehme an, Du kommst wegen der versäumten Prüfung?"

  • Der Tribun trat ein und grüsste knapp.


    "Salve, Kommadeur. In der Tat, ich komme wegen der versäumten Prüfung."


    Er räusperte sich.

    "Ich habe den Termin verpasst und würde um die Möglichkeit einer Nachprüfung bitten."


    Es lag dem Tribun Tiberius fern, den Kommandeur mit langwierigen, gehäuchelten Entschuldigungen oder Rechtfertigungen zu langweilen und dessen Zeit zu stehlen.

  • Macer erwiderte den Gruß ebenso knapp, ließ den Tribunen bequem stehen und nahm selber Platz.


    "Sicher, die Möglichkeit besteht. Sie ist ja sogar gesetzlich festgeschrieben. Dann halte ich also fest, dass du sie in Anspruch nehmen möchtest."


    Er griff zu einer Wachstafel und notierte.


    "Wann ich sie genau abhalten werde, kann ich dir noch nicht sagen. Ich warte erst ab, ob sich auch die anderen säumigen Studenten noch melden werden."

  • Der Tribun bedankte sich knapp.


    "Kommandeur, ich danke dir... "


    Dann drehte er sich um und meinte noch kurz.

    "Ich erwarte dann die neue Prüfung und werde sie schnellst möglichst beantworten. Vale."


    Dann verliess er das Officium

  • Dass sich im Laufe des Tages keine weiteren säumigen Studenten meldeten, wunderte Macer ein wenig, aber letztlich mussten es die Männer selber wissen. Für ihn bedeutete das weniger Arbeit mit den Nachprüfungen, von denen er jetzt nur eine ausstellen musste.

  • Seine Aufgaben als Aedil hatten ihn wenig später länger als geplant von der Academia abgehalten und so war der Soldat schon abgereist, als Macer endlich dazu kam, seine schriftliche Prüfung zu korrigieren. Wenig später setzte er ein Schreiben nach Germania auf, um den Offizier über das positive Resultat zu informieren und ließ die Studentenliste aktualisieren.

  • Auch der lieben Academia Militaris musste ich natürlich einen Besuch abstatten, wo ich doch schon mal in Rom war und so klopfte ich denn auch am Büro des Kommandanten.

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    CIVIS

    SODALIS FACTIO ALBATA - FACTIO ALBATA

  • Zwischen zwei Examina und zum Ende seiner Amtszeit war Macer nur selten in seinem Büro und so hatte der Besucher Glück, dass er eingelassen wurde.


    "Salve Annaeus Florus, das ist ja eine angenehme Überraschung, hier von dir besucht zu werden." Macer erhob sich zur Begrüßung von seinem Platz.


    "Sind es auch die Wahlen, die auch dich nach Rom treiben?"

  • Salve Purgitius Macer, es ist schön, dich wieder zu sehen!


    Gerade noch konnte ich mich davon abhalten, militärisch zu grüssen, war ich doch eigentlich als Privatperson hier.


    Ich würde lügen, würde ich eure Frage mit Nein beantworten, doch war es erst einmal der Wunsch endlich meine Ehe einzugehen, welcher mich nach Italia und somit auch nach Roma brachte.


    Ich wollte unsere Namen endlich ins Eheregister einschreiben lassen, nachdem wir nun schon seit langer Zeit eigentlich in Verlobung leben.


    Die Leute auf dem Forum Romanum haben mich dann als Kandidaten akklamiert, daher bin ich nun auch für die Wahlen hier.

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  • "Deine Verlobung, richtig, ich erinnere mich. Das ist schon eine Weile her."


    Macer hatte für soetwas kein allzu gutes Gedächtnis, umso glücklicher war er, dass er dieses Ereignis wenigsten einigermaßen einordnen konnte.


    "Und für welches Amts kandidierst du? Das des Volsktribunen?"

  • Ja, du hast Recht, es ist schon eine Weile her und daher wird es endlich höchste Zeit, dass ich diese Pflicht erfüllen kann.


    Das Amt? Ja, du hast es erraten, es ist das Tribunat. Woher dachtest du dir das?

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  • "Spielt mir da mein Gedächtnis einen Streich oder hattest du dich schon einmal für dieses Amt beworben?" fragt er mit nachdenklichem Gesichstsausdruck. "Zumindest ist das Volkstribunat wohl das letzte Amt, bei dem sich in Teilen noch die Tradition gehalten hat, dass die Kandidaten vom Volk akklamiert werden, daher war es nach deiner Ausdrucksweise schon naheliegend. Die Wahlen zum Aedil sind nicht mehr ganz so traditionell, ich habe auch einfach von mir aus kandidiert.


    Du nimmst einen Schluck Wein?"

  • Bis jetzt standen wir beide noch da Macer sich noch nicht wieder gesetzt hatte, und ich nicht dazu eingeladen worden war, daher kam mir die Einladung auf einen Schluck Wein gerade recht.


    Gerne nehme ich einen Schluck, ja.


    Und was deine Erinnerung angeht, so ist sie klar wie immer. Ich hatte schon einmal für dieses Amt kandidiert, auch von mir aus, unterlag damals jedoch einem stärkeren Kandidaten.


    Aber ich finde es schon irgendwie schade, was du sagst, dass das Volk scheinbar bei den Wahlen nicht länger diejenigen Kandidaten erhält, welches es sich wünscht, sondern sich die Leute selbst aufstellen. Ich weiss, ich tat dies auch, sowohl bei meiner Quaestur, als auch bei meinem gescheiterten Versuch. Doch es entspricht nicht unserer Tradition, es ist nicht römisch.

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  • Macer ging kurz zur Tür und orderte beim Soldaten im Vorzimmer Wein und Wasser. Als er zu seinem Platz zurück kehrte, deutete er im Vorbeigehen auf einen Stuhl.


    "Bitte, nimm doch Platz.


    Normalerweise pflege ich ja auch die Traditionen, aber manchmal muss man wohl auch der Realität ins Auge sehen. Du hast schon einmal aus eigenem Antrieb für dieses Amt kandidiert, jetzt hast du dich vorschlagen lassen. Ich nehme an, bei deinem Rang wäre es für dich kein Problem gewesen, eine solche Akklamation im voraus zu organisieren."


    Er lächelte. "Ich sehe das nicht mal negativ - jeder einflussreiche Bürger Roms wäre in der Lage, dafür zu sorgen, dass er vorgeschlagen wird. Nun, da ist es doch ehrlicher, wenn die Kandidaten gleich auf die Rostra steigen, anstatt den traditionallen Schein zu wahren."


    Der Soldat aus dem Vorzimmer trat ein und brachte Trinkschalen und je eine Kanne Wein und Wasser.

  • Ich nahm Platz und hörte mir die Worte gut an. Solche Argumente kannte ich auch aus meiner Ausbildung.


    Diese Argumente hörte ich seit meiner Ausbildung immer und immer wieder, doch ich frage dich, was passiert mit den Traditionen, welche Rom gross gemacht haben, wenn jeder Bürger so denkt?


    Natürlich kann ich nicht beweisen, dass ich meine Akklamation nicht organisiert hatte, natürlich wird mir das auf der Rostra auch schon vorgeworfen, doch war es nicht auch schon immer so, dass derjenige die Wahlen gewann, welcher bei vielen Bürgern grossen Einfluss hat und viele Klienten hat, welche für ihn stimmen? Wo also ist da der Unterschied, ob man diesen Klienten auch die Möglichkeit gibt, sich für ihren Patronus zu engagieren? Warum sollte ein Mann, der auf dem Forum nicht für seinen Patronus reden kann, im Ernstfall für ihn stimmen?


    Daher und weil es eben Traditionen sind, welche Rom zu dem gemacht haben, was es heute ist, stehe ich weiter für diese ein.


    Als der Soldat eintrat, drehte ich mich kurz zu ihm um und dankte mit einem Nicken.

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