Cubiculum | Lucius Decimus Maximian

  • Nach dem kurzen Aufenthalt in CCAA


    Pferdegetrappel hatte sich dem Domus genähert, ein Pferd hatte gewiehert und kurz darauf hatte der Pförtner den Sohn des Senators Decimus Meridius hereingelassen. Dieser war blind und stumm an ihm vorübergegangen, mit Dampf durch das Atrium marschiert und hatte direkt sein Cubiculum angesteuert, dieser eine Fleck in dieser unglückbringenden Provinz, dem er es abgewinnen konnte, ihn sein Eigen zu nennen. Niemandem - aber auch wirklich niemandem - wollte er jetzt begegnen.


    So hatte er die Tür nicht hinter sich zugeknallt, wie es seinem erregten Gemütszustand eigentlich zuzutrauen gewesen wäre, sondern hatte sie leise hinter sich geschlossen und im Anflug purer Schwäche seinen Kopf gegen sie gelehnt. Sein Kopf war so schwer, so voller Gedanken und Bilder. Und jetzt, da ihn keiner mehr sehen konnte, erlaubte er sich diesen Zusammenbruch, gegen den er sich bei Aufbringung seiner ganzen Kraft nicht verhindern konnte - und es auch nicht wollte.
    Es sollte für lange Zeit das letzte Mal sein, dass Maximian Tränen vergoss, aber bevor es dazu kam, lehnte er sich mit dem Rücken an die Tür und rutschte langsam an ihr hinab, bis er auf dem Boden ankam. Ein Bein angewinkelt, das andere abgestreckt saß er da und sah vor sich, neben sich und überall hin, aber es nützte alles nichts. Seine Augen nahmen nur Leere wahr - und das Bild Valerias, das ihm nicht mehr aus dem Kopf ging.


    Es hatte zwar eine Weile gedauert, aber schließlich hatte der junge Mann sich nach ihr gesehnt. Zu dem Zeitpunkt hatte er mit seinem Adoptivbruder gerade das Schiff bestiegen und ein Gefühl hatte ihn überkommen, das er nicht anders zu deuten wusste als schiere Vorfreude auf das Wiedersehen mit seiner Valeria, der Mutter seines ungeborenen Kindes. Ohne Umwege wäre er zu ihr gegangen, so hatte er sich vorgenommen, sie in seine Arme geschlossen und sie um Verzeihung gebeten, dass er so lange gebraucht hatte. Und dann hätte er sich vielleicht erlaubt eine Beziehung zu dem Kind aufzubauen, das Valeria unter dem Herzen trug und wäre von nun an jeden Schritt mit ihr gemeinsam gegangen.
    Dann war alles so anders gekommen. Erst das Fieber, das ihn so lange aufgehalten hatte, dann die Todgeburt des Kindes und letztlich ein neuer Mann an Valerias Seite. Er hatte nicht mal die Möglichkeit gehabt in irgendeiner Weise einzugreifen. Irgendjemand hatte einen Teil seiner Lebensgeschichte einfach so ausradiert und durch einen anderen, schmerzhaften Abschnitt ersetzt - und es fühlte sich verdammt nochmal so unsagbar ungerecht an, dass man zum Spielball seiner eigenen Geschichte wurde!


    Vorbei. Er konnte keinen anderen Schuldigen nennen, als die Götter. Wahrscheinlich hatten sie ihm das Fieber geschickt, damit er zugrunde ging und nicht wieder hingegen aller Regeln und Etiquetten mit seiner vermeintlichen Cousine zusammen war, was ohnehin niemand gern gesehen hatte. Dann hatten sie dem Kind, das in ehrlicher Liebe gezeugt worden war, den Tod geschickt und damit vor allem Valeria gestraft. Und obendrein straften sie den jungen Vater noch einmal extra, (wahrscheinlich weil er das Fieber überlebt hatte) und trieben seine Valeria in die Hände eines anderen.


    Maximian war immer noch ganz und gar fassungslos. Valerias Anklage lag ihm wie ein großer Schatten schwer auf der Seele. Er hatte sie allein gelassen. In dem Moment, in dem sie ihn am meisten gebraucht hätte, hatte er ihr nicht beistehen können. Er hätte eine Nachricht schicken sollen, echote dieser eine Gedanke immer und immer wieder in seinem Kopf. Egal was es gekostet hätte. So aber hatte er sie im Stich gelassen, auch wenn er nicht einmal was dafür gekonnt hatte.


    Vorbei. Valeria hatte an ihm Verrat geübt. Was wusste er, mit was sie gerechnet hatte - vielleicht sogar damit, dass Maximian irgendwann auf der Reise ausgestiegen und davongelaufen war? Dass er den Tod gefunden hatte? Vertrauen und Liebe hatten sie nicht davon abgehalten, ihn zu vergessen, ihn aus ihren Gedanken und Gebeten zu streichen, ihn abzulieben. War der Tod mit solch einer schlagenden Gewissheit überhaupt noch zu vergleichen?


    Kälte. Er sah einen Regentropfen und rings um ihn herum Eis. Nirgends war der Schein eines Feuers auszumachen, nur dieses tiefblaue Eis. Und der Regentropfen war er. Würde er aufkommen, dann würde auch er gefrieren.


    Und das geschah in dem Moment, als Maximians Tränen versiegten. Sie hatten begonnen unaufhaltsam seine Wangen hinabzurinnen, als ihm bewusst wurde, welche Leere Valeria in ihm hinterließ. Sie hatte ihm so viel bedeutet. So viel mehr als viel. Vorbei.


    Mit ausgekühlten, schmerzenden Gließdmaßen hatte er sich dann erhoben, das Gesicht bleicher noch als das des toten Romanus, neben dem er diesen einen Tag aufgewacht war. Er hatte sich wie in Trance und mit unmenschlich schweren Armen die verschmutzte und faltige, irgendwie auch klamme Tunika ausgezogen, als wäre er der Suizidgefährdete, der abgeschlossen hatte und den Sprung tun würde. Doch er hatte sich nicht zum Fenster begeben, sondern sich auf sein Bett gelegt. Er fühlte sich schwer, wie ein taubes Stück fleisch und doch seltsam ungebunden, als wäre er gar nicht wirklich da. Die eine Hand hatte er auf seinen Bauch gelegt, die andere an seinen Kopf.


    Und so hatte er stundenlang dagelegen. Die Berührungen Valerias, die es schafften, dass sich die Haare auf seinen Armen aufstellten, wie Blüten das taten, wenn die Sonne aufging, waren irgendwann in seine Erinnerungen zurückgekehrt und nicht mehr wie ein Nachgespinst um ihn herum geschwebt - nur wusste er nicht, ob er deswegen lachen oder weinen sollte.
    Dann war er eingeschlafen, mit jenem Gefühl der Einsamkeit und Kälte in seinem Herzen. Am Morgen, nur wenige Stunden später, würde er aufwachen und verändert sein. Und er würde sich erschrecken, sich wünschen, er wäre nicht aufgewacht und würde erneut einschlafen. Aber dann, oder noch ein paar Stunden später, würde er aufstehen, sich waschen und eine neue Tunika anziehen und damit beginnen, nicht mehr an sie zu denken und sie bei sich zu spüren.


    Und er würde lange Zeit keine Träne mehr vergießen.

  • Der Sklave Marcus klopfte an die Zimmertür Maximians, er hatte ihm auszurichten, dass jemand im Atrium auf ihn wartete.


    Maximian, gerade vertieft in ein Buch, das sein Vater ihm mit dem Auftrag es gründlich durchzulesen und sich eine Meinung dazu zu bilden gegeben hatte, sah nicht gleich auf, als es klopfte. Gemütlich las er noch bis zum nächsten Absatz und bat den Klopfer dann mit einem einfachen "Ja?" hinein, sah jedoch nicht auf, sondern las doch wieder weiter.


    Der Ianitor trat unter den Türrahmen und sah den jungen Decima mit wässrigen Augen an. "Der junge Herr hat Besuch, er wartet jemand m Atrium. Möchte er ihn empfangen?"


    Er hatte zwar nur die Hälft des Gesagten wirklich wahrgenommen, sah jedoch auf und ließ das Buch sinken. "Wer ist es denn?"


    Der alte Mann druckste herum und faltete die Hände. "Nun... man bat mich keinen Namen zu nennen, Herr."


    Maximian runzelte die Stirn, sah dann auf sein Buch und legte es schließlich zur Seite. "Wie spannend.", sagte er mit ironischem Tonfall und erhob sich. "Ich werde ihn empfangen."


    Der Alte nickte und der Junge ging ihm voraus ins Atrium.

  • Kaum hatte er es verlassen, wollte er sein Cubiculum wieder betreten. Er mochte Besuch gern, aber bei einer Person machte er da inzwischen eine Ausnahme. Und diese Person stand unten im Atrium und rief ihm hinterher, nein - flehte ihn an mit ihr zu reden. Ja, er hatte sie noch gehört.
    Einen Moment lang verharrte er vor der Tür seines Cubiculums, dann öffnete er sie und ging wieder hinein. Hinter sich zog er sie ins Schloss. Er wollte nicht mit Valeria reden. Es gab nichts zu bereden.


    Nachdenklich vor sich hinstarrend setzte er sich auf sein Lager. Marcus hatte seine Anweisungen. Er würde Valeria wieder nach draußen begleiten und damit wäre sie wieder weg. Dann würde er auch nicht mehr an sie und das Geschehene denken.


    Er wartete.

  • Auch wenn er eben noch gesagt hatte, er wolle nicht mehr gestört werden, stand Marcus schon wieder vor der Tür des Cubiculums des Decimus Maximian und klopfte an.
    Diesmal erklang von innen keine Einladung. Maximian schwieg beharrlich und sah starr auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand seines neuen Zuhauses.


    Da steckte Marcus ungebeten seinen Kopf zu ihm hinein. Man konnte dem Alten am leise rasselnden Atem anhören, dass er angestrengt war.
    "Verzeiht, dass ich nochmal störe, junger Herr, aber die junge Herrin bat mich dir auszurichten, dass sie nicht vorhat einfach so wieder abzureisen. Sie wartet im Hortus, hat sie gesagt, egal wie lang es dauert."
    Er räusperte sich und musterte den Mann, der kein Knabe war aber kaum genug Mann, um dem Knabenalter schon entwachsen zu sein. Vielleicht konnte er der halben Portion ja ein wenig auf die Sprünge helfen, das Mädchen im Garten tat ihm ja leid.
    "Es ist draußen sehr stürmisch, Herr."


    Maximian zeigte keine sichtbare Reaktion, außer einem Fingerzeichen, Marcus könne gehen. Er würde nicht zu ihr hinuntergehen, er wusste ja gar nicht warum. Wenn es ihr zu unangenehm wurde, würde sie sicher etwas besseres aufsuchen, dachte er sich und dachte dabei nicht unabsichtlich an einen gewissen Verwandten.


    Aber dann, nach einer ganzen Weile, stand er schließlich doch auf. Nicht, um zu ihr zu gehen. Nein, er ging nur ans Fenster. Er brauchte frische Luft, redete er sich ein. Dabei war der Grund dafür wohl einfach und ergreifend der, dass er sich das Unwetter ansehen wollte, das da draußen Mogontiacum umschichtete.
    Und wieder verfiel er in diese Starre, die ihn gefangen hielt. Er sah hinaus, sah wie der Wind Wolkenfetzen über den Himmel peitschte und Vögel wilde Kapriolen schlagend durch die Luft zischten.


    Dann begann es zu tröpfeln. Maximian rechnete stark damit, dass Valeria nun wutentbrannt das Weite suchen würde. Es sollte ihn "beruhigen", aber stattdessen begann er mit den Fingern auf seine Oberarme zu trommeln. Sie würde eh schon weg sein.


    Als er die Tür seines Cubiculums öffnete, stand gerade Marcus davor. Der Alte verhielt sich, was er sagen wollte und ließ seinen weisen Blick auf dem jungen Menschen ruhen. Maximian sah ihn einen Moment an und ging dann wortlos an ihm hinüber.
    Steif stieg er die Treppen hinab, aufrechter als eine marmorne Säule trat er durch die Tür und ging dorthin, wo Valeria seiner Meinung nach bis eben noch auf ihn gewartet hatte.

  • Maximian gab sich Mühe, nicht mehr an das Geschehene zu denken. Vielleicht hatte ihn das Gespräch mit Varus, der wie sich herausstellte Quaestor war, ein wenig reifen lassen. Er hatte sich nach diesem Tage jedenfalls eine Weile lang kaum mehr blicken lassen und als er dann wieder aufgetaucht war, trug er sich mit Würde. Man musste ihn ja nicht unbedingt andauernd Fragen, wie es denn in ihm aussah.
    Innerlich versuchte er derzeit angestrengt Ordnung zu schaffen. Und dass das am besten ging, wenn man nicht immer wieder abgelenkt wurde, versteht sich von selbst.


    An diesem Tage hatte er von dem Brand der Taverne gehört. Wie wohl alle Jugendlichen wollte Maximian sich das unbedingt ansehen gehen. Endlich war mal etwas Außergewöhnliches geschehen.


    Ordentlich gekleidet verließ er sein Cubiculum und die Regia, um sich den Weg durch die Straßen Mogontiacums zu suchen.

  • Es war ein ruhiger Tag gewesen, einer der wie die meisten gewesen war, seitdem er hier in Mogontiacum lebte. Er war aufgestanden, hatte gefrühstückt, sich ein wenig seinem selbstauflerlegten Studium der Architektur gewidmet, zum mittäglichen Gelage mit seiner Mutter geplaudert. Am Nachmittag hatte er sich sein Pferd geschnappt und war geritten. Stundenlang, damit er ausdauernder wurde und sich zugleich an die große Anstrengung gewöhnte.


    Pünktlich zu Einbruch der Dunkelheit jedoch hatte er das Ross in den Stallungen abgegeben. Er selbst hatte Phiobs zu sich gerufen, ihm aufgetragen mit einem sättigenden Mahl in sein Cubiculum zu folgen und war selbst schon einmal voraus gegangen, um seine Eltern zu informieren, dass er wieder anwesend war.


    Gerade hatte er sein Cubiculum betreten und dort auf einem Tischchen nachgesehen, ob er Post oder anderes erhalten hatte. Nichts. Na gut, dann musste er sich wenigstens nicht hinsetzen und sich mit dem Schreiben Abmühen.
    Ein Mosaik betrachtend, das er immer wieder gern ansah, machte er sich daran sein pallium abzulegen. Er war leicht verschwitzt und der Stoff hing schwer und ungeformt an ihm herab, sodass er ihm lästig war.

  • Phiobs war ganz froh gewesen, dass sein Herr zum Nachmittag ausgeritten war, da er so die Zeit nicht nur für seine Pflichten, sondern auch dafür nutzen konnte, sich etwas besser mit seiner neuen Heimat bekannt zu machen. Er war noch nicht lange hier, aber musste seine Pflichten natürlich perfekt meistern. Dazu gehörte auch, alles hier zu kennen.


    Gegen Abend war sein Herr zurück und trug ihm auch schon auf, ihm ein Mahl zu holen, was er sofort erledigte. Mit einem reichlich gefülltem Tablett begab er sich dann in dessen Cubiculum und stellte dieses auf einem Tischchen ab. Sein Herr war schon dabei, sich von seiner verschwitzten Kleidung zu befreien, und so eilte er zu ihm, um ihm dabei zu helfen. Dies gehörte zu den Pflichten, die er ohne Aufforderung zu erfüllen hatte.

  • Maximian ließ sich unterdrückt ätzend aus der Bahn Stoff wickeln, die in erster Linie dazu gedient hatte, dass er nicht fror und sich notfalls gegen einsetzenden Regen hätte schirmen können. Geregnet hatte es nicht, obwohl der Himmel über dem Gelände vor Mogontiacum tiefgrau gewesen und sogar noch dunkler geworden war. Wahrscheinlich hatte er nur mal wieder Glück gehabt und jeden Moment würde der Himmel seine Pforten öffnen, damit die traurigen Wolken ihre schwere Last verlieren konnten.


    "Danke, Phiobs", sagte Maximian, nachdem er um das klamme pallium erleichtert war und mit hungrigem Blick auf den Tisch zuging, auf dem ein reich gedecktes Tablett für ihn bereit stand. Das sah gut aus. Sehr gut sogar.


    "Und? Was hast du heute gemacht?" Mit dieser Frage sah Maximian kurz seinen Sklaven an, ein Geschenk seines Vaters, und ging dann hinüber zur Waschschüssel, um sich die vom Dreck schwarz gefärbten Hände zu säubern. Die roten Rosenblätter am Boden der Schüssel waren hinterher nur noch spärlich durch das Trübe Wasser auszumachen.

  • Nachdem Maximian von dessen pallium befreit worden war, legte Phiobs dieses sorgfältig zusammen und legte es erst einmal zur Seite, damit er es dann mit sich zum Reinigen nehmen konnte, wenn er das Cubiculum seines Herren wieder verließ. Doch jetzt wartete er darauf, dass sich dieser die Hände gewaschen haben würde, damit er ihm ein Handtuch reichen konnte.


    Ich habe meine täglichen Pflichten erfüllt, antwortete er Maximian und beobachtete dabei, wie das Wasser in der Schüssel den Schmutz von dessen Händen annahm. Außerdem habe ich mich etwas besser mit dem Gebäude bekannt gemacht. Es ist wirklich groß und wunderschön.


    Das Haus seines alten Herrn war viel kleiner gewesen, aber hier musste er schon fast aufpassen, dass er sich nicht verlief. Ob das hieß, dass die Götter es gut mit ihm gemeint hatten, als sie ihn hierher schickten, würde sich allerdings noch herausstellen müssen.

  • Das gereichte Tuch nahm der junge Mann mit einem einfachen Nicken des Kopfes entgegen und trocknete sich damit Hände und Unterarme. Dann lächelte er und legte das Tuch neben die Schüssel, in der das Wasser wie wässriger Schwarztee schwomm.


    "Ja, es ist riesig. Aber warte, bis du einmal die Häuser und Bauten in Rom siehst. Du warst doch noch nicht dort?", fragte Maximian nach und öffnete zuerst die eine, dann die andere Fiebel, die die Tücher seiner Tunica zusammenhielten, und reicht sie nacheinander Phiobs. Beide Tuchquadrate waren umgeklappt, sodass Maximian jetzt mit freiem Oberkörper dastand und nur noch von einer Kordel, die Maximian sich locker um die Hüfte zu binden pflegte, gehalten wurde.
    Er suchte mit beiden Händen den Knoten und während er ihn öffnete und die beiden Tücher festhielt, um sie ebenfalls an Phiobs weiter zu reichen, fragte er mit hungrigem Blick zum Tischchen:


    "Was gibt es heute Gutes?"


    Hiterher wartete er darauf, dass ihm sein Nachtgewand gereicht wurde.

  • Phiobs nahm in gewohnter Weise die beiden Fiebeln entgegen und wartete dann geduldig, dass er auch die beiden Tücher der Tunika entgegen nehmen konnte. Dabei schmunzelte er etwas, da er gerade an Rom dachte, das er nur einmal gesehen hatte, das aber auch gleichzeitig einen großen Eindruck auf ihn gemacht hatte.


    Mein ehemaliger Herr hat mir einmal die Ehre erwiesen, ihn nach Rom begleiten zu dürfen. Es ist wirklich eine wunderschöne und sehr große Stadt. Leider durfte ich nur einen kleinen Teil davon sehen. Es war nur ein kurzer Besuch gewesen, und nur bei der Fahrt hinein und hinaus hatte er die Stadt bewundern können, aber das allein hatte schon gereicht, um ihn staunen zu lassen.


    Ich habe mir erlaubt, euer Lieblingsmahl zusammenzustellen, beantwortete er dann die Frage zum Essen und nahm nun die Tücher entgegen, um sie ebenfalls zur Seite zu legen und dann das Nachtgewand zu holen, dass er seinem Herrn so reichte, dass dieser leicht hineinschlüpfen konnte.

  • "Ein Zweig unserer Familie lebt in Rom. Wenn ich sie einmal besuche, wirst du mich begleiten. Dann wirst du auch ein wenig mehr von der Stadt im Zentrum der Welt sehen."


    Maximian lächelte und schlüpfte die Arme voran in das einfache Hemd, das ihn zur Nacht hin wärmte. Während er den Stoff glättete, ließ er sich auf seine Lagerstatt fallen und machte sich daran, seine Sandalen los zu werden.
    Phiobs hatte also sein Lieblingsmahl zusammengestellt. Maximian lief das Wasser im Mund zusammen, wenn er an gegrillten Lammrücken dachte. Sehr gut, dass der Ägypter bereits wusste, wie er seinen Herrn leicht zufrieden stellen konnte.


    "Das hört sich gut an. Und was gibt es zu dem Lammrücken? Knoblauchbrot vielleicht? Bring mir das Essen hierher, ich möchte es jetzt gleich zu mir nehmen."

  • "Ich würde mich sehr darüber freuen, mehr von der Stadt zu sehen."


    Phiobs schmunzelte erfreut, als er wieder zurück zum Tisch ging, um Maximian sein Mahl zu bringen. Er konnte es kaum erwarten, mehr von Rom sehen zu können, und er war ein wenig überrascht, dass sein Herr jetzt schon bereit war, ihn mit auf die nächste Reise zu nehmen. Sein letzter Herr wäre da etwas misstrauischer gewesen.


    "Und ja, es ist Knoblauchbrot dabei. Ich habe mir sagen lassen, dass Ihr dies sehr mögt."


    Phiobs brachte ihm nun das Essen hinüber und zog sich dann etwas zurück, damit sein Herr in Ruhe essen konnte. Entweder würde er sich dabei weiter mit ihm unterhalten, oder ihn fortschicken, um die Kleidung vom Tag zu reinigen, er war jedenfalls für alles bereit.

  • Beinahe jeder freute sich Rom ansehen zu können. Warum sollte es sich da bei den Sklaven anders verhalten?
    Maximian nickte. Das Mahl würde ganz nach seinem Geschmack sein und so rieb er erwartungsvoll die Hände aneinander, während Phiobs ihm das Tablett brachte und es vor ihm, der auf der Seite quer im Bett lag, abstellte. Es duftete. Und wie es duftete! Maximian machte sich sogleich ans Speisen.


    Ein, zwei Minuten lang herrsche Stille, die nur hin und wieder von leisem Schmatzen erfüllt war. Dann sah Maximian am Brot nagend Phiobs an.


    "Erzähl mir etwas aus deiner Heimat.", bat er.

  • Phiobs freute sich, dass es seinem Herrn offenbar zu schmecken schien. Er ordnete etwas die herumliegende Kleidung, bis er die Frage hörte, über die er erst einmal ein wenig nachdenken musste. Wo sollte er da anfangen?


    "Meine Heimat ist wirklich wunderschön. Heiß und sandig, aber schön. wir haben auch große Städte und große Bauwerke aus der Zeit der Pharaonen. Habt ihr schon einmal die Pyramiden gesehen? Oder den Nil? Er ist das Herz Agyptens, denn ohe ihn würde es im Sand untergehen."


    In Gedanken versunken schwärmte er von seiner Heimat und hatte doch etwas Heimweh. Aber das würde auch mit der Zeit wieder vegehen. Genau wie die Überschwemmungen des Nils wieder vergingen, bis sie im nächsten Jahr wiederkamen, wenn die Götter es gut mit Ägypten meinten.

  • Kauend versuchte Maximian sich das vorzustellen, was Phiobs ihm da auszumalen versuchte. Pyramiden? Nein, die hatte er noch nicht gesehen und er glaubte sogar niemanden römischer Abstammung zu kennen, der jemals in Ägypten gewesen war - die großen Gelehrten des Staates, die wirklich bedeutenden Architekten und so weiter einmal außen vorlassend (denn von denen kannte er nun wirklich keinen).


    "Hmmm." Das war sein nachdenklicher Kommentar zu diesem Thema. Ein Bild von diesem Land hatte er nach wie vor keins vor dem inneren Auge, zu schwammig waren seine Kenntnisse noch.
    "Die Pyramiden? Diese seltsamen, nach oben hin spitz zulaufenden... Bauwerke? Nein, noch nicht gesehen. Nur mal auf einer Karte, die bei meinem Vater im Officum hängt, weißt du..." Maximian lächelte schief und nahm einen weiteren Happen vom gegrillten Lamm. Es war köstlich!


    "Wie lange ist es her, dass du dein Land das letzte mal gesehen hast und was hast du dort gemacht? Bist du als Sklave geboren worden?"

  • Phiobs nickte begeistert, als Maximian die Pyramiden richtig beschrieb. Zwar hatte dieser sie noch nicht in ihrer wahren Schönheit gesehen, aber das hatten ja auch die wenigsten Römer. Aber immerhin hatte er eine Zeichnung von ihnen gesehen und konnte sie sich daher gut vorstellen. "Ganz genau, so sehen sie aus. Sie sind aus riesigen Steinen gebaut und wirklich sehr hoch. Höher als jedes Gebäude, das ihr kennt." Zumindest kannte Phiobs kein Gebäude, das so hoch war, und er konnte sich dies auch nicht vorstellen.


    "Es ist noch nicht lange her, dass ich mein Land zuletzt gesehen hatte", beantwortete er dann schnell die anderen Fragen seines Herrn. , denn er sprach gern über sein Land, das bekämpfte das Heimweh ein wenig. "Nach der Reise hierher hat es nicht sehr lange gedauert, und ich kam zu euch. Und ich war noch sehr jung, als ich Sklave wurde." Mittlerweile konnte er sich kaum noch daran erinnern, jemals etwas Anderes gemacht zu haben.

  • Ein Bauwerk das noch größer war, als alle, die die Römer hatten? Maximian hielt im Kauen inne und überlegte, ob so eine Pyramide auch größer als das Collosseum von Rom sein konnte. Allein das war ja schon riesenhaft und ihm schleierhaft, wie es hatte von Menschenhand erbaut werden können. Er schüttelte überwältigt den Kopf und dachte einen Moment an Mattiacus, der ihm damals in Tarraco in die Architektur eingeführt hatte, als es daran ging nach einem Winter das Dach der Casa auszubessern. Ob er die Pyramiden schon gesehen hatte? Wo der überhaupt stecken mochte?


    Sein Sklave Phiobs war also nicht als Sklave geboren worden. Hm. Auch wenn die Shicksäler eigentlich immer die selben waren, interessierte es Maximian, wie der Mann aus dem fernen Ägypten zu dem geworden war, was ihn hierher gebracht hatte.
    "Und wie war das?" fragte er deshalb nach und deutete dann auf einen Korbsessel. "Du darfst dich auch setzen, wenn du magst, oder ich bekomme noch einen steifen Nacken."


    Er grinste, was er häufig tat, damit sein Gegenüber sich entspannte und ein wenig geselliger wurde.

  • Von der Küche kommend schwankte Valeria schließlich mit Maximians Hilfe in dessen Zimmer. Aus einer großen Erkundung wurde vorerst nichts, denn kaum hatte sie in dem dunkeln Raum einen Sessel ausgemacht, steuerte sie schon darauf zu und ließ sich mit einem hörbar erleichterten Seufzen hineinsinken. Sie verfolte Maximian mit den Augen und spürte plötzlich wieder den Durst, den sie in schon die Küche getrieben hatte. Entschuldigend sah sie Maximian an, während sie fröstelnd den dünnen Morgenmantel fester um ihren ausgemergelten Körper zog.
    "Könntest du mir etwas zu trinken geben, bitte?"


    Ihre leise Stimme durchbrauch die samtene Stille im Raum und vertrieb die Schatten. So zumindest fühlte es sich für Valeria an. Sie zog die Beine nun zur Brust und wärmte sich die dreckigen Füße (sie würde wirklich mal mit Meridius bezüglich der Sklaven reden müssen, die unordentlicher als unordentlich putzten) mit den Händen. Stumm beobachtete sie Maximians Tun.

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