| Lukios
Das Leben von Lukios war die Hölle. Sein Herr hatte ihm weggeschickt, doch das in einer grauenvollen Situation: Während vorn die Prätorianer ins Haus gestürmt waren, war er durch die Gänge der Villa gerannt, hatte Geld und Wertsachen zusammengerafft und war schließlich über die Mauer einer der Höfe auf die Straße geklettert. Doch damit war die Gefahr nicht vorüber - er hatte sich in einer Taberna eingemietet, hatte das mitgenommene Geld und den Brief seines Herrn in seine Stiefel und den Mantel eingenäht und sich nicht aus dem Haus gewagt, bis die Ausgangssperre aufgehoben wurde. Zwar war er einer der engsten Vertrauten von Durus gewesen und wünschte nichts sehnlicher, als seinen Wünschen nachzukommen, doch hatte die Angst ihn doch davon abgehalten, auf illegalem Weg aus der Stadt zu kommen. Schon die Gäste der Taberna hatten ihn immer wieder zusammenzucken lassen, wenn sie ihn länger ansahen - sicherlich suchte man ihn!
Dann endlich war er doch aus der Stadt gekommen - an einem regnerischen Morgen hatte er sich gemeinsam mit den letzten Lieferanten durch die Porta Capena gedrängt und war zu Fuß bis zur ersten Mansio, dann auf dem Wagen eines Händlers die Via Appia hinunter mitgefahren. Auch hier hatte er sich eher zugeknöpft gegeben - und bei jedem Beneficarius zu allen Göttern gebetet, dass man ihn nicht erkannte. Aber glücklicherweise verbreiteten sich Bilder nicht sehr schnell und man konnte kaum prüfen, ob er nicht - wie er behauptete - Caius Mollis hieß, Buchhändler war und sich auf dem Weg nach Neapolis befand, um dort ein paar griechische Gedichte für seinen Laden in Rom zu kaufen. So war er schließlich doch nach Misenum gekommen, das ebenfalls völlig aus dem Häuschen war, obwohl der Kaiser inzwischen schon etwas länger tot war. Glücklicherweise war die Villa Tiberia allerdings etwas außerhalb, sodass er unbemerkt hierher gelangen konnte. Allerdings kam er zu spät - die Herrschaft war nicht mehr hier, offenbar hatte der junge Tiberius, der jetzt Pater Familias war, das Weite gesucht. Blieb die Frage: Wohin? Diejenigen Sklaven, die er unauffällig abpassen konnte, wussten nur, dass sie weg waren...