Convivium | Manius Tiberius Durus

  • Durus war versucht, seinen Kopf auf dem aufgestützten Arm abzulegen, ließ es jedoch in Anbetracht der fettigen Finger. Trotzdem hörte er aufmerksam zu und wendete die Meinung kurz im Kopf.


    "Ich weiß nicht, ich war noch nie dort! Furianus, die warst doch vor kurzem sogar für ein ganzes Jahr in dieser Provinz! Wie konnte es dazu kommen?"

  • Fast hätte ihn etwas geritten Durus zu korrigieren und ihm zu sagen, dass es zwei Jahre waren, doch das würde nicht zu seinem Vorteil gereichen, schließlich konnte man ihm noch etwwas unterstellen. Skeptisch schüttelte er leicht den Kopf.


    "Ich weiß es nicht."


    Sagte er kurz und blickte dann in die Runde.


    "Ich habe nur kaisertreue Menschen getroffen. Die Provinz ist ruhig, friedlich, wie die Menschen dort. Es sind einfache Landbesitzer, Veteranen und die übliche Anzahl Peregrini - wie in den übrigen Provinzen, nichts besonderes.
    Ich habe sogar auf eigene Kosten eine Statue des Kaisers auf einer großen Straßenkreuzung errichten lassen, die Menschen waren höchst erfreut und auch die Honoratoren Hispanias begrüßten dies sehr.
    Es ist mir ein Rätsel, denn während meines Aufenthaltes konnte ich keinen Funken Unmut entdecken, keine kaiserfreindlichen Äußerungen oder eine ähnliche Einstellung. Sogar den Menschen hätte ich es niemals zugetraut, denn sie sind ruhig und besonnen - es sind keine Rebellen."

  • Sim-Off:

    upsie :D


    "Hm, seltsam. Vielleicht ist es in Corduba anders. Du warst doch hauptsächlich in Tarraco, nicht wahr? Kennst du eigentlich diesen Pompeius, der das ganze anführt?"


    erwiderte er. Die Geschichte mit der Kaiserstatue erinnerte ihn daran, dass er sich auch spendabler zeigen sollte...wenn er wieder einmal zu einem gesicherten Einkommen kommen würde...

  • Mit größter Sorgfalt entrollte Gracchus das Ziegenfleisch aus dem fein geschnittenen Schinken. Sodann rollte er den Schinken erneut und tunkte ihn in den Kohl, Zicklein und Huhn dagegen aß er bar jeder Beilage, während er das Mienenspiel seines Vetters betrachtete, welches sich als äußerst appetitanregend präsentierte.
    "Wenn sie keine Rebellen sind, so scheint es mir ein äußerst einfältiger Volksstamm zu sein, da sie sich wieder und wieder von solch durchtriebenen Gestalten aufwiegeln lassen. War jener Pompeius nicht vor einiger Zeit Quaestor des römischen Volkes?"

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  • Auf Durus´Frage wollte er nur ungern antworten, doch er musste.


    "Ja, ich kenne ihn und es ist mir bis heute ein Rätsel wie er so handeln konnte. Er erschien mir stets als aufgeweckter Mann, der seiner Familie Ehre bereiten wollte. Dass er so gegen den Kaiser handelt ist höchst erschreckend. Zwar kenne ich seine Beweggründe nicht, doch sie müssen gravierend sein - ich würde sie gerne in Erfahrung bringen."

  • Er hätte fast etwas über plebejische Gentes und ihre politische Zuverlässigkeit gesagt, nickte jedoch dann nur und ging dann weiter


    "Ist er nicht ein Aufsteiger? Ein Freigelassener?"


    fragte er nun. Freigelassene waren doch immer unzuverlässig. Sie setzten auf den, der ihnen am meisten bot. Die wussten ja nicht, was Anstand bedeutete!

  • Beinahe verschluckte sich Gracchus an einem Stück Huhn, doch er konnte rechtzeitig mit etwas Wein nachspülen, um ein Malheur zu vermeiden. Sorgfältig tupfte er sich mit der Serviette die Lippen ab.
    "Ein Freigelassener im Cursus Honorum? Bei Iuppiters Stein, ich hoffe doch sehr, dass dies nicht den Tatsachen entspricht. Es ist deplorabel genug, dass selbst einstige Peregrini nicht mehr von der politischen Laufbahn abzuhalten sind, doch Sklaven diesen Weg zu ebnen ist ungeheuerlich und die blanke Verhöhnung jeglicher Taten unserer Vorfahren."
    In einer harrschen Bewegung warf er die Serviette zurück auf den Tisch.
    "Es war immer ein Fehler zu glauben, Sklaven könnten freie Männer werden, nur weil sie nicht mehr der Hand ihres Herren unterstehen. Doch es fehlt ihnen an der dafür nötigen Moral und an Charakter, vor allem denen, die schon als Sklaven geboren wurden. Selbst wenn sie in das öffentliche Leben streben, sie sind politisch eingeschränkt, gesellschaftlich zurückgeblieben und durch den guten Geschmack auf immer daran gehindert, in eine angesehene Familie einzuheiraten. Ein Freigelassener mag ein Bürger werden, doch er kann nie wirklich ein Mensch werden. Jeder Mann, der dies nicht sieht und seinen Sklaven frei lässt, ist ein Narr, und ein Verschwender dazu."

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  • Furianus konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Seinen Vetter so aus der Fassung zu erleben war ein zu seltenes Schauspiel. Und auch wenn er die letzten Worte als Beleidigung auffassen konnte, wandte er sich freundlich an den Verwandten.


    "Und wenn die Kosten den Nutzen in den Schatten stellen? Wäre es da nicht vernünftig einige Sklaven aus den Diensten zu entlassen?"


    Auch wenn Strabo kein Freigelassener war, so war das Gesprächsthema durchaus interessant.

  • "Oh nein."
    Langsam schüttelte Gracchus seinen Kopf und zog die Verneinung in die Länge. Er mäßigte seinen Tonfall, auch wenn das Thema durchaus dazu geschaffen war, ihn aus der Fassung bringen.
    "Ein Sklave kann niemals mehr kosten, als dass er nutzt."
    Er wandte sich mit ernster Miene an Furianus, nun ganz in seinem Element.
    "Denn wenn dies der Fall ist, mein lieber Vetter, so liegt der Fehler nicht bei der Sache, sondern ganz klar bei demjenigen, welcher sie verwaltet. Kennt dein Nomenclator nicht die Namen derjenigen, welche dich besuchen, so stelle ihn an die Tür. Öffnet dein Ianitor nicht deinen Besuchern die Türe, so pack ihn in die Küche. Serviert dein Koch kein angemessenes Mahl, dann steck ihn in den Stall. Pflegt der Stalljunge nicht die Pferde, dann verkaufe ihn auf eine Galeere. Hast du eine Galeere und deine Sklaven rudern nicht, dann vermache sie einem Aedil, welcher bald Spiele ausrichtet, auf dass der Pöbel seinen Spaß am Schauspiel der blutrünstigen Löwen nehmen kann. Du siehst also, ein Wert ist aus einem Sklaven immer herauszuschlagen, selbst wenn es womöglich kein Gewinn sein wird. Doch das Problem jener Sklaven, welche du ansprichst, löst sich in keinem Fall durch die Freilassung, es verschiebt sich hingegen nur. Denn dieses Pack wird dich auch als Freier noch kosten, und nicht nur dich als Patron, sondern gleichsam den Staat, und damit nicht einmal Wert bringen, sondern einzig Verlust. Nein, die einzige Verwendung für jene, die nicht wissen, wo die Götter sie in die Welt gestellt haben und damit zufrieden sind, ist jener Platz im Circus."

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  • Furianus hörte sich Gracchus´Argumente an und stellte fest, dass er dem Vetter ein gewaltiges Stück an Weitsicht fehlte. Mit einem Nicken kommentierte er den letzten Satz des Verwandten und nahm einen Schluck, nach jenem er nun erwiderte.


    "Ich stimme dir bis zu dem Punkt vor der Vermachung an den Aedil völlig zu, Vetter. Doch ich blicke ein wenig weiter.
    Was ist, wenn dieser Sklave andere Talente hat, die ich nur durch Zufall entdecken könnte oder wahrscheinlich gar nicht. Damit meine ich Talente, die ein Sklave niemals benötigen würde.
    Nehmen wir nunmal an, dass ein Sklave, der für mich keinerlei Nutzen hat, sich mit dem Handel versteht. Würde er sein Talent unter mir offenbaren? Nein. Dieses Talent nützt der Freiheit, nicht der Sklaverei.
    Durch meine Güte als Herr schenke ich einem Menschen das Leben und bewahre ihn vor dem Tod."


    Furianus wollte nicht sagen, dass er in jenem Moment einem Gott gleichen würde, der einem Wesen das Leben schenkt, so, wie es den Römern geschenkt wird.


    "Bedenke, dass Güte und Barmherzigkeit die Tugenden der Könige sind, Schrecken und Tod verbreitet das Tier."


    Eine kurze Pause musste er einlegen, denn scheinbar war sein Becher leer, als er zu einem weiteren Schluck ansetzen wollte. Doch dies ließ er sich nicht anmerken und tat als würde er trinken. Danach richtete er wieder das Wort an Gracchus.


    "Und nun zurück zu unserem Sklaven. Dieser, mit dem Talent des Handelns ausgestattet, macht sein Glück und wird ein zweiter Narcissus, welcher ,nebenbei gesagt, der reichste Mann unserer Geschichte war und ebenfalls ein Freigelassener. Nun ist dieser Mann, reich wie er ist, dein Klient und verdankt dir sein Leben, verdankt dir alles.
    Und nun wähle, Vetter, wärst du der König mit einem treuen Klienten beschenkt oder das Tier dieses Glückes beraubt?"


    Sein Rhetoriklehrer hatte damals viel Zeit damit verbracht ihm solch einen Abschluss beizubringen. Und Furianus hätte ihn nun gerne anstatt des Vetters vor sich gehabt, der alte Pallokos wäre hin und weg.

  • "Ich fürchte, dieses Argument kann ich dir nicht gelten lassen, Furianus. Jener Sklave, der weiß, wo sein Platz ist, der wird dir seine Talente offenbaren, denn es nützt ihm mehr, als dass es dir nützt. Seien wir doch ehrlich, es gibt Sklaven in dieser Stadt, die haben mehr Macht als ein Freigelassener je bekommen kann. Sie dienen als Werkzeuge von Männern, die größer sind als sie selbst, damit diese Männer ihre größeren Ziele verwirklichen können. Diese Sklaven sind die menschlichen Mittel, die uns von demselben göttlichen Willen gegeben wurden, der große Männer inspiriert und ein Reich wie das unsrige groß macht. Es wäre unklug, sich nicht einzugestehen, dass sich jene Sklaven sehr wohl ihrer Macht bewusst sind. Ich sage auch nicht, man solle diese Sklaven für ein Versagen hart bestrafen. Ich war nie ein Verfechter dieser eisernen Linie, welche dein Vater pflegt. Doch als Herr muss man sich manches mal überlegen, wie weit man Unfähigkeit dulden kann."
    In Gracchus' Fall sah dies so aus, dass er seinem Leibsklaven die Entscheidung überließ und mit Lohn und Strafe nichts zu tun hatte. Es war besser, nicht allzu detailliert über die Vorgänge in der Villa Flavia Bescheid zu wissen, dies war bereits in seiner Kindheit so gewesen.
    "Doch dieser Sklave, von welchem du sprichst, verweigert dir seinen Dienst wissentlich, um sich die Freiheit zu erpressen. Ich bitte dich, Furianus, willst du so etwas gut heißen? Die Erpressung eines Patriziers durch einen Sklaven?"
    Gracchus schüttelte wieder leicht seinen Kopf. Solcherlei war für ihn undenkbar, auch wenn es durchaus geschehen mochte.
    "Nein, lieber bin ich kein falscher König, stütze mich auf Klienten, welche mein Vertrauen verdienen, als auf solche, welche in ihrer Gier meine Entscheidungen erpressen. Denn nicht einmal einen klugen Kopf hätte ich dadurch gewonnen. Reichtum, Vetter, das ist alles, wonach sie streben. Doch das ist nicht, wonach wir streben ..."
    Er legte den Kopf schief, selbst ein wenig irritiert.
    "... sollten."

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  • Durus schwieg vorerst zur Diskussion der Flavier. Er hatte noch nie länger über die Frage, ob es sinnvoll war, einen Sklaven freizulassen, nachgedacht. Doch die Argumente, die hier ausgetauscht wurden, waren durchaus interessant.
    Noch wusste er nicht recht, wen der beiden er unterstützen sollte. Beide hatten offensichtlich schon viel über das Thema nachgedacht, wenn man ihnen so zuhörte.
    Er nahm sich einen Happen Zicklein und sah dann zu Furianus, was dieser wohl dazu sagen würde. Oder würden sich am Ende gar die anderen Anwesenden einbringen?

  • Furianus nahm die Argumente des Vetters mit einem Nicken zur Kenntnis und erwiderte sogleich eine Hand auf der Wange ruhend.


    "Ich glaube nicht, dass einem Sklaven diese Macht viel nützt, wenn er zur gleichen Zeit damit rechnen kann ausgepeitscht oder durch die Laune des Herren all seiner Macht beraubt zu werden. Was für eine Macht ist das? Ein Vilicus, der aufgrund seines Talentes Sklaven zu führen und genügsam zu machen, eben in jene Position aufgestiegen ist, ist klug genug zu bemerken, dass diese Macht wertloser nicht sein kann. Durch einen einzigen Fehler kann ihm diese Macht genommen werden und er weiß, dass er stets der Hand des Herrn ausgesetzt ist, solange er zu dessen Besitz zählt. Würde ein Sklave wahrlich nach der Gunst des Herren lechzen, denn nach der Freiheit?
    Betrachte ein Tier in Gefangenschaft. Erfreut es seinen Herren, um in dessen Gunst zu stehen oder versucht es mit aller Gewalt Freiheit zu erlangen, die fütternde Hand beisst, die das Tier gut nähern könnte, wenn dieses sich nur ein wenig zuvorkommend zeigt?
    Das höchste Bestrebnis eines Sklaven wird die Freiheit sein, nicht die wertlose Macht unter der Laune eines Herrschers. Wenn er die Freiheit erstmal erlangt hat, wird dieser sich wahre Macht zu eigen machen können, nicht die Scheinvorstellung.
    Vorausgesetzt natürlich, dass so ein Sklave auch wahrlich die Gabe besitzt so zu denken - Dummer gibt es an der Zahl sehr viele, wie man an unseren Haushalten sehen kann."


    Dann gab er sich selber ein wenig Bedenkzeit und genoss eine kleine Olive, bevor er weitersprach.


    "Dass du von Erpressung solcher Sklaven sprichst ist nicht zu verleugnen, doch das auch nur, wenn der Herr dies zulässt. Es gibt schlechte Herren, die sich nachsagen lassen jeden Sklaven, der untauglich für jedwede Arbeit oder von großem Nutzen ist, früher oder später freizulassen. In solch einer Situation wird ein Sklave von solchem Schlag schon wissen, dass er sich untauglich anstellen muss, denn dies ist leicher als von großem Nutzen zu sein und garantiert logischerweise die schnellere Freilassung aufgrund der Kosten für des Sklaven Unterhalt. Ein Herr, von dem solch Gerüchte nicht kursieren, wird niemals hintergangen oder erpresst, weiß der Sklave ja nicht was ihm bei Untauglichkeit widerfährt - ob er bei den Tieren im Circus endet oder doch die Freiheit erlangt. Solch ein Herr kann sich der Wahrheit seines Sklaven versichert wissen.


    Aber davon abgesehen, was ich zum Ausdruck bringen wollte sind nicht die Talente, um die der Sklave weiß und jene durch Willkür verschweigt, es sind die, die erst gefördert werden müssen. Talente, die besondere Erfahrung oder einfach nur das Schicksal erfordern, um sich bermerkbar zu machen - Talente, derer sich der Sklave selbst nicht bewusst ist. Soll ich sie verkommen lassen, indem ich ihn den Löwen zum Frass vorwerfe?
    Welch eine Verschwendung!
    Die Freiheit, das höchste zu erstrebende Gut eines Sklaven, wird diesen beflügeln, wie es bei uns die Liebe zum Vaterland ist. Wir besitzen sie schon, wir streben nach anderen Dingen - der Sklave strebt nach uns. Frei will er sein, vermögend und selbst Besitzer von Sklaven. Darf man das Schicksal im Keime ersticken, nur weil man davon überzeugt ist er wird die Freiheit nicht zu schätzen wissen und kümmerlich verenden?
    Soll er doch verenden, wenn er der Freiheit nicht würdig ist. Ich schmücke mich nicht mit Sklaven solcher Natur.
    Er soll mein Klient sein, wenn er sich ihr als würdig erweist und mir keine Schande bereitet. Tut er es doch, so erlaube ich es mir ihm jede Unterstützung zu entsagen und aus meiner Klientel auszuschließen. Wir haben beileibe nicht das Klientel, wie es unsere Ahnen hatten, wir haben mehr Freiheiten für unsere Launen und Entscheidungen.
    Mit Vorsicht ausgedrückt, ist es schon in einem gewissen Grad mit der Sklaverei zu vergleichen - es ist Mode."


    Furianus musste unweigerlich lächeln.


    "Sklaverei ist in Mode - o tempores."

  • Konzentriert folgte Gracchus der Ausführung seines Vetters und begann dabei unbewusst, seine Unterlippe zu kneten. Die Speisen hatten nun jeglichen Reiz für ihn verloren, ebenso wie die Erscheinung seines Gegenübers.
    "Ein Herr der seine Sklaven aus einer Laune heraus behandelt, der wird auch niemals ihren eigentlichen Wert erkennen und sie ebenso wenig mit Bedacht frei lassen. Über jene Haushalte können wir kaum ernstlich sprechen. Mag sein, einige Peitschenhiebe aus Verdruss, eine Nacht im Carcer aus Unmut, doch gravierende Entscheidungen sollten auch in Hinsicht auf Sklaven nicht aus dem Bauch heraus getroffen werden, dies verbieten allein die Tugenden."
    Er hob in ermahnender Weise seinen Finger.
    "Womöglich müssen wir ohnehin differenzieren. Ein Römer wie du, ein Patrizier, welchem die Dignitas im Blute steckt, der wird seinen Sklaven kaum aufgrund eines einzigen Fehlers seiner Macht berauben. Immerhin kennen wir doch selbst den Wert der Sklaven am besten und nehmen wir als Beispiel ..."
    Mit einer unbestimmten Handbewegung versuchte Gracchus seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen und fahndete nach dem Namen des Leibsklaven seines Vetters. Doch weder jener noch überhaupt ein Gesicht dazu wollten ihm einfallen.
    "... nehmen wir den Vilicus deines Vaters. Ein fähiger Mann, ohne Zweifel, andernfalls wäre er kaum Vilicus. Felix kennt seinen Wert sicherlich und er müsste schon jemanden umbringen, um in seiner Gunst zu fallen, denkst du nicht?"
    Auf welch dünnem Argumentationsboden sich Gracchus im Falle des Vilicus der Flavia bewegte, ahnte er nicht. Doch da dies kaum einer der Anwesenden bemerken würde, tat dies nichts zur Sache.
    "Nun, diesem Mann die Freiheit zu schenken wäre völlig überflüssig, denn er bringt als Sklave eben jenen Nutzen, welchen er als Feier auch erbringen würde, und falls er sich doch eines Tages einen gewaltigen Fehltritt erlaubt, so verschwindet er in irgend einem Bergwerk. Ich kann dir auch nicht zustimmen, was ihr Streben nach Freiheit betrifft, ich kann nicht glauben, dass dies zutrifft. Der gemeine Sklave, der auf den Feldern oder in Betrieben arbeitet, lebt von einem Tag auf den anderen und ist sich kaum mehr bewusst als seiner umittelbaren Bedürfnisse und der Notwendigkeit, die Wünsche seines Herrn zu erfüllen. Zufriedenheit oder doch wenigstens Resignation ist der natürliche Zustand des Sklavenstandes. Haussklaven oder auch jene im öffentlichen Dienst sind sich ihrer mehr bewusst, wie bereits erwähnt, sie kennen ihren Wert oft genau, doch ebenso kennen sie ihren durch die Götter erwirkten Platz. Ihr höchstes Schicksal ist keine Freiheit, sondern perfektes Werkzeug ihres Herrn zu sein. Wenn diese Männer nach Freiheit streben ist dies ebenso unnatürlich, wie wenn sie sich auflehnen, sonst würde dies doch ständig geschehen und die Sklaverei könnte nicht existieren, was bedeutet, unsere Zivilisation könnte nicht existieren. Jegliches anderweitiges Verhalten ist eine Verirrung, eine Perversion, ein Riss im von den Schicksalsgottheiten gewebten Band des Kosmos. Selbst wenn wir bei deinem Vergleich mit den Tieren in Gefangenschaft bleiben, es gibt weit weniger Löwen in Rom, als anderes Getier. Was ist mit all den Ochsen, Pferden, Hunden und Katzen, bar jeglicher Bestrebung ihre Käfige zu verlassen oder ihren Herren in die Futterhand zu beißen?"
    Gracchus schüttelte leicht den Kopf. Die Argumente seines Vetters konnten ihn nicht gänzlich überzeugen, obwohl er seinen Worten durchaus aufgeschlossen gegenüber trat.
    "Darauf zu hoffen, das nach der Freilassung verborgene Talente in einem einstigen Sklaven heranreifen, dies scheint mir wie ein Glücksspiel. Von Fünfzig welche du als Klienten durchschleifen musst, wird einer möglicherweise einen Gewinn abwerfen, oder auch nicht. Nein, ich denke nicht, dass dies etwas für mich wäre. Entweder sind sie ihre Kost im Haushalt wert, oder sie bringen letztlich wenigstens einige Sesterzen durch den Verkauf."

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  • Konzentriet hörte er Gracchus zu und befand, dass es wirklich einem Glücksspiel nahe kam, er jedoch so etwas billigend in Kauf nehmen würde, als einen Sklaven einfach so dem Tode zu schenken.


    "Wir müssen wahrlich stark differenzieren. Sklaven wie Sica finden auch nach ihrer Tätigkeit, nach einem selbstverursachten Fehler, eine Verwendung. Aber Sklaven von gebrechlicher Statur, Sklaven, denen ich keinerlei Nutzen zuschreiben kann, werde ich nicht dem sicheren Tode übergeben - verschenken schon gar nicht.
    Soll ihn das Leben und die Götter richten, ich werde mir nicht anmaßen der Richter über Leben und Tod zu sein. Die Absichten oder auch Launen der Götter sind unergründlich. Falls sie an einem Überleben des Sklaven Gefallen finden, so werden sie ihm dies auf den Straßen Roms zusichern, wenn nicht, so werden sie ihn zugrunde richten. Diese Aufgabe gebührt ihnen.


    Was die Tiere unterscheidet, die du aufgezählt hast, ist, dass die einen gezähmt sind und viele niemals die Freiheit verspürten. Das wilde Tier wird sicherlich stets nach ihr streben. Denke an Spartakus, einem Tier, welches selbst die gezähmten Hunde und Katzen mit dem Funken seiner lechzenden Augen anstecken konnte. Man kann ihren Freiheitsdrang unterdrücken, doch er wird bei ihnen stets vorhanden sein. Möge es uns nur gelingen einem weiteren Ventil wie Spartacus zeitig die Ausübung seiner Funktion zu verwehren."

  • Gracchus lachte leicht auf, schüttelte den Kopf und hob sich ergebend die Hände. Wieder konnte er seinem Vetter nicht zustimmen, denn über einen Sklaven zu Richten erachtete er nicht als gleichwertig zu dem Richten der Götter über einen Menschen, es glich eher der Entscheidung, ob man sich von einem minderwertigen Gegenstand trennen wollte oder nicht. Ebenso wie er sich nicht über das Schicksal einer beschädigten Öllampe Gedanken machen würde, würde er sich kaum um das Schicksal eines unbrauchbaren Sklaven kümmern. Doch sie würden kaum den anderen von ihrem Standpunkt überzeugen können.
    "Du wirst mich schwer überzeugen können, Furianus, doch ich respektiere deine Ansichten. Ist es nicht ohnehin so, dass über die Haltung von Sklaven mindestens ebenso viele unterschiedliche Meinungen herrschen, wie über die Ursachen des Spartacusaufstandes? Dennoch halte ich es für sehr gefährlich, Freigelassenen den Weg in die Politik zu gestatten, um zum eigentlichen Thema zurück zu finden. Denn ihre Motive sind zu unberechenbar."

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  • "Wenn mich meine Informationen nicht täuschen, so ist jener Strabo kein Freigelassener, sondern ein Peregrinus."


    Kuru bedachte er nochmal diese Person und sein Wissen über Strabo, bevor er fortfuhr.


    "Aber unter den von dir angesprochenen Umständen, Vetter, teile ich deine Meinung. Die Politik Roms sollte von wahren Römern gestaltet werden, denn alles andere entbehrt jeglicher Tradition und Verantwortung gegenüber dem Vaterland."


    Wie schmerzlich Furianus doch den brillanten Cicero beweinte, als er von dessen Schicksal las. Ein wahrhaftiger Optimat, wenn auch Plebejer, nur war Rom zur falschen Zeit mit diesem Mann beschenkt worden. Die Götter trieben so manches Mal ein grausames Spiel.

  • Nach so viel Reden glaubte Durus den richtigen Zeitpunkt für den Nachtisch kommen zu sehen, zumal sowieso niemand mehr aß. Außerdem würde der folgende Gang möglicherweise die heftig debattierenden Gemüter abkühlen. Nicht, dass er das Gefühl hatte, dass sie sich persönlich duellierten, aber es war klar, dass keiner gern verlor.


    "Ich denke auch, dass sich auch Peregrini vom Staatsdienst fernhalten sollten - zumindest was Roma betrifft. Sie sollen sich um ihre eigenen Städte kümmern."


    schaltete er sich deshalb ein.


    "Aber wenn ich die Debatte kurz unterbrechen dürfte: Ich habe noch eine kleine Nachspeise vorbereitet."


    Genaugenommen vorbereiten lassen. Wieder klatschte er und wieder eilten Sklaven mit Wasser, Handtüchern und nicht in Händen herbei, um für Sauberkeit bei den Gästen und auf den Tischen zu sorgen. Endlich erschien der letzte Gang - kunstvoll war verschiedenartigstes Obst auf den Silberplatten drapiert worden.


    Sim-Off:

    WiSim


    Das bedeutete jedoch noch lange nicht das Ende des Conviviums - noch stand sehr viel Wein in den Kellern der Villa bereit, um eine lockere Atmosphäre für weitere Gespräche zu bieten.

  • Sim-Off:

    So, ich beende das Leid mal! ;)
    Ne Spaß, war ein interessantes Convivium, muss man wiederholen!


    Nachdem die Nachspeise abgetragen worden war, widmeten sich die anwesenden Herren noch der Konversation. Bis nach Einbruch der Dunkelheit dauerten die Unterredungen, aber auch der Weinkonsum, der sich an das Essen anschloss.
    Letztendlich verließen alle glücklich und zufrieden die Villa - zumindest hatte Durus diesen Eindruck...

  • Der Abend hatte sich für Gracchus als äußerst erquickend herausgestellt, nicht nur in kulinarischer Hinsicht, sondern auch hinsichtlich der äußerst tiefsinnigen Diskussionen. Anregend auch in anderem Aspekt, doch jenes Prickeln hatte sich im Laufe des Mahls ein wenig gelegt, was nicht unangenehm war, da es doch der durchdachten Artikulation meist entgegen stand. Erst kurz bevor die Sänften der Besucher sich erhoben, um jene zu ihren Villen zu bringen, durchfuhr Gracchus noch einmal das wohlige Schaudern, als sein Blick dem scheidenden Consul galt. In der Villa Flavia würde Gracchus' Sklave in dieser Nacht trotz der fortgeschrittenen Stunde seiner Pflicht nachkommen müssen, dies war sicher. Von einigen kräftigen Männern mit Schlagstöcken, und sicherlich im Verbrogenen auch mit Messern, begleitet, setzten sich die beiden flavischen Sänften in Bewegung und brachten ihre Herren sicher nach Hause.

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