"Dann sind sie mir zuvorgekommen. So ein Pech." Sie lächelte kurz wehmütig und dachte an das flasuchige Fellbündel mit den treuen Augen. Natürlich liebten die Kinder ihn. Was sonst konnte man Marcus entgegenbringen außer Liebe? Er war nun mal ein verdammt süßer kleiner Welpe. Sie grinste Verus an und war erstaunt, als er sein Schwert zog. Was zum ... !? Dachte sie erschrocken und trat einen Schritt zurück. Mehr aus Reflex, denn aus wirklicher Angst, er könne ihr was tun. Gewalt und die Darstellung eben dieser war alltäglich in der römischen Gesellschaft und Narcissa keineswegs unbekannt, dennoch war es eher ungewöhnlich in seinem eigenen Cubiculum die Waffen zu zücken. Noch dazu, wenn Weibsvolk anwesend war. Das Lächeln war aus ihren Augen verschwunden. "Nein." sagte sie schlicht und machte auch keine Anstalten danach zu greifen. Ihr Blick rutschte zur Klinge und sie besah sich, gefasster noch als vorher, das Intrument von Tod und Verderben. Irgendwie hatte sie von Verus nie als Soldaten gedacht, als Kämpfer.
Decimus Verus
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- Officium
- Titus Decimus Verus
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Sie zierte sich noch? "Nimm es ruhig," sagte Verus und winkte auffordert mit dem Stück Metall. "Es ist nicht gefährlich," scherzte er. "Du kannst es ruhig halten. Es ist hat bisher keine Römer verletzt. Es verteidigte nur die res publica. Du siehst, es ist keine Bedrohung für dich."
Verus war immer ein Krieger für das Gerechte gewesen und dieses Schwert vor das Symbol dieses Kampfes. Seine wunderbar traurigen Hundeaugen wollten so garnicht zur funkelnden Waffe passen, somit entstand ein scharfer aber schöner Kontrast zwischen der Waffe und Verus. Sein Blick richtete sich direkt in ihre Augen. Sie war so wunderschön, ganz im Gegensatz zur abgenutzten Waffe, die Verus ihr reichen wollte. Doch sie hatt es verdient, einmal eine Waffe zu halten und dieses Gefühl der Macht über Leben und Tod kennenzulernen. Wieder wackelte Verus mit dem Gladius. "Hast du etwa Angst, Iunia?" Mit einem Grinsen legte er seine Zunge auf die Lippen und wirkte leicht bübisch. Eine gewisse Jugendlichkeit machte sich bei ihm bemerkbar.
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"Ich habe niemals Angst."
Ihre Stimme klang hart, härter vielleicht als sie gewollt hatte, als sie einen Schritt vortrat und den Griff der Waffe fest umschloß. Dann ließ Verus die Waffe los und Narcissa spürte die Schwere des Stahls, was sie überraschte. Es sah immer so einfach und leicht aus, wenn die Männer in der Arena damit herumfuchtelten. Sie sah in seine blitzenden Augen und grinste kurz, was ihrer vorherigen Antwort die Brisanz nahm. Ihre Finger schloßen und öffneten sich etwas um den Griff, der anschmiegsam war und durch Verus schon angewärmt. Sie blickte auf die Klinge herunter und ging auf Verus zu. Nachdenklich sah sie ihn wieder an. Warum nur schien er so ausgelassen?
"Hast du damit schon getötet?" -
Narcissa war eine starke Frau, das hatte sie gerade mit ihrer Aussage unterstrichen. Verus nickte zufrieden mit einem süffisanten Lächeln als Narcissa das Schwert in ihre Hände nahm, er ließ los.
Als sie danach fragte, ob er damit schon getötet habe, kehrte einige Gedanken an den Krieg zurück, doch dieses mal übermannten sie ihn nicht. Er blieb standhaft. Verus verschränkte die Arme hinter seinem Rücken. Er spürte einige Ringe des Kettenhemdes zwischen seinen Fingern. Sein Blick wanderte zur Decke.
"Ja," antwortete er knapp und begann dann ausführlicher zu werden. "Ich habe damit Feinde der öffentlichen Ordnung gerichtet. Ich habe damit Vierzehn Piraten getötet und mehrere Feinde verwundet, die wahrscheinlich an den Stichen verbluteten. Das ist die Waffe, die Gerechtigkeit und Tod brachte." Sein Blick wanderte wieder zur Iunierin. Er lächelte und seine warmen Lippen leuchteten rot. "Es ist eine Waffe, geschmiedet, um zu töten. Sie hat das getan, wozu sie bestimmt war. Leider kann man der Waffe keine Schuld daran geben, ich habe die Verantwortung gehabt und ich habe dieses Metall geführt. Einen Menschen zu töten, auch wenn er dein Feind ist, ist schwer. Der erste Stich ist nicht der Leichteste, doch dann tritt eine gewisse Form der Gleichgültigkeit ein und du tötest leichter. Ich habe nie gedacht, dass ich einst sagen könnte, zu töten ist einfach aber es ist nach dem ersten Mal, einfach. Leider sehe ich das im Nachhinein als traurig an, dass ich mich selbst dem Blutrausch hingab und tötete ohne zu denken. Diese Waffe trifft keine Schuld, du brauchst sie nicht zu fürchten."
Er trat hinter sie und umschloss ihren Körper mit seinen Armen. Sanft umgriff er ihre Hände, die die Waffe hielten. "Ich werde dir einige Bewegungen zeigen." War das nun zu viel Nähe? Verus sah in ihr momentan einen Soldaten, dem er die Waffenführung erklären musste.
Langsam hob er ihre Arme an und führte mit ihr einige kreisende Schwertbewegungen aus. Es war nicht aufdringlich. Verus presste sich ja nicht an sie. -
Einfach. Ja, das hatte sie gesehen. Wie einfach es war Leben auszulöschen. Wie belanglos es geschehen konnte. Wie beiläufig. Sie seufzte kurz und verbannten den Schatten eines großen, weißen Hundes aus ihren Gedanken um Verus voll und ganz zuhören zu können. So gefasst er auch wirkte, im Grunde verspürte auch er eine Art Schuld. Sonst würde er wohl auch nicht betonen, dass das Schwert keine Schuld trug. Es war ein Gegenstand. Ein kaltes, lebloses Teil, das erst Bedeutung erfuhr durch die Hand die es führte. Und in diesem Moment war es ihre eigene, zarte Hand, so ganz verschieden von seiner. Sie sah hinunter und versuchte sich an den Anblick zu gewöhnen. Ein Gladius hatte in Frauenhänden nichts verloren. Gar nichts. Es fühlte sich aber nicht falsch an, weder richtig noch falsch. Ungewohnt. Ungewöhnlich. Berauschend. Allein die Vorstellung, dass Menschen an diese Klinge ihr Blut, ihre Hoffnung, ihre Ängste und ihre Bedeutung verloren hatten bescherte der jungen Frau eine Gänsehaut. Mit ihrer freien Hand strich sie zaghaft über eine Kerbe. Woher die wohl stammte? Von der Rüstung eines Gegners? Der Klinge eines blutrünstigen Monsters? Dem Schild eines Verwundeten?
Sie bemerkte nicht, was Verus vorhatte, bis es zu spät war und sie konnte nicht verhindern, dass sie sich vollends versteifte. Was absolut nichts mit der Waffe oder seiner Idee zu tun hatte, den Umgang damit zu lehren. Er war es, der ihren Herzschlag zum aussetzen brachte. Eine zweite Welle von Gänsehaut zog über sie, diesmal vom Nacken ausgehend, wo sie seinen Atem spüren konnte. Silanus hatte sie auch mal so gehalten, naja, so ähnlich und sie hatte es gehasst. Und sie hasste es immer noch. Körperliche Nähe war, von gelegentlichen Umarmungen unter Frauen, was Fremdes für sie. Etwas, dass sie nicht wollte. Daher waren ihre Bewegungen verkrampft und unnatürlich, als er ihre Arme bewegte. Sie hätte sich um nichts in der Welt bewegen können und hoffte nur, er würde sie los lassen. Das Metall seiner Rüstung spürte sie durch ihr Kleid hindurch, das Leder knarzte und sie spürte seinen Gürtelknoten in ihrem Rücken. Zu nah. Viel zu nah.
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Verus merkte, dass ihre Bewegungen stockten. Sie war wohl noch nicht bereit Verus als Kampfgefährtin zu dienen. Sie war in diesem Moment einfach eine Fremde für Verus. Er ließ von ihr ab und nahm ihr die Waffe aus den Händen. Mit einem kurzen Schwung verschwand die Klinge aus ihrem Sichtfeld in der Schwertscheide. Verus lachte leicht.
"Ich habe nie verstanden, warum Frauen Waffen fürchten," sprach er und klopfte ihr sanft auf die Schulter. Sein Arm fühlte sich etwas schwerer als sonst an, dank der Stahlschiene.
Verus bemerkte ihre Mimik und verstand, dass dies nichts für diese Iunia war. Er entfernte sich einige Schritte von ihr, um erneut in der Kiste zu kramen. "Ich habe da vielleicht etwas für dich..." Noch einigen Augenblicken zog er eine kleine Flöte heraus. Er befreite sie von dem Tuch, das sie schützte und reichte sie Narcissa. "Hier," sagte er und reichte ihr das Musikinstrument.
Er lächelte süßlich in der Hoffnung seinen Lapsus zu beseitigen. "Diese Flöte wurde von mir angefertigt," stellte er fest und seine Augen funkelten in Erinnerungen. "Sie war mir ein guter Freund auf vielen Feldzügen und brachte mich sicher nach Hause." -
Seine großmütige, väterliche Art ließen Narcissas schöne Augen zu schmalen Schlitzen werden. "Ich fürchte keine Waffen." zischte sie kalt und böse und sah ihm nach, als er sie endlich losließ. Sofort stellte sie sich wieder gerade hin und atmete tief ein und aus. Das gut gemeinte Schulterklopfen rief eine bodenlose Abneigung in ihr aus, wie ein Kind, dass sich darüber aufregte von Erwachsenen nicht ernst genommen zu werden. Ihr Puls ging schnell, ihr Blut rauschte in ihren Ohren. Während er nach etwas zu suchen schien, rang sie um Fassung. Warum war sie nur so wütend? Was nährte diesen Hass, wo sie ihn doch eigentlich mochte!?
Dann stand er plötzlich mit einer Flöte vor ihr und sie quitterte sein Lächeln mit einem entsetzten Schnaufen. Seine Worte flossen ungehört an ihr vorbei und sie sah ihn böse an. Mit einer schnellen, fließenden Bewegung schlug sie ihm das Musikinstrument aus der Hand, welches mit einem hölzernen Scheppern auf den Boden fiel und noch ein Stück weiterrollte. Sein Lächeln schien wie ein Hohn zu sein. Obwohl sie gerade von ihm mehr erwartet hätte. Sie atmete schwer, ihr Brustkorb hob und senkte sich schnell. Ohne es selbst zu merken brachte sie erst einen, dann zwei, dann sogar drei Schritte zwischen ihn und sich. Ein Reflex aus früheren Tagen, den ihr Vater und Brüder beigebracht hatten.
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Verus biss sich auf die Lippen als das Musikinstrument unsanft auf dem Boden landete. "Frauen...", murmelte er. "Launisch, wie der Wind." Mit einem kurzen Bücken hob er die Flöte auf, um sie wieder in den Stoff einzuwickeln. Zum Glück war sie aus massivem Holz gefertigt.
Er schaute sie mit seinen Hundeaugen an. Verus versuchte zu ergründen, warum sie sich so verhielt. Sie erinnerte ihn an seine erste Freundin, diese war genauso launisch. Er presste seine Lippen zusammen und ging einen Schritt auf sie zu. Verus überlegte angestrengt und kam zu dem Schluss, dass das helfen würde, was immer bei Frauen half: Shoppen gehen.
Er lächelte wieder, dieses mal aber eher das Lächeln eines erleuchteten Kindes. "Du solltest dich beruhigen," sagte er fürsorglich. "Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du mich auf den Markt begleiten willst aber da du ja nun so angefasst bist, werde ich es mir überlegen müssen. Dabei hat der Händler so tolle Stoffe und Kosmetika." Mit seinem rechten Auge zwinkerte er ihr zu. Er war ihr nicht böse und akzeptierte ihre Art. Eine launische Frau brachte einen Soldaten nicht aus dem Konzept. Zumal Verus sie nicht weiter anstacheln wollte.
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Was zum ... !? Wieso reagierte er nie, aber auch wirklich nie so wie sie wollte. Wunderte er sich denn nicht? Wollte er gar nicht wissen, warum sie so böse reagiert hatte? Sie seufzte resigniert und rieb sich mit zwei Fingern am Nasenansatz, schloß die Augen, ganz so als würde ihr Kopf schmerzen. Dann drehte sie sich um, von ihm weg. Es war zum verrückt werden! Sie schnaubte und biss sich feste auf die Lippen um die Tränen aufzuhalten, die sich in ihren Augen sammelten. Er war ja nicht mal böse! Wieso wurde keiner der römischen Männer jemals auf sie böse? Laut und theatralisch holte sie Luft und wischte sich verstohlen die Augen trocken. Ihre Stimme klang unsicher, als sie ihm antwortete. "Es tut mir leid. Ist sie kaputt, die Flöte?" Sie fragte vorsichtshalber lieber nach. "Du darfst mich so nicht anfassen, Verus. Das ... vertrag ich nicht." sagte sie noch leiser und war unsicher, ob er sie überhaupt gehört hatte.
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Verus näherte sich ihr vorsichtig aber hielt einen Arm lang Abstand. "Och, die hat den Sturz überlebt. Diese Flöte war sogar mit im Gefecht, dieses Ding ist einiges gewöhnt," warf er scherzhaft zu ihr. "Zumal es nur eine Flöte ist und diese sich glücklich schätzen darf, von dir berührt worden zu sein. So etwas Schönes hat sie noch nicht erlebt," sprach mit seinem typischen liebevollen Lächeln. Ihm war bewusst, dass er offensiv flirtete aber Narcissa hatte etwas, dass Verus suchte. Das Kompliment war auch nicht direkt als Kompliment zu erkennen, da man den scherzhaften Unterton wohl heraushörte.
Verus hatte sie gehört, denn er hatte gute Ohren.
Er verstand schon, dass sie nicht berührt werden wollte und würde dies auch in Zukunft unterlassen."Ich verstehe." Verus legte vorsichtig seinen Waffengurt ab und löste vorsichtig die Riemen der Rüstung. Nach und nach verschwand die Rüstung wieder in der Kiste. Nun stand er, wie der alte Verus, vor ihr.
"Wollen wir los? Der Markt macht noch zu." Seine Augen funkelten in ihre Richtung. Er musste sie ein wenig aufmuntern, da sie theatralisch vorsichhin schluchzte und das konnte man als echter Mann nicht ertragen. Das Schauspiel zeigte einen Teilerfolg.
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Obwohl sie nicht wollte musste sie grinsen, als er über die Flöte sprach. Es war offensichtlich, dass er sie aufmuntern wollte und sie empfand es als tröstend. Sie drehte sich wieder zu ihm und beobachtete schweigend, wie er sich in den Verus zurück verwandelte, der sie im Garten bei ihrer ersten Begegnung so beeindruckt hatte. Der bärtige Mann hatte etwas, was sie nicht begreifen konnte. Er reagierte immer genau umgekehrt, wie sie es sich erhoffte. War es das? Seine Fähigkeit sie zu überraschen? Ihre gewohnten Muster aufbrechend? Sie lächelte matt und versuchte in seinen Augen zu lesen, was sie so faszinierte.
"Wenn du möchtest, dann begleite ich dich. Gerne." Sie lächelte und nickte. Livianus konnte keinen Einspruch einlegen wenn sie mit ihm ging. Er war verantwortungsbewußt. Ein Verwandter. Ein alter, netter Mann, der hemmungslos mit ihr flirtete. Was waren seine Absichten? Was wollte er von ihr? Und konnte sie es ihm geben? Wollte sie es ihm geben? Und wieso nur konnte er niemals aufhören zu lächeln und zu grinsen und nicht einfach mal zwischen den Zeilen lesen!?
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Sieg! Verus frohlockte innerlich. Das war seine Chance, sein Moment, seine Möglichkeit, den Fisch an Land zu ziehen. Er konnte nicht aufhören sanft zu lächeln. Erstens war es Teil seiner Lebensstrategie und zweitens hoffte er so Ruhe und Besinnlichkeit auszustrahlen, vorallem auf Narcissa.
"Gut, dann lass' uns aufbrechen!" Mit freudigen Schritten tänzelte er an ihr vorbei. Hoffentlich würde sie irgendwann verstehen, was Verus wollte. Er suchte eine Partnerin, die seinen Reichtum, seine Gedanken und seine Welt mit ihm teilte.
"Kommst du," hörte man aus dem Korridor. Verus war bereits auf dem Weg in die freie Welt, in die freie Welt des Konsums.
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Tiberius verließ sein Cubiculum und legte seinen kürzlich verfassten Brief auf Verus' Schreibtisch. Sein Vater selbst war gerade glücklicherweise nicht anwesend.
Ad
T. Decimus Verus
Casa Decima
RomaVater,
ich schreibe dir diese Zeilen um dich darüber zu informieren, dass ich alsbald nach Ägypten aufbrechen werde. Serrana hat sich bei mir gemeldet und will, dass ich sie in Alexandria aufsuche. Ich denke du kannst ihr Begehren und meine Entscheidung nachvollziehen. Sobald ich in Alexandria angekommen bin, werde ich dir schreiben.
Vale, dein Sohn.
Tiberivs Decimvus Crassvs
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