Seit Stunden brütete der Kaiser nun wieder über Dekreten, Schreiben und Anweisungen. Rom begann in der Sonne zu braten, wie dies jedes Jahr zu dieser Zeit bereits anfing. Manche der Honoratioren des Reiches waren bereits auf ihre Landgüter in Capua oder Cumae gefahren, auch ihm fehlte Capri zu dieser Zeit im Jahr besonders. Vom Fenster aus betrachtete er das Treiben im Vorhof des Palastes. Vor einem Tor am Ende des Hofes stand ein Praetorianer, den Mund weit offen und gähnend. Julian musste schmunzeln, denn diese Haudegen einmal in irgendeiner halbwegs menschlichen Pose zu erblicken war sogar für ihn, der sie andauernd um sich hatte eine Besonderheit.
Diese durch Hitze und Müßiggang bestimmte halbwegs vollständige Ruhe durchbrach abrupt ein Meldreiter, der von Trajan geschaffenen Equites Singulares. Der schläfrige Posten war nun wieder hellwach, da es galt andere Leute zu schikanieren, das diese auch noch zum regulären Militär gehörten erhöhte die Freude noch beträchtlich. Schnellen Schrittes durchquerte er den Hof und tauchte unter mir in das Gebäude ein. In Gedanken seinen Weg verfolgend hörte ich bald den Posten vor der Tür mit ihm reden. Das war vorherzusehen, denn es konnte ja unmöglich sein, dass die zehn Gardisten, die der Mann bis hierher zwangsläufig passiert haben musste richtig damit gehandelt hatten ihn durchzulassen. Schließlich öffnete sich die Tür und den Helm unter dem Arm betrat er den Raum. Der Optio grüßte militärisch und versuchte recht erfolgreich seine Anstrengung durch Hitze und Ritt zu kaschieren.
„Mein Kaiser, dies Pergament soll ich Dir unverzüglich aushändigen!“
„Optio, ich danke Dir dafür, doch warum gabst Du es nicht dem Dutzend Sekretären, die sich zweifellos dort draußen tummeln und mich Unsummen kosten?“
„Nun, mein Kaiser, ich habe Order erhalten es nur Dir persönlich zu übergeben und .... „
„Schon gut, ich nehme es.“
Er trat vor und reichte mir das Pergament und wich schnell wieder einige Schritte zurück.
„Danke, lass Dich verpflegen und ruhe Dich aus, der Ritt war sicher anstrengend.“
„Habt Dank, mein Kaiser.“
Die Freude war ihm deutlich anzusehen als er den Raum verließ. Es kam durchaus auch öfter vor, dass ich persönliche Depeschen erhielt, sogar zu oft für meinen Geschmack. Viele Leute dachten wohl, dass wenn man sein Anliegen nur hoch genug äußerte, dies wohl schwerlich scheitern könne. Doch dieses Pergament hatte noch eine weitere Besonderheit, es war sehr weit gereist für ein Anliegen an den Kaiser. Gesiegelt vom Legatus Augusti pro Praetore, Provincia Syria, Damascus. Den Posten hatte er schon unter meinem Vater erhalten und ich sah bei der Thronbesteigung keinen Grund ihn abzulösen, er war Soldat und hatte sich aus den republikanischen Wirren gänzlich herausgehalten. Nun doch etwas neugierig brach ich das Siegel und entrollte das Schreiben ...
Renuntium Legatus Augusti pro Praetore, Provincia Syria, Damascus
Ad Lucius Ulpius Iulianus, Imperator Caesar Augustus
Mein Kaiser, ich grüße Dich.
Ich schicke dies Schreiben direkt an Dich, da die Sache, wegen derer ich Dir schreibe mittlerweile eine gewisse Dringlichkeit entwickelt hat und da ich nicht die notwendigen Kompetenzen habe, um adäquat handeln zu können. Seit nunmehr zwei Monaten wird die Grenze des Imperium Romanum, deren Schutz Du mir hier übertrugst von parthischen Soldaten angegriffen. Zunächst haben ich und meine Offiziere eine Art systematisches Abtasten durch Scheinangriffe erkannt, was in der Vergangenheit des öfteren vorkam, wie Du sicher weißt. Doch die Angriffe wurden mit der Zeit heftiger und koordinierter. Einen zusammenhängenden Limes wie ihn Germania hat, haben wir hier nicht, sondern ein System von Kleinkastellen als Meldelinie. Der Druck auf diese Kleinkastelle nahm stetig zu und ich musste die kleinsten davon schließlich räumen lassen, was dem Feinde Breschen schlug. Durch die entstanden Lücken sickerte der Feind in die Provinz ein und ignorierte die weiteren Kastelle. Es kam darauf vermehrt zu Übergriffen auf unsere Versorgungs- und Meldelinien. Ich beschloss zu handeln und versammelte alles an Reiterei was die Provinz derzeit hat in dem Gebiet. Dies schien Erfolg zu haben, denn die Übergriffe gingen zurück. Wir gaben uns damit allerdings nicht zufrieden, sondern machten die Oparationsbasis der Übergriffe ausfindig, als welche die Stadt Dura Europos zu sehen ist. Ich schickte die Legio VIII Adiutrix zu einem Vergeltungsschlag in Richtung der Stadt Carrhae. Doch kaum auf parthischem Boden wurde uns durch Panzerreiter und berittene Bogenschützen schwer zugesetzt. Wir brannten einige Gehöfte nieder und versuchten uns Carrhae zu nähern, doch unsere Versorgungslinien brachen schließlich fast zusammen unter dem ständigen Druck des Feindes, ich befahl den Rückzug. Aber mein Kaiser, die Parther neigen zum Zurückweichen wenn sich ein Stärkerer nähert, die Truppen um Carrhae wichen nicht, sie müssen von einer Überlegenheit ihrerseits ausgehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich dort mehr zusammenbraut als offen zu sehen ist. Ich halte es für meine Pflicht Euch hierüber zu informieren.
Legatus Augusti pro Praetore
Gaius Munius Lupercus
Renuntiarunt Legatos et Tribunos Legionum (LEG VIII ADI)
Detulit Optio Equites Singulares
Die Parther, das Volk des Königs der Könige, König Oroes von Parthia kam beständig oft in unseren Militärberichten vor, die mich nur recht selten erreichten, so wusste ich auch nichts von dem erfolglosen Versuch der Legio Octava Carrhae anzugreifen, das war auch durchaus so gedacht, denn wofür ernannte Rom schließlich Statthalter? Die Parther konnten es also nicht lassen, trotz Vertrag unser Territorium anzugreifen, doch Scharmützel an der Grenze sahen weder wir noch sie als Bruch des selben an. Ich nahm mir vor Gaius Munius Lupercus zu schreiben und mich über die Gesamtlage informieren zu lassen. Doch jetzt hatte ich einen Gast zu empfangen, den Pfleger der heiligen Gänse der Juno, der es nicht lassen konnte dem Pontifex Maximus persönlich anzutragen, das Futter der Tiere zu erhöhen ....