Officium des Tresvir Capitalis

  • Zu selten war Sedulus in dem ihm zugewiesenem Officium. So stapelte sich allerlei Papierkram durch welchen er sich nun durchzukämpfen hatte.


    Ein Schreiben fand er besonderst interessant. Es war eine Anzeige wo ein Sklave einen Hund vergewaltigt hatte? Sedulus schüttelte den Kopf und mußte das Schreiben nochmals lesen. In der Tat, so stand es da.


    Na klasse, was sollte er hier nun unternehmen? Wenn`s dem Sklaven Spaß machte... Andere nahmen ihr Schafe her... Er verzog die Miene und tat es als albernen Scherz ab und legte den Wisch in die Ablage für die erledigten Fälle.


    Er atmete tief durch bevor er sich den nächsten Fall annahm...

  • ... dieser war allerdings auch nicht viel besser. Es ging um Ruhestörung. Zwei Nachbarn beschuldigten sich gegenseitig beim Sex zu laut zu stöhnen. Vielmeher die Ehefrauen als die Männer selbst. Es mußte wohl an der Hitze liegen doch würde er dem Spektakel auf den Grund gehen und sehen ob es hier nicht zu einer naja Einigung führen könnte.
    Er sah sich die Adresse an, irgendwo am Tiber in einem Mietshaus.
    So raffte er sich auf und machte sich auf den Weg.

  • :D


    Sedulus schreckte leicht von seinen Akten auf als etwas zur Türe hinein fiel. Als er sich zur Türe hindrehte erkannte er Detritus.


    Joi Mater! Sag, was ist denn mit Dir los?


    Er kramte eine Flasche Wein hervor und schenkte dem Octavier einen Becher ein. ;)


    Hier trink erst mal einen Schluck.

  • "Gib mal frisch die ganze Flasche her."


    Hastig trank der Octavier die Flasche leer und war wie neu geboren.


    "Paulina! Ist sie bei dir? Wir vermissen sie und können sie nicht finden."


    Er warf schon mal einen Blick im officium, vielleicht war sie ja gerade auf seinem Tisch. :D

  • Ein wenig überrascht als Detritus ihm die Flasche aus der Hand riss sah er ihn an, vor allem als er die Flasche in einem Zug lehrte.


    Nein hier ist sie nicht. Sie wird wohl Einkäufe in der Stadt tätigen nehme ich mal an.


    Er wußte gar nicht was das Problem war.

  • "Ihre Sklavin dreht durch, ich drehe durch...Sedulus wir müssen sie so schnell wie möglich finden. Mein Sohn sucht glücklicherweise schon bereits nach ihr, denn soweit uns ihre Sklavin berichtet hat, sah man sie das letzte Mal in der Nähe des mercatus, beim Töpfergeschäft eines gewissen Andronicus. Kennst du den?"

  • Da fiel ihm ein das Paulina eigentlich bei ihm vorbeischauen wollte um über die Vorbereitungen der Hochzeit mit ihm zu sprechen.


    Detritus hatte einen Sohn. Das war ja was ganz was Neues. Doch dies registrierte er nur nebenbei.


    Andronicus sagst Du. Nein der Name sagt mir gar nichts. Warum ist ihre Sklavin nicht bei ihr geblieben? Naja egal, komm lass sie uns suchen!


    Er schnappte Detritus an seinem Gewand und zog ihn mit sich. 8)

  • Detritus hatte kaum die Zeit sich auszuruhen und zu widersprechen da zog ihn der Germanicus schon wieder hinaus auf die Straße. Hundsmüde hoffte der Octavier seine Cousine bald zu finden, denn seine Füsse spürte er schon lange nicht mehr. -.-

  • Irgendwann, es war noch früh am Morgen und Sedulus saß gerade über einigen Akten als drei Gestalten zur Türe herein platzten. Verärgert sah Sedulus die Männer an.


    Könnt ihr nicht anklopfen ihr Bauern? Was wollt ihr überhaupt und wer seid ihr?


    "Salve Tresvir und verzeih das wir so reingeplatzt sind. Ich bin Decula von Beruf Händler und dies ist mein Sohn Maecenas. Dieser Sklave hier, war gerade im Begriff etwas von unseren Waren zu stehlen als wir unseren Laden aufbauen wollten. Zum Glück aber hat es mein Sohn bemerkt und wir konnten den Sklaven stellen und eben dann hier her bringen."


    Sedulus sah erst Vater und Sohn an, dann den Sklaven.


    Ihr habt den Besitzer des Sklaven schon informiert? Wenn nicht werde ich dies dann wohl veranlassen müssen.


    Der Händler schüttelte den Kopf.


    Sedulus winkte einen Scriba herbei der nachsehen sollte wem der Sklave war und sollte seinen Herrn auch gleich hier her holen.


    Was wollte er denn stehlen? Fragend sah Sedulus den Händler an.


    "Ach einiges. Es war fast eine ganze Kiste mit Äpfeln. Dieser Dummkopf hätte eigentlich wissen sollen das er damit nicht weit kommt. Und als wir ihm auf den Fersen waren, warf er sie einfach weg. Doch es half alles nichts, wir haben ihn eh bekommen. Hier da steht der Hund."


    Jetzt sah der Tresvir den Sklaven mit zusammengekniffenen Augen an und fragte ihn.


    Sag, was waren Deine Gründe die Dich zu einer Tat wie dieser veranlasst haben? Bekommst Du von Deinem Herr nicht genung zum Essen oder war es einfach nur der Kick etwas Verbotenes zu tun?


    Nein, mein Herr sorgt eigentlich gut für mich. Ich weiß auch nicht was mich geritten hat. Ich sah diese Äpfel und sie sahen lecker aus und da dacht ich mir die mußt Du haben.


    Eine ganze Kiste? Wann hättest Du die denn alle Essen wollen ohne das Du Bauchschmerzen davon bekommst?


    Der Sklave zuckte nur mit den Schultern und sah zu Boden.
    Sedulus schüttelte nur den Kopf. Ab und an verstand er diese Sklaven nicht.
    Mal sehn was sein Herr zu diesem Fall sagen würde. Zumindest mußte er für den Schaden aufkommen das stand fest.


    Es dauerte auch nicht mehr all zu lange da kam der Scriba samt dem Besitzer im Schlepptau.


    "Tresvir, der Besitzer des Sklaven, Vallius Spongia." Verkündete der Schreiber.


    So langsam wurde es recht eng hier...


    Salve Sponga! Ich nehme an Du wurdest von dem Scriba schon aufgeklärt warum Deine Anwesenheit hier erfordert wird.


    Sponga nickte und sah verächtlich zu seinen Sklaven.


    Da ich Deinen Sklaven ja nicht für den Schaden belangen kann, wirst Du für ihn aufkommen müssen Sponga.


    Der Besitzer nickte während Sedulus im Strafkatalog nachsah.


    An den Händler gewandt fragte er diesen.


    Die Ware, also diese Kiste mit Äpfeln. Ich gehe davon aus das die Äpfel nur noch als Tierfutter verwendet werden können und man sie nicht mehr auf dem Mercatus zu einem anständigen Preis verkaufen kann.


    Der Händler nickte und meinte zustimmend.


    "Ja so ist es Tresvir."


    Gut. Das macht dann einmal 200 Sz für Sachbeschädigung und noch moment, 200 Sz wegen Diebstahls. Außerdem wirst Du dem Händler noch den Warenwert zurückerstatten plus eine kleine Wiedergutmachung wegen des Ausfalles den er hat in der Zeit wo er eben hier war.
    Solltest Du Sponga die komplette Summe nicht bezahlen können, so gibst Du dem Händler den Warenwert plus dieses kleine Sümmchen von wegen der Entschädigung und den Rest der Strafe wirst Du dann das wären ähm 2 Monate im Carcer absitzen. Kannst Du bezahlen? Ansonsten verkaufe diesen missratenen Sklaven. Er wird Dir das Geld schen einbringen denk ich. Solltest Du ihn nicht verkaufen so verpasse ihm eine gehörige Tracht Prügel. Aber das wirst Du wahrscheinlich eh machen.
    Nun Sponga, kannst Du das Geld beschaffen?


    Sponga überlegte kurz was er machen sollte, lieber in den Carcer gehen für 2 Monate oder bezahlen. Er würde bezahlen. So konnte er diesen Mist hier wenigstens vertuschen was wenn er für 2 Monate einrücken würde nicht so einfach wäre. Außerdem mußte das Geschäft ja auch weiter gehen.


    "Tresvir ich habe das Geld. Ich muß es nur holen gehen."


    Was Du dem Händler schuldig bist, macht ihr unter euch aus! Ich werde Dir Sponga aber einen Scriba mit geben, nicht das Du auf dumme Gedanken kommst.


    Sponga verzog sein Gesicht und watschelte davon. Hinterher ging der Scriba und behielt Sponga im Auge.


    Es dauerte auch nicht lange da kamen Beide mit dem Geld zurück.


    Sponga zahlte die 400 Sz. an den Staat und den Warenwert plus Entschädigung" an den Händler.


    So nun nimm Deinen unnützen Sklaven und verschwinde Sponga. Und ihr Beiden kümmert euch wieder um euren Stand. Vale die Herrschaften!

  • Sedulus sprach mit einem Scriba über diverse Fälle als ein weiterer Scriba zur Türe hereinkam. Er kam von einem der Praetoren. In der Hand hatte er eine Liste mit Namen von denen Prozesskosten fällig und noch nicht beglichen worden waren. Der Scriba reichte Sedulus die Liste und meinte nur grinsend. "Viel spaß damit." Und verschwand wieder.


    Sedulus ging die Liste durch.





    Zu Fuß würde er dies wohl nicht schaffen als brauchte er Pferde da er nicht alleine mit dem eingetriebenen Geld durch Rom reiten wollte würde er den Scriba mit sich nehmen.


    Geh und hole Pferde. Außerdem sag zwei CUlern bescheid die sich vor der Türe tummeln das ich sie benötige.


    Der Scriba nickte und zwitscherte wortlos ab.

  • Neue Besen kehren gut, sagten die alten Weiber gerne, und ich war mir nicht ganz sicher, ob es wirklich neue Besen waren, mit denen die Sklaven, die ich in der Basilica Ulpia für eine grundlegende Säuberung des officiums requiriert hatte - zumindest war es sauber ausgekehrt, und neben einem fast schon übervollen Dokumentenschrank befand sich in meinem neuen Arbeitsraum auch ein ziemlich großer Schreibtisch samt einem bequem anmutenden Stuhl. Zumindest schien mein Amtsvorgänger der letzten Legislaturperiode Ordnung gehalten zu haben, was ich bei einem kurzen Blick in den Aktenschrank feststellen konnte - er war zwar voll, aber die Fälle waren thematisch geordnet und sauber datiert.


    Während mein Sklave Straton meine Schreibutensilien einräumte, nahm ich die ersten Schriftrollen aus dem Aktenschrank und sah sie gemächlich durch - es waren abgeschlossene Akten, die bearbeitet worden waren, und sie sprachen die deutliche Sprache eines methodischen Arbeiters, der sich auch um Details bemüht hatte. Nun, hier würde es wohl kaum allzu viel aufzuholen gehen, die Amtsübergabe war mit den letzten Amtsgeschäften meines Vorgängers flüssig einher gegangen, und so würde ich mich in den ersten Tagen wohl mehr damit beschäftigen müssen, die Verantwortlichen bei den cohortes urbanae und den vigiles kennenzulernen und eine gemeinsame Strategie auszuarbeiten, wenn es nicht schon eine gab.


    Ich beobachtete Straton dabei, wie er eine Bronzestatuette des Mars auf einem der Regale aufstellte - ich hatte darauf bestanden, sie mitzunehmen, auch hier, an meinem neuen Arbeitsplatz, wollte ich meine ursprünglichen Wurzeln nicht missen müssen - und legte die Akte schließlich beiseite, trat an das Fenster und blickte müßig hinaus. So fühlte es sich also an, wenn man ein Amt übernahm ... irgendwie ...gut. Ich schmunzelte, und dachte daran, wie sehr mir dies noch vor Jahren zuwider gewesen wäre, aber ... Dinge änderten sich.

  • Ich hüstele ein wenig, als ich in der Tür der Amtsräume meines Onkelzwo, des IIIvir capitalis Caius Flavius Aquilius auftauche. Nicht, daß noch irgendwo Staub herumliegen oder -fliegen würde, aber Onkel Aquilius schaut zum Fenster heraus und dreht mir also den Rücken zu. Wäre er jünger oder wir befreundet, würde ich mich an ihn heranschleichen und ... Kuckuck!


    Stattdessen hüstele ich kaum vernehmlich, raschele mit meiner Toga und nicke freundlich zu Straton hinüber, der schon eifrig dabei ist, mit stratonische Systematik einzuführen. Ob ich zu spät bin? Ob ich überhaupt hier vonnöten bin? Ich, die dritte und vierte Hand des Marspriesters und IIIvir capitalis dieser Stadt bin hoffentlich nicht das fünfte Rad am Wagen. Einige Schriftrollen liegen herum, es sieht zumindest schon nach Beschäftigung aus, ein Eindruck den zu wecken jedem Vorgesetzten angeraten ist, um lästige Frage- und Bittsteller in die Schranken zu weisen.

  • Als es hinter mir raschelte, wandte ich mich um und erblickte meinen Großneffen - sehr zu meiner inneren Freude war er an meinem ersten Arbeitstag in meinem neuen officium auch aufgetaucht, und erwies sich als erfreulich pflichtbewusst.
    "Salve, Lucanus," begrüßte ich ihn denn auch in einem Tonfall, der andeutete, dass ich mit ihm zufrieden war. "Straton wird Dir später einen Schreibtisch hier hereinstellen lassen, es ist ja groß genug - ich denke, es ist von Vorteil, wenn Du Deinen eigenen Arbeitsplatz hast. Wir werden uns zuerst um die Fälle kümmern, die noch offen sind, und dann hoffentlich nicht in Arbeit durch neue ersticken, denn eine Inspektion der Kerker steht auch noch aus, die letzte ist wohl eine Weile her - dann werde ich die nächsten Tage einiges an Post schreiben müssen, die Du dann bitte zum cursus publicus bringst, und bringe bitte auch in Erfahrung, wieviel die Wertkarte der gens Flavia noch wert ist, wir haben eine, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie ein größeres Schriftaufkommen verträgt. Wie steht es um die Sache mit dem Steinmetz?" Zack, zack, zack, landeten die imaginären Akten auf dem imaginären Aktenstapel meines Neffen, er würde sich daran gewöhnen müssen, dass hier im officium ein etwas anderer Ton herrschte als zuhause im Kreis der wohlmeinenden und liebenden Familie - aber es würde ihn sicherlich mehr auf das spätere Leben als Amtsträger vorbereiten denn lustiges Ringelrein.

  • Ich strahle ihn an, wie er sich umdreht, die Hände auf dem Rücken verschränkt, ist Großes zu spüren. Große Erwartungen! (Toller Titel - für eine Biographie?). Mein gestern frischerworbener PDA*) mit modernem, augen- und besonders schreibfreundlichem Wachsüberzug wird gezückt und aufgeklappt, der zugehörige Stilus aus dem Scharnier gezogen:


    VIII ID DEC


    I: SCHREIBTISCH
    II: OFF. FAELLE?
    III: VISITE CARC. (MAMERT. ?)
    IV: CP AUSG ET WERTKRTE. FLV: QUANTA?
    V: STEINMETZ


    Notiert. Steinmetz? Ah! Ja, Tresvir, ein unpersönlicher Ton erstickt den Verdacht von Nepotismus, schließlich bin ich der Neffe des Amtsinhabers, gleich im Ansatz bei allen und jedem, ich habe hier einen Text vorbereitet. Ein, zwei Angebote für einen Stein mit Inschrift habe ich auch eingeholt. Hier der von mir entworfene Text. Ich reiche ihm einen kleinen Zettel:


    DIS MAN
    FOSLIÆ MILONIÆ CN MILONIS F
    CIVES HISP AN XXXVIII


    FL LVCANVS FL MAXIMI F
    FL AQVILIVS FL ATTICI F
    F C


    Als Form dachte ich an einen schlichten Grabstein mit Giebel, in der Art einer Tempelfront, etwa drei Ellen hoch. Kein weiterer Schmuck.



    *) Persönlicher Diptychon Assistent


    **) DIS MAN(ibus)
    FOSLIAE MILONIAE CN(aei) MILONIS F(iliae)
    CIVES HISP(ania) AN(norum) XXXVIII
    FL(avius) LVCANVS FL(avii) MAXIMI F(ilius)
    FL(avius) AQUILIVS FL(lavii) ATTICI F(ilius)
    F(aciendum) C(uraverunt)

  • Ich trat etwas näher und las mir den vorgeschlagenen Text durch, um dann beifällig zu nicken - er hatte an alle wichtigen Informationen gedacht und es würde sicherlich ein guter Stein werden. Vielleicht etwas schmucklos, ein bisschen sehr schlicht. Man sollte nicht denken, die Flavier könnten sich keine üppigeren Verzierungen leisten.
    "Hatte Deine Mutter nicht irgendwelche Lieblingsblumen? Lieblingstiere? Irgend etwas, was sie wirklich gern mochte? Ich denke, gerade eine Frau, die sich bei solchen Widrigkeiten noch gut um Dein Wohl und Dein Fortkommen gekümmert hat, verdient ein etwas üppigeres Monument. Ich kannte sie nicht, aber meinst Du nicht, es wäre ein bisschen ... hübscher ... mit einer Verzierung unter dem Giebeldach?"


    Eigentlich wäre auch ein stehendes Abbild seiner Mutter mit stola und palla angemessen, aber ich wollte der Sache erst einmal vorfühlen, bevor ich am Ende in ein Fettnäpfchen trat. Es war wirklich schwierig, für Verwandte zu entscheiden, die man nicht kannte. Im Grunde war das etwas, was mir bei den italischen Flaviern dauernd passierte, dass es nun auch bei den hispanischen der Fall war, war irgendwie deplorabel. Kurz muste ich schmunzeln bei dem Gedanken, wer dieses Wort benutzte, und gern benutzte - was er wohl sagen würde, wenn er mich nun sehen würde, inmitten meines neuen officiums, angetan mit den Insignien meines neuen Amtes? Ach Gracchus, dachte ich still und schon sah der Tag etwas heller und freundlicher aus.

  • Manchmal kann man sich, nein, ziemlich sicher und häufig täuschen wir uns in unseren Mitmenschen. Onkelzweis Gesicht nimmt weiche Züge an, ein wenig verträumt aber aufgehellt blicken seine Augen und seine Miene entspannt sich, vielleicht denkt er gerade an seine eigene Mutter. Was ist aus der geworden?


    Ich nahm an, daß Aquilius das nicht so wichtig ist, also persönlich, nicht aus Gründen der dignitas und der mores.


    Meine Mutter hat Bäume gemocht, sie hat oft im Schatten eines großen Nußbaumes gesessen und gelesen. (Und ich bin oben herumgeturnt und ihr so manchen Schrecken eingejagt. Ein leicht genervt-besorgtes "Luca!" klingt mir noch in den Ohren.


    Wenn der Baum wächst und den Stein beschattet, dann wird das ein großartiges Grabmal für sie. Aber - ich lege meinen PDA auf ein nahes Bord und nestele an meinem Tunikakragen - aber wir könnten, ich meine, äh, wir könnten - ich ziehe ein an eine Lederschnur geknüpftes, etwa handgroßes in Leder eingeschlagenes Holztäfelchen hervor - wenn es nicht zu teuer ist, auch ihr Bild unter den Giebel zwischen zwei ionische Säulen einmeißeln lassen. Ich gebe Onkel Aquilius vorsichtig das Täfelchen auf meiner Hand:



    Das ist meine Mutter, setze ich überflüssigerweise hinzu. Das Bild schaue ich nicht an, das soll eine geschäftsmäßige und keine privat-intime Angelegenheit sein.



    [SIZE=7]Das ist eigentlich das Mumienbildnis der Irene aus Fayjum (Ägypten), 2.Viertel 1.Jh.n.Chr., Enkaustik, 19 × 36 cm, Würtembergisches Landesmuseum, Stuttgart[/SIZE]

  • Hatte er denn gedacht, ich wollte für eine tote Verwandte nur das Mindeste bezahlen? Letztendlich war sie ein Teil unserer Familie gewesen, und nach Messalinas Verrat hatten die hispanischen Flavier vieles zu erleiden gehabt. Zweifelsohne hatte auch seine Mutter die Auswirkungen des Misstrauens gespürt, mit dem ich die letzten Jahre meiner Jugend über hatte aufwachsen müssen, und umso besser erschien sie mir, dass sie es geschafft hatte, einen sorglosen jungen Mann heranzuziehen, der anscheinend auch noch einen angenehmen Charakter besaß.


    Als er mir das Portraitbildnis überreichte, nahm ich es vorsichtig entgegen und ließ den Anblick auf mich wirken. Große, seelenvolle Augen, ausdrucksstarke Brauen, ein schmales, ebenmäßiges Gesicht - wenn er auch nur ein wenig ihr nachgeriet, würde er spätestens in fünf oder zehn Jahren bei der römischen Frauenwelt einen ähnlichen Erfolg haben wie ich, wenn nicht größeren.
    "Sie war eine sehr schöne Frau, Deine mater - und dieses Antlitz verdient es, der Nachwelt überliefert zu werden. Dein Ansinnen, es einmeißeln zu lassen, werde ich nur zu gern unterstützen." Eine stolze Frau, eine, auf die mein Neffe sicherlich sehr geachtet hatte, als er dies noch vermochte, ja, solche Augen konnten einem Mann wirklich viele schlaflose Stunden bescheren.

  • Eine Wucht, nicht? Ich kann nicht an mich halten. Alle in Flaviobriga waren in sie verliebt, alle. Mein Vater hat mächtig Glück gehabt ... meine Mutter wohl auch, irgendwie jedenfalls. Ich räuspere mich. Naja, die, die von den Göttern geliebt werden, die werden früh gerufen. Meine Mutter wurde nur fünf Jahre älter als Alexander Magnus.


    Jetzt sollten wir aber schleunigst über etwas anderes reden, Kerkerbesichtigung ware gut, das lenkt mich sicher ab.


    Vielen Dank Onkel Aquilius, wenn es Dir recht ist, werde ich mich um alles kümmern. Der Steinmetz soll ins Haus oder hierher kommen, um eine Probe abzuliefern, damit Du sehen kannst, ob er qualitätvolle Arbeit leistet. Für den Transport müsen wir auch noch sorgen, von Ostia nach Tarraco und dann weiter über die Berge nach Flaviobriga.
    Ich greife wieder nach meinem PDA.


    Was läge heute noch dringend an? Ein zweites Frühstück vielleicht?

  • "Wenn sie beide eine glückliche Ehe geführt haben, die durch einen wohlgeratenen Sohn ergänzt wurde, so haben sie bedeutend mehr erlangt als so viele aus unserem Stand, Lucanus," sagte ich mit einem gewissen Anflug von Wehmut in meiner Stimme - dass die Ehe meiner Eltern ein reines Greuel gewesen war, hatte ihm seine Mutter sicher irgendwann einmal unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut. Es war ein gut gehütetes Geheimnis gewesen, im Grunde hatte es wohl jeder in Tarraco gewusst, was sich so bei der gens Flavia zuhause zutrug. Oder aber es war der immer wieder erfolgende Nachkauf von neuem Geschirr gewesen, der die Gerüchteküche lebendig hielt, so genau wollte ich mich daran auch nicht erinnern.


    "Am besten, Du lässt Dir eine Tierfigur meißeln, irgend etwas kleines, nettes, nicht zu leichtes - bestimmt lernst Du später eine Frau kennen, die sich darüber freut, und so ist dann nichts verschwendet. Wir sehen, was er kann und Du hast für die Zukunft geplant," meinte ich schließlich mit dem Anflug eines Grinsens. Zehn Jahre der Leidenschaft mit Frauen machten jeden Mann irgendwann zu einem Pragmatiker. "Transportieren lassen wir per Schiff, das geht schneller und vor allem ist es der sicherere Weg, spätestens im Frühjahr, wenn die Winterstürme abgeflaut sind, sollte uns das viel Zeit und Sorge ersparen."
    Da mein Magen leise knurrte, war der nächste Schritt ein recht einfacher. "Ich würde sagen, wir besorgen uns was zu essen und halten das Ohr an der Straße. Ein Magistrat muss gesehen werden, damit man ihn ernst nimmt, und wir werden uns zeigen. Je öfter man auch Dich sieht, desto einfacher wird es Dir später fallen, den Einstieg zu schaffen."

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