"Auch ich stimme Tiberius zu. Zudem besteht wie bereits angedeutet nicht im Geringsten die Notwendigkeit, die durch den Architectus verrichtete Arbeit durch eine Inschrift zu entlohnen. Gegenteilig, es ist viel mehr unsere Verpflichtung gegenüber dem Volk von Rom, die über lange Zeit hinweg gesammelten Spendengelder für die Renovierung des Tempels des Mars Ultor endlich ihrem Zwecke zuzuführen. Falls dies in Vergessenheit sollte geraten sein, so möchte ich daran erinnern, dass eigens zu diesem Zwecke sogar Spiele ausgerichtet worden sind, ganz zu schweigen von den zahlreichen Dotierungen aus der Bevölkerung, welche immer wieder in die Kassen des Cultus ihren Weg finden, schon seit der Zeit, als ich selbst noch im Tempel des Mars Ultor als Commentarius diente und ein erster offizieller Aufruf dazu getätigt worden war."
Gracchus wollte nicht explizit darauf hinweisen, wie lange dies schon war, doch dass er nun als Pontifex in eben diesem Collegium saß, sollte Hinweis genug sein. Dennoch entschloss er sich, einen Schritt weiter zu gehen.
"Wie alle öffentlichen Kassen, so ist auch die Kassen des Cultus Deorum staatlichen Kontrollen zu unterziehen Pflicht der Aedile. Ich möchte ungern in Verlegenheit kommen, dem Volk von Rom erklären zu müssen, dass die zur Renovierung des Tempels des Mars Ultor gesammelten Gelder am Ende nicht eben diesem Zwecke wurden zugeführt."
Mochte es auch wie eine Drohung klingen, so war es nurmehr der Wahrheit letzter Kern. Bereits für das Wohl des Staates, des Imperators und seines Volkes im öffentlichen Opfer die Wahrheit zu beugen, so es notwendig war, fiel Gracchus nicht leicht, doch er würde nicht für ein Collegium über solcherlei Ungereimtheiten hinweg sehen, da es ohnehin keinerlei Grund dazu gab.
Contio des Collegium Pontificium
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Der Rex Sacrorum sah erstaunt auf, als er Gracchus' Einwand hörte. Dann jedoch blickte er zu Volturnius Leto, der sicherlich auch die zweckgebundenen Spenden verwaltete. Dieser blickte beschämt zu Boden, dann erhob er sich jedoch und räusperte sich.
"Ich muss Flavius zustimmen. Wir haben 10 222 Sesterzen an Spenden für den Tempel des Mars Ultor - ich hatte das vergessen."
Durus sah erstaunt auf. 10222 Sesterzen vergessen? Das klang aber nach einer ganz unsauberen Aktion! Genaugenommen klang das sogar nach Unterschlagung von Staatseigentum und Betrug am Bürger!
"Du hast 10 222 Sesterzen vergessen, Volturnius?"
fragte er ungläubig. Der Pontifex Minor wirkte weiterhin beschämt und meinte kurz
"Nunja, bei der ganzen Debatte um Verewigungen und so weiter..."
"Damit hätten wir diese endlosen Debatten übergehen können! Das ist ja ungeheuerlich!"
"Nunja, es hätte ja auch andere renovierungsbedürftige Tempel gegeben..."
Der Tiberier schüttelte den Kopf. Dieses ganze Geld war extra für den Tempel gespendet worden und nun wollte dieser kleine Verwalter es irgendwie umlenken? Also wirklich...
"Dann würde ich vorschlagen, dass wir mit Germanicus Avarus in Verhandlungen treten. Er soll sich den Tempel ansehen und sagen, wie hoch die Kosten sein werden."
warf Fabius Antistes ein und zustimmendes Gemurmel erhob sich. Durus wollte allerdings nicht, dass dem Germanicer zu viel freie Hand gelassen wurde - am Ende haute er sie alle übers Ohr!
"Wir sollten ihm dabei allerdings auf die Finger sehen - Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Ich würde mich dazu bereit erklären."
Wenn er es machte, konnte er sich wenigstens sicher sein, dass niemand bestochen wurde - Avarus war alles zuzutrauen!
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Dass Senator Tiberius sich um die Verhandlung und Kontrolle würde bemühen, schien auch Gracchus eine gute Lösung, immerhin war bekannt, dass Durus nicht eben des Germanicers bester Kumpan war, so dass bei der Arbeit kaum unlautere Handlungsweisen sich würden einschleichen können. Auch allgemeinhin war die Akzeptanz des Vorschlages groß, nicht immer allfällig ob der tatsächlichen Überzeugung der Pontifices, sondern durchaus aufgrund der Tatsache, dass jene nicht selbst die Aufgabe würden übernehmen müssen. So wurde denn beschlossen, die Causa Senator Tiberius zu überantworten, womit sie für diesen Tag abgeschlossen war.
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An diesem Tag wurden die Pontifices zusammengerufen, um den neuen Kaiser zum Pontifex Maximus zu wählen. Daher erschien Durus etwas früher in der Hoffnung, ein paar Worte mit dem neuen Herrn des Reiches zu wechseln - persönliche Kontakte zu ihm würden sich sicher positiv auf der Karriereleiter auswirken.
Als er jedoch erschien, war nur Fabius Antistes, der ein paar Worte mit dem Flamen Dialis wechselte. Dieser saß jedoch - wie seit geraumer Zeit - krank in seinem Stuhl. Er hatte sich wohl extra aus dem Krankenbett gequält, um den neuen Herrn aus der Nähe zu sehen.
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Es war bereits ein wenig her, dass Gracchus' Bewusstsein in die Realität hatte zurück gefunden, doch noch immer fühlte er sich unkoordiniert mit seinem Leibe, welcher ihm stets schwer und schlaff wie ein nasses Leinentuch erschien, hatte er Schwierigkeiten, sich auf die Welt um sich herum zu konzentrieren und ihr zu folgen, und sprach nur wenig. Niemals hätte sein Sklave Sciurus ihn in diesem Zustand aus der Villa gelassen, doch dessen Fehler war es gewesen, seinen Herrn von der anstehenden Contio zu unterrichten, gleichsam über den bedeutsamen Inhalt jener anberaumten Sitzung. Ungebrochen war Gracchus' Pflichtbewusstsein, selbst gegenüber einem Kaiser, dessen possible Aktionen er noch immer fürchtete, und so wenig Worte er mit seinem Sklaven hatte gewechselt, so deutlich waren sie ausgefallen. In der Sänfte war der Weg von der Villa Flavia aus bis zur Regia ohnehin keine Mühe, dagegen um so mehr der Weg die Stufen hinauf, durch die schier endlosen Gänge, deren Endlosigkeit Gracchus nie zuvor so deutlich gewesen war, bis in den Versammlungssaal. Sein Leibsklave Sciurus stützte ihn und vor Durchschreiten der großen Eingangstüre suchte Gracchus seine Schultern zu straffen, das Kinn zu heben, doch gänzlich gelingen wollte es nicht. Obgleich er jedoch hatte an Gewicht verloren, noch immer blass und auch äußerlich ersichtlich war, dass er sich nicht gänzlich konnte koordinieren, so konnte sein Anblick glücklicherweise längstens nicht mit dem des Flamen Dialis konkurrieren, welcher seit Jahren an seinem Leiden laborierte, gleichsam hielt sich hartnäckig das Gerücht, der Flamen wäre auch geistig bereits stark in Mitleidenschaft gezogen, wohingegen sich Gracchus gänzlich sicher war, dass sein Geist noch immer einwandfrei arbeitete - obgleich der Flamen Dialis auf sich selbst bezogen durchaus ähnlich mochte denken. Nachdem er seinen Herrn bis zu dessen Sitz hatte geleitet zog Sciurus sich zurück, und Gracchus mühte sich um eine Begrüßung der bereits Anwesenden. In Gedanken beschlossen war sie schnell, auch der Wille auf den Weg gebracht, doch was sich schließlich über seine Lippen quälte war ein äußerst stimmloses Salvete, gleichsam schien der ein oder andere Vokal darin mehr Anschein eines Tones denn tatsächliche Existenz. Als jenes marode Wort zurück durch Gracchus' Ohren, durch die merkwürdige Umhüllung seiner Sinne bis in seinen Geist gedrungen war, wandte er langsam ein wenig den Kopf, suchte sich mit seinen Augen an den Linien am Boden der Regia zu halten, um nicht in jene der Anwesenden blicken zu müssen. Viel mehr noch als die Inkoordination seines Leibes schmerzte ihn die Unmöglichkeit seiner Sprache, der Verlust einzelner Buchstaben, Silben oder gar Worte auf dem Weg vom Gedanken bis hinaus in die Welt, gleichsam war ihm dies äußerst unangenehm, da er sich ohne Worte mehr als nur nackt fühlte. Ein wenig war es wie in einem Albtraum, doch deplorablerweise war Gracchus sich des Wachens nur allzu gewahr.
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Als Gracchus eintrat, musste Durus erstaunt eine Augenbraue heben. Der Aedilis Curulis wirkte stark angeschlagen, blass, dünn und etwas fahrig. Zwar gab er sich offensichtlich alle Mühe, seine Krankheit nicht nach außen bemerkbar zu machen, dennoch war es unmöglich, diese zu verbergen. Durus grüßte ihn mit einem
"Salve!"
das dieser allgemein erwiderte. Da der Kaiser noch immer nicht hier war, nahm Durus ebenfalls Platz und harrte der Dinge, die kommen mochten...
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Auch wenn er schon an der Seite seines Vaters gewisse kultische Pflichten verrichtet hatte, waren Valerianus die Innereien der Regia des Cultus Deorum weitgehend umbekannt. So brauchte er auch einen Führer, der in an diesem Tag in den Sitzungsraum geleitete, in dem seine Ernennung zum Pontifex Maximus stattfinden sollte. Wunschgemäß war der Termin erst auf den dritten Tag nach seinem Einzug in Rom gelegt worden, so dass er sich mit einem freien Tag bis hier her von den Strapazen des Einzugs ein wenig erholen konnte. Trotzdem machte er auch in kleinerer Runde denselben schwachen Eindruck wie auf dem Forum, auch wenn er in der Runde der Pontifices augenscheinlich nicht der einzige war, der mit der Gesundheit zu kämpfen hatte.
Auf allgemeine Begrüßungsworte verzichtete er, machte stattdessen eine Runde durch den Raum, um die Anwesenden einzeln zu begrüßen, bevor er den ihm zugewiesenen Platz einnahm.
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Fabius Antistes redete gerade mit dem Flamen Dialis (das bedeutete, dass er auf ihn einredete, denn dem Flamen bereitete es Anstrengung, länger zu antworten), als der Augustus eintrat. Sofort kam der Rex Sacrorum ihm entgegen und begrüßte ihn überschwänglich. Er geleitete ihn daraufhin auf seiner Runde und stellte jeden Pontifex, jede Sacerdos Vestalis und jeden Flamen mit Namen vor. Dann wies er ihm seinen Platz und begab sich selbst auf den seinen. Er begann:
"Hiermit eröffne ich die Contio Decima Tertia diesen Jahres."
Er sah hinüber zu Valerius Mercurinus, seinem Schreiber, der in einer Ecke saß und alles protokollieren durfte. Die Anwesenheit wurde kontrolliert, wobei es augenscheinlich war, dass niemand fehlte (mit Ausnahme derjenigen, die außerhalb Roms in Staatsdiensten unterwegs waren).
Endlich konnten die Anfangs-Zeremonien, die für eine solche Contio vonnöten waren, vollzogen werden. Schließlich kam man zum ersten und einzigen Tagesordnungspunkt der Sitzung:
"Heute haben wir, das Collegium Pontificium, erneut die staatstragende Aufgabe, die wohl zu den nobelsten unserer Vereinigung gehört: Die Bestimmung unseres Oberhauptes, des Wahrers des Pax Deorum und Vorgesetzten aller Priester des Imperium Romanum.
Seitdem unsere Ahnen Rom gründeten, war es stets nur den angesehensten Männern mit größter Auctoritas beschieden, dies heilige Amt zu bekleiden. Ich brauche euch keine Namen aufzählen - jeder von uns kennt sie! Zuletzt hat der ehrenwerte Imperator Caesar Augustus Lucius Ulpius Iulianus dieses Amt voller Würde bekleidet.
Der hier anwesende Caius Ulpius Aelianus Valerianus hat sich aus diesem Grund um dieses Amt beworben. Ich selbst muss seine Kandidatur unterstützen, denn wer überragt ihn an Auctoritas? Wer ist besser geeignet als der Enkel eines Gottes, sich um den Frieden zwischen Menschen und Göttern zu kümmern?"
Antistes blickte in die Runde. Niemand schien etwas einwenden zu wollen, was wohl in Anwesenheit des Kaisers auch eine kluge Entscheidung war.
"Obschon ich es mir nicht vorzustellen vermag, stelle ich die Frage dennoch: Hat irgendjemand von einer weiteren Kandidatur gehört?"
Selbstverständlich meldete sich auch hier niemand zu Wort und der Fabier ließ sowieso nur wenige Sekunden Zeit. Stattdessen fuhr er rasch fort (ob er heute noch eine Verabredung hatte?).
"Keine? Gut. Dann können wir ja direkt zur Abstimmung treten. Möge jeder seine Sententia abgeben!"
Damit blickte er neben sich zum Flamen Dialis, der in seinen Stuhl zusammengesunken dasaß und etwas verwirrt aufblickte, als ihn alle ansahen. Mit schwacher Stimme meinte er dann
"Ich unterstütze den Antrag."
Als nächstes wurde der Flamen Quirinalis gefragt, dann der Flamen Martialis. Es folgten die Vestalinnen, angefangen bei der Virgo Vestalis Maxima, und dann erst die Pontifices. Als die beiden Dienstjüngsten kamen Tiberius Durus und Flavius Gracchus ziemlich am Ende.
"Manius Tiberius Durus?"
Nach der Antwort des Tiberiers war der Flavier an der Reihe.
"Manius Flavius Gracchus?"
Schlussendlich waren noch die Pontifices Minores zu befragen, dann würde das Ergebnis feststehen...
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Der neue Kaiser des römischen Imperium war nicht eben eine furchteinflößende Erscheinung, dennoch erfasste ein unscheinbares Zittern Besitz von Gracchus' Händen als Ulpius Aelianus den Raum betrat und seine kurze Begrüßungsrunde vollzog, denn es war die erste Gelegenheit für ihn, sich ein Bild von jenem Imperator zu machen, welcher in Rom ein so unbeschriebenes Blatt und damit gleichsam so unberechenbar war. Für Gracchus jedoch änderte sich an der Leere des Blattes nicht viel, denn abgesehen davon, dass das gesamte Geschehen nur in zähem Fluss in seinen Sinnen anlangte, hielt sich der designierte Pontifex maximus knapp bei der Begrüßung jener Männer, von welchen er selbst kaum einen näher zu kennen schien, überließ das Wort alsbald dem Rex sacrorum. Jener redete viel, sagte jedoch nur wenig. Ohnehin war dies alles keine Notwendigkeit, nur reine Zeremonie, keine Entscheidung, keine Wahl, nicht einmal für den Kaiser selbst. Die Worte tropften zäh in Gracchus' Hirn, dann wieder rauschten sie an ihm vorbei wie der Tiber bei Hochwasser, bis dass die Abstimmung bei ihm war angelangt, das Echo seines Namens von den Wänden der Halle wurde verschluckt. Mit einem Male wurde ihm bewusst, dass er die Worte hatte vergessen, welche er bereits seit Beginn der Stimmabgabe in sich gesucht und zu eigen gemacht, aufgesammelt und festgehalten hatte. Er blinzelte und griff in seinem Inneren nach jenen Brocken, welche ihm geblieben waren, sortierte sie in der rechten Reihenfolge, bis dass er glaubte, wie an einer Kette aufgereiht sie in die Welt entlassen zu können. Widerwillig jedoch nur wollten sich die Laute aus seiner Kehle lösen, doch nicht etwa deswegen da er bei freier Wahl allfällig nicht gar so eindeutig hätte für Aelianus gestimmt, dessen Zorn auf die Flavier er noch immer befürchtete.
"Keine ... Ein...wände."
Die Einwände waren halb verschluckt, die wände fast verloren auf dem Weg von Absicht zu Tat, doch immerhin das keine drang laut genug über seine Lippen, als dass es durch die Akustik des Raumes verstärkt nicht seine Zustimmung hätte Kund getan. -
Wieder einmal hatte Durus das Gefühl, dass der neue Kaiser keine übermäßig imposante Erscheinung war. Sein Bart ließ ihn eher etwas wild wirken, was aber überhaupt nicht mit seiner Krankheit zusammenpasste. Dennoch war auch ihm klar, dass es hier nicht um irgendeine Wahlmöglichkeit ging, sondern allein um eine reine Formalität. Also antwortete auch der Tiberier prompt mit einem
"Ich unterstütze ebenfalls den Antrag."
Danach lehnte er sich zurück und fragte sich, ob das alles ein gutes Ende nehmen würde...
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Jeder Pontifex, jeder Flamen und jeder der anwesenden Vestalinnen unterstützte den Antrag des Rex Sacrorum (wie erwartet). Nachdem jeder einzeln befragt worden war, schloss der Rex Sacrorum daher:
"Ich stelle fest, dass die Cooptatio des Pontifex Maximus eindeutig ist. Der Zustimmung der Sterblichen ist klar, nun brauchen wir die der Götter. Aus diesem Grund setze ich eine Inauguratio vor den Comitia Calata für den morgigen Tag an."
Damit war der Tagesordnungspunkt auch schon abgehakt. Fabius Antistes erhob sich und löste die Sitzung auf. Morgen würden alle wieder vor der Curia Calabra auf dem Capitolium zusammentreten und die Inauguratio verfolgen.
Zu Gratulieren gab es noch nichts - erst die Inauguratio bestimmte die Zulassung zum Amt. Es war jedoch jedem klar, dass es eigentlich keine andere Möglichkeit gab, als dass Valerianus von Iuppiter akzeptiert werden würde...
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Wenn nur alle Termine so wenig anstrengend gewesen wären wie diese Sitzung des Collegium Pontificium hätte Valerianus sich wesentlich besser mit dem Amt des Kaisers anfreunden können. So konnte er wenigstens verbuchen, nicht laut sprechen zu müssen und trotz eines wichtigen Auftritts nur wenig Kräfte zu verbrauchen. So aufmerksam wie man in dieser Stille noch bleiben konnte, folgte er mit den Blicken den einzelnen benannten Flamines, Vestalinnen und Pontifices, um deren Meinungen anzuhören.
Zwar gab es am Ende noch nichts zu gratulieren, doch immerhin gehörte es sich wohl, einen Dank auszusprechen.
"Ich danke für eure einhellige Zustimmung. Wir werden sehen, ob sich die Götter ebenso einig sind wie das ehrenwerte Kollegium."
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Das traurige Häuflein, das sich in der Regia versammelt hatte, blickte recht trübselig drein, als einer der Pontifices Minores den Brief des Vesculariers verlas. Die Reihen waren weitgehend verwaist, die meisten Pontifices hatten sich davon gemacht, ehe Salinator sie demütigen konnte. Einige hatten aber gehofft gehofft, dass er sich einfach nicht für den Cultus Deorum interessierte - so wie er es als Praefectus Urbi auch getan hatte. Allerdings war das eine Missachtung der Realitäten gewesen, denn ein Kaiser, der nicht zugleich Pontifex Maximus war, war undenkbar. Dass nun auch noch ein gewisser Pannonicus dieses ehrwürdige Gremium leiten sollte, ein Aufsteiger aus der Provinz, war wohl erst ein Vorgeschmack darauf, was man der Priesterschaft alles antun würde. Ein Pontifex berichtete gleich über den Lebenslauf den jungen Mannes, der aus Sirmium stammte und dort zumindest dank seines Vaters rasch unter die städtischen Pontifices gewählt worden war. Nun war er aber nur Quaestorier - wo der Pontifex pro Magistro doch zumeist aus den Consularen gewählt wurde! Und dazu war er nur so alt wie die Kinder der meisten anderen Pontifices!
Curiatius Fistus, der Flamen Quirinalis, stützte seinen Kopf auf die Faust und sagte nur: "Das ist der Anfang vom Ende. Tiberius würde sich im Grabe umdrehen, wenn man ihn ordentlich bestattet hätte." Beipflichtendes Gemurmel erhob sich. Auch, dass man dem alten Tiberier ein ehrenvolles Begräbnis verweigerte, war für die Priesterschaft ein Schlag ins Gesicht. "Und er führt den Titel ja bereits! Müssen wir das wirklich tun?" warf ein anderer ein.
Schließlich beendete Menenius Lanatus, der als Rex Sacrorum die interimistische Leitung des Gremiums übernommen hatte, das Lamentieren."Wir haben keine Wahl. Ich beantrage die Cooptatio des Potitus Vescularius Salinator, Imperator Caesar Augustus, und des Marcus Hosidius Pannonicus. Gibt es Gegenstimmen?" Niemand wagte es, seine Hand zu heben - zu groß war die Angst vor der Rache des Imperators. Ebenso bei der Wahl des Pontifex Maximus: "Ich beantrage, den designierten Pontifex Potitus Vescularius Salinator zum Pontifex Maximus zu wählen und eine Inauguratio anzusetzen." Wieder gab es kein Zeichen. Also wurde ein Termin festgelegt und das Collegium trat auseinander. Die Motivation war ohnehin zu gering, um produktiv irgendwelche kultischen Belange zu bereden.
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“Dann kommen wir zum nächsten Anliegen...“ setzte Duilius Verius die nunmehr schon geraume Zeit andauernde Sitzung des Collegium Pontificum möglichst zügig fort. Heute war einer der wenigen Termine, bei welchen auch das Staatsoberhaupt sich die Ehre gab, anwesend zu sein und als Oberster unter den Ihren somit seine Meinung zum ein oder anderen die Kulte betreffenden Themen auch direkt diktieren konnte. Nur so langsam glaubte der Duilier, dass die Geduld seines bislang größten Gönners sich bei all diesen Themen so langsam aber sicher dem Ende neigen könnte, was das Ansprechen des nächsten Anliegens nicht unbedingt einfacher machte.
Etwas zögerlich sah Duilius Verius zu Imperator Vescularius auf, nur um gleich seinen Blick wieder auf das ihm vorliegende Schriftstück zu heften. Er konnte schlecht einschätzen, wie der Kaiser reagieren würde. Überhaupt war er nicht sicher, ob Salinator sich bewusst war, dass er, Duilius, einen Tiberier überhaupt zum Dienst an den Göttern aufgenommen hatte, wenngleich auch nur als einfacher Aedituus. Mit etwas Glück sah Salinator, welch niedrige Stellung das für einen Patrizier sein musste. Allerdings war damit nicht unbedingt zu rechnen.
Bevor die Pause allzu groß zu werden drohte, sah sich der Pontifex dann aber doch gezwungen, das Thema anzusprechen, und hoffte einfach auf das beste. “Tiberius Lepidus, der nun seit geraumer Zeit als einfacher Aedituus im Capitolinum arbeitet. Er bitten um Kooptation in das Collegium Pontificum als Pontifex minor. Weitere Referenzen außer einem Verweis auf seine Arbeit liegen dem Bittgesuch nicht bei.“
Ein wenig nervös räusperte Duilius sich am Ende seiner doch recht knapp gehaltenen Ansprache und wartete auf Kommentare des Pontifex Maximus, oder Rückfragen. Denn wenn er schon hier war, oblag ihm natürlich auch die Meinungsfindung des Collegiums. Keiner der anwesenden Männer hatte den Schneid, ihm wirklich zu widersprechen. -
Potitus war ausnahmsweise anwesend. Normalerweise überließ er die Leitung des Collegium Pontificium natürlich seinem treuen Gefolgsmann Marcus Hosidius Pannonicus, den er auch zum Pontifex pro Magistro ernannt hatte! Aber ab und an musste er sich eben doch zeigen, um den anderen unmissverständlich klar zu machen, dass Pannonicus stets in seinem Auftrag handelte, denn als junger inzwischen ehemaliger Aedil war der Hosidier den ganzen alten Herren im Gremium manchmal nicht recht gewachsen!
Dieser Antrag des Duiliers zeigte allerdings wieder einmal, dass sein Mann die Priesterschaft offensichtlich nicht recht im Griff hatte. Allein der Antrag war lächerlich! "Tiberius, ja? Vielleicht ein Verwandter des Verräters Tiberius?" fragte der Kaiser laut in die Runde. "Ist das euer Ernst?"
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Der Kaiser war offensichtlich nicht amüsiert. Duilius Verus zuckte einmal ganz leicht unter der frage zusammen und bemühte sich um möglichst diplomatische Wortwahl.
“Ein entfernter Verwandter, mein Kaiser. Ich erwähnte sein Gesuch nur der Vollständigkeit halber, da ich nicht ohne deinen weisen Schiedsspruch eine Entscheidung treffen wollte. Soll ich demnach deine Ablehnung des Gesuches mitteilen?“ Vielleicht hätte der Duilier das auch gleich selber machen sollen und sich nicht der vagen Hoffnung hingeben, dass Salinator erkennen würde, auf welch niedrigem Posten man den Patrizier hatte zappeln lassen. -
Potitus nickte. "Selbstverständlich! Er kann sich als Tempelsklave bewerben, wenn er will! Aber doch nicht als Pontifex!" stellte der Kaiser dann ein- für allemal klar. Er wollte keine Angehörigen von Verrätern in irgendwelchen angesehenen Ämtern! Wer sich mit dem Kaiser anlegte, der würde zu spüren bekommen, wer der Stärkere war!
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Nachdem das Collegium in den Wirren des Bürgerkriegs seit längerer Zeit nicht mehr zusammengetreten war, hatte man sich wenige Tage nach dem Einzug Palmas erneut versammelt - oder zumindest den traurigen Rest, der verblieben war. Von den Günstlingen Salinators hatte es keiner mehr gewagt, der Einladung von Menenius Lanatus, dem Rex Sacrorum, zu folgen. Damit waren die Verbliebenen aber eigentlich sehr zufrieden, denn unter der Knute des Hosidius Pannonicus als Pontifex pro Magistro hatte regelrechtes Chaos in den Religionsdingen geherrscht. Es konnte also nur besser werden - und gerade der Name Cornelius bürgte ja für Sittenstrenge und Wahrung der Traditionen.
Diesen Cornelier erwartete man also nun, um ihm die Möglichkeit zu geben, auch sein religiöses Programm vorzutragen und dann die Wahl wohl direkt anzunehmen.
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Die vestalischen Jungfrauen wohnten natürlich der Sitzung bei. Waren sie doch selbst sehr interessiert daran, zu erfahren, wie wohl der neue Pontifex Maximus so war. Bisher hatte sie recht wenig in Erfahrung bringen können, nur dass dieser angeblich nicht so willkürlich wie Vescularius war, sein Wort hielt und an alten Traditionen interessiert sei. Traditionen die eventuell auch was mit dem cultus deorum zu tun hatten. Den gesamten Kult wieder ins vordere Licht rückte, darunter eben auch die Vestalinnen. Dass ihnen wieder mehr Anerkennung wie zum Beispiel zu Zeiten unter Augustus zu kam. <<Träumen darf man ja wohl doch.>> Auf jeden Fall nahm Messalina nicht frontal Platz, sondern setzte sich eher abseits entfernt hin und erhaschte sich so die Blicke. Waren ihr doch die Sitzungen oftmals mühselig und am Ende doch sinnlos gewesen. Sie kannte ja nur die Zusammentreffen unter Vescularius als Pontifex Maximus, der sich nur vertreten lies, keines Blickes die Regia würdigte und seine Anhänger im Kult machten was sie wollten, ihren Status mehr oder weniger ausnutzten.
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Die Einladung des Collegium Pontificium hatte Cornelius Palma insbesondere deshalb gefreut, weil er niemanden darauf hatte ansetzen müssen, dass man ihn einlud. Es war zwar wahrscheinlich trotzdem kein Zufall, dass die Einladung so schnell kam, sondern der einen oder anderen Bemerkung von ihm geschuldet, aber er folgte ihr in jedem Fall sehr gerne. Bisher hatte er noch kein nennenswertes Priesteramt in Rom bekleidet und nur die Kultpflichten als Statthalter in den Provinzen wahrgenommen, aber dafür sollte es nun gleich um das Amt des obersten Pontifex gehen.
"Salvete Pontifices! Salvete Vestales! Ich sehe betrübt, dass auch hier einige Plätze leer bleiben, wie es schon im Senat der Fall war. Trotzdem danke ich dem Rex Sacrorum für die Dringlichkeit der Einladung, denn der Dienst an den Göttern und die Pflichten des Collegiums können darauf wohl kaum Rücksicht nehmen. Vielmehr gilt es, umso eifriger daran zu arbeiten, unseren Pflichten nachzukommen und damit auch Rom einen Teil der Sicherheit zu geben, die es so dringend benötigt. Daher möchte ich mich auch gar nicht lange mit Vorreden aufhalten, sondern dem Wunsch des Rex Sacrorum nachkommen und durch meine Anwesenheit hier meine Kandidatur für das Amt des Pontifex Maximus bekanntgeben."
Wenn Cornelius Palma es so hielt wie im Senat, bedeutete dies aber keineswegs, dass er später nicht doch noch eine längere Rede zu halten gedachte.
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