• Da er tatsächlich nichts anderes zu tun hatte, ging Ursus im Garten unruhig auf und ab. Natürlich war niemand hier. Nie war irgendwer irgendwo. Alle hatten schwer zu tun - außer ihm! Es war fast, als würde man ihm aus dem Weg gehen. Das Haus war voller Menschen, doch er bekam niemanden zu Gesicht. Und hatte er doch mal einen Gesprächspartner, wurde er fortgerufen wegen irgendwas wichtigem.


    Verdammt, er wollte etwas tun! Er wollte nicht nutzlos rumhängen wie ein Tunichtgut! Auf dem Markt fand er wahrhaftig mehr Gesprächspartner als hier im Haus seiner eigenen Familie. Nun war er schon eine Ewigkeit wieder hier und hatte immer noch nicht alle im Haus gesehen oder gesprochen. Beim Essen waren nie alle da, Corvinus vergrub sich in seinem Arbeitszimmer, Cotta war der einzige, der sich wenigstens hin und wieder blicken ließ, die Frauen waren gar nicht zu sehen, anscheinend zogen sie es vor, ständig in ihren Zimmern zu bleiben. Nicht mal die kleine Sisenna ließ sich mal blicken.


    Seine Schritte wurden schneller und ausgreifender. Wenn er noch länger so hin und her lief, würde er vermutlich das Gras auf der Linie, die er immer auf und ab lief, ruinieren. Doch das bemerkte er in seinem stillen Ärger nicht einmal.


    Er brauchte eine Aufgabe. Aber woher nehmen und nicht stehlen? Warum hatten sie ihn nur nach Athen geschickt? Das hatte ihn der Familie entfremdet und hatte ihn aus dem Gefüge, das aus den Tätigkeiten der einzelnen Familienmitglieder gebildet wurde, herausgerissen. Nun war da kein Platz mehr für ihn, alles funktionierte und er wurde schlicht nicht gebraucht.


    Sicher, er könnte sich nun hinsetzen und irgendwelche klugen Schriftrollen wälzen. Aber das hatte er in Athen doch wirklich zur Genüge getan. Und ihm fehlte im Moment auch die innere Ruhe für so etwas.


    Verfluchter Corvinus, der alles meinte allein machen zu müssen vor lauter Angst, ein anderer könnte es besser machen als er! Einen anderen Grund konnte es ja nicht dafür geben, daß er keine Aufgaben abgab und sich selbst vor Arbeit zugrunde richtete, während andere an Langeweile starben, oder?


    Ach, verflucht! Hatte er etwa Selbstmitleid? Das hatte ihm gerade noch gefehlt!


    Sein Gesichtsausdruck wurde noch verbissener und zorniger, während er seine Füße immer heftiger aufsetzte beim Gehen. Der reinste Gewaltmarsch...



    Sim-Off:

    Möchte vielleicht irgendwer?


    Edit: Sim-Off

  • Geräusche und Schritte drangen an ihr Ohr. Sie schreckte aus ihrem Nickerchen auf. Irgendjemand war in ihrer Nähe. Gut versteckt unter einem Busch auf dem Bauch liegend krabbelte Tilla nach vorne und spähte unter den Ästen des Busches nach vorne. Verschlafen blintzelte sie den Mann an und kramte in ihrem Gedächtnis nach, ob sie ihn schon kannte. Mhm.. vom Sehen sowieso aber zu tun hatte sie mit ihm noch nie gehabt. Tilla wischte sich die langen Haare aus dem Gesicht und schnappte sich ein paar kleinere Steine. Nur zur Sicherheit nahm sie diese in ihre Hand. So leise sie konnte krabbelte sie wieder nach hinten und kam ein paar Büsche weiter aus der Seite heraus. Schnell klopfte sie die baumwollene dunkelrote Tunika ab und spähte zu Ursus rüber. Der lief immer noch auf und ab. Mit schief gelegtem Kopf und mit den Füßen wippend sah sie ihm zu, wagte nach einer Weile kleine Schritte in seine Richtung. Ihr fiel etwas besseres als Zuschauen ein. Mit der freien Hand tastete sie nach ihrer Schreibtafel, hockte sich auf den Hosenboden und begann Ursus zu skizzieren.

  • Es dauerte eine ganze Weile, bis Ursus merkte, daß er nicht mehr allein war. Eine junge Frau saß da und kritzelte eifrig auf einer Wachstafel herum. Eine Sklavin, ihrem Aussehen nach zu urteilen. Sie schaute ihn immer wieder an und kritzelte dann weiter. "Was?", herrschte er das Mädchen recht ruppig an, obwohl sie ja nun überhaupt nichts für seinen Ärger konnte.


    "Schickt Dich jemand? Sollst Du mir etwas ausrichten?", fragte er dann etwas ruhiger, weil er sich nun auch noch darüber ärgerte, daß er so unbeherrscht gewesen war. So benahm sich ein Patrizier nicht. Schon gar nicht gegenüber dem Personal.


    Er trat an die Sklavin heran, um einen Blick auf die Tafel zu werfen. Und streckte die Hand danach aus. Eine eindeutige Geste, die danach verlangte, daß sie ihm die Tafel übergab.

  • Hoppla!! Sie fuhr zusammen und liess die Tafel beinahe fallen. Im letzten Moment fing sie sie wieder auf, sah Ursus erschrocken an. Tilla spürte, dass sie gar nicht bedacht hatte, dass es ihm unangenehm werden könnte, wenn sie ihn malte. Auf den Lippen kauend schüttelte sie den Kopf, um somit seine Fragen zu beantworten. Seine ausgestreckte Hand liess sie instinktiv ein Stückchen von ihm weg zurückweichen.


    Wollte er etwa die Tafel haben.? Tilla sah auf das halbfertige Profil und knabberte ihre Untelippe an. Mhm.. sollte sie es tun? Mit einer vorsichtigen Geste legte sie die Tafel genau dort auf dem Rasen ab, wo sie zuletzt gesessen hatte und spannte innerlich ihre Muskeln an. Durch die gute Verpflegung und die viele Arbeit war sie kräftiger geworden. Die Angst vor Männern jedoch, die plötzlich gewalttätig wurden, hatte nicht nachgelassen, bescherte ihr so manchen Alptraum. Fest umklammerte sie den stilus, musterte Uruus Mimik aufs genaueste.

  • Sie hatte offensichtlich große Angst vor ihm. Und sprach kein einziges Wort. Nur ein Kopfschütteln, das wohl die Antwort auf seine Fragen sein sollte. Also war sie einfach so hier. Faulenzen gehörte eigentlich nicht zu den Dingen, die hier den Sklaven so ohne weiteres erlaubt war.


    Doch bevor er sie deswegen rügen wollte, bückte er sich erst einmal nach der Tafel, die sie ängstlich auf den Boden gelegt hatte. Als er erkannte, was sie da versucht hatte zu zeichnen, hob sich eine Augenbraue. Sie hatte ihn gut getroffen, Talent schien sie also zu haben. Doch sein Gesichtsausdruck war wahrhaftig zum Fürchten. Nunja, warum auch nicht? Es war ja niemand da, den es stören könnte. Und Sklaven zählten nicht.


    "Mach das weg. Wenn Du mich schon malst, dann gefälligst vorteilhaft." Soweit kam das noch, daß der Nachwelt sein grimmigstes Gesicht überliefert wurde. Er reichte ihr die Tafel zurück und trat dafür wieder ganz nahe an sie heran.


    "Ich tue Dir nichts. Zumindest nicht, wenn Du gehorsam bist." Er hielt auch nichts davon, unnötig hart mit Sklaven umzugehen.

  • Er sah ihre Skizze an und hob sogar eine Augenbraue. War das ein gutes oder schlechtes Zeichen? Ursus gab ihr die Tafel zurück. Erleichtert nahm sie die Tafel wieder an sich und wollte dem nachkommen, was er ihr gesagt hatte. Doch sein näherkommen machte alles zunichte.


    Tilla liess den stilus und die Steine fallen. Abrupt wich sie abermals vor ihm zurück, stiess mit dem Rücken gegen eine steinerne Bank. Autsch.. dass würde einen blauen Fleck ergeben. Schnell krabbelte sie unter der Bank durch, liess sogar die Tafel liegen. Alles.. nur bitte nicht näherkommen. Zitternd rutschte Tilla noch ein Stückchen nach hinten zurück, grub ihre Hände in den Rasen hinein. Eigentlich würde sie zu gerne ihm gehorchen, nur ihre Angst war größer als ihr Wille. Heftiger als zuvor kaute sie auf ihren Lippen, spähte mit zusammengekniffenen Augen zu Ursus rüber. Vielleicht erkannte er an ihrer furchtsamen Körpersprache was los war.. oder auch nicht. Tilla hoffte auf ersteres, merkte kaum, wie die Unterlippe aufplatzte und zu bluten anfing.

  • Was sollte das denn? Vor lauter Angst kroch sie sogar unter der Bank durch? Er hatte ja durchaus schon ängstliche Menschen erlebt, aber das hier war doch außerordentlich. Natürlich blieb er stehen, als er sah, daß sie sich sogar vor lauter Angst verletzte.


    "Du brauchst keine Angst zu haben. Schau, nun hast Du Dich selbst verletzt. Ich kenne Dich nicht, also bist Du wohl neu hier. Hast Du einen Namen? Wie heißt Du, Mädchen?" Er hob ihre Tafel und das Schreibgerät auf und legte sie auf die Bank, die nun zwischen ihnen stand. Er kam auch nicht näher. "Wir mißhandeln niemanden, hörst Du?"


    Natürlich erwartete er langsam mal eine Antwort auf seine Fragen. Schließlich konnte er nicht ahnen, daß das Mädchen stumm war. "Also?", fragte er daher nochmals nach, als sie nicht sogleich antwortete.

  • Sie sollte keine Angst haben, wenn er einfach so näherkam? Wie bloß sollte sie das ihrer Angst erzählen? Tilla wischte mit dem Unterarm das Blut von der Unterlippe fort, sah ihn ängstlich an. Wie und woher sollte sie wissen, das er keinen misshandelte? Sie kannte ihn nicht. Vielleicht tat er jetzt nur so freundlich, um später erst sein wahres Gesicht zu zeigen. Sie verharrte eine ganze Weile auf ihrem Platz bevor sie endlich zur Tafel griff. Sie ritzte ihre Antwort ein und legte die Tafel wieder zurück auf die Bank. Darauf stand nun. *Mein Name ist Tilla und ja ich bin neu. Ich bin stumm, kann euch nicht genauso antworten wie ihr es tut. Tafel und Stift ersetzen meine Stimme und Zunge.* Die Stelle an der Schulter schmerzte nur noch ein bisschen, es tat weh so angespannt auf dem Rasen zu sitzen. Abermals wischte sie sich über die leicht zitternde Unterlippe, sah sich aus den Augenwinkeln um..

  • Sie war wirklich die Verkörperung von Angst. Sogar die Lippe hatte sie sich vor lauter Furcht blutig gebissen. Ursus setzte schon dazu an, etwas zu sagen, da kritzelte sie etwas auf die Wachstafel und legte sie dann wieder auf die Bank. Natürlich brachte sie sich dann wieder schnell in Sicherheit.


    Irgendwie ärgerte es Ursus, daß sie ihm nicht glaubte. Immerhin hätte er längst tun können, was immer sie fürchtete, wenn er es wirklich wollte. Sie waren allein hier. Sie war eine Sklavin und er ein Patrizier, einer ihrer Eigentümer. Im Grunde dürfte er nahezu alles mit ihr tun und müßte sich nicht im Geringsten rechtfertigen.


    Er griff nach der Tafel und blickte sie leicht ärgerlich an, noch bevor er las, was da stand. "Es ist jetzt aber wirklich langsam gut. Wenn ich Dir etwas tun wollte, hätte ich es längst getan. Für was hältst Du mich eigentlich? Nun steh mal auf und setz Dich auf die Bank. Ich tue Dir nichts und ich werde auch nicht zu nahe herankommen, ja?" Er ging sogar noch zwei Schritte zurück und deutete dann nochmal auf die Bank. Langsam wurde es ihm mit diesem ängstlichen Bündel zu dumm.


    Natürlich zweifelte er nicht daran, daß sie ihm gehorchen würde. Es war ihre Pflicht, ihm zu gehorchen. Deshalb sah er nicht mal hin, sondern öffnete die Wachstafel, um zu lesen. Wieder hob sich eine Augenbraue. Eine wahrhaft dumme Angewohnheit, denn es verriet einfach zu sehr, was in ihm vorging.


    Stumm! Wer kaufte denn eine stumme Sklavin? Noch dazu so ein verängstigtes Ding? Mit der war doch kaum etwas anzufangen. Man konnte ihr ja nicht mal einfachste Botengänge anvertrauen, denn in Rom konnte nun mal lange nicht jeder lesen.


    Sein Blick richtete sich wieder auf das Mädchen...

  • Schweigend beobachtete sie ihn, versuchte fast schon krampfhaft ihre Angst kleiner zu machen und nicht mehr so arg viel davon zu zeigen. Irgendwie hatte er recht, nämlich damit, dass er schon längst hätte etwas tun können. Jetzt erlaubte er ihr auch noch sich auf die Bank zu setzen und nahm die Tafel an sich. Tilla legte den Kopf schief und betrachtete die Bank. Er würde nicht näher kommen. Das klang gut.


    Vielleicht sollte sie wenigstens versuchen ihm zu glauben? Langsam stand sie auf, nahm Platz, schaukelte mit den Füßen, um irgendwie noch ein bisschen in Bewegung zu sein, reagieren zu können. Mit Überraschung sah sie, wie seine Augenbraue sich wieder nach oben wölbte. Hm.. was sollte das jetzt bedeuten? Abermals legte sie den Kopf schief, wünschte sich ihre Stimme zurück, um zu fragen was los war. Aber ohne Tafel und Stift war es schwierig, da half nur ihre Mimik und Gestik. Schnell setzte sie eine fragende Miene auf, verlangsamte das Schaukeln mit den Füßen. Jetzt wo sie ihn gehört hatte, kam er ihr nicht wie einer vor, der wirklich jemanden misshandeln konnte.

  • Sie hatte sich tatsächlich auf die Bank gesetzt. Nichts anderes hatte er erwartet, denn er war es gewöhnt, von ausgezeichneten, gehorsamen Sklaven umgeben zu sein. "Dann erzähl mir doch mal, warum Du hier im Garten bist? Und wo man Dich eingeteilt hat." Er reichte ihr die Tafel zurück, denn ohne sie würde sie sich kaum mitteilen können.


    Er hielt sein Versprechen, nicht näher zu kommen. Und betrachtete sie eingehend, während sie antwortete. Dabei überlegte er, was es für Vorteile oder Nachteile haben konnte, wenn eine Sklavin stumm war. Eigentlich war sie ja nicht stumm, sie konnte ja lesen und schreiben. Das schränkte den Hauptvorteil, daß sie verschwiegen wäre, gleich wieder ein. Eigentlich überwogen die Nachteile. "Bist Du schon immer stumm gewesen? Ich habe gehört, Stumme können mit den Händen reden. Kannst Du das auch?" Das wäre mal interessant. Dann könnte man sich mit ihr austauschen und so gut wie niemand könnte es verstehen. Das könnte wieder ein großer Vorteil sein

  • Uhm.. musste er jetzt fragen warum sie hier im Garten war? Tilla blickte zu dem Busch zurück, unter dem sie geschlafen hatte. Die Tafel bekam sie zurück. Mit einem Nicken legte sie diese auf ihrem Schoß ab, überlegte, was sie schreiben sollte: Lüge oder Wahrheit? *Ich bin im Garten, weil ich lange keinen so schönen Garten mehr gesehen habe. Manchmal beobachte ich die Kaninchen, geniesse die Wärme der Sonne und dann schlafe ich ein, weil ich müde werde. Zugeteilt bin ich noch nicht so richtig zu einem Bereich. Meist laufe ich Dina hinterher, gucke zu was sie macht und versuche ihr dabei zu helfen.* Es war die Wahrheit. Tilla wollte schon die Tafel mit einem Fuß ihm zu schieben. Doch er stellte noch eine Frage. Sie nahm die Tafel auf und schrieb weiter. *Nein, nicht immer stumm. Fünf Jahre ist es her, als mein alter Herr wegen einem Fehler mich bestrafte, den ich begangen habe, weil er mich unbedingt als Ersatz für einen kranken Sklaven bei einem Wein-Gelage einsetzen wollte. Ich machte das Einschenken zum allerersten Mal. Niemand zeigte oder sagte mir was ich machen soll. Und da passierte es...* Tilla stockte im Schreiben und beschloß den Satz offen zu lassen. Tief durchatmend schob sie ihm die Tafel zu, verschränkte die Füße ineinander.

  • Ursus las die Tafel. Und sein Mund wurde zu einem schmalen Strich, als er las, daß ihr vorheriger Herr diesem Mädchen die Stimme genommen hatte wegen einer Ungeschicklichkeit beim Einschenken. Sie konnte natürlich nicht wissen, warum sein Gesichtsausdruck schon wieder zu Zorn wechselte. Und er ließ sich auch Zeit damit, das Wort wieder zu ergreifen. Denn er mußte ihre Worte abermals lesen, um wirklich zu glauben, was da stand.


    Mit einem tiefen Atemzug gab er der jungen Sklavin die Tafel wieder. Er brauchte noch einen Moment, bis er einen strengen Blick zustande gebracht hatte. "Es ist sicherlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Du Dich mal an diesem Garten erfreust. Auch nicht, wenn Du gerade nichts zu tun hast und eine kurze Pause machst, bevor Du die nächste Aufgabe in Angriff nimmst. Aber gefaulenzt wird hier nicht, verstanden? Es gibt immer genug zu tun." Er konnte schließlich nicht unterstützen, daß dieses Mädchen sich hier einfach in den Garten legte und schlief!


    "Und das andere... So etwas wird Dir hier nicht passieren. Das ist entsetzlich und vollkommen unsinnig!" Warum sollte man seinen Besitz auf eine Weise beschädigen, daß der Nutzen eingeschränkt wurde? Sie hätte auf einfachere Weise und ohne bleibende Schäden sicher ebenso effektiv bestraft werden können. Und so, daß sie daraus lernt. Mißhandlungen führten doch zu nichts!


    "Du hast meine letzte Frage nicht beantwortet. Kannst Du mit den Händen reden?" Er nahm nicht an, daß sie ihm die Antwort mit Absicht schuldig geblieben war. Die Erzählung, wie sie ihre Stimme verloren hatte, dürfte sie einfach zu sehr aufgewühlt haben, um daran noch zu denken.

  • Dieses Mal bewegte seine Augenbraue nicht nach oben. Schade, sie hatte diese kleine Mimik beinahe erwartet. Dafür war etwas anderes auf seinem Gesicht zu lesen. Nämlich Zorn! Tilla zuckte zusammen und rutschte nur ein winziges Stückchen auf der Bank beiseite. Schweigend nickte sie zu seinen Worten. Da waren diese kleine 'Fluchten' in den Garten sowas wie eine kleine Auszeit. Sie wischte das Wachs glatt und schrieb auf, was sie zu dem Dienst im Haus bisher erlebt hatte. *Klar gibt es immer was zu tun. Nur Dina gefällt es nicht mich ständig um sich herum zu haben und schickt mich weg. Sie weiss, wo ich bin und dass ich meistens in den Garten gehe. Außerdem kenne ich noch nicht alle Aufgaben im Haus. Eine eigene Aufgabe habe ich bisher nicht bekommen.*


    Sollte sie hinzufügen, dass sie fünf Jahre auf der Straße gelebt hatte? Es war eine sehr lange Zeit und hatte sie das meiste vergessen lassen, was sie zuvor im Haus ihres alten Herrn getan hatte. Ursus Stimme lenkte sie von ihren Gedanken ab. Entsetzlich und vollkommen unsinnig! Tilla legte den Kopf schief, schluckte hart. Ja, damit hatte er recht. Sie schob die Tafel ihm zu, um die Hände die zu haben und erwiderte gebärdend. Mit den Händen reden, ja. Das ist einfach. Die Straßenkinder haben mich draufgebracht. Ups, jetzt hatte sie doch die Straße erwähnt. Naja.. vieleicht hatte er es nicht verstanden. Das ist 'Trinken' und das ist 'Essen', das ist 'Schreiben'. Tilla fügte jeweils die Geste des Trinkens, Essens und Schreibens vor, hielt imaginär einen Trinkbecher, ein Besteck oder einen Stift in der rechten Hand. Sie lächelte unbewusst ihn an, froh drüber ein paar Gesten machen zu dürfen.

  • Ursus nahm die Tafel entgegen und las, was sie geschrieben hatte. Ja, er konnte sich schon vorstellen, daß es Dina nervte, ständig jemanden bei sich zu haben. Doch in dem Fall sollte sie sich eben eine sinnvolle Beschäftigung für Tilla einfallen lassen, wie es sich gehörte. Normalerweise hätte er jetzt Dina zu sich gerufen, um ihr das entsprechend klarzumachen. Doch als er sah, daß Tilla tatsächlich mit den Händen reden konnte, verwarf er diesen Gedanken wieder.


    "Du kannst also wirklich mit den Händen reden. Ich habe so gut wie nichts verstanden. Reden habe ich verstanden, das war so." Er machte die entsprechende Geste. "Und dann essen, trinken, schreiben." Er wiederholte auch diese Gesten und nickte dann zufrieden.


    "Gut, damit hast Du Deine erste Aufgabe. Du wirst jeden Tag eine Stunde zu mir kommen und mir diese Händesprache beibringen. Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn Du sie auch den anderen Sklaven beibringen würdest, damit sie Dich auch schnell verstehen, ohne langes Schreiben. Richte Dina das aus. Beides." Er fand das seine sehr gute Idee. Das war wirklich praktisch.

  • Er hatte sie verstanden.. das waren auch keine schweren Gesten. Nickend bestätigte sie seine Worte zu den Gesten und ahmte sie nach, um sie ihm noch einmal zu zeigen. 'Reden'. 'Trinken'. 'Essen'. 'Schreiben'. erwiderte sie. Sie sollte zu ihm kommen? Tilla konnte nicht anders und riss die Augen auf. Upsa... und nun? Sie umklammerte die Bank mit den Händen. Darüber nachdenken durfte sie wohl nicht, es klang eher wie eine Aufforderung, gar wie eine Aufgabe. Sie kaute auf der Unterlippe und bemerkte, dass diese nicht mehr blutete. Das Blut war schon am Trocknen.


    Bisher hatte Ursus sich daran gehalten nicht näher zu kommen und er schien sich wirklich mit ihrem Geschreibsel und Gebärden beschäftigen zu wollen. Ein gutes Zeichen? Tilla nickte zögernd. Ja. Um sicherzugehen, dass er sie verstand, strich sie abermals das Wachs auf der Tafel glatt und schrieb einmal mehr was sie ihm mitteilen wollte. *Dina kann schon ein paar meiner Gesten verstehen. Die anderen Sklaven haben noch nicht danach gefragt, weil ich zuletzt mehr mit Dina zu tun hatte.* Nun zeigte sie ihm die Gesten die sie Dina beigebracht hatte. 'Komm'. 'Geh.' Sie winkte eine imanigäre Person zu sich und schickte sie mit derselben Bewegung rückwärts wieder fort. 'Bitte hilf mir.' fügte sie hinzu, setzte eine bittende Miene auf, klatschte zweimal mit den Händen.

  • Ursus beobachtete sie aufmerksam. Ja, das war eigentlich gar nicht so schwer. Er sagte die Worte, die er aus ihren Gesten verstand und hoffte, daß sie ihm zu verstehen geben würde, wenn es falsch war. Also sagte er nach ihrer jeweiligen Geste. "Reden, trinken, essen, schreiben, - - Komm, geh... bitte?" Beim letzten war er sich nicht sicher, ob er die Bedeutung vollständig erfaßt hatte.


    "Ich setze mich mal auf die Bank da, dann ist es bequemer." Er deutete auf eine Bank, der ihren gegenüber und etwas näher bei ihr als sein bisheriger Standort. Damit sie sich nicht fürchtete, kündigte er es ihr an und ging erst dann zu der Bank, auf die er sich setzte.


    "Ich würde jetzt von Dir gerne folgende Sätze lernen: Komm schnell, - -Es ist sehr wichtig, - - Besuch für Dich." Es waren die Dinge, die sie ihm wohl am ehesten zu sagen haben würde, deshalb wollte er das als erstes lernen. Doch er war durchaus gewillt, sie vollständig zu verstehen und nicht nur wenige Sätze. Und er wollte sich ihr auch stumm mitteilen können. Ohne daß andere es verstehen konnten.

  • Abermals nickte sie zu jedem Wort, wiederholte die Gesten. Tilla spannte sich an, als er ankündigte sich auf die andere Bank zu setzen.. aber im nachhinein war es völlig unnötig. Seine Körpersprache sprach keine Drohungen aus und seine Mimik war immer noch freundlich. Schweigend wartete sie ab, bis er ruhig saß und hob ihre Hände, um weiter zu gebärden.


    Etwas langsamer als vorhin wiederholte sie das zuletzt genannte. Bitte hilf mir. Zusätzlich benutzte sie die Tafel als Hilfsmittel, kritzelte die drei Worte auf das Wachs und deutete nach jeder einzelnen Geste auf das Wort. Bitte hilf mir. Ursus fragte sie nach anderen Gebärdenzeichen. Tilla zog die Augenbrauen zusammen, überlegte eine Weile. Schliesslich beantwortete sie. 'Komm schnell' mit mehrmaligem Herbeiwinken einer imanignären Person, setzte eine ernste wichtige Mimik auf und malte den Umriss der fiktiven Person in die Luft. Um zwischen den Personen zu unterscheiden fügte sie etwas hinzu. 'Mann'. 'Frau' Die Geste für Mann bezeichnete sie mit einem soldatischen Gruß an die Stirn. Die Frau mit einem Ohrring am Ohr. Vielleicht verstand er es ohne Aufmalen? Hoffnungsvoll zog sie die Augenrbauen nach oben, sah fragend drein.

  • "Ah, gut. Bitte hilf mir." Ursus wiederholte die Gesten, um sie sich besser einzuprägen und nickte dann zufrieden. Das war nicht schwer, die Gesten waren recht eindeutig. Eigentlich schon fast zu eindeutig. Vielleicht konnten sie ja nach und nach neue Gesten erfinden. Unauffälligere. Aber das war Zukunftsmusik, erstmal lernen, was sie konnte.


    Die ersten beiden Sätze waren auch nicht schwer. Wieder waren es sehr eindeutige Gesten, vor allem zusammen mit der Mimik. Aber der letzte Satz schien schon etwas ausgefallener zu sein. Ursus legte den Kopf schief und versuchte zu raten. "Ein Soldat ist da ... Eine reiche Frau mit viel Schmuck ist da?", fragte er und war sich alles andere als sicher, ob er sie verstanden hatte. Es schien ihm zu speziell, bestimmt hatte sie es allgemeiner gemeint? "Oder sollte das Mann und Frau heißen?" Jetzt klang seine Stimme wirklich unsicher, es war etwas weit hergeholt, fand er.

  • Sie lächelte Ursus scheu an, freute sich innerliche, sich so gut ausgedrückt zu haben, auch wenn er ein zweites Mal benötigt hatte, um sie zu verstehen. Bhende wischte sie die Tafel sauber beziehungsweise strich das Bienenwachs wieder glatt, um das Hilfsmittel zur gegenseitigen Verständigung bereit zu haben.


    Ein Soldat ist da. Eine reiche Frau mit viel Schmuck ist da? Irritiert sah sie Ursus an, kratzte sich hinterm Ohr, schüttelte heftig den Kopf, dass ihre langen Haare durch die Luft flogen. Nein. Falsch..


    Sie war ihm dankbar, dass er dann doch mit dem zweiten Raten ins Schwarze traf. Ja, genau. Mann. Frau Sie nickte, hob den Daumen, um zu bestätigen, dass er es richtig getroffen hatte. Stirnrunzelnd sah sie zu Boden, knabberte gedanklich an dem Problem. Tilla nahm die Tafel zu Hilfe. *Du sagst Soldat und reiche Frau. Ich sage Mann und Frau. Ich sehe, da ist ein Problem. Eine andere bessere Idee um besser zu beschreiben? Ich kenne noch die folgenden Gesten...* Senator. Kaufmann. Diener. Bettler. Zu ersterem genügte ein Querstrich über die Brust für den lilanen Strich. Zum zweiten, ein gut gefüllter Münzenbeutel. Zum dritten eine typische Dienerverbeugung und zum vierten eine bettelnde zittrige Hand.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!