• Hatte Calvena ihrer Freundin nichts geschrieben? Das wunderte ihn aber sehr. "Du wußtest es noch nicht?" Sein Tonfall war ehrlich erstaunt und er schüttelte den Kopf. "Das sieht ihr aber gar nicht ähnlich. Sie spricht so viel von Dir. Ob vielleicht ein Brief verloren gegangen ist? Bitte sei ihr nicht böse, ich kann mir nicht vorstellen, daß sie Dir mit Absicht ihre Schwangerschaft verschwieg. Sie liebt Dich, ich möchte gar behaupten, wie eine Schwester. Hab auf jeden Fall Dank für Deine guten Wünsche und Dein Opfer." Dafür konnte er Romana nicht genug danken.


    Ebenso wie für ihre Bemühungen. "Und hab auch Dank für Deinen Einsatz, was meine Rückversetzung hierher betrifft. Ich bewundere Dich für Deinen Mut und Deine Beharrlichkeit. Ich hoffe, der Praefectus Urbi hegt jetzt nicht auf Dauer Zorn gegen Dich. Er hat viel Macht und kann einem das Leben sehr leicht sauer machen, wie mein Fall deutlich beweist. Ich fürchte, viel kann ich nicht tun. Zumal mein Patron immer noch verschollen ist. Auf jeden Fall werde ich versuchen, zu Salinator vorzudringen, um mich bei ihm zu entschuldigen. Zwar fürchte ich, daß es nicht viel bringen wird, aber ich werde mich danach besser fühlen." Er hatte Glück, wenn er es überhaupt schaffte, Salinator selbst zu sprechen.


    Zerknirscht mußte er zugeben, daß Romana Recht hatte. "Ja, das stimmt. Ich habe es aktiv verschwiegen, damit Du glaubst, es sei nicht so. Es tut mir leid, es war feige von mir und ich kann mich nur dafür entschuldigen." Wenigstens war es jetzt heraus und die Heimlichtuerei hörte auf. "Hör zu, natürlich hast Du Recht: Ein Patron steht auch für seinen Klienten gerade. Ein Vater erst Recht für Deinen Sohn. Nimm also zunächst meine förmliche Entschuldigung für das Fehlverhalten meines Klienten, der nun leider nicht mehr mein Sohn ist. Wenn ich etwas tun kann, um Dich und Deine Familie für die entgangenen Dienste zu entschädigen, dann sag es bitte." Es störte ihn nicht, eine Entschädigung zu leisten, auch wenn er sich nicht sicher war, ob der Fehler wirklich so eindeutig auf Marhabals Seite gelegen hatte. Das Temperament der Claudia konnte durchaus auch der Grund für den ganzen Ärger sein. Doch wenn er damit ihr Verhältnis auf eine normale Basis stellen konnte und so Calvena glücklich machen konnte, dann war es ihm das allemal wert.

  • Hui, das war ja eine ganz Verschüchterte. Sah Romana wirklich so gefährlich aus? Oder war es einfach in der Natur des Mädchens vor ihr, so verfangen gegenüber Fremden zu sein? Sie wusste es nicht. Die von Natur aus couragierte Romana, der nichts und niemand auf der Welt so schnell einen Schreck einjagen konnte, fand es hie und da schwierig sich in schreckhafte Geister hereinzusetzen. Nun gut, Serrana war das auch, und Romana war eine gute Freundin von ihr, die Ausnahme mochte die Regel bestätigen.


    Sie behielt ihr Lächeln bei, als die Kleine sie respektvoll zurückgrüßte, dann aber mit etwas kam, womit Romana kaum gerechnet hatte. In ihr Lächeln mischte sich eine Portion Ungläubigkeit, und während ihre Gesichtszüge das Lächeln verloren, musterte sie Aviana.


    “Vestalin werden?“, echote sie, als hätte sie nicht recht verstanden. Die vor ihr war doch schon eindeutig zu alt. Wobei, Romana hatte es auch geschafft. Damals aber war sie 14 gewesen, was nicht so weit über dem vorgeschriebenen Alter lag. Und Aurelia Narcissa schien scheinends auch gute Chancen zu haben aufgenommen zu werden, obwohl schon 17.


    Romana konnte sich gegenüber nicht verleugnen, dass sie höchst erfreut war, eine Anwärterin auf das Amt einer Vestalin zu finden, auch wenn sie zumindest eine der normalen Voraussetzungen nicht erfüllte. Also beschloss sie, freundlich und hilfsbereit zu sein. Sie war damals an die alte und grantige Minucia Milicha gekommen, ziemlich unvorbereitet, und damals war sie ziemlich verunsichert gewesen. So was sollte künftigen Anwärterinnen erspart bleiben! “Das ist ein sehr lobenswertes Ziel! Was ich dir vorschlagen würde zu diesen Zweck, ist, dich an Tiberius Durus zu wenden. Er ist der Pontifex pro Magistro und lebt am Esquilin, die Villa Tiberia ist kaum zu verfehlen. Sag ihm, du willst Vestalin werden, und Claudia Romana von den Vestalinnen schickt dich – Claudia Romana, das bin ich. Allerdings brauchst du erst noch die Einverständniserklärung deines Vaters. Ich nehme an, jener lebt noch? Und, wie ist dein Name, nur, dass ich es weiß?“ Damit war ihr Wortschwall aber noch nicht vorbei, denn sie beugte sich etwas nach vorne. “Und sag mir... wie alt bist du eigentlich?“ Ab einem gewissen Alter konnten Vestalinnen einfach nicht mehr aufgenommen werden!

  • Romana hielt inne und musste sich gegenüber zugeben, dass Valerian damit Recht haben musste. “Ja, das wird stimmen. Ihr Brief muss verloren gegangen sein. Obwohl... dieser Brief hier ist eine direkte Antwort auf mein letztes Schreiben... sie muss mir den Brief schon vor einiger Zeit geschickt haben... ach ihr Götter, jetzt denkt sie vermutlich, was ich für eine Kuh bin, dass ich ihr nicht antworte...“ Sie seufzte. “Auf jeden Fall, das muss so sein.“ Es war wohl ein wenig dumm gewesen von ihr, anzunehmen, dass Calvena sowas vergessen würde. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er ihr gegenüber beteuerte, dass Calvena sie liebte wie eine Schwester. Es war schön, so etwas zu hören. Oder sagte er ihr das nur, weil er nicht wollte, dass Romana Calvena böse war? Aber das Gefühl von schwesterlicher Liebe war so schön, dass sich Romana erst einmal innerlich darin sonnte.


    Sie lachte leise. “Quintilius, ich kann dir nur Glück wünschen. Ich habe keine Ahnung, was sich unser Kaiser dabei gedacht hat, als er diesen Mann eingesetzt hat. Und er ist offenbar auch fest entschlossen, Vescularius an dieser Stelle zu behandeln.“ Ah ja, gemeinsame Feinde. “Und das habe ich gerne gemacht. Für Calvena“, setzte sie hinzu, zur Vermeidung aller Zweifel.


    Und dann kam der große Knaller – eine Entschuldigung. Eine Entschuldigung von Quintilius Valerian? Dem selbstgefälligen Quintilier? Romana starrte ihn eine Sekunde an, dann entschloss sie sich, das zu mögen. An sich hatte Quintilius ihr gegenüber nichts Unentschuldbares getan. Aber sein Lügengerüst, das nun zusammenfiel wie ein Kartenhaus, das ließ Romana unbeeindruckt. Aber – er entschuldigte sich. Na also. War das so schwer gewesen? War das solch eine diffizile Geburt gewesen? Sie ließ ein sanftes Lächeln zeigen. “Ich nehme an“, machte sie. “Es ehrt dich, von Entschädigung zu sprechen, aber das muss ich ablehnen, trotzdem, danke.“ Vielleicht war dieser Valerian doch kein so fürchterlicher Typ. Was so eine Entschuldigung doch so alles ausmachen konnte.

  • "Mach Dir keine Gedanken. Germanien ist weit. Sie wird gewiß nicht so schlecht von Dir denken. Allerdings muß ich zugeben, daß sie immer ganz außer sich vor Freude ist, wenn ein Brief von Dir kommt." Gut, ebenso, wenn von den anderen Freundinnen ein Brief kam. Aber warum das Herz der Claudia unnötig beschweren? Calvena hatte sie wirklich sehr gern und sie freute sich wirklich immer sehr über einen Brief von ihr.


    Er schmunzelte, als sie betonte, daß ihre guten Wünsche eigentlich Calvena galten. "Es ist trotzdem freundlich von Dir, uns Glück zu wünschen. Auch wenn es Calvenas wegen ist. Ich liebe sie und bin froh, daß sie so gute Freundinnen hat. Denn durch solche Dinge zeigt sich wahre Freundschaft. Du bist so eine wahre Freundin." Es mochte ein wenig geschwollen klingen. Aber es war ehrlich gemeint. Romana war für Calvena eine so gute Freundin, daß er bereit war, sich mit ihr zu versöhnen, koste es, was es wolle.


    Sie nahm seine Entschuldigung an! Die Erleichterung darüber stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Wie sehr sich Calvena darüber freuen würde! "Das widerum ehrt Dich. Danke. Vielleicht gibt es eines Tages etwas, das ich für Dich tun kann. Oder für die Deinen. Ich werde es dann mit Freuden tun."

  • So viele Worte auf einmal! Aviana brauchte einen Moment, um sich die Fragen ihrem Oberstübchen zu sortieren, aber im Grunde genommen waren es die grundlegenden Informationen, die logisch waren. Wenn nicht, so hoffte sie, dass sie nichts bei ihren Erwiderungen vergessen würde. Aber ihre Haltung und ihr Wesen strafften sich angesichts von Romanas Art und Weise. Sie war freundlich, ehrlich und direkt, so zumindest war Avianas erster Eindruck. Und vermutlich würde ihr eigener Eindruck gut angekommen sein, sonst hätte die Patrizierin, Claudia Romana, sicherlich anders reagiert. Die gens Claudia sagte sogar Helvetia Aviana etwas, obwohl sie noch gar nicht lange in Rom residierte und nicht viel mit der Politik oder den Familien des Reiches zu tun hatte, sondern eher ländlich aufgewachsen war. >Ich bin Helvetia Aviana und ja, mein Vater lebt noch. Er ist der Senator Helvetius Geminus, vielleicht kennst du ihn ja.< erklärte Aviana hoffend und strahlte noch immer übers ganze Gesicht. Sie wirkte allerdings keineswegs dümmlich dabei, eher ehrlich fröhlich. >Ich bin 17 Sommer alt, im Frühjahr werde ich 18. Aufgewachsen bin ich in Hispania.< stand sie weiterhin Rede und Antwort. Und mit einem leichten Grinsen fügte sie an: >Und ja, Vestalin.<
    Aviana empfand das eigene Vorgehen schon beinahe als forsch, aber es schien ja nicht schlecht anzukommen. >Gut, dann werde ich also Tiberius aufsuchen. Wird er noch etwas wissen wollen? Und darf ich denn da einfach so hingehen, wenn er ein so wichtiges Amt bekleidet? Er hat doch sicherlich viele Termine, nicht?< löcherte Aviana nun ihrerseits.

  • “Ich ein Dichter? Nein, sicher nicht. Dichter sind verträumte Kerle, die eine echte Frau noch nicht einmal dann wahrnehmen würden, wenn sie ihnen in den Hintern beißt Oh, verzeih die rüden Worte.“ Die waren aber gar nicht so unabsichtlich gesprochen gewesen, wie Sextus der Vestalin nun mit beschwichtigendem Blick weiszumachen versuchte. Nachdem er festgestellt hatte, dass sie eine Frau war, galt es festzuhalten, dass er ein Kerl war. Auch wenn die Claudia wohl nicht bei seinem Charme völlig dahinschmelzen und sich ihm gleich hier an der Pforte hingeben würde, sollte er jemals versuchen, das umzusetzen, musste sie von ihm den Eindruck eines Kerls haben und nicht eines Sprücheklopfers. Frauen wollten Männer, keine Weicheier. Auch wenn sie immer redeten, dass sie Männer wollten, die sie verstanden, und die einfühlsam waren und ihre weibliche Seele durch schöne Worte zu berühren wussten... alles Blödsinn. Die Frauen, die sowas sagten, sehnten sich dann nach einem Jahr des Anschmachtens nach einem Mann, der sie nicht erst hundertmal mit Rosenblüten überschüttete und tausend Kerzen anzündete, bevor er ihnen vorsichtig beilag. Nein, die wollten einen Kerl, der sie gegen die nächste Wand drückte und sich nahm, was er wollte. Und tief in ihrem Innersten wussten sie das auch.
    “Aber ich denke, mir fehlt die verklärte Sicht der Dichter. Und ich kann nicht halb so gut heucheln wie diese. Schlimmer noch, angesichts so einer schönen Frau wie dir kann ich mich kaum beherrschen, die Wahrheit nicht wie ein Narr hinauszuposaunen.“ Was glatt gelogen war, aber wie so vieles, es klang einfach gut.


    Zu den Gracchen sagte Sextus nicht, er nickte nur einmal bestätigend und leicht anerkennend. Doch ein bisschen Verstand in dem Kopf, na sieh einer an. Natürlich waren die Mutii nicht von göttlichen Pfeilen niedergestreckt worden, sondern von sehr menschlicher Hand verstorben. Aber das musste er nicht näher erörtern. Sie waren tot, sie standen nicht wieder auf.


    Bei ihren Ausführungen, mit denen sie seine Schmeicheleien abtat, musste er dann aber doch etwas sagen. So leicht ließ er sie nicht vom Haken.
    “Auch wenn du damals ein Kind warst, ich denke, dass sich durchaus bereits erahnen ließ, wie es einmal um dein Antlitz beschert sein würde. Du brauchst bei mir nicht bescheiden sein, ich werde dich nicht an die Virgo Maxima verpetzen.“ Ein kleines, spitzbübisches Zwinkern, das ihn ein wenig jünger erscheinen lassen mochte, als er war, und definitiv alberner, als er zu sein pflegte.
    “Aber so oder so ist es interessant, wie ambivalent das Schicksal doch zu sein scheint. Einerseits beschert es mir das außerordentliche Vergnügen, dich kennenzulernen. Noch dazu, wo du keinem Mann versprochen bist und es auch nicht sein wirst. Und auf der anderen Seite quält es mich damit, dass du doch nicht ferner sein könntest. Interessante Sache, das Spiel der Götter. Umso interessanter, dass es dein eigener Entschluss war, der hierzu geführt hat. Üblicherweise insistieren eher die Eltern...“ Ein wenig im Trüben fischen, und hoffen, dass sie auf irgend etwas ansprang. Mehr war es nicht, was Sextus hier betrieb. Ein kleiner Hinweis, in welche Richtung er reden sollte, mehr brauchte er nicht. Aber ohne diesen war das hier nicht mehr als müßiges Blabla.

  • Heute wäre ein schöner Tag, wenn es der Tag vor oder nach diesem wäre. Heute war nämlich der obligatorische Besuchstag, welcher ihm, wie einem Sklaven, aus Pflicht und Reue, auferlegt worden war. Er besuchte seine verhasste Schwester.
    Langsam, wie ein kleiner Junge, welcher sich vor dem Besuch der medici noch letzte Kraft holen wollte, schlürfte der Claudier die Gasse zum Tempel entlang. Wenigstens würde er keinen Hunger haben, denn er aß gerade ein paar Trauben, welche einer der ihn begleitenden Sklaven bereit hielt. Die Kerne spuckte er auf den Boden - oder auf vorbeigehende Menschen. Die große Schar an mächtigen Sklaven sorgte schließlich dafür, dass er dies machen konnte. Und auch er selbst sah alles andere als wehrlos aus.
    Endlich angekommen schnaufte er durch und ging zur Porta, an welche er anklopfen und sich anmelden ließ.
    Nun begann das obligatorische Warten, denn sie würde ihn warten lassen. Das erwartete er sogar, sonst wäre ja etwas schlimmes vorgefallen. Also ließ er sich derweil noch ein paar Datteln reichen...

  • Romana nickte langsam. “Ja“, machte sie nur, an Calvena denkend, in ihrem fernen Germanien. Wo die Wölfe in der Nacht heulten. Wo die Germanen ihren grausamen Göttern ihre Kinder opferten. Wo es kalt war, bitter kalt. “Ich werde ihr einen Brief schreiben. Noch bevor du weggehst. Damit du ihn mitnehmen kannst“, ging sie auf seinen Wink mit dem Zaunpfahl ein. Somit würde sie zumindest einen Boten haben, der unter Garantie zu Calvena zurückkehren würde – und einen Boten, der das gratis machte. Für sie. Nein, nciht für sie, sondern für seine Frau.


    Die Claudia unterdrückte ein Grinsen, dass in ihr aufkommen wollte wegen des Schmalzes, den Quintilius hier von sich gab. Sie war eine wahre Freundin... nun, es war doch nett, dies zu hören! Romana entschloss sich, nicht zu antworten, sondern nur fein, aristokratisch und ein klein wenig distanziert zu lächeln und den Kopf ganz kurz zu neigen, keineswegs unterwürfig, vielmehr anerkennend.


    Sie runzelte ihre Stirn kurz, dann winkte die Claudia ab. “Das ist sehr nett von dir, aber glaube mir, ich brauche nichts von dir, ich habe keinen Wunsch. Bis auf eine einzige Sache... das du Calvena gut behandelst.“ Ernst blickte sie auf ihn. Nun gut. Es stand nichts mehr zwischen ihnen, wie es aussah. Marhabal war noch immer unmöglich, aber sein Problem. Sein Problem alleine. Und Calvenas Problem. Aber dieses Problem hatte sie sich ausgesucht. Sie musste Calvena für diese Tat ja nicht vor Freude in einer Umarmung aus weichem weißem Stoff erdrücken. “Aber da ich weiß, dass du dies ohnehin tun wirst, brauche ich auch diesen Wunsch nicht zu äußern.“ Sie rang sich doch noch ein Lächeln ab.

  • “Helvetia Aviana“, wiederholte Romana den Namen zu sich selber. Sie würde ihn sich einprägen, und zwar sorgsam. Wie den Namen aller, die sich freiwillig dem Kult der Göttin anschließen wollten. Denn bei ihnen war schon die Orthodoxie, der rechte Glauben, da. Wenn auch die Orthopraxie, das rechte Handeln, erst in der Vestalinnenschule erlernt werden musste.


    “Helvetius Geminus... nein, leider nicht“, gab sie bedauernd zu. Der Helvetier sagte ihr nichts. Schließlich war er schon lange Zeit im öffentlichen leben nicht mehr aktiv gewesen. Romana kannte die Senatoren im Cultus Deorum, und die sonstigen wichtigen Gestalten, Consulare und dergleichen, von denen man in der Acta Diurna las... doch Helvetius Geminus... nein.


    “17“, echote sie abermals. “Siebzehn. Das bedeutet, dass du 7 Jahre über dem Alter bist, in welchem Vestalinnen normalerweise aufgenommen werden. Das muss nicht unbedingt ein Hindernis sein. Ich selber wurde mit 14 Jahren aufgenommen. Der Pontifex Maximus kann Dispense vergeben in der Hinsicht. Und ich habe schon davon gehört, dass eine Vestalin mit 16 Jahren aufgenommen wurde. Du stehst übrigens wegen dieses vakanten Platzes im Wettstreit mit einer anderen Siebzehnjährigen, nur wenn du es wissen willst, einer Aurelia namens Narcissa.“ Sie lächelte. “Aber mit einem Senator als Vater hast du durchaus schon gute Karten. Wie man bei mir sehen kann. Mein Vater ist der amtierende kurulische Ädil Claudius Menecrates.“, informierte sie die Helvetierin.


    Sie lächelte abermals vage. “Also bist du auch nicht in Rom aufgewachsen.“ Sie dachte kurz an ihre Kindheit in Etrurien zurück. “Solange du im römsichen Reich geboren wurdest, dürfte dies kein Problem darstellen.“


    Auf ihre Frage hin überlegte Romana, und zwar gut. “Hmm, was wird er noch wissen wollen? Er wird die Einverständniserklärung deines Vaters verlangen. Zudem wurde ich persönlich einmal dazu angehalten, dem Kaiser höchstselbst einen Brief zu schreiben." Ein Motivationsschreiben. Damit der Kaiser sich auch sicher sein konnte, keinen Fehler zu machen, wenn er die Helvetia zu den Vestalinnen ließ.


    “Ein vielbeschäftigter Mann ist er. Aber für Vestalinnenanwärterinnen wird er sicher Zeit haben. Er is auf den ersten Blick etwas einschüchternd, aber doch ein hervorragender Mann, ein Römer der alten Schule. Sei dir versichert, sich in seiner Gesellschaft aufzuhalten ist sehr angenehm“, machte sie für den Stellvertreter ihres Titularvaters Werbung. “Du musst also keine Angst haben. Wenn deine Überzeugung die rechte ist, wird die Göttin dich leiten!“ Aus ihren Augen blitzte kurz etwas, wie ein Funken, wie ein entbrennendes Licht, bevor dieses wieder schwand und dem gewohnten Gesamteindruck der großen Claudierin Platz machte.

  • Romana riss ihre Augen kurz auf, dann verbiss sie sich mit aller Macht ein Prusten. Ein mildes und sanft tadelndes Lächeln jedoch erschien noch immer auf ihrem Gesicht. “Eine interessante Betrachtungsweise“, meinte sie. Romana mochte Gedichte, zumindest, wenn sie vernünftig waren. Wenn sie römisch waren, oder zumindest römischen Geist ausdrückten. Sie betrachtete mit fasziniertem Befremden, wie manche sich an exotischen, esoterischen und barbarischen gedichten aus dem Osten ergötzten. Dann fügte der Aurelier aber noch etwas dazu, was auch wirklich den Vogel abschoss. Der heuchelnde Dichter. Romana lachte erheitert. “Vielleicht bist du dann wirklich kein Dichter, Aurelius Lupus, aber den Witz eines guten Dichters hast du auf jeden Fall“, erwiderte sie fröhlich, was jetzt vielleicht Lupus nicht in die Schublade eines echten Kerls einordnete... aber nun gut, witzig und echter Kerl schlossen sich ja auch nicht aus. Ebensowenig natürlich wie echter Kerl und sexuelle Nötigung, was Romana ganz und gar nicht befürwortete. Auch nicht tief in ihrem Inneren. Dazu war sie, obwohl ohne Scheue vor dem Thema, doch zu spröde. Und die Aussicht, lebendig begraben zu werden, war keine sehr nette. Sogar noch unnetter als die Aussicht, Romanas heißgeliebte Vesta zu verärgern. Ein leichter, flockiger Flirt zwischen Tür und Angel mit einem solch netten jungen Kerl wie diesem, der ging aber immer. Dadurch würde die Claudierin gewiss nicht ihren Rang als reine und unberührte Jungfrau verlieren. Einmal nicht technisch.


    Zu den Gracchen gab es nun wahrlich nichts mehr zu sagen, wieso auch? Ebenso wie das Thema der Mutier war auch dieses abgeschlossen. Romana würde da nichts tun können. Den Lemuren der Toten Opfer darzubringen, und Mörder jedweder Art zu investigieren, war alleine die Sache der Mutier. Und nicht ihre. Ihre würde es sein, würde ein Claudier unter ungeklärten Umständen ums Leben kommen. Oder aber eine Vestalin.


    Und kaum war sie wieder zurück, warf Lupus ihr noch mehr Komplimente entgegen. Romana konnte sich selber gegenüber nicht verleugnen, dass ihr diese Komplimente gefielen. Auch wenn der Satz, der sich auf die Schönheit von ihr als Kind bezog, etwas anrüchig klang. Ein bisschen zu viel Liebe für ein Kind... der Gedanke war viel zu grauenvoll, als dass sie ihn weiterspinnen wollte. Nun ja. Lupus wusste ja nicht, dass sie dank Spezialdispenses des Kaisers mit 14 eingetreten war. Und somit schon durchaus nahe an der Geschlechtsreife dran gewesen war. Der Gedanke ließ sie die Worte des Aurelius innerlich abtun. Und wenn dieser das nicht getan hätte, hätte es sein Zwinkern getan. Die Patrizierin kicherte leise und enthüllte mit ihrem Lächeln ihr intaktes Gebiss. “Ich denke, am Besten bedanke ich mich dafür, indem ich dich nicht bei der Obervestalin verpetze“, entgegnete Romana launig.


    Er sinnierte über ihren Stand, weder verheiratet, noch zur Heirat fähig. Ja, eine andere Gruppe von Menschen, die in jenem verharren mussten, die gab es wohl auf der Erde nicht noch einmal. “Nun, es würde mir frei stehen, den Orden zu verlassen. Das wäre in, hmm, fast 24 Jahren.“ So lange würde der Gute wohl kaum Geduld haben. Wenn er nicht eh schon lange verheiratet war. “So unerreichbar bin ich also nicht. Du musst nur warten. Und mich überzeugen können, den Orden zu verlassen, was aber unwahrscheinlich sein wird. Doch wenn ich einmal die 40 überschritten habe, frage ich mich, ob du meine Schönheit noch immer so hübsch preisen wirst wie nun.“ Hier kam wohl wieder die direkte und unumwundene Art der Claudierin durch.


    “Aber ja, mein eigener Entschluss war es. Ein Entschluss, zu dem ich ohne das Mitwirken meiner Eltern gekommen bin. Und ich bin glücklich darüber, ihn gefällt zu haben“, legte sie dem Aurelier dar.

  • Es hatte Lartia Restituta Tüwache. Wie immer konnte die Lartierin kaum ihre Augen aufhalten, als sie die Türe aufmachte und den Forderungen des Mannes in der Türe folgte.


    Und wie schon richtig erraten, ließ sich Romana Zeit. Eine Sklavin hatte Restituta losgeschickt, um ihre Mitvestalin und Freundin finden zu lassen. Dies war leicht, Romana lag in ihrem Zimmer herum und genoss die Ruhe und das süße Nichtstun, welches sich nun in Wohlgefallen auflöste. Lucius Claudius Brutus war da, er war zum Atrium Vestae gekommen. Die Claudia seufzte, tief und lange.


    Romana riss die Türe auf, nachdem sie aus ihrer Liege aufgesprungen war, nur, um eine Überraschung zu erleben. Ihr Bruder. Mit... Bart. Die Vestalin legte alles daran, um ihre Stirn nicht in Runzeln zu legen.


    “Salve, Lucius, mein lieber Bruder. Dass ich dich mal sehe“, machte sie. Das letzte Mal, dass sie ihn gesehen hatte, waren sie in Unfrieden geschieden. Und nun war er hier. Samt Anhang, den sie nicht einmal eines Blickes würdigte. Sie wollte noch hinzufügen, dass sie zu wissen wünschte, was er von ihr jetzt schon wieder wollte. Doch das ließ sie sein. Brutus, das erschien ihr als ziemlich sicher, würde selber schon mit dem herausrücken, was ihn zu Romana trieb.

  • Zitat

    Original von Claudia Romana
    Romana nickte langsam. “Ja“, machte sie nur, an Calvena denkend, in ihrem fernen Germanien. Wo die Wölfe in der Nacht heulten. Wo die Germanen ihren grausamen Göttern ihre Kinder opferten. Wo es kalt war, bitter kalt. “Ich werde ihr einen Brief schreiben. Noch bevor du weggehst. Damit du ihn mitnehmen kannst“, ging sie auf seinen Wink mit dem Zaunpfahl ein. Somit würde sie zumindest einen Boten haben, der unter Garantie zu Calvena zurückkehren würde – und einen Boten, der das gratis machte. Für sie. Nein, nciht für sie, sondern für seine Frau.


    Die Claudia unterdrückte ein Grinsen, dass in ihr aufkommen wollte wegen des Schmalzes, den Quintilius hier von sich gab. Sie war eine wahre Freundin... nun, es war doch nett, dies zu hören! Romana entschloss sich, nicht zu antworten, sondern nur fein, aristokratisch und ein klein wenig distanziert zu lächeln und den Kopf ganz kurz zu neigen, keineswegs unterwürfig, vielmehr anerkennend.


    Sie runzelte ihre Stirn kurz, dann winkte die Claudia ab. “Das ist sehr nett von dir, aber glaube mir, ich brauche nichts von dir, ich habe keinen Wunsch. Bis auf eine einzige Sache... das du Calvena gut behandelst.“ Ernst blickte sie auf ihn. Nun gut. Es stand nichts mehr zwischen ihnen, wie es aussah. Marhabal war noch immer unmöglich, aber sein Problem. Sein Problem alleine. Und Calvenas Problem. Aber dieses Problem hatte sie sich ausgesucht. Sie musste Calvena für diese Tat ja nicht vor Freude in einer Umarmung aus weichem weißem Stoff erdrücken. “Aber da ich weiß, dass du dies ohnehin tun wirst, brauche ich auch diesen Wunsch nicht zu äußern.“ Sie rang sich doch noch ein Lächeln ab.



    "Sehr gerne nehme ich einen Brief von Dir mit. Wenn Du möchtest, warte ich jetzt darauf. Oder aber Du läßt ihn in den nächsten zwei Tagen an der Casa Quintilia abgeben, denn so lange werde ich wohl bestimmt noch in Rom sein." Wie Calvenas Augen leuchten würden, wenn er ihr die Briefe ihrer Freundinnen überbrachte!


    "Auch wenn ich es ohnehin tun werde, erfülle ich Dir diesen Wunsch sehr gerne, denn... für mich gibt es nichts Kostbareres als Calvena." Er liebte sie wirklich und sehnte sich unglaublich danach, sie wieder in seine Arme zu schließen. "In Deiner Schuld stehe ich dennoch. Und werde dies nicht vergessen."

  • Aviana wurde etwas nervöser als sie die abwägenden Worte der Vestalin hörte, aber auch Claudia Romana schien sich keine großen Sorgen zu machen, dass es nicht klappen könnte. Aviana bließ sich eine Strähne aus dem Gesicht und meinte dann mit fröhlicher Stimme:
    >Dann werde ich mich durch Tiberius einfach überraschen lassen. Und er sich vermutlich auch durch mich. Aber du hast Recht, wenn meine Überzeugung die Rechte ist - und das ist sie - dann wird die Göttin hinter mir stehen und mir helfen. Ich werde ihr eine guter Dienerin sein.< erklärte Aviana mit sicherer Stimme und schenkte Romana ein freundliches Lächeln.
    >Ich hoffe, wir sehen uns dann also bald .. amtlich wieder.< zwinkerte Avian fröhlich. Sie wollte die Vestalin nicht zulange aufhalten, sah sie doch aus den Augenwinkeln wieder jemand anderen sich nähern. Sie strich sich kurz über die Kleidung, ehe sie sich mit nachwievor fröhlicher Stimme von Romana verabschiedete:
    >Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag und mögen die Götter, besonders die Göttin, über dich wachen.< Damit wandte Aviana sich um und machte sich auf den Weg zu ihrem Vater, um ihm direkt die tollen Neuigkeiten zu berichten.











    Sim-Off:

    Entschuldige, am Postingtag gesehen und dann irgendwie untergegangen :( Ich werd das auch mal zu einem Abschluss bringen, wir sehen uns sim-on ja bald wieder!

  • “Danke“, ließ Romana sich entlocken. Die große Vestalin dachte ganz kurz nach, bevor sie ihren Entschluss hinzufügte. “Es wird nicht notwendig sein, dass du wartest. Ich werde den Brief in die Casa Quintilia einwerfen lassen“, machte sie mit ruhiger, für eine Frau sehr dunklen und sonoren Stimme. “In zwei Tagen wird er auf jeden Fall dort sein.“ Romana wusste noch immer nicht recht, was sie von jenem Offizier halten sollte – zu tief hatten sich schon Vorurteile in die Claudierin hineingegraben – aber sie wusste, er liebte Calvena wirklich. Und er respektierte sie wohl auch, und das war Romana in einer Beziehung auch wichtiger als Liebe. Ha, als ob sie jemals eine Beziehung gehabt hätte! Sie konnte nur aus der Position der Außenstehenden reden. Beziehungsweise denken.
    “Ist schon gut, wirklich“, beschwichtigte sie auf seine Beteuerungen, er stünde in ihrer Schuld. Ja, das mochte er wohl tun, denn seine Behandlung hatte Romana wirklich sehr gekränkt damals, und die stolze Patrizierin war keine, die so etwas schnell vergaß.
    “Also, ich werde dir dann meinen Brief zustellen... und, nun ja...“ Sie blickte den Quintilier aufmerksam an. Wenn er nichts noch hinzuzufügen hatte, dann war diese Konversation wohl getätigt.

  • Sim-Off:

    Keine Sorge! :D


    Romana schmunzelte. Die Kleine war wirklich entzückend, auf eine absolut positive Art und Weise. Spätestens jetzt beschloss Romana, sie zu mögen, und ihr innerlich eine erfolgreiche Aufnahme in die Schwesterschaft zu wünschen, obwohl sie eigentlich schon angetan gewesen war, als das Mädchen ihr gesagt hatte, sie habe sich aus freien Stücken dazu entschlossen, beizutreten.


    “Wenn dies so ist, dann habe ich keinen Zweifel daran, dass mein Vater der Kaiser deiner Bitte stattgeben wird.“ Sie sagte absichtlich „mein Vater der Kaiser“, um ihn von ihrem biologischen Vater, mit welchem sie sich noch immer eng verbunden fühlte, zu unterscheiden. “Und das hoffe ich, Helvetia.“ Ob es sich auf ihre Ankündigung, dass die Helvetia Vesta eine gute Dienerin sein würde, oder darauf, dass sie vermutete, dass sie bald als Vestalin hier erscheinen würde, bezog, verriet Romana nicht. Das Zwinkern entgegnete sie nur mit einem feinen Lächeln. Sie war keine Zwinkererin. Sie wusste das. Wenn sie zwinkerte, sah es aus, als hätte sie ein nervöses Trauma.


    “Ich danke dir vielmals, Helvetia. Der Segen Vestas sei über dir“, machte sie freundlich und lächelte, als sie Aviana frohen Mutes davon hopsen sah. Aviana erinnerte sie daran, wie sie früher gewesen war, vor 5 Jahren oder noch mehr. Die Idealistin, das naive Mädchen, welches sich in das heilige Leben vernarrt hatte, wie sich andere Mädchen in einen Burschen vom Nachbarshaus vernarrten. Die Claudia wünschte Aviana, dass sie Vestalin werden würde. Die nächste Vestalin würde ziemlich sicher Romana zur Ausbildung erhalten. Ihre erste Discipula. Und Romana hatte schon eine ganz gewisse Vorstellung davon, wie der Unterricht ablaufen sollte. Garantiert nicht, ohne dass die Claudia versuchen würde, jenen halsstarrig fanatischen Funken in ihr, den sie selber unter Verleugnung der wahren Tatsachen als einfache Frömmigkeit bezeichnete, und der ihrer Meinung nach mit Superstitio nur in den kranken degenerierten Hirnen von Christensympathisanten zu tun hatte, auf Aviana hinüberspringen zu lassen.

  • Zitat

    Original von Claudia Romana
    “Danke“, ließ Romana sich entlocken. Die große Vestalin dachte ganz kurz nach, bevor sie ihren Entschluss hinzufügte. “Es wird nicht notwendig sein, dass du wartest. Ich werde den Brief in die Casa Quintilia einwerfen lassen“, machte sie mit ruhiger, für eine Frau sehr dunklen und sonoren Stimme. “In zwei Tagen wird er auf jeden Fall dort sein.“ Romana wusste noch immer nicht recht, was sie von jenem Offizier halten sollte – zu tief hatten sich schon Vorurteile in die Claudierin hineingegraben – aber sie wusste, er liebte Calvena wirklich. Und er respektierte sie wohl auch, und das war Romana in einer Beziehung auch wichtiger als Liebe. Ha, als ob sie jemals eine Beziehung gehabt hätte! Sie konnte nur aus der Position der Außenstehenden reden. Beziehungsweise denken.
    “Ist schon gut, wirklich“, beschwichtigte sie auf seine Beteuerungen, er stünde in ihrer Schuld. Ja, das mochte er wohl tun, denn seine Behandlung hatte Romana wirklich sehr gekränkt damals, und die stolze Patrizierin war keine, die so etwas schnell vergaß.
    “Also, ich werde dir dann meinen Brief zustellen... und, nun ja...“ Sie blickte den Quintilier aufmerksam an. Wenn er nichts noch hinzuzufügen hatte, dann war diese Konversation wohl getätigt.



    ... und, nunja... Valerian lächelte. Daß der Claudia mal die Worte fehlen würden, hätte er auch nicht gedacht. Aber irgendwie machte es sie wesentlich sympathischer. "Es war sehr freundlich von Dir, daß Du Dir für mich so viel Zeit genommen hast. Gewiß wird Calvena Dir bald zurückschreiben. Ich wünsche Dir noch einen schönen Tag. Und daß die Götter Dir stets mit Wohlwollen beistehen mögen. Vale." Die guten Wünsche waren nicht nur so dahergesagt, wie er es sonst beim Abschied tat. Er meinte es ernst. Auch wenn er mit der Vestalin wohl nie warm werden würde, war sie doch eine gute Freundin. Natürlich Calvenas Freundin. Doch eine wirklich gute. Langsam schritt er die Stufen herab und mischte sich dann unter die Menschen, die hier in großer Zahl ihres Weges gingen.

  • Sim-Off:

    Entschuldige, hatte das hier völlig aus den Augen verloren


    Witzig hatte er eigentlich nicht sein wollen. Und schon gar nicht lächerlich. Wenn Frauen mit einem Mann nur lachten, wurde er allzu bald zum Kumpel und verlor seine Eigenschaft als potentieller Paarungspartner. Als nächstes sagte sie noch, er könne gut zuhören! DAS wäre dann ein Grund, schnellstens einzuschreiten.
    Da er seine Chancen, tatsächlich mit der Claudia in naher Zukunft in den Federn zu landen, jedoch als gering einschätzte, und das Risiko dem Nutzen unangemessen hoch erschien, verzichtete er darauf, jetzt und hier klarzustellen, dass er durchaus kein allzu poetisches Gemüt besaß. Eine Vestalin an sich zu ziehen und mit tief sonorer Stimme etwas zu knurren was im engeren Sinne eine Drohung, im weiteren Sinne eine Verheißung und im weiblichen Sinne eine Verlockung gewesen wäre, hatte seinen Reiz. Aber das sollte man(n) nicht unbedingt direkt vor dem Atrium Vestae exerzieren, das könnte falsch verstanden werden. Und wenn er die geringen Chancen, zwischen den Schenkeln der großen Frau doch noch vor Ende ihrer Dienstzeit zu landen, nicht auf null reduzieren wollte, sollte er solche Signale in der Öffentlichkeit vorerst unterlassen.
    “Glaube mir, als Dichter wäre ich eine Katastrophe sondergleichen. Ich kann mir nicht vorstellen, irgend etwas mit ihnen zu teilen.“ Nun, vielleicht ein wenig schroff, seine Gesprächspartnerin schien ja doch eher den Dichtern etwas abgewinnen zu können. Immerhin hatte sie ihre Bemerkung als Kompliment wohl gemeint, was implizierte, es war etwas positives. Soviel sarkastisches Gespür traute Sextus der Frau vor ihm nicht zu, als dass sie es ironisch gemeint haben könnte. Daher war es vielleicht etwas zu schroff, und er setzte noch einmal milder nach. “Auch wenn ich sie eigentlich beneiden müsste, schaffen sie es doch mühelos und noch Jahre nach ihrem Tod in die cubicula der keuschesten schönen Frauen Roms.“ Eine kleine Anspielung hier und da konnte nicht schaden.
    “Und ich denke diesen Gedankengang verpetzen wir lieber auch nicht der Obervestalin“, fügte er noch gleich an, da das Gespräch gerade darauf kam. Ob er nun seinen oder vielleicht sogar ihren meinte, ließ er bewusst offen. Auch wenn sie nun nicht den Eindruck machte, gleich vor Sehnsucht und flatterndem Herzen dahinzuschmelzen.


    “24 Jahre... eine lange Zeit, um zu warten. Aber Claudia, wenn es eine Frau wert wäre, so lange zu warten, dann sicherlich du. Ich werde mir den Termin aufschreiben.“ Gesagt, getan, schon ritzte sein Stylus ein Datum ins weiche Wachs einer mitgebrachten Wachstafel, auf der eigentlich wichtige Namen und Daten wegen den Sterbeurkunden standen. “Gut, vierundzwanzig Jahre von heute an, und ich werde einen Maler mitbringen, der deinen Gesichtsausdruck festhält, wenn ich dann vor dir stehe.“
    Nicht, dass er vorhatte, sie zu heiraten, in dem Alter, in dem sie dann sein würde! Außer, sie bekam eine außerordentlich hohe Mitgift und war von hohem, politischen Nutzen. Aber lebende Nachkommenschaft war wohl auszuschließen, so dass ein solches Bündnis wohl nur sehr wackelig war. Und die Flavier waren schlichtweg wichtiger als die Clauder, zumindest für Sextus' derzeitigen Stand in der Politik. Aber auch solche abstrusen Versprechen, die er nicht einzuhalten gedachte, gehörten manchmal zum Spiel zwischen Mann und Frau.


    Im hinteren Teil des Raumes war das Getrappel von Frauenfüßen zu hören. “Ich glaube, deine Schwester kommt zurück“, bemerkte Sextus leichtherzig, ohne die Claudia aber auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.


  • Kurz musterte er sie, warf den Apfel zur Seite und nahm sie recht schnell in seine Arme, drückte sie nicht an sich heran und stieß sie auch schnell von sich fort.
    "Salve, Schwester. Wie ich sehe, bekommt dir das neue Amt gut. Du siehst viel freundlicher aus, geradezu lebendiger.", zumindest lebendiger, als der tote Fisch, welchen er heute auf seinem Teller hatte. Irgendwie war Romana eines dieser sonderbaren Geschöpfe, die nie braun wurden. Natürlich war eine gewisse patrizische Blässe bei den weiblichen Geschöpfen recht hoch im Kurs, doch Lucius fand nichts an dieser bleichen Haut.
    "Ja, die Tage vergehen, wir werden älter, Vater übrigens auch, die Familie spriest in alle Richtungen.", fing er an recht gleichgültig von sich zu geben, "Und auch neue Bastarde finden den Weg in unser Haus, die Sklaven werden nicht mit züchtiger Hand geführt. Ach ja, das Leben rennt und rennt.", merkte er noch an, obgleich die Sache mit den Bastarden, vielmehr der Konkurenz im eigenen Nest, ihn sehr beschäftigte.

  • Romana schmunzelte und blinzelte dabei unwillkürlich, als wollte sie eine Fliege aus ihren Augen vertreiben. Wenn andere ihre Augenbrauen hochzogen oder ihre Stirn in Falten legten, dann blinzelte Romana irritiert. Sie fand es feiner, als irgendwelche Gesichtsverzerrungen zu vollführen, und hatte es sich angewöhnt, sodass ihr Unterbewusstsein dies nun steuerte. “Aurelius, Aurelius, sag das nicht. Alle Männer haben zumindest etwas gemeinsam.“ Ach, jetzt ist das Niveau schon so tief, frotzelte eine Stimme in ihr. Romana winkte sie, ebenso innerlich, ab. “Ja, da hast du recht. Obwohl es nur ihre Ideen sind, die Zugang bekommen. Die Dichter selbst werden, so lange die Frauen, von denen du redest, auch wirklich keusch sind, draußen vor der Türe bleiben müssen. So wie jeder andere anständige Mann auch, der die Würde und Unantastbarkeit einer Jungfrau respektiert“, beeilte sie sich, mögliche sexuelle Innuenden zu zerstreuen zu versuchen. Romana lag wirklich etwas an der Intaktheit ihrer Jungfernhaut. Ohne dieser könnte sie lebendig vergraben werden. Und nicht zuletzt würde sie ihre Göttin enttäuschen. Und darauf würde Romana es nicht ankommen lassen. Nein, wenn sie irgendjemand unziemlich anfassen würde – vor allem ohne ihr Einverständnis –, würde sie ihre Ehre verteidigen wie eine wütende Elefantenkuh.


    Sie musste grinsen, als Lupus ihr versicherte, er würde seinen Schnabel halten. “Das klingt nach einer sehr guten Abmachung“, machte sie. Und dann, als er seinen Witz mit den 24 Jahren machte – denn Romana wusste ganz genau, dass es ein Witz war – lachte sie. “Wenn du in den vielen Jahren wieder kommst, wie sollte ich dann dreinschauen, dass du einen Maler mitbringen wirst? Ich habe keine Zweifel am Wahrheitsgehalt deiner Worte“, scherzte sie.“Nur ist noch alles andere als sicher, dass ich meinen Orden verlassen werde. Ich fühle mich sehr wohl hier“, machte sie. Ihr Gesichtsausdruck wandelte sich hin zu einem ernsthaften, sodass kaum Zweifel daran bestand, dass sie es ernst meinte. Romana mochte es wirklich, hier im Atrium Vestae. Nun, Vestalin zu sein, das war ihr Lebensinhalt. Ihr Lebenssinn.


    Gerade, als sie diese Worte geäußert hatte, machte Lupus eine Bemerkung – ihre Schwester? Ach ja, Restituta. Sie händigte ihr Romana schweigsam die dokumente aus, die sie gefunden hatte, mit einem zweifelnden Blick auf den jungen Mann vor der Türe, zweifelnd und konsterniert, fast so, als könnte sie die menschlichen Abgründe in Lupus durch Gedankenleserei erahnen. Doch dann nickte sie nur freundlich, äußerte ein Salve, und eilte dann wieder davon. Romana derweil blickte auf die Rollen, die in ihren Händen lagen. Es waren so schätzungsweise um die 10, irgendwo zwischen 8 und 12. Die Mühelosigkeit, mit der sie die Schriftrollen in ihren Händen balanzierte, verriet die große Übung, die sie darin hatte. “Vorsicht“, machte sie, als sie dem Vigintivir die Arme hinstreckte, sodass dieser die Schriftrollen nehmen konnte.

  • Zitat

    Original von Lucius Claudius Brutus


    Romana verbiss sich wieder ein Stirnrunzeln, sogar ein Blinzeln, als sie ihren Bruder anschaute. Dann konnte sie nicht mehr und lachte. Es war kein nettes und liebes Lachen, nein, ein Auslachen. Sie lachte ihrem Bruder ins Gesicht. “Freundlicher und lebendiger! Ach Lucius, schön, dass du deinen Sinn für Humor noch hast. Was dich angeht, muss ich sagen, dass du mit deinem Bart um vieles barbarischer ausschaust. Hast du nicht einmal blonde Haare gehabt, wie ein germanischer Kannibale? Nun, zumindest ist diese Phase vorbei.“


    Die letzten Male, als ihr Bruder sie unverblümt beledigt hatte, saßen noch tief in ihr. Romana entgegnete Gleiches mit Gleichem. Wobei sie sich selber um einiges besser vorkam als ihr Bruder. Der Beweis – obwohl Frau, stand sie so hoch in der römischen Gesellschaft, dass ihr Bruder mal kräftig strampeln musste, um diese Höhen zu erreichen. Die Höhen, die hatte sie erreicht nicht durch Heirat oder dergleichen, sondern durch ehrliche, harte Arbeit. Die sie Lucius nicht zutraute.


    “Neue Bastarde sind in der Villa? Ah, ja. Du musst dich sehr darüber freuen, Vater zu sein“, machte sie spitz. “Die Sklaven werden also nicht mit tüchtiger Hand geführt. Mach was dagegen. Oder bist du schon so faul, dass du keine Peitsche mehr erheben kannst?“, spottete sie, einfach, weil sie es konnte. “Was deine politischen Ambitionen angeht, so muss ich gar nicht mehr nachfragen, nicht wahr? Was wohl auch besser so ist, denn ich glaube kaum, dass dich irgendein römischer Senator wählen wird. Trotz des Claudius im Namen. Du kennst den Namen Claudius, ja? Es ist der Name, den du durch den Dreck ziehst!“


    Romana konnte sich selber nicht erklären, warum sie in eine solche Schimpftirade verfiel. Nur war es so, der Drang war unwiderstehlich. Es musste ihr Jähzorn sein, der trotz ihrer eigentlich rationalen und gewissenhaften Art des Öfteren durchkam. Und der Spaß, den sie dabei hatte, ihren Bruder auszuschimpfen, war unglaublich. Konsequenzen? Wurscht.

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