atrium | Die Saturnalienfeier der Flavier

  • Siv nickte nur, als Minna Rom als unheimlich bezeichnete. Sie konnte dem nur zustimmen – wie konnten so viele Menschen an einem Ort leben, so aufeinander gedrängt? Sie begriff es nicht, und das würde sie wohl auch nie. "Bisher habe ich mich noch davor drücken können, mit auf den Markt oder sonst wohin zu müssen. Ich weiß nur nicht wie lange mir das noch gelingt. Eigentlich wäre es vermutlich ganz gut, wenn ich lernen würde, mich wenigstens etwas hier zurecht zu finden, aber ich bezweifle dass mir das gelingen wird." Als Siv etwas zögernd mit ihrer Frage herausrückte, wirkte Minna für einen Moment etwas seltsam, was aber sofort wieder verging, so dass Siv nicht wusste, ob sie sich das eingebildet hatte oder nicht. Sie war auch bereit, das Thema zu wechseln, ohne eine Antwort zu bekommen, als Minna auch schon sprach. Zu den Claudiern gehörte sie also… Von den Claudiern hatte Siv ebenfalls schon gehört. Auch eine der reichen Römerfamilien, so wie die Flavier und die Aurelier… denen sie gehörte. Sie hatte den feinen Unterschied gehört, den Minna gemacht hatte, ebenso wie sie selbst ihre Frage so formuliert hatte, dass daraus nicht deutlich wurde, dass sie im Grunde Sklavinnen waren. Und sie würde auch weiterhin versuchen, es nicht direkt auszusprechen. Aber was brachte es schon, sich selbst etwas vorzumachen? Sie gehörte den Aureliern, zumindest was die Römer betraf. Was sie selbst dachte oder wollte, zählte nicht. "Ich bin erst ein paar Wochen hier. Aber meine Heimat habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen, der Weg hierher hat lang gedauert." Siv seufzte lautlos. "Da sind wir schon zwei. Wenn ich könnte, würde ich sofort zurückgehen…" Die Sehnsucht, die sie auf einmal in sich spürte, sah Siv gespiegelt in den Augen der Germanin ihr gegenüber, und so kurz dieser Moment auch dauerte, seltsamerweise schöpfte sie Kraft aus dem Wissen, dass sie damit nicht alleine war. Als Minna dann wieder lächelte, fiel es Siv zu ihrer eigenen Überraschung leicht, es zu erwidern.


    Mit einem Nicken folgte Siv Minna zu den Männern, die den Gästen auf ihren Tabletts die unterschiedlichsten Speisen anboten. Die Germanin holte sich zuerst einen Becher Wein, an dem sie zuerst schnupperte, um sich zu überzeugen, dass er auch wirklich herb war und nicht etwa irgendein süßer Fruchtwein – wieder hatte sie für einen Moment fast so etwas wie Gewissensbisse, als eine feine, aber unüberhörbare Stimme in ihr meckerte, dass sie eigentlich auf Met bestehen sollte. Aber sie versuchte die Stimme zum Schweigen zu bringen mit dem ihrer Meinung nach unschlagbaren Argument, dass Met ihr nun mal schlicht zu süß war – sie hatte den Honigwein vor ein paar Jahren noch gemocht, aber inzwischen hatte sich ihr Geschmack geändert. Trotzdem, beharrte die Stimme in einer Art störrisch-kindischem Trotz, und Siv beschloss sie einfach zu ignorieren. Stattdessen musterte sie die verschiedenen Gerichte und schwankte für einen Moment, bevor sie sich für das Hammelfleisch entschied, zusammen mit einer etwas seltsam, weil ziemlich bunt aussehenden Sauce entschied und dazu etwas Käse nahm – Käse war auch so etwas, von dem sie hier nicht genug bekommen konnte. Sie hätte nie gedacht, dass es so viele unterschiedliche Sorten davon gab, und sie schien jede einzelne davon zu mögen. Sie ignorierte die Stimme in sich genauso wie die kleinen, ovalen, grünen und schwarzen Dinger, die ebenfalls angeboten wurden. Sie hatte keine Ahnung, was das war, und so weit ging ihre Experimentierfreudigkeit im Moment dann doch nicht. Stattdessen wandte sie sich wieder Minna zu, deren Aufmerksamkeit für einen Moment abgelenkt gewesen war, was Siv allerdings nicht mitbekommen hatte. Ihr Blick schweifte kurz über Caelyn, die sich mit einem ihr fremden Mann unterhielt, dann wurde sie auch schon abgelenkt von einer Hand, die plötzlich in ihre freie geschoben wurde. Überrascht sah Siv zur Seite und erblickte Tilla neben sich, die irgendwie verschüchtert und traurig aussah. "Tilla? Was ist denn? Was, was sein? Du… haben schlecht?" Sie deutete auf das Essen. "Du bist Hunger vielleicht?"

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    Original von Caius Flavius Aquilius


    Aquilius Worte beruhigten Prisca wieder etwas. Sicher bedurfte es keiner großen Geschenke aber Prisca ärgerte sich trotzdem, denn an eine kleine Aufmerksamkeit hätte sie schon denken können. Umso mehr musste sie schmunzeln, dass sie ihm zur Strafe dafür heute Abend Gesellschaft leisten sollte. "Nun, wenn du meine Anwesenheit als Geschenk wählst dann nehme ich die Bürde, dich heute Abend ertragen zu müssen, selbstverständlich gerne auf mich.", scherzte Prisca zu seinen Worten und neigte leicht den Kopf zum Dank, als sie den Wein entgegen nahm und Aquilius zu prostete. … eine Menge mehr an Komplimenten dürfte er mir heute machen, die er sonst nicht sagen könnte? … interessant ... Während sie schon den Becher an ihre Lippen führte, hielt sie kurz inne."… und was wären das für Komplimente, die du mir sonst nicht sagen dürftest? … ", fragte Prisca neugierig nach und sah Aquilius dabei über den Rand des Bechers hinweg mit einem Augenaufschlag verführerisch lange an, bevor sie von dem süßen Wein kostete.


    Mittlerweile fand Prisca sichtlich gefallen an der Feier und verflogen waren die anfänglichen Gedanken an eine frühzeitige Verabschiedung . Auch Prisca ließ ihren Blick ein wenig umher schweifen und erkannte die beiden Gesichter von Claudia Antonia und Flavius Gracchus wieder, gerade als Aquilius vorschlug sich miteinander bekannt zu machen. … das waren also seine Schwägerin und ihr Gemahl … Endlich konnte Prisca die Gesichter zu ordnen, die sie schon auf der meditrinalia gesehen hatte. "Oh, sehr gerne würde ich die Bekanntschaft mit ihnen machen! Ich habe euch ja schon zusammen auf unserer Feier anlässlich dermeditrinalia gesehen. Doch leider ergab sich damals nicht die Gelegenheit, sich näher kennen zu lernen.", stimmte Prisca sofort mit einem freudigen Nicken zu und betrachtete die kleine Löwenfigur in ihren Händen, auf die Aquilius eben deutete. " Ja, die Figur hatte er mir eben vorhin geschenkt . Sieh mal, ein Löwe! Unser Wappentier.", bemerkte Prisca und hob stolz den kleinen Löwen hoch. "Ob das ein Zufall war? Oder hat mich dein Vetter gar als eine Aurelia wieder erkannt?", mutmaßte Prisca kurz, während sie langsam mit Aquilius auf die beiden anderen zu ging.


  • Ja, die Kerze schwamm tatsächlich, das hatte Ursus beim Kauf zur Bedingung gemacht. Der Händler hatte ihm versprochen, daß es so war und kurz vor dem Fest hatte Ursus es auch mit einer von ihnen ausprobiert. Sie konnten zwar umkippen, wenn die Wasseroberfläche gar zu bewegt war, aber normalerweise schwammen sie.


    "Da hast Du was verpaßt. Aber es wird sicher weitere Gelegenheiten für Feste geben. Und dann wirst Du ganz sicher mit eingeladen sein." Ursus lächelte den jungen Flavier an, denn er wirkte wahrhaftig etwas verunsichert. Warum nur? Es war doch heute wirklich eine zwanglose Feier und was sonst als Fehler angesehen würde, wäre heute kein Vergehen. - Nicht, daß Lucanus irgendetwas falsch gemacht hätte.


    "Und kalt schmecken Deine Werke nicht so gut? Na, dann schaue ich gleich mal, ob ich eins ergattern kann, das noch halbwegs warm ist. Oder meinst Du, sie sind auf jeden Fall schon zu kalt?" Er kannte sich ja mit so etwas nicht aus. "Und Du hast sie wirklich selbst hergestellt?" Das Erstaunen war seiner Stimme deutlich anzumerken. Er selbst war nicht in der Lage, irgendetwas eßbares herzustellen, wie er sich eingestehen mußte.


    "Nun, meine Cousine Prisca befindet sich dort hinten bei Aquilius. Siehst Du? Sie scheinen im Moment ein bestimmtes Ziel zu haben, aber wenn Du möchtest, stelle ich sie Dir nachher vor. Dann kennst Du wenigstens eine Patrizierin. Und sicher wird sich bald eine Gelegenheit ergeben, daß Du auch Helena kennenlernen kannst. - Warum verläßt Du das Haus denn nur zum Arbeiten und Lernen? Rom ist eine überaus sehenswerte Stadt und es kann für die Zukunft eines jungen Patriziers nur förderlich sein, wenn man sich regelmäßig auf dem Forum blicken läßt und sich umhört, was es für Neuigkeiten gibt." Ganz abgesehen davon, daß man da draußen die beste Möglichkeit hat, Leute kennenzulernen.

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    Original von Caelyn


    Langsam wanderte der Blick des Griechen an Caelyn herab und er stellte abermals fest, dass sie für ihn deutlich mehr Ähnlichkeit mit einem Jungen hatte als mit einer Frau - diese Grasflecken an den Knien waren fast schon der Gipfel. Zudem war sie nun wirklich unzweifelhaft angetrunken, etwas, das er an Frauen ebensowenig schätzte wie an Männern - er selbst achtete stets darauf, nicht zuviel Alkohol zu trinken, um alle Sinne beieinander zu behalten. Und wieso bezeichnete sie ihn ausgerechnet als Freund? Die zweite Augenbraue stieg in die Höhe und verlieh seinem Gesichtsausdruck mehr und mehr den deutlichen Anflug direkten Zweifels. Beim Schulterklopfen spätestens war das Maß an Vertraulichkeiten, die er von einer Fremden erdulden würde, gerammelt voll und überschritten.
    Gemächlich, aber durchaus nachdrücklich berührte er sie am Arm und traf Anstalten, sie in Richtung des Gartens zu führen, damit die kühle Abendluft ihr ein wenig der Trunkenheit aus dem Kopf wehen würde. Betrunkene Frauen hatten doch stets etwas jämmerliches an sich, und wenig davon war dergestalt, dass es ihm angenehm oder anziehend erschien.


    "Du empfindest also etwas für ... Ursus?" In dieser Zeit des Jahres konnte er getrost das nomen gentile weglassen, aber es fühlte sich doch seltsam an, einfach das cognomen eines Aureliers zu benutzen. "Wenn Du ihn also wirklich für Dich interessieren willst, sollte es Dir kein Opfer sein, einige Verhaltensweisen an seinen Geschmack anzupassen, sonst wird er Dich stets als etwas sehen, was ihm nicht als anziehend erscheinen kann - Patrizier sind wohlerzogene, junge Damen gewöhnt, die wissen, wo sie stehen und die man schon von klein auf gelehrt hat, zwar eine eigene Meinung zu besitzen, diese aber nicht brachial zu äußern. Zumeist erreicht man doch mehr bei anderen Menschen, wenn man sie nach und nach an bestimmte Dinge zu gewöhnen versucht, anstatt ihnen mit einem Holzhammer die eigenen Ansichten einzuprügeln." Wobei er sich eine Caelyn mit Holzhammer durchaus vorstellen konnte, es war nicht mal ein sonderlich abwegiges Bild. "Vor allem aber erkennt man das Wesen eines Menschen an seiner Bereitschaft, sich zu verändern, und Opfer zu bringen für ein selbstgewähltes Ziel. Wenn es also wirklich Dein Ziel ist, diesem Mann nahe zu kommen, solltest Du Dir überlegen, was an Deinem Wesen änderungsfähig wäre."

  • "Nein nein.. mir ist nicht schlecht. Ich bin müde. Bereit zum Schlafen." winkte Tilla kopfschüttelnd ab, vielleicht sollte sie lieber die Decke über den Kopf ziehen?! Aber Luca hatte sich doch noch ihr gewidmet. Was wollte sie dann mehr? Sie entdeckte Minna neben der Germanin. Kurz hob sie die freie Hand, winkte ihr zu. Dann folgte Tilla mit dunklen Augen Sivs ausgestreckter Hand und blickte aufs Essen. Hunger? Ja, den habe ich. Oh, da ist ja Käse und weisses Brot. Ah.. da war wieder die Farbe 'weiss'. Einen Moment lang errinnerte sie sich an ihre Erklärungsversuche zu den Farben des Himmels. Eben so lang verweilte auch das Lächeln auf ihren Lippen.


    Das ist Fladenbrot. Es macht sehr satt. fügte Tilla hinzu und löste ihre Hand von Sivs, um sich ein Stückchen zu nehmen. Mit ruhiger Hand bekam sie die mundgerecht zugeschnittenen Käsewürfel in die Hände und bohrte die Käsestücke in die weiche Füllung hinein. So... und jetzt noch grüne Gurken. Tilla stellte sich auf die Zehenspitzen, um an die Nahrungsmittel heranzukommen, bohrte sie ebenso wie die Käsestücke hinein. Das Fladenbrotinnere war jetzt schön farbig. Weiss für Brotteig. Gelb für Käse. Grün für Gurke. Stolz, nur innerlich immer noch was traurig und verschüchtert, zeigte sie Siv ihr essbares 'Kunstwerk' vor. Die Männer, die sie eben verlassen hatte, schienen auch das Buffett ansteuern zu wollen. Tilla blieb dicht neben Siv stehen, musterte Luca, der sich angeregt mit Ursus unterhielt, vergaß wie vorgehabt einen Bissen von ihrem Fladenbrot abzubeissen.

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    Original von Aurelia Prisca


    Meinen Becher kurz erhoben, nahm ich einen Schluck Wein und genoss die Tatsache, dass ein Festabend vor mir lag, der nun fast gänzlich angenehm sein würde - wenn man von jener Verabredung absah, die mich und Severus später in den Garten führen würde, wenn die erste Gästebegrüßungsrunde ihr Ende gefunden hatte - und zudem ihren Anblick. Auch in schlichterer Aufmachung wusste sie zu glänzen, und wer sie sah, hätte sie sicherlich niemals für eine Plebejerin oder peregrina gehalten. Manche Art der Haltung fand man eben nur bei einer echten Patrizierin, und sie verfügte für meinen Geschmack ausgesprochen über derlei Qualifikation.
    "Nun, ich dürfte Dir beispielsweise keineswegs sagen, dass Du ausgesprochen verführerisch aussiehst und ich am liebsten einen jeden Mann, der es wagt, Dich heute mit seinen Blicken zu entkleiden, weil er glaubt, er könnte dies an den Saturnalien ungestraft tun, aus dem Weg schlagen würde," sagte ich gutgelaunt, ohne so zu wirken, als könnte ich gleich aus dem Gesagten Wirklichkeit machen, dafür war die Feststimmung zu entspannt. "Ich dürfte einer wohlerzogenen Patrizierin auch nicht sagen, dass ich mich sehr gerne an unseren Ausflug erinnere und wünschte, wir könnten ihn ohne schickliche Begleitung wiederholen ... derlei eben."


    Mein Lächeln war perfekt unschuldig und zu jeder anderen Zeit im Jahr wären meine Worte bei einer unverheirateten Frau sicherlich mehr als unschicklich gewesen - aber die Saturnalien nahmen mir diese Beschränkung und ließen mir einen jeden Scherz durchgehen. "Ah, Gracchus scheint sich anderen Gesprächspartnern zuzuwenden, so bleibt uns vorerst Antonia - komm, ich mache euch beide miteinander bekannt." So bedeutete ich Prisca den Weg in Richtung Antonia und schritt neben ihr her, als seien wir schon Mann und Frau, natürlich noch im gebührenden Abstand, man musste es ja nicht gleich übertreiben, und erreichten die Claudierin schließlich nach einigen Schritten. Ich hatte auch den Löwen gebührend bewundert - ihr vorenthaltend, dass mein Tier ein Stier gewesen war - um ihr meine Überlegungen zu nennen: "Ich würde dies eher einem Zufall zurechnen denn gewisser Absicht, denn würde man einen Löwen nicht eher dem Familienoberhaupt überreichen? Doch hast Du diesen Löwen erhalten, und nicht Corvinus." Ich blickte lächelnd zu Antonia. "Io Saturnalia, Antonia - lass Dich erst einmal bewundern, dieser Stoff sieht wirklich fabelhaft an Dir aus. Darf ich Dir Aurelia Prisca - verzeih, heute nur Prisca - vorstellen?"

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    Original von Manius Flavius Gracchus
    "Bona Saturnalia, Hannibal!"
    "Du hast nicht etwa zuletzt etwas von deinem Herrn, welcher heute nicht dein Herr sein mag, es sonstig aber ist, gehört?"


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    Hannibal


    Dramen, Komödien, Tragödien, nichts blieb einem erspart, wenn man ein solches buntes Treiben beobachten durfte und Hannibal beäugte das bunte Getummel schon seit einer langen Weile, teils abwesend, teils mit Genuß und Belustigung, gleichermaßen die Tragödien wie auch die Komödien. Doch, werter Leser, was würde Hannibal wohl als Tragödie bezeichnen? Das Tamtam von Rutger und Bridhe oder das Aneinandervorbeireden von Antonia und Gracchus? Oder waren es Komödien oder Tragödien, deren komödiantisches Ende noch auf sich warten liessen? Eine Weile lang betrachtete Hannibal die Unterhaltung von den Gästen, beobachtete die stumme junge Frau mit dem aufgeweckten Gesicht und den lebhaften Gesten, er konnte sich ein Lächeln nicht erwehren als der Inhalt ihres Bechers auf dem Kleide einer anderen Dame landete, sklavisch oder patrizisch, heute waren doch alle gleich, oder? Erneut sah sich Hannibal um und lehnte gemütlich weiterhin gegen die Säule gelehnt, fühlte sich als stummer Beobachter recht wohl und hatte gar nicht vor, sich in das Geschehen hinein zu drängen, zudem blieb ihm weiterhin die Möglichkeit den Germanen ein wenig von der Ferne und, hoffentlich unerkannt, ein wenig anzuschmachten. Wobei ihm die schönen blondhaarigen jungen Frauen an seiner Seite nicht minder gefielen, Hannibals Lippen hoben sich ein wenig und er betrachtete die drei schönen Menschen aufmerksam, so aufmerksam, dass es ihm entging, selbst Objekt der Wahrnehmung zu sein, die von Flavius Gracchus. Ein Bona Saturnalia riß ihn gänzlich aus dem Beschauen von menschlicher Pracht und amüsanter Geschichten heraus und Hannibal wandte sich verdutzt dem Sprecher jener Worte um...und erkannte Flavius Gracchus, der ihm eine kleine Tonfigur in die Hand drückte.


    Hannibals braune Augen wanderten nach unten und er betrachtete den Hasen. Meister Langohr oder der Hasenfuß! Hannibal musste unwillkürlich grinsen, teils über das doch amüsante Geschenk, dann auch wieder über sich, denn in mancher Hinsicht war das Tier für ihn nicht abwegig. "Bona Saturnalia! Meinen Dank für jenes vortreffliche Tier." Das Dominus verkniff sich Hannibal. Er wußte genau, dass Gracchus sich an der scheinbaren Gleichheit an diesem Tage mehr erfreute als so manch ein Sklave, es hätte schon etwas drollig kindisches an sich, wenn Gracchus nicht gleichzeitig eine fröhliche Heiterkeit voller Würde ausstrahlen würde. Mit der Fröhlichkeit an sich erinnerte Gracchus in einer gewissen Familienähnlichkeit tatsächlich an seinen Vetter, oder war es mehr umgekehrt? Hannibals Lächeln wurde etwas schmaler, wenn es auch nicht ganz von seinem Gesicht entschwand. "Leider habe ich schon seit längerer Zeit nichts mehr von meinem Herrn vernommen! Aber die Nachrichten von der Front sind auch spärlich und die Briefe dauern immer sehr lange, bis sie uns erreichen. Zudem..." Hannibal konnte sich ein andeutungsweises Grinsen nicht ersparen, bis er es wieder unter Kontrolle hatte. "Zudem schreibt Aristides nicht gerne, ich glaube kaum, dass sich daran etwas geändert hat." Hannibals Augen glitten über die wohlgestalteten Züge von Flavius Gracchus, Hannibal wußte viel von jenem Mann, teils erlebt und teils von seinem Herrn erfahren, und dann schien es ihm wiederum nichtig wenig zu sein. "Ich schätze, Aristides hätte gerne mit uns diese Tage mitgefeiert.", fügte Hannibal an, der das sicher wusste, denn die Saturnalia war seines Herrn liebstes Fest, was auch an den nächtlichen Ausflügen lag, die er an jenem Abend besonders vergnügt frönte. Hannibal war das Fest als Kind wichtig gewesen, womöglich noch als junger Mann, doch seit fast zehn Jahren war es mehr bitter als erfreulich. "Meinst Du, der Krieg wird bald enden? Hat der Senat, falls Du mir das überhaupt mitteilen darfst, etwas erfahren darüber?"


  • "Vielen Dank; es wäre mir eine Ehre und eine Freude", sage ich und lasse offen, ob ich die Vorstellung meiner zukünftigen Tante Secunda oder die in Aussicht gestellte Einladung meine. "Sie sieht sehr jung und sehr ... hübsch" und atemberaubend verstandeliminierend "aus" setze ich hinzu und meine jetzt in jedem Fall Aurelia Prisca. Himmel, wenn Aurelius Ursus mit noch mehr solcher Cousinen aufwarten konnte, muß ich mich mehr als gut stellen. Ach, Claudier - wer sind die Claudier? Nie von gehört ...


    "Ich habe darum gebeten, die Hojaldres laufend frisch zu servieren, das nächste Tablett mit warmem Gebäck dürfte schon unterwegs sein", hoffe ich eilfertig. "Und natürlich hatte ich viel Hilfe, Blätterteig ist ja kein Geheimnis, da mußte ich nicht viel tun, ebenso bei der Backdauer und der Ofenhitze. Aber die Fülle mit in Wein eingelegten Äpfeln, Birnen, Feigen oder Pflaumen hab' ich nach Mutters Rezept selbst angesetzt und gemacht. Die richtige Zeitdauer und das Mischungsverhältnis der Gewürze waren das Geheimnis und dabei hatte ich auch früher immer geholfen. Auch wenn dieser Alleingang heute eine Premiere ist, die bislang allerdings jeder überlebt hatte. Die Angesäuselten oder gar Betrunkenen gehen sicher nicht auf das Konto meiner Hojaldres.


    "In den letzten Tagen hatte ich kaum Zeit für etwas anderes als die Festvorbereitungen, die Bibliothek der Schola und die Arbeit für meinen Onkel. Einfach mal übers Forum schlendern und den Ereignissen beiwohnen - einen wirklichen Ferientag hatte ich in letzter Zeit nicht. Aber ich hoffe doch, das ändert sich wieder." Und Aurelius Ursus hat natürlich recht, Klatsch, Tratsch und das, was nicht in der Acta steht oder erst Tage später lassen sich besser erleben, als nur aus Erzählungen Dritter wahrnehmen. Die Zeit des Wahlkampfes nicht mitzukriegen, wäre wirklich ein Verlust gewesen. Vom Selbstmord des Senators damals ganz zu schweigen. Tolles Theater, inspirierend ohne Ende.

  • Ja, Prisca war eine Schönheit, ganz ohne Zweifel. Und so konnte Ursus die Reaktion des jungen Flaviers wirklich gut verstehen. "Warte, bis Du Aurelia Helena kennenlernst", raunte er ihm zu und räusperte sich dann grinsend. Er fand seine Cousinen beide sehr schön, aber Helena war seiner Meinung nach noch einen Hauch bezaubernder als Prisca. Zerbrechlicher, zarter eben. Das mochte natürlich nicht jedermanns Geschmack sein.


    "Dann sind meine Chancen ja gut, eines Deiner Kunstwerke warm probieren zu können. Die Zusammensetzung klingt jedenfalls schon ausgesprochen köstlich. Du machst mich wirklich neugierig." Derweil füllte er sich einen Teller mit einem Fleischspieß, verschiedenen Oliven, Käse und gefülltem Fladenbrot. Die Auswahl an Speisen war wirklich gut und Ursus hatte mittlerweile auch Hunger. Zumal eine gute Grundlage nicht zu verachten war, denn die Nacht würde noch lang werden und er hatte vor, die Feier in allen Zügen zu genießen.


    "Laß uns doch einfach mal unauffällig in Priscas Richtung flanieren, sobald Du Dir etwas zu essen genommen hast. Dann passen wir einen günstigen Moment ab, der sicher nicht lange auf sich warten läßt."


    Ursus staunte nicht schlecht, als er hörte, wie vielbeschäftigt Lucanus bereits war. "Na, die Festvorbereitungen fallen ja nun wieder weg, da wirst Du vielleicht für so etwas auch wieder Zeit finden. Ich versuche, mir täglich etwas Zeit für das Forum abzuzwacken. Das ist nicht immer ganz leicht, aber man muß doch schließlich auf dem Laufenden bleiben und auf dem Forum ist immer was los. Lieber arbeite ich bis spät in die Nacht hinein, als darauf zu verzichten." Etwas, was in letzter Zeit tatsächlich einige male vorgekommen war. Allerdings nur, weil er sich ja auch in die Familiengeschäfte einarbeitete. "Du arbeitest für Deinen Onkel? Als scriba?"

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus


    "Es ist eine rechte Plage" :D übertreibe ich schamlos: "Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeite ich als scriba von Onkel Aquilius und von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang als scriba Logei der curatrix Furia Stella. Dazwischen schlafe ich oder versuche, für den cursus zu lernen." Eine hübsche Hyperbel, wie Aurelius Ursus zweifellos blind und taub erkennen wird. und trotzdem:


    "Ich bin nach Rom gekommen, um zu lernen, daheim konnte ich fischen und in der Sonne vor mich hintrocknen. Ich bin schon neunzehn und in vielem hinterher." Die meisten der jungen Patrizier hatten eine gute Ausbildung in Griechenland oder bei griechischen Hauslehrern genossen, bevor sie wieder nach Rom kommen, ich kann fischen und Hojaldres herstellen. Das blöde Landei halt. Daß sich das ändert, das bin ich meiner Mutter schuldig.


    Ich fülle mir mit einem Seitenblick auf Ursus' guten Appetit ebenfalls kräftig meinen Teller mit viel Käse, Oliven, Tomaten und ein paar Peperoni, die Fleischspießchen riechen kräftig nach Knoblauch, ein Odeur, das ich momentan eher momentan nicht übernehmen möchte. Ein paar von den Schellfischen in Aspik lungern auch noch lustlos auf einer Platte herum, ich greife mir zwei und rücke die beiden anderen zusammen, vielleicht wollen sie sich ja austauschen, sonst werden sie vielleicht stinkig. Ich winke mit der letzten freien Hand nach Lars, der mit einem silbernen Tablett Hojaldres auf dem Kopf balancierend herankommt. Hatte er getrunken? Na, warte ... aber es geht alles gut.


    "Dann nähern wir uns mal unaufdringlich", sage ich kauend, in Gedanken bei den Aurelierinnen; auch Helena scheint nicht die zu sein, die man als Letzte im Haus hat und an einen hispanischen Dorftrottel der Flaviden verschenken muß. Freude, schöner Götterblitz! Wir betreten, Ihr Himmlischen, trunken Euer Heiligtum. Oder so. Muß ich mal darüber nachdenken, als Solo eines Verliebten sicherlich ein guter Ansatz.

  • Sim-Off:

    Tomaten und Peperoni? *zweifelnd guck* :P *nach Kolumbus such*


    Ursus lächelte. Das war zweifellos übertrieben. Doch Rom lebte von Übertreibungen, von daher war das schon ganz in Ordnung so. "Dann bist Du wahrhaft ein geplagter junger Mann. Darf ich fragen, für was für einen cursus Du gerade lernst?" Der Lerneifer von Lucanus war anscheinend überaus groß. Wenn er das beibehielt, würde er seinen Weg schon machen, daran zweifelte Ursus nicht.


    "Fischen und in der Sonne trocknen hört sich zumindest für eine Weile nach erstrebenswerten Tätigkeiten an. Allerdings muß ich gestehen, daß mich das auch nicht auf Dauer ausfüllen würde. Zumal ich Rom vermissen würde. Diese Stadt kann ich einfach nicht für allzu lange Zeit verlassen. - Ah, sind das Deine Kunstwerke?"


    Ein junger Mann mit einem silbernen Tablett näherte sich und die dampfenden Dinger auf dem Tablett sahen so aus, wie Lucanus seine Backwaren beschrieben hatte. Ursus nahm sich eines davon und probierte neugierig. Es war noch etwas heiß, doch nicht so heiß, daß er sich verbrannt hätte. Und der Geschmack war wirklich außergewöhnlich köstlich.


    "Hmmm." Er kaute genüßlich und schluckte dann herunter. "Wahrhaft köstlich. Wie hießen die Dinger noch gleich?" Er biß ein weiteres mal ab. Feigenfüllung. Herrlich, das Zeug. Genüßlich verspeiste Ursus das Gebäck, bevor er sich mit Lucanus Prisca näherte, die allerdings - nach den letzten Worten von Aquilius zu urteilen - gerade einer Dame vorgestellt wurde, die nun Ursus wieder nicht kannte. Diese Vorstellung nun zu unterbrechen, wäre ausgesprochen unhöflich, so daß Ursus erst einmal abwartete.

  • Sim-Off:

    Kommt davon, wenn man essender Weise vor'm PC hockt. Färbt sofort ab. Werde mehr brassica (Kohl) auf'n Speiseplan setzen. Und Flamingozungen.


    Ich schlucke herunter, mache eine einladende Geste zu den Hojaldres, beiße von einem etwas ab, kaue auf der Pflaumenfüllung herum, schlucke erneut und meine dann "Grundkurs. Res vulgaris, darf ich nich' vergeig'n, wär' eine echte Blamage ..." ich beiße abwechselnd in ein Stück Käse und den Hojaldre, kleine Teig-Blätter kleben in den Mundwinkeln und setzen sich zwischen die Zähne.


    "'S sind Hojaldres, heißt im Grunde auf Lateinisch einfach 'Blätterteig', der Teig steht für das Ganze. Geht auch salzig mit Gemüsefüllung, mit Fleisch oder Fisch, im Grunde mit allem, was man essen will." Und wenn man jemanden nicht mag, dann bäckt man einige markierte Exemplare mit Sand, der dem Opfer dann so herrlich in den Zähnen knirscht. :D


    Ich beiße erneut ab - links, rechts, ein herrliches Durcheinander. Das ich jemals Rom vermissen würde, kann ich momentan nicht glauben. Langsam pirschen wir uns vorsichtig an Onkel Aquilius und meine Noch-nicht-ganz-Tante heran.

  • Menschenskinder! Ich mußte doch echt meinen Göttern auf den Knien danken, dass sie mich heute Abend zu dem Typen hier geführt hatten. Hey, der sah zwar aus wie´n Lackaffe, aber wie´n Lackaffe, der echt was auf´m Kasten hatte!
    "Naja, wat heißt empfinden, weißte, ich hab´n halt irgendwie gern, auch wenn er manchma so´n bisschen langweilich rübber kommt! Ey, der kann manchma echt voll ne Schnarchnase sein, ´ne! Aber gut, der is trotzdem irgendwie .. süß. Ach du schei, öhm hab ich eben wirklich süß gesagt? Nee, isser natürlich nich. Er is lieb." Ich wußte ja, so richtigen Kerlen konnteste nich mit süß oder so´nem Scheiß kommen. Sowas sagten auch nur kleine Mädchen mit blonden Ringelllöckchen!
    "Ja aber weißte, das Problem is ja, erstens, ich trau mich nich, ihm das ma zu sagen und zweitens, was ja noch viel schlimmer is, öhm, ich hab ´s so mit Jungs noch nich gehabt, wenn de verstehst, was ich meine!" Tja, ich konnte mich doch immer wieder auf meine sexuelle Unerfahrenheit mit Kerlen verlassen, jedesmal wurde ich krebsrot im Gesicht!
    "Na weißte, prügeln will ich ihn ja gar nich! Un schon gar nich mit´nem Holzhammer, da kriegt er vielleicht noch was weg!" Wie war´n der drauf? Ich schlug doch keine Kerle! Mann, das war´n bestimmt ma wieder diese Vorurteile gegen gallische Frauen!
    "Aha, also ich soll was an mir ändern! Mhm! Wat denn? Ey komm, sach´s mir ehrlich, Kumpel, unter Freunden sacht man sich doch immer die Wahrheit!"
    So, jetzt war ich ja ma gespannt wie´n Flitzebogen!

  • Zitat

    Original von Bridhe
    Bitte verlass mich nicht! Bitte, du bist doch das Einzige, was ich noch habe! Virgieb mir nur dieses eine Mal! Ich werde dich nie wieder enttäuschen. Das verspreche ich! Bitte, es tut mir so leid!


    Ich klammerte mich förmlich an ihn und meine Tränen benetzten seine Tunika. Freiwillig würde ich nicht mehr von ihm weichen wollen. In diesem Augenblick wollte ich wieder leben. Für ihn!


    Überrumpelt von der Umarmung, überwältigt von Bridhes Flehen, geriet Severus' Selbstbeherrschung arg ins Wanken... Eine weinende Frau klammerte sich an ihn, eine schöne, in Tränen aufgelöste Frau, und alle seine Instinkte riefen: Nimm sie in den Arm! Tröste sie! Sie ist Dein, Deine Beute, Du musst nur zugreifen! Tu lieb und verständnisvoll und die Süße fällt auf der Stelle mit Dir ins Bett...! Wird vielleicht sogar wieder Dein Schwanenmädchen sein...
    Sein Blick irrte durch den Raum, ziemlich hilflos, und er hob eine Hand, berührte zögernd Bridhes Rücken, strich dann sacht darüber. Sie war verzweifelt, sie war am Ende, sie wollte ihn wiederhaben. Der Impuls sie in die Arme zu schliessen und an sich zu drücken war übermächtig.
    Aber nein. Nicht nochmal den selben Fehler. Nie wieder. Freya und Frowe Hulda, verschont mich mit eurem Gift. Über die Köpfe der Feiernden hinweg fixierte der Germane starr einen Punkt auf der anderen Seite des Raumes - es war eine kitschige Blumenbordüre an der Wandvertäfelung - und schob mit einem Ruck diese verfluchten sentimentalen Impulse beiseite.
    "Nein."
    Sanft aber sehr bestimmt löste er Bridhes Hände von sich, entzog sich ihrer Umarmung.
    "Es ist verziehen", sagte er ernst, sah ihr in die verweinten Augen und meinte das auch wirklich so. Dieser Auftritt, und wie sie sich ihm vor aller Augen weinend an den Hals geworfen hatte, das war ja auch Balsam für seinen verletzten Stolz gewesen.
    "Aber das mit uns wird nichts mehr. Ich bin nun mal gar nicht gut darin zu teilen, Bridtha. Und Du kommst auch ohne mich klar, das ist mal sicher."
    Ein halbes, zutiefst resigniertes Lächeln spielte um einen seiner Mundwinkel, als er Bridhes Hände loslies.
    Hier sind ja genug Männer, da wird sie sicher jede Menge Trost finden..., dachte er, halb gehässig, halb froh darüber dass dies nicht mehr seine Sorge war. Melancholisch zuckte er die Schultern, dann wandte er sich ohne weitere Umschweife ab. Schluss. Aus. Nie wieder würde er den Fehler machen und ein Weib an sich ran lassen. Gefühlsmässig an sich ran lassen, versteht sich.


    Ein Bediensteter mit einem Tablett stand da herum. Von dem griff Severus sich einen Becher Wein und kippte ihn sich in einem Zug hinter die Binde. Das Fest war noch genauso unerträglich wie eben, und er wollte jetzt wirklich gehen. Geistesabwesend sah er sich noch nach seinen Stammesgenossinen um, die er vorhin bei Bridhes Erscheinen nicht gerade höflich hatte links liegen lassen, erblickte die Chatinnen bei den Essensplatten und ging zu ihnen hinüber, um sich wenigsten knapp zu entschuldigen und zu verabschieden.
    "Siv, Minna, entschuldigt bitte dass ich gerade so, ähm, abwesend war... Ähm ja. Ich gehe. Ich hoffe wir sehen uns dann an Jul."
    Er nickte ihnen beiden zu, und auch der kleinen Tilla, die mit einem grossen Fladenbrot bei ihnen stand, nahm dann wieder den Reiseumhang, den er vorhin beiseite gelegt hatte und legte ihn sich über die Schulter. Die Tunika war da noch feucht von Bridhes Tränen. Schon wollte er das Atrium verlassen, fliehen vor dem Fest dessen Heuchelei und seichte Heiterkeit ihm so widerwärtig waren und endlich seinen Jagdausflug starten. Aber eines gab es ja noch...
    Zielstrebig und mit sehr ausdrucksloser Miene steuerte er auf Aquilius zu.
    "Flavius.", sagte er kalt, beugte sich an ihn heran.
    "Ich erwarte Dich."


    Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich wieder ab, um nun wirklich das Fest zu verlassen.
    "Nie wieder...", murmelte er leise zu sich selbst, während er sich stieren Blickes zwischen den Menschen hindurchschob, "nie wieder... Mädchenreden traue kein Mann / noch der Weiber Worten... diese Weiber... treulos... wankelmütig.. falsch... nie wieder..."
    Das Gefühl beobachtet zu werden liess ihn den Kopf wenden. Da lehnte, nur eine Armlänge weit von ihm, Hannibal an einer Säule; ruhig am Rande des Durcheinanders von Menschen und Worten schien er den Trubel unbeteiligt an sich vorüberziehen zu lassen. Bei ihm stand der Gode Flavius Gracchus. Der trug heute wohl mal wieder seine joviale, leutselige Fassade zur Schau, jene Maske hinter der, wie der Germane ja nur zu genau wusste, ein Abgrund von Verworfenheit und unvergleichlicher Bosheit klaffte.
    Mit einem kurzen Nicken grüsste er Hannibal, dem Goden dagegen schenkte er einen Blick von purem Eis - bläuliche Gletscher voll bodenloser Spalten und schroffe, kristallscharfe Eisgrate, das Bersten und Klirren der Schollen wenn die Eisdecke auf dem Rhein bricht, und der arglose Wanderer gnadenlos von den tödlichen Fluten mitgerissen wird - all dies hätte ein wahrlich aufmerksamer (und phantasiebegabter) Beobachter in jenem Blick wahrnehmen können. Ein düsteres Aufflackern gesellte sich dann hinzu, ein Glimmen wie von einem verzehrenden Irrsinn, als der Germane schon wieder den Kopf abwandte. Er trat ab. Verschwand in einem der Gänge und ging Richtung Garten.

  • Er hatte mich doch tatsächlich einfach stehen gelassen! All meine Bemühungen, ihn doch noch umzustimmen, waren kläglich gescheitert! Gut er hatte mir zwar verziehen, doch er wollte mich mit niemandem teilen! Er hätte mich mit niemandem teilen müssen! Meine Liebe hatte nur ihm gegolten, das wußte ich doch jetzt! Aber nein! Eine zweite Chnce gewährte er mir nicht!
    Es war, als wollte ich auf der Stelle zusammenbrechen. Ich stand da, wie ein kleines Mädchen und heulte mir die Seele aus dem Leib!
    Kam es mir so vor oder starrten mich alle an? Ihre Augen und Ohren klebten an mir. Das konnte ich nicht länger ertragen! Ich mußte hier raus! Sofort!
    Auf dem direkten Weg steuerte ich den Ausgang an. Dabei war es mir gleich, wer mir im Weg stand oder wen ich anrempelte. Ich mußte hier weg und zwar auf dem schnellsten Wege!
    Dann kam mir noch etwas in den Sinn! Der Halsreif! Heute wollte ich ihn tragen, ihn zur Schau stellen. Wo war er abgeblieben? Ja richtig! Luca hatte ihn an sich genommen.
    Bevor ich in den Garten hinausgehen wollte, sah ich mich nach Luca noch einmal um. Er unterhielt sich gerade mit Aurelius Ursus. Da wollte ich nicht stören!
    Sicher befand sich der Halsreif irgendwo in Lucas cubiculum! Ich hoffte, er würde mir verzeihen, bei dem, was ich jetzt tun wollte!
    Statt in den Garten hinaus zu rennen, steuerte ich geradewegs Lucas cubiculum an und machte mich dort auf die Suche nach meinem Halsreif.
    Glücklicherweise herrschte dort weit weniger Unordung, als ich es von Aquilius gewohnt war. Deswegen fand ich ihn auch bald.
    Würdevoll legte ich ihn an und schritt, wie eine Dame aus dem Raum hinaus und bewegte mich anschließend in Richtung Garten.
    Dort genoß ich zuallererst die frische Abendluft.

  • Es wurde nicht besser, nein, es wurde immer schlimmer, je mehr sie sprach. Alles in Straton drängte danach, ihr den Mund mit einer Handvoll Oliven zu stopfen, auf dass sie in ihrem Wortschwall wenigstens die ein oder andere Pause einlegen würde - wahlweise auch mit Fladenbrot, so die Oliven gerade nicht greifbar wären - aber er war der einzige im ganzen Raum, der es sich heute definitiv nicht erlauben konnte und durfte, in irgendeiner Form ausfällig zu werden, auch wenn ihm sehr danach war. Was er nun am allerwenigsten hatte wissen wollen, servierte sie ihm mit einer Miene, als wäre es das Bedeutsamste auf der Welt - bei Iuppiter, dachte der Grieche, warum kann mich nicht endlich jemand aus diesem Gespräch erlösen? Warum auch immer dieses Mädchen zu glauben schien, in ihm den idealen Gesprächspartner für ihre Seelenpein gefunden zu haben, er war sich keiner Versäumnisse den Göttern gegenüber bewusst, die jetzt zu einer solchen Bestrafung hätten führen dürfen. Gleich morgen würde er sicherheitshalber nochmal opfern, ein zweites Gespräch dieser Güteklasse würde er kaum durchstehen, ohne dass sein Kopf implodierte.


    "Ich kenne Aurelius Ursus zu wenig, um ihn einschätzen zu können, was seinen Geschmack an Frauen angeht und was er wirklich erwarten dürfte, um sich für eine Dame zu interessieren," hob er schließlich an, winkte einen der Freien zu sich und nahm sich ein Schälchen Oliven vom dargebotenen Tablett. "Aber an Deiner Stelle würde ich versuchen, ein akzentfreies Latein zu sprechen, das einen nicht sofort an einen Kutscher erinnert, wenn man es vernimmt, auf mein Äußeres und meine Kleidung achten und vor allem lernen, wann es besser ist zu schweigen und nur zu lächeln. Die wenigsten Männer wissen eine Frau zu schätzen, die ohne Unterlass plappert." Wahrscheinlich würde sie das Gespräch angesichts ihres Alkoholkonsums morgen ohnehin wieder vergessen haben, es schien ihm doch, als seien ihre vollmundigen Worte über ihre Trinkfestigkeit weit weniger wert als alle anderen bisherigen Aussagen aus ihrem Munde.

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius


    Prisca trank einen Schluck Wein, setzte den Becher aber noch nicht ab. Stattdessen hoben sich ihre Augenbrauen gespielt erstaunt über die Komplimente, die Aquilius ihr eigentlich gar nicht machen durfte. Prisca senkte langsam den Becher und schüttelte gespielt entrüstet den Kopf. "Solche Komplimente würdest du mir also sagen?" Ihre Stimme klang vorwurfsvoll, dabei genoss Prisca seine Worte sichtlich und zeigte es ihm, indem sie ihn vielsagend anlächelte. Manchmal erkannte sie sich selbst nicht wieder, dass sie sich so aufreizend gab, aber es war stets ein prickelndes Gefühl bei dem Gedanken an das Eine. Warum auch nicht? Wenn sie schon alt genug war, dass sie verheiratet werden sollte dann wollte und konnte sie dieses Gefühl auch in vollen Zügen genießen. Nur Eines war sicher! Die Grenze des geforderten Anstandes würde Prisca ganz sicher nicht überschreiten, dazu war sie schließlich zu wohlerzogen! … zumindest noch. …Aber warum sollten sie diesen Ausflug eigentlich nicht wiederholen dürfen? … . "Wünsche können in Erfüllung gehen lieber Aquilius. Immer und überall! Vielleicht gewähre ich dir heute sogar noch einen Wunsch.", flüsterte Prisca ihm deshalb mit einem liebreizenden Lächeln zu, während sie ihr Ziel erreichten und dachte dabei an einen harmlosen Kuss.


    Und im nächsten Moment bedauerte Prisca es, heute ein so schlichtes und einfaches Gewand gewählt zu haben. Denn neben der anmutigen Erscheinung der Claudia schien selbst sie zu verblassen. Sicher fand Prisca das eine oder andere Detail an ihr und sich, um diesen misslichen Umstand der Kleiderwahl auszugleichen. Doch musste Prisca neidlos zugeben, dass auch Claudia Antonia auf diesem Fest wirklich alle Blicke für sich gewinnen konnte. "Io Saturnalia werte Claudia - Es ist mir eine Freude und Ehre deine Bekanntschaft zu machen. Ich sah dich bereits auf unserem letzten Fest, aber leider ergab sich da nicht die Gelegenheit, dich kennen zu lernen. Darf ich fagen, wo du diese erlesenen Stoffe kaufst?", begrüßte Prisca die Claudierin mit einem herzlichen Lächeln und einem anerkennenden Blick auf Antonias Gewand, nachdem Aquilius ebenfalls ein Lob darüber ausgesprochen hatte. Prisca hatte ja, nicht zuletzt dank ihrer Freundin Plotina, ihre eigenen Quellen was Stoffe und Kleider betraf, aber für Neues war auch sie immer offen. Und während Prisca weiter dem Gespräch lauschte, nahm sie aus den Augenwinkeln flüchtig wahr, dass sich auch Cousin Ursus und noch ein weiterer Mann ihrer Gesellschaft näherten und wandte den Kopf damit leicht in deren Richtung.

  • Zitat

    Original von Aurelia Prisca et Caius Flavius Aquilius


    Noch immer etwas derangiert von der kurzen Begegnung mit ihrem Gatten, blickte Antonia überrascht zu Aquilius und dessen Begleiterin. Das Schmuckkästchen, welches sie in Händen hielt, reichte sie alsbald einem der gemieteten Freien, welche heute die Sklavenarbeiten übernahmen, erinnerte sie das Gewicht der Schatulle doch nur unliebsam an ihr erneutes Versagen im Angesicht ihres Gemahls. Umso erfreuter ist sie nun über ein wenig Ablenkung.
    Das war dann wohl die Frau, die ein glückliches Leben mit einem Mann erwarten konnte, der sie lieben und schätzen würde, dessen war Antonia sich sicher. Iuno, die junge Frau wusste sicher nicht einmal, welches Glück sie hatte. Wie so oft fühlte die Claudia in sich den Stich der Eifersucht und des Neides. Wäre Gracchus nur ein wenig wie sein Vetter, sie wäre die zufriedenste Frau der Welt. Doch die Parzen hatten es anders bestimmt. Das Lächeln in ihrem Gesicht indes kündet nichts von ihren Überlegungen.
    „Io Saturnalia.“, grüßte sie beide freundlich.
    „Aurelia Prisca.“, wandte sie sich sogleich an das neue Gesicht. „Ich habe schon so viel von dir gehört. Es ist mir eine wahre Freude, nun endlich mit dem Namen ein Gesicht verbinden zu können.“
    Und so ein hübsches Gesicht. Wieder unterdrückte Antonia einen Seufzer. Wie unzulänglich war sie selbst doch im Vergleich mit jener Aurelia.
    „Dieser Stoff?“, wiederholte sie dann und sah, leise lächelnd, an sich hinab. „Ein Glücksgriff. Wir-“, sie wies kurz zu Aquilius, „- waren eigentlich unterwegs, um dem damals zukünftigen Vigintivir eine toga praetexta zu kaufen. Wo war das noch? Im Laden von Joopus, nicht Aquilius?“
    Nicht ahnend, dass der Flavius keineswegs ein ebenso begeisterter Einkäufer war, wie sie selbst, fuhr sie fort:
    „Ich kann ihn nur wärmstens als Einkaufsberater empfehlen. Er ist so geduldig.“
    Womit sich vermutlich sein Schicksal besiegeln würde..

  • Zitat

    Original von Straton


    Was sollt´n das heißen, die wenigsten Männer wissen eine Frau zu schätzen, die ohne Unterlass plappert?! Sollte das etwa ein Wink mit dem Zaunpfahl sein?
    "Na, das mit´m akzentfreien Latein, ey da könnt sogar klapp´n. Müßt mich halt ma´n bisschen dranhalten! Und das mit´n Klammotten krieg ich auch hin! Mensch die blöden Flecke sind bloß vom Ballspielen! Schweigen und lächeln? Du meinst ich soll gar nix mehr sagen? Ey, das is aber voll schwer! Weiß nich, ob ich das hinkrieg!"
    Das war ja echt viel, was da von einem abverlangt wurde! Ich grübelte ´ne Weile darüber nach und so nach und nach wurde ich das Gefühl nich los, dass ich vielleicht doch´n bisschen zu viel getrunken hatte. Mann, war mir auf einmal so schlecht!
    "Ey Kumpel, weißte was, ich glaub mir is schlecht!" Bloß keine Panik jetzt! Sicherheitshalber schaute ich mich mal um, wo ich mich denn hinretten könnte. Wäre sicher kein feiner Zug gewesen, wenn ich mich vor Ort erleichtert hätte!
    "Du, ich hau ma ab, innnen Garten! Danke für die Tipps ´ne. Ey, man sieht sich!"
    So und jetzt aber Tempo! Ab durch die Mitte, hinaus in die Botanik und würg! Geschafft, war gerade noch rechtzeitig! Na, dem Blumen beet hatte´s wahrscheinlich nich so gefallen, aber naja! Ey is alles Natur! Tun wir so, als hätten wir es nicht bemerkt! :P

  • Kaum hatte ich den Garten erreicht, traf die kühle Abendluft mein Gesicht. Es war durchaus angenehm, war ich doch durch die emotionale Anstrengung und meinen Gefühlsausbruch sehr erhitzt. Die klare frische Luft zog ich in meine Lungen ein. Den Mief des völlig überfüllten Atriums wollte ich hinter mir lassen und nicht nur das. Einiges anderes müßte ich nun hinter mir lassen! Warum hatte ich mein Herz nur so freigiebig hergeben? Ich hatte es in Trümmern zurück bekommen.
    Sollte ich noch einmal die Reise nach Tir na nÓg antreten? Ich wußte, ich hatte einigen Menschen, denen ich wohl doch irgendetwas bedeutete, versprochen, ich würde es nicht noch einmal versuchen. Was aber konnte ich gegen den Schmerz in meinem Herzen tun? Noch vor wenigen Augenblicken, als ich Severus ein letztes Mal umarmt hatte, dachte ich, ich könne von neuem beginnen, zu leben. Doch das war ein Trugschluß! Nur der Tod wäre eine Erlösung!
    Langsam setzte ich mich wieder in Bewegung und entfernte mich noch ein Stück weiter weg vom Haus. Ich wollte sicher gehen, keiner Menschenseele mehr begegnen zu müssen, wenigstens an diesem Abend. Von diesem Fest hatte ich ein für alle Mal die Nase voll! Die nächsten Tage der Saturnalien würde ich mich irgendwohin verkriechen, dort wo mich niemand finden würde. Vielleicht würde ich noch einmal den Mut finden und dann würde ich es diesmal richtig machen, Morrigan gegenüberzutreten.


    Plötzlich wurde ich durch ein Geräusch aus meinen Gedanken gerissen. Ich blieb stehen und versuchte, zu lauschen, was und vor allen Dingen wer es war. Hatte man denn nicht einmal hier seine Ruhe haben können? Mussten überall Menschen sein?
    Dieses Geräusch hörte sich an, als ob sich jemand übergeben mußte. Ein Gedanke, der mir den Magen verkrampfen ließ. Ich wollte nicht wirklich wissen, wer sich dieser Situation hingeben mußte, doch nachdem ich noch einige Schritte getan hatte, wurde ich der Quelle des Ganzen gewahr. Eine junge blonde Frau (Caelyn) stand über einem Blumenbeet gebeugt und ließ der Natur ihren Lauf.
    Warum ich sie dann doch ansprach, konnte ich mir auch im Nachhinein nicht erklären. Vielleicht brauchte sie meine Hilfe.


    Kann ich dir helfen?

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