"Die wenigsten wirklich wertvollen Dinge erreicht man einfach so, aus purem Glück - die meisten muss man sich erarbeiten, und sehr vieles davon erreicht man niemals, auch wenn man sich sehr anstrengt," sagte Straton gemessen und wie so oft, ernst. Er verspeiste eine Olive, um Zeit zu gewinnen, bevor er die unangenehme Wahrheit weiterspinnen musste, die ohnehin auf der Hand lag. Sie war noch sehr jung, und wahrscheinlich war die Verliebtheit in ihren Herrn ihre erste überhaupt.
"Zudem, Du hast Dir einen Menschen ausgesucht, zu dem Dich die Liebe wahrscheinlich nicht wird glücklich machen können. Ein Patrizier muss irgendwann heiraten, und mit seiner Frau Kinder zeugen, so sieht es die römische Tradition vor, und die meisten verbindet irgendwann wenn nicht Liebe, dann sehr viel Gewohnheit mit ihren Gemahlinnen. Wenn Du Glück - oder Pech - oder beides zugleich hast, dann nimmt er Dich mit in sein Bett, und Du erlebst einige schöne Nächte, und irgendwann wird er sich eine andere suchen, und seiner Ehefrau im Geiste treu bleiben, denn das sind die Werte, die für Patrizier wichtig sind, nicht die Gefühle einer Sklavin. Bedenke wohl, wen Du für Deine Gefühle wählst." Letztendlich würden die Worte des Griechen jedoch nicht vieles ändern können - das wusste er aus eigener, leidvoller Erfahrung. Auch er war gewarnt worden, auch er hatte nicht hören wollen und dafür bitter bezahlt.
Als sie erwähnte, dass der Alkoholkonsum seine Folgen haben würde, verzog Straton nur kurz das Gesicht und nickte dann leicht. Wenigstens würde er heute nicht saubermachen müssen - oder irgendein anderer Sklave der Familie - denn auch dafür wurden die Freien fast fürstlich bezahlt. Saturnalienfeiern waren geradezu dafür prädestiniert, dass sich jemand übergeben musste, der das ganze Jahr über nur Wasser oder Säfte getrunken hatte, und es kam sehr häufig vor, dass Sklaven beim Alkohol über die Stränge schlugen. Extra für die Beseitigung etwaiger Spuren und zum Beiseiteräumen der alkoholgeplagten Gäste, die irgendwann im halben Delirium in einer Ecke hängen würden, hatte er einen der Freien abgestellt, und diesen winkte er nun heran, auf dass er Caelyn im gebotenen Höflichkeitsabstand folgen und die Ergebnisse des Rauschs beseitigen würde. Ein kluger Grieche sorgte eben für alle Eventualitäten vor. Seiner Gesprächspartnerin nun ledig, konnte er die restlichen Oliven in seliger Stille genießen, das Gefühl nicht loswerdend, dass sie wahrscheinlich in genau dieser Art noch leicht hätte zwei Stunden weiterreden können.