Waffentraining Marineinfanterie

Verus trat, wie er es nun gewohnt war, aus den Quartieren auf den Platz und bereitete sich mental und körperlich auf den heutigen Einsatz vor, er rotierte leicht mit den Armen und spreizte ein wenig die Finger währendes Gehens. Sein Blick wanderte zu den Ausbildern und er stellte sich diszipliniert zu seinen Kameraden in die Reihe, ja er war wirklich zu einem Werkzeug des Kaisers geworden.

Labeo hatte sich gerade gefragt, wann denn die erste Waffenübung beginnen würde, als das Signal zum Sammeln geblasen wurde. Also machte er sich auf - es kam ihm fast routiniert vor - und gelangte zum Übungsplatz. Einige Übungswaffen lagen bereit und er hatte wirklich nichts dagegen, mal wieder einen Gladius zu schwingen, doch zuerst hieß es Aufstellung nehmen. Wie es der Zufall so wollte kam er wieder einmal neben dem Decimer zu stehen und flüsterte, während die letzten Con-Probati eintrudelten zu Verus:

"So, heute kommen wir mal zum interessanten Teil."

"Ja, endlich mal ein wenig Actio'"

Innerlich lachte Verus und machte sich bereit heute seinen Mann zu stehen.

Endlich ging es richtig los. Endlich würde der alte Beamten-Hintern unter Feuer gesetzt. Verus schlich mehr oder weniger erwartungsvoll zum Ort, wo sich die Gladi befanden. Ein kurz Griff und Verus hatte ein Gladius aufgehoben, es war wohl recht schwer, so musste Verus es erst einmal in der Hand kreisen lassen, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Er ging wieder in die Reihe und wartete bis alle ihre Position eingenommen hatten. Ein kurzer Blick zum Optio und Verus nickte erfreut ab, eine leichte Übung.

Sauber imitierte er die Bewegungen seines Ausbilders. Ein kurzer Hieb, ein Stich und eine Drehung. Dann stach er von oben in den imaginären Hals seines nicht vorhandenen Feindes und zog es schnell wieder heraus. Natürlich wusste er, dass er bald auch ein schweres Scutum dazu tragen müsste, um damit jeden feindlichen Schlag abzuwehren. So übte er eine Zeit lang und bekam einen richtigen Fluss in die Bewegungen, besonders das Stechen gefiel ihm: Eine gezielte und saubere Bewegung, ohne einen großen Kraftaufwand aber dennoch tödlich. Langsam aber stetig wurde er ein Meister im Schwertkampf, dies musste wohl den Decimern in den Genen liegen.

Verus wurde einem Schrank von Mann gegenüber gestellt. Verus musste leicht schlucken und sein Gesicht verzog sich leicht, da dieser Mann ihn unangespitzt in den Boden rammen konnte. Er hielt das Holz-Gladius fest in der Hand und wischte sich den Angstschweiß von der Nase.

Sein Gegenüber lachte und holt zum Hieb aus: Ein schwerwiegender Lapsus. Verus erkannte seine Gelegenheit, sprang leicht zur Seite und stach seinem Gegenüber in den ungeschützten Bauch. Kraft war nicht alles, dies erkannte nun auch der Bär vor Verus, da er leicht hustend zurück torkelte und sich seinen Bauch hielt. Verus grinste hämisch, denn er hatte einen sauberen und wahrscheinlich mit einer echten Waffe tödlichen Treffer gelandet.

Der Bär nahm wieder Aufstellung und schlug Verus auf das Gladius, so verwickelten sich beide in eine Art Schwertkampf, indem sie sich gegenseitig parierten. Schließlich bekam Verus einen Schlag ins Gesicht und seine Lippe platzte auf, ein wenig Blut tropfte auf den staubigen Boden. Verus spürte das erste mal in seiner Ausbildung richtigen Schmerz. Nun etwas angefasst begannen beide wieder zu kämpfen. Verus von Zorn entflammt, stach in den Bauch von seinem Gegner und hob dann das Schwert an und rammte es dem "Feind" in den Nacken. Dieser sank bewusstlos zu Boden, wohl aus Entkräftigung oder wegen des gezielten Schlages. Verus schaute sich seine Tat an und blickte etwas perplex in die Richtung des Optios.

Verus nahm Haltung ein und sprach laut und deutlich:

"Optio, wir waren in einen harten Zweikampf verstrickt und ich landete einen gezielten Schlag in seinem Nacken. Es war ein Stich, wie wir ihn vorhin geübt hatten. Er erwies sich als äußert wirksam, leider beachtete ich nicht die Folgen, Optio."

Während der Optio mit Verus redete, rappelte sich der gebrochene Bär auf und stellte sich neben Verus. Er hielt mit der rechten Hand seinen schmerzenden Nacken und mit der linken seinen Bauch. Es zeichnete sich deutlich ein Bluterguss im Nacken des Kontrahenten von Verus ab. Verus drehte sein Gesicht zu seinem Oper und lächelte ihn dezent an, er war froh ihn nicht allzu sehr verletzt zu haben. Der Bär von Mann legte die Hand auf Verus schulter und schaute desorientiert in die Richtung des Optios. Er wackelte leicht auf den Beinen und sprach:

"Mir geht gut, Optio. Der Treffer von diesem Probatus war nicht schlecht, er ist der erste der mich aus den Sandalen geworfen hat. Und nun gehe ich erstmal Schwimmen..."

Verus grinste leicht, der Schlag von ihm hatte wohl einiges im Kopf des anderen Probatus durcheinander geworfen und er verwechselte Schwimmen mit Schlafen.

"Schaffst du es alleine?" Versicherte sich Verus.

Der Bär nickte und torkelte davon ohne auf die Antwort des Optios zu warten, wer konnte es ihm verübeln, hatte er doch einen richtigen Hieb wegbekommen.

"Ita'st, Optio."

Verus ging zu seinem Opfer und legte den Arm um ihn, um ihn so Richtung Lazaret zu bringen. Der Bär war zwar recht unbegeistert leistete aber Folge, schließlich verließen die beiden den Platz und Verus brachte den Besiegten in das Krankenzimmer, dort übergab er ihn dem zuständigen Capsarius und machte sich schnell wieder auf zum Exerzierplatz auf. Er rannte hektisch und reihte sich schnell wieder ein.

"Befehl ausgeführt, Optio!"

Die ersten Übungen am Gladius waren Labeo nur allzu vertraut, wie oft hatten sie die zu Hause gemacht, von klein auf.

Deswegen war es für ihn schwer sich auf den Übungskampf zu konzentrieren und er steckte einige Treffer ein. Dann sah vielmehr hörte er den Optio den Decimer anschreien. Und allerseits stellte sich eine kleine Pause ein. Als sie sahen, wie der große Conprobatus gefällt auf dem Boden lag, wurde einigen - zumindest Labeo klar, dass schon ein Übungsgladius nicht nur zum Spaß da sei. Als sie sich wieder an die Gegner machten, war er mit größerer Aufmerksamkeit dabei und das Geschick wendete sich, er stand sicher und gewann nach und nach die Oberhand, so dass sein Widerpart es nun war, der an der einen oder anderen Stelle sich um blaue Flecken Gedanken machen sollte.

Es sollte eine Art der Prüfung geben. Das machte Labeo etwas nervös. Und noch dazu ein hoher Gast aus Roma. Doch nicht etwa der Senator, den er während seiner Wache eingelassen hatte. Oder noch jemand anderes?

Die Gedanken. Sie schwirrten. In kurzen Sätzen herum.

Doch Labeo zwang sich zur Ruhe, als er wie gewohnt auf dem Exerzierplatz erschien. Er ging die letzten Einheiten noch einmal durch. Im Schwertkampf war er nur selten unterlegen, auch das Pilumwerfen auf ein Ziel machte ihm keine große Sorge. Ging es um die Weite müsste ihm schon ein für ihn hervorragender Wurf gelingen, damit er nicht im letzten Drittel landen würde. Das Bogenschießen schließlich konnte er nicht einschätzen, zu selten war es geübt worden, als dass er Sicherheit hätte gewinnen können.

Er blickte sich um, welche Kameraden sich schon wie er recht früh aufgemacht hatten, um ja nicht zu spät zu sein und er erblickte ein paar, die offensichtlich nervös waren - das sollte ihm nicht passieren, das man seine wieder aufflammende Nervosität - die sich an einem schnelleren Herzschlag äußerte - auch ansah. Also konzentrierte er sich, machte sich bewusst, dass die häusliche Ausbildung seines Vaters schließlich nicht ganz umsonst gewesen war und merke wie sich sein Herz langsam wieder verlangsamte.

Auch Verus befand sich unter den Probati, wo sollte er auch anders sein, denn er war zusammen mit Labeo einer der Vorzeigerekruten. Sein Blick wanderte nervös aber diszipliniert durch die Reihen, er stand in der zweiten Reihe der Paradeaufstellung.

Er ging geistig noch schnell die letzten Griffe durch und, wie er am besten im Nahkampf beeindrucken konnte. Er war ein hervoragender Nahkämpfer, dennoch machte ihm das Werfen des Pilums ein wenig Sorge, da er dort nur gutes Mittelmaß war.

Er holte tief Luft und richtete mit einem gezielten Griff das Kettenhemd mit den doppelt gearbeiteten Schulterstücken, danach legte er seine Hand wieder an den Griff des Gladius. Das Holz fühlte sich warm und geschmeidig an, es war ein gutes Schwert, das wusste Verus.

Heute war also der Tag, der ihre Ausbildung wahrscheinlich abschließen würde und dies freute Verus.

Verus hörte sich die Predigt seines Optios an und war innerlich gefasst. Er würde heute sein Bestes geben, um den Präfekten und den dubiosen Gast zu beeindrucken. Er lächelte leicht in die Sonne und hoffte auf Mars Unterstützung bei dieser Sache, denn er würde Rom dienen und vielleicht irgendwann an einer größeren See- oder Landschlacht teilnehmen als ein wahrer Römer.