Asny

  • Titus war guter Dinge, denn heute würde ein guter Tag werden. Die Sklavin die er heute dem Publikum verkaufen würde, war ein absolutes Schnäppchen gewesen im Vergleich zu dem was sie an Fähigkeiten mitbrachte, und er rechnete damit dass sie ihm einen guten Preis einbringen würde.
    Es war ein herzzereissender Akt das Mädchen ihren Eltern abzukaufen, aber natürlich hatte der Sklavenhändler in Titus die Kontrolle keine einzige Sekunde aus der Hand gegeben, und den Leuten ihre Tochter genommen. Was diese mit dem Geld anfingen war ihm relativ egal, er war hier um das Geld in noch mehr Geld zu verwandeln... gutes Geld.


    "Ehrenhafte Römer! Bezaubernde Römerinnen! Haltet ein, und hört euch an was ich euch an diesem kühlen Wintertage anzubieten habe, denn es wird lange dauern, sehr lange, bis ich in der Lage sein werde euch ein weiteres Angebot von dieser atemberaubenden Qualität zu machen!", er winkte einem Helfer unauffällig, damit dieser das Mädchen Asny auf die Bühne bugsierte, damit diese sich dem Volk und den potentiellen Käufern präsentierte, "Dieses Mädchen sieht aus wie eine jener schönen wie gefährlichen Barbarinnen aus dem Norden, doch bringt sie die Tugenden einer wohlerzogenen Sklavin mit sich, und wird eine enorme Bereicherung für jeden Haushalt sein! Sie spricht fließend Latein, sie spricht griechisch, und sogar die raue Sprache ihrer Vorfahren aus dem Norden spricht sie! Sie vollbringt wahre Wunder im Haushalt, ist eine Zierde für jeden der sich mit ihr schmücken will, und ist zudem von den Göttern mit einer Gesundheit gesegnet, die ihr ein langanhaltendes Leben, und ihrem Herren eine langanhaltende Freude schenken wird!"


    Er ließ seine Worte einen Moment lang wirken, und ergötzte sich an den neugierigen Augen die sich in immer größerer Zahl mit den dazugehörigen Körpern und den noch dazugehörigeren Geldbörsen um seine Bühne einfanden.


    "Es ist vollkommen offen und frei was man mit diesem Wunderwerk von Mutter Natur anfangen will. Einsame Stunden in der Nacht? Die Buchführung eines erfolgreichen Unternehmens? Ein gut laufender Haushalt? Eine Zierde in der Öffentlichkeit? ALLES ist möglich mit diesem Mädchen! Und das alles bei einem schon fast schockierend günstigen Startpreis von FÜNFHUNDERT Sesterzen!!!!!!"


    Es kam nicht oft vor dass man Ausrufezeichen heraushören konnte, doch dies war einer jener seltenen Momente...


    Sim-Off:

    Die Auktion läuft bis Freitag, dem 4.1.08, um 22:22

  • Der Abschied von ihrem Zuhause war in Asnys Augen hauptsächlich dadurch geprägt gewesen, dass sich der Rest ihrer Familie unwohl gefühlt hatten und man es mit einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Erleichterung hinter sich zu bringen versucht hatte. Dabei hatte Asny es ihnen eigentlich sehr leicht gemacht, sie hatte die Entwicklung ergeben hingenommen, ihre beste dunkelblaue Tunika und saubere Sandalen angezogen, sich das Haar gekämmt, bis es mit der Wintersonne um die Wette glänzte, und von ihren teilweise schluchzenden Geschwister wie ein großes Mädchen verabschiedet. Nun gut, wirklich geschluchzt hatten nur die beiden kleinsten, die anderen waren entweder nicht aufgetaucht oder ihrem Blick ebenso ausgewichen, wie ihre Eltern.
    Während sie ihre wenigen Habseligkeiten in einem Bündel zusammengeschnürt hatte, waren die Stimmen ihres Vaters und des Sklavenhändlers, der einen sehr fähigen Eindruck machte, zu ihr gedrungen und ihr war aufgefallen, dass ihr Vater entgegen seiner sonstigen Einstellung kaum gehandelt hatte. Er wollte diese ganze Angelegenheit wirklich so rasch wie möglich hinter sich bringen, wie es schien, also hatte sich auch Asny beeilt, das Haus und ihre Familie hinter sich zu lassen, und dem Händler zu folgen. Nur kurz hatte sie sich noch einmal umgedreht, um zu winken, doch da war die Tür schon zu. Dieser Anblick hätte sie sicherlich bedrückt, doch sie wusste ja, dass sie nicht allein sein würde, also war es nicht ganz so schlimm.


    Tatsächlich fand sich das für sie typisch sanfte, etwas abwesend wirkende Lächeln auf ihren Lippen, als man sie schließlich auf die Bühne brachte und mitten hinein in die Aufmerksamkeit der Kaufinteressenten. Asny wirkte vollkommen ruhig, sie hatte ja auch schon genügend Sklavenauktionen mitangesehen um zu wissen, wie so etwas ablief. Zugegeben, sie hatte sich bislang noch nie selbst im Zentrum derselbigen befunden, aber sie bemerkte auf jeden Fall, dass der Händler neben ihr sein Handwerk verstand. Er besaß eine gute Wortwahl und wusste sich geschickt auszudrücken. Bei ihrem Vater hatte die Beschreibung ihrer selbst auf jeden Fall sehr viel weniger beeindruckend und begeistert geklungen. Asny hätte sich vermutlich sogar selbst gekauft, derart faszinierend waren die Beschreibungen, die dieser Mann wählte. Angesichts des Preises, den man ihrem Vater gezahlt hatte, würde der Händler sicherlich einen satten Gewinn einfahren.


    ‚Wunderwerk von Mutter Natur‘... an dieser Stelle drohte sogar Asny ein wenig rot zu werden, aber wenn die Kundschaft darauf reagierte... was die Buchführung anbetraf, so räusperte sie sich nur leise hinter langsam gehobener Hand. Rechnen ja, aber gleich eine gesamte Buchführung... Andererseits sollte ein potentieller Sklavenkäufer wohl wissen, dass solche Händler immer mehr in ihre Ware hineinpriesen, als sich dort tatsächlich finden ließ. Das war eben allgemein üblich.
    Asny blinzelte leicht in die diffuse Sonne hinauf und stellte ihr Bündel, welches sie bislang vor sich mit beiden Händen festgehalten hatte, erst einmal auf dem Boden ab. Anschließend verschränkte sie die Hände wieder brav ineinander und wartete. Wer wusste schon, wie lange sich diese Angelegenheit hinziehen würde? Vielleicht würde sie auch irgend etwas vorführen müssen. Ihr unergründliches Lächeln vertiefte sich kurz bei dem Gedanken an eine spontane Demonstration ihrer vielgerühmten Buchführungsfähigkeiten, während sie sich eine lange weißblonde Haarsträhne zurückstrich und den Blick über den Sklavenmarkt schweifen ließ.

  • „Traxos der Große ist flink wie ein Wiesel, stark wie ein Löwe und hinterhältig wie eine Hyäne, grausam macht er alle nieder, die sich ihm in den Weg stellen. Und er lässt keinen seiner Gegner am Leben. Ja, selbst die, die begnadigt werden.“ Grünblaue Augen richteten sich kalt auf zwei Braune, ein kühles Lächeln umspielten die Lippen der jungen Sklavin als sie sich zu dem Straßenjungen Corvax vorbeugte und mit einem Zweig unter seiner Nase herum wedelte. Corvax machte einen Schritt zurück und rümpfte die Nase. „Du warst doch selber niemals in der Schule. Woher weißt Du das?“ Dido lachte gehässig. „Wir haben einen Gladiator in der Villa. Jawohl und ich weiß, dass ich bald in die Schule gehen werde, wo er lernt. Und dann werde ich auch bald eine Amazone und schneide Dir die Nase ab.“ Dido grinste triumphal als sie den Neid in den Augen von Corvax sah. „Aber jetzt zum Geschäft. Wo sind sie?“ Dido trat näher an den Jungen von neun Jahren, dessen magere Gestalt von lumpigen Fetzen bedeckt wurde und der ein braunes Stirnband trug. „Hier!“ Er reichte einen Beutel an Dido und zog ihn im letzten Moment zurück. „Fünf Sesterces. So war es abgemacht!“, fauchte er als Dido schon nach dem Sack greifen wollte. Dido musterte ihn kalt und durchdringend, das hatte sie sich vom Sklaven Sciurus ab geschaut und versuchte ihn schon seit den Saturnalien nachzumachen, bislang war es ihr nicht gelungen, was man auch daran merkte, daß Corvax nicht im mindesten von ihrem Blick eingeschüchtert war. So seufzte Dido und griff in ihren Beutel, wo ihre Zwille steckte, Kreide und auch einige Münzen, die sich erspart und erflunkert hatte, die goldenen Zeiten bei ihrem Herrn waren schließlich vorbei, seit jener wieder unter der Fuchtel seiner Großmutter in Baiae weilte. Sie zählte die Münzen ab und reichte sie an Corvax, der den Sesterzen anhob, ihn im Lichte betrachtete und dann auf das Metall biß. „Gut..hier hast Du es!“ Er steckte die Münzen ein und reichte Dido den Beutel. Zufrieden drückte Dido den Beutel an ihre Brust. „Dido!“, hörte die junge flavische Sklavin ihren Namen, von einer Männerstimme. Sie sah auf und zu dem nächsten Stand, an dem Geschmeide und Duftöle angeboten wurden. Sie nickte Corvax zu, der sich bereits aus dem Staub machte und trottete missmutig zu Hannibal, der erneut ein Familieneinkauf aus dem Ganzen machte.


    „Ja?“ Hannibal sah in Richtung des Jungen und dann zu Dido. „Die Kinder sind nichts für Dich, vergiss nicht, Du bist eine Sklavin einer Patrizierfamilie!“ Dido rollte mit den Augen. „Natürlich nicht...“....Blödmann!, wollte Dido anfügen, verkniff es sich in Anbetracht, dass das der vertrauteste Sklave von dem Vater ihres Herrn war, dem Dido letztendlich gehörte. Der Sklave konnte sie Maßregeln, wenn er es wünschte. Aber Dido wusste, daß Hannibal zu weichlich dafür war, so ließ sie sich erneut auf den Einkauf ein, trottete an der Seite des anderen Sklaven und ein weiteres Mal zu dem Sklavenmarkt, auf den Hannibal seit den Saturnalien immer wieder schaute, nachdem ihm der letzte Sklave so dicht vor der Nase weg geschnappt wurde. „Kaufen wir einen Gladiator? Oder einen Löwenjäger?“ Dido spürte den verwunderten Blick der braunen Augen von Hannibal auf sich ruhen. „Nein. Was sollen wir damit?“ Dido zuckte mit der Schulter. „Sie sind nicht so langweilig.“ Es erstaunte Dido nicht, daß Hannibal nur mit den Schultern zuckte, seufzte und langsam an den Ständen vorbei ging. Vor einem riesigen Nubier blieb Dido stehen und betrachtete den Mann mit seinem Gepardenfell, das sein Gemächt bedeckte, aber nicht die dicken Muskelstränge. Dido stellte sich vor, wie jener Mann wohl im Kampfe gegen zwei Löwen war und ob er schnell oder langsam von ihnen zerfetzt wurde. Erst dann bemerkte sie, dass Hannibal schon weiter war und vor einem Stand halt machte wo...ja, eine Frau stand mit noch helleren Haaren als Dido sie hatte. Dido starrte hinauf und dann zu Hannibal, der aufmerksam die Rede des Sklavenhändlers gehört hatte. „Fünfhundert für die junge Sklavin!“, hörte Dido den flavischen Sklaven rufen, zudem die Frage. „Spielt sie auch ein Instrument oder kann sie singen?“ Dido öffnete derweil den Beutel und fuhr mit den Fingern durch den Inhalt, der leise klimperte und melodisch an einander schlug. Dido lächelte zufrieden und hob eine einzelne Kugel hervor, gefertigt aus blauem Glas, das mit roten und weißen Mustern durchzogen war.

  • "Gute Frage, gute Frage.", dröhnte Titus Stimme über den Mercatus, "Bei den Qualitäten dieses Mädchen kommt man leicht dazu das eine oder andere zu übersehen. Sie spielt Flöte, kann singen und tanzen, ist also durchaus in der Lage ein abendliches Beisammensein mit ihrer Anwesenheit zu unterhalten.", fügte Titus hinzu. Ihm selbst waren die Fähigkeiten dieses jungen Mädchens beinahe nichtmehr geheuer, so viel konnte kaum ein Sklave den er hier verscherbelte. Wäre seine Frau nicht so rasend eifersüchtig, würde er das Mädchen für sich selbst behalten... doch leider... doch leider...

  • Meridius war über den Markt geschlendert und hatte sich hier und da ein wenig umgesehen. Fasziniert blieb er bei einer Sklavenauktion stehen und verfolgte die Anpreisungen des Sklavenhändlers. Mit einem Schmunzeln quttierte er die maßlose Übertreibung. War die Sklavin nicht blond? Allein für das blonde Haar war sie 1000 Sesterzen wert, Schreiben und Rechnen waren noch einmal 1000 Sesterzen, Griechischkenntnise verdoppelten den Preis, denn blond UND Griechisch schloß sich beinahe aus, Flöte konnte sie auch noch, singen und tanzen ... Meridius winkte ab. Da war was faul. Entweder der Sklavenhändler log wie gedruckt, oder die Sklavin hatte unterirdische Qualitäten in einem anderen Bereich. Vermutlich war sie eine notorische Ausbrecherin. In jedem Fall jedoch ein schlechtes Geschäft.


    Der Senator schlenderte weiter ...

  • Ich hatte offenbar einige Auktionen verpaßt; auch wenn mir versichert worden war, es sei nur Billigware in den Umlauf gelangt und darum keiner weiteren Gedanken wert, fand ich das schade, hatte ich mich doch bei Micipsas Kauf doch ziemlich gut amüsiert und die kleine Ca ..., achja: Tilla kennengelernt. Aber momentan habe ich dafür einfach nicht genügend Zeit.


    Ich und Laas sind auf dem Rückweg von der Basilica Ulpia, Post nachschauen, die sich über die Saturnalien hin aufgehäufelt hatte, ein Haufen Unsinn, manchmal voller Rechtschreib- oder gar Formfehler, einige anonyme Schreiben eher zweifelhaften Inhalts "Rutker hat an der Fiminalia in die Ecke gekackt", "Parva ist eine kranke lupa", "Diodor bescheißt seine Schüler", "Publius bückt sich für Carus" und anderes in der Preisklasse. Daß "Rutker" sich an der "Fiminalia" erleichtert hatte, ließ ich gleich per Aktennotiz die Stadtreinigung wissen, falls die nicht eh' nach den Saturnalien alle Straßenzüge gründlich abspritzen wollten, ansonsten warf ich das meiste in die vertikale Ablage. Sollten die Leute doch ein Sgraffitto irgendwo hinschmieren, anstelle eine anständige Bürokratie damit zu überfluten. Onkel Aquilius hatte ich schon seit einiger Zeit nicht mehr damit belästigt, wozu auch? Führt ja zu nix.


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    ~~~ Lars ~~~


    "Eh", zieht mich Laas an meiner Toga "gugg' ma' da", und zeigt zum Podium hinten auf dem Sklavenmarkt. Eigentlich will ich da jetzt nicht hin, ich habe Hunger und nur zwei Mäuseblasen im Magen. "Du sollst mich nicht mit Deinen fettigen Pratz'n anfassen" ärgere ich mich. Auch Laas hat zwei Mäuseblasen auf dem Weg verdrückt, die Toga war zwar meine Bürotoga, also einfacher und dunklerer Stoff wegen dem blöden Staub überall, aber trotzdem.


    "Jetz' gugg' schon, dominusluca" insistiert Laas. Ich folge seinem ausgestreckten, leicht fettig glänzendem Finger. "Man zeigt nicht mit nacktem Fi..." Ich halte inne, ein heller Fleck auf dem Gerüst zieht mich in den Bann. Ich stelle scharf und stelle fest, daß dort oben ein junges Mädchen mit strohblondem Haar steht. "Die Blonde?"


    "Klaa" sagt Laas und grinst - lüstern? Uh. Aber okay, also hin, auch wenn ich blonde Frauen unheimlich finde. Manche lassen sich ja sogar bleichen und das ist dann ganz abartig. Wie Hexen.

  • Asnys Blick fiel von den Weiten des Sklavenmarktes langsam wieder hinab in ihre nähere Umgebung, genaugenommen zu dem kleinen Mädchen, auf dessen Frage der Sklavenhändler gerade reagierte. Den Kopf interessiert zur Seite geneigt musterte die frischgebackene Sklavin das Kind und ihr Lächeln verstärkte sich erneut ein wenig. Die Kleine sah wirklich süß aus und erinnerte Asny spontan an eine ihrer kleinen Schwestern – was bei dieser Auswahl auch nicht überraschte. Ihre Aufmerksamkeit wurde kurz von der gläsernen Kugel angezogen, da sie diese so spontan jedoch keiner näheren Aufgabe zuordnen konnte, fanden ihre blassblauen Augen rasch wieder zu dem niedlichen Gesicht zurück. Das Mädchen sah recht zufrieden aus, was Asny auch nicht recht zu deuten wusste, was sie jedoch spontan an Asa erinnerte, wenn diese irgendeinen Plan in ihrem blonden Köpfchen züchtete.


    Na los, spiel‘ der Kurzen was vor!
    Asny blickte erst zu ihrem Bündel hinab und dann zum Sklavenhändler hinüber.
    Hallo?! Fünfhundert für uns ist ein Haufen ausgelutschter Krabbenschwänze! Wofür hast du den ganzen Kram denn gelernt? Die ‚gute Partie‘ wirst du doch wohl knicken können!
    Ja, die hatten wohl schon ihre Eltern geknickt. Der Sklavenhändler machte zwar keine auffordernde Geste in ihre Richtung, um eine der angepriesenen Fähigkeiten zu demonstrieren, aber er würde sie vermutlich auch nicht auspeitschen lassen, nur, weil sie dem kleinen Mädchen etwas vorspielte. Wenigstens besser als Buchhaltung. Und was das Singen betraf... nun, in der letzten Zeit hatte sie es sich abgewöhnen müssen, diesem Vergnügen vor anderen Leuten nachzugehen, also wählte sie erst einmal die Flöte.
    Nach einem letzten, prüfenden Blick zum Sklavenhändler kniete sie sich neben ihre zusammengepackten Besitztümer, knüpfte das Bündel auf und holte mit einem gezielten Griff, der auf eine Ordnung beim vormaligen Packen hindeutete, die groben, aber sauberen Stoff gewickelte Flöte heraus. Befreit von ihrer weichen Hülle kam ein einfaches, aber gepflegtes Musikinstrument aus Holz zum Vorschein, das zweite seiner Art in Asnys Besitz. Holz hält nun einmal nicht ewig, trotz aller liebevollen Behandlung.


    Kurz befeuchtete Asny ihre Lippen mit der Zungenspitze, prüfte die Position der Fingerkuppen und begann schließlich, immer noch kniend um der Kleinen näher zu sein, eine fröhliche, lustige Melodie zu spielen, wie sie Kindern wohl am ehesten gefallen würde. Munter und hell flossen die Töne dahin, da und dort das Tempo wechselnd, damit sich das Mädchen nicht beim Zuhören langweilte. Eigentlich stellte die von ihr gewählte Melodie die Untermalung einer Tierfabel dar, doch zum Erzählen würde sie hier wahrscheinlich nicht kommen. Also versuchte sie auf diese Weise, das fröhliche, übermütige Herumtollen einer Gruppe kleiner Ziegenböckchen darzustellen, obwohl man vermutlich daran zweifeln musste, dass ihre Zuhörerin ebenfalls nun dieses Bild vor sich sähe. Dennoch ruhte der Blick der Sklavin während ihres Spiels fast die ganze Zeit über auf den hellen Augen des Mädchens, bis sie die Töne leiser werden und schließlich verklingen ließ.

  • Blaue Farben glänzten auf dem hellhäutigen Gesicht der jungen Dido, vermischten sich mit weißen und roten Tupfen und Dido spähte durch das Glas, das drei große Luftblasen in der Mitte trug. Die Wintersonne strahlte durch das trübe Blau und glitzerte, die Welt dahinter verschwamm in einem diffusen Meer, die Gestalten verzerrten sich zu grotesken Figuren, die wohl kein Maler so darstellen würde, zumindest nicht zu Didos Lebzeiten. Es erinnerte Dido an die wunderschönen Glassplitter tief unten in der Subura, die die seltsamen Gesellen, die dort ihr nächtliches Leben – oder auch das Tägliche? - verbrachten, dort aufgehängt hatten. Dido ließ die Glasmurmel herunter sinken als die Antwort des Sklavenhändlers ertönte, Dido konnte kein Instrument, eigentlich konnte sie gar nicht so viel nützliches. Lesen und Schreiben waren magere Fähigkeiten bei ihr, sie konnte auch nicht tanzen – was sie auch gar nicht wollte! - und ebenso wenig singen – sie klang dann wie ein krakeelender Rabe – aber mit der Zwille, damit konnte Dido sehr gut umgehen und dafür waren die Murmeln ideal. Ein genüssliches Grinsen zeigte sich auf ihren Lippen und sie hatte nicht übel Lust, die Murmeln gleich zu erproben, sah sich auf dem Mark um und wieder zu der Bühne. Verblüfft blinzelte Dido als zwei blass blaue Augen sie ansahen, die Augen erinnerten Dido an einen Winterhimmel, der umstrahlt wurde von einer blassen Sonne, ebenso hell wie das lange Haar der fremden Sklavin. Dido hob einen Finger und fing an, an einer Strähne ihrer eigenen, etwas zerzausten Haare zu drehen. Eine Melodei entglitt dem doch schlichten Instrument, fröhlich und munter drang sie an die Ohren von Dido. Dido, die eigentlich keinen Sinn für Kunst und Lyrik – wie die meisten Erwachsenendinge! - hatte, verharrte, versuchte ein abwehrenden Gesichtsausdruck aufzusetzen und wie Sciurus zu wirken, kalt und unnahbar. Aber schon als die 'junge Frauen'-finger über die Löcher am Holz tanzten und ein keckes Reigen erzeugte, öffnete sich der Mund von Dido.


    „Oh!“, entfleuchte der jungen Sklavin, die von der Musik mitgerissen wurde. „Schön...“, flüsterte sie leise. Dido sah unverwandt in das Gesicht der Fremden und in die nordisch hellen Augen, die das junge flavische Mädchen zu bannen wussten. Die Hand mit dem Beutel sank bis zu ihrem Gürtel herunter und Dido schwieg andächtig. Einige Herzschläge lauschte Dido weiter, selbst als die letzten Töne vom Winde mitgetragen wurden und in dem Murmeln der Menschen, dem Anpreisen anderer Händler verschwand. Dido wandte sich zu dem älteren Sklaven an ihrer Seite um, Hannibal, der gerade erneut das Wort an den Händler richten wollte, nachdem auch der männliche, flavische Sklave dem Spielen von Asny gelauscht hatte. Dido zupfte an der Tunika von Hannibal. „Die musst Du kaufen!“, sprach Dido und sah weiterhin zu Asny. Sie spürte den Blick von Hannibal auf sich ruhen, der wohl etwas verwundert schien. „Da bin ich gerade dabei, Dido!“ Dido sah zu ihm und erkannte ein befremdetes, aber freundliches Lächeln auf den Lippen des älteren Sklaven. Schnell ließ sie seine Tunika los und wandte sich von ihm ab. Dummkopf!, schallt sich Dido. Aber Dido wusste, dass sie noch nicht so abgebrüht war wie Sciurus und noch einen weiten Weg vor sich hatte. Außerdem fühlte sich Dido schon seit Wochen recht einsam in der Villa. Sie hatte niemandem zum Spielen, die anderen Sklaven mochte sie nicht oder umgekehrt und selbst wenn Sciurus ihr Vorbild war, so würden sie niemals so etwas wie Freunde werden können.


    Dido trat näher an die Bühne heran und legt eine Hand auf die groben Holzbretter, ein Span bohrte sich in ihren Daumen, doch Dido merkte davon noch nichts. „Wie heißt Du?“, flüsterte sie Asny entgegen. Welcher Sklavenhändler achtete schon auf ein Mädchen bei seiner Ware? „Ich bin Dido!“ Sie deutete mit dem Kinn auf den Sklaven, den Dido begleitete. „Und das ist Hannibal. Er wird versuchen, Dich zu ersteigern.“ In dem Moment hörte Dido die Stimme von Hannibal, die sich ein weiteres Mal an den Händler richtete. „Wo hat die Sklavin vorher gedient, Händler? In welchem Haushalt wurde sie zu einer Sklavin erzogen?“ Dido sah nur kurz über ihre Schulter, aber sie würde das Steigern dem erwachsenen Sklaven überlassen müssen. Denn welcher Sklavenhändler würde schon ein Kind ernst nehmen bei solchen Dingen? „Kommst Du aus dem Norden vom Eismeer? Thule?“, fragte Dido hauchend und fasziniert. Sie wusste, dass ihre eigene Mutter von dort kam, aber Dido hatte nur sehr verschwommene Erinnerung an die Sklavin, die ausgewählt worden war, die Linie der flavischen Sklaven fort zu setzen und deren Frucht Dido war. Aus den Augenwinkeln bemerkte Dido, dass Hannibal wohl noch jemand auf dem Markt entdeckt hatte, Lucanus, den Dido immer nur kurz gesehen hatte und nicht genau einzuschätzen wußte. Hannibal grüßte den Flavier mit einem respektvoll, höflichem Neigen des Kopfes und einem: „Salve, Dominus!“ Aber Dido kümmerte sich nicht darum.

  • Ihrerseits zufrieden bemerkte Asny, dass ihr Spiel anscheinend Anklang bei dem jungen Mädchen gefunden hatte – ob sie die Ziegenböckchen nun bemerkt hatte oder nicht. Sie senkte ihr Musikinstrument wieder und machte sich daran, es zurück in seine schützende Stoffhülle gleiten zu lassen, während sie unter den Wimpern hindurch den faszinierten Gesichtsausdruck der Kleinen beobachtete und still dazu lächelte.
    Dann wandte sich ihr junges Gegenüber wieder ihrem augenscheinlichen Begleiter zu und die Sklavin nutzte die Zeit, um ihre Flöte wiederum ordnungsgemäß in ihrem Gepäck zu verstauen. Schon wollte sie sich ebenfalls wieder erheben, da der Händler sie vermutlich lieber für alle gut sichtbar auf der Bühne haben wollte, als sie jedoch bemerkte, dass ihr ‚Publikum‘ näher an die Bühne herangetreten war und schon kurz danach drang ein irgendwie verschwörerisches Flüstern an ihr Ohr. Die Worte, welche das Mädchen kurz zuvor mit ihrem älteren Begleiter ausgetauscht hatte, waren in dem allgemeinen Stimmen- und Lärmgewirr des Marktes leider untergegangen.


    Die weißblonde Sklavin behielt ihr ruhiges, leichtes Lächeln bei, als man sie nach ihrem Namen fragte und sich selbst sowie Hannibal vorstellte, so dass Asny unwillkürlich von dem Gefühl beschlichen wurde, in ein geheimes Bündnis eingeweiht zu werden. Bei dem Kopfnicken in Richtung des Älteren glitt die Aufmerksamkeit der jungen Frau kurz zu besagtem Hannibal, um ihn ebenfalls in den immer noch leicht verträumt wirkenden Blick ihrer hellen Augen zu fassen, ehe sie wiederum Dido anschaute.
    „Grüße, Dido. Schön, dich kennenzulernen“, erwiderte sie mit ebenfalls gedämpfter und sehr sanfter Stimme, die sich ausgezeichnet ihrer sonstigen Erscheinung anglich.
    Sie vernahm die durchaus intelligenten Fragen von Hannibal an den Händler, welche jener aber gewiss problemlos selbst beantworten würde, so dass sie ihre Aufmerksamkeit weiterhin auf das kleine Mädchen gerichtet hielt.
    „Ich heisse Asny“, stellte sie sich stattdessen nun selbst vor und deutete ein sachtes Kopfnicken an, das einige kürzere, helle Haarsträhnen über ihre Schultern nach vorne fallen ließ.
    Der Gesichtsausdruck des Mädchens ließ ein erfreutes Funkeln in ihren Augen aufglühen. ‚Aus dem Norden vom Eismeer‘... ihre Mutter wäre sicherlich entzückt gewesen. Wirklich schade, dass sie selbst dieses Eismeer nie auf ihrer Haut gefühlt hatte.


    „Meine Eltern kennen das Eismeer“, antwortete sie weiterhin leise und mit einem Anflug von Bedauern, der sich aber nur sacht in ihren Augen spiegelte und das Lächeln nicht trübte. „Ich wurde in Rom geboren und habe es leider nie gesehen. Ich kenne es nur aus Geschichten und Erzählungen.“
    Hannibal wollte sie also kaufen? Nunja, allzu teuer würde sie anscheinend ja nicht werden und sie vertraute Dido was die Kaufkraft ihres Begleiters anbelangte. Noch einmal flackerten ihre Augen zu dem jungen Mann, ehe sie wieder die schmale Gestalt des Mädchens betrachtete, so weit sie eben über die Bühne ragte.
    „Dein Daumen, pass auf“, flüsterte sie plötzlich und deutete kurz auf Didos kleine Hand und den zugegeben noch recht unscheinbaren roten Punkt an ihrem Daumen.

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    ~~~ Lars ~~~


    "O", Lars ist ganz verzückt von dem Flötenspiel der jungen Sklavin. Er steht mit offenenm Mund da, macht Stielaugen und hat offensichtlich heiße Ohren. War da ein kleiner, romantischer Schwerenöter in ihm versteckt, der verzweifelt 'rauswollte?


    Lars dreht sich zu der kleinen Sklavin [Dido] und sagt "Blääh!" und streckt ihr die Zunge 'raus. Offensichtlich doch nur ein Rotzlöffel, der einige Sekunden von den Tönen aus der Flöte verwandelt war. Keine Metamorphose und nicht von Dauer.


    "Hör' auf damit", sage ich und gebe ihm eine Kopfnuß. "Autsch" klagt er wenig überzeugend. Manchmal habe ich das Gefühl, Lars ist ein Übungsobjekt für mich als angehender Vater, ein mißratenes, aber immerhin.


    Jedenfalls werde ich auf das kleine Mädchen [Dido] und ihren Begleiter [Hannibal] aufmerksam. Kenne ich die nicht von irgendwoher? Ja, die leben bei mir zuhause :), die Kleine habe ich in jedem Fall kurz auf der Saturnalienfeier gesehen.


    Ich nicke freundlich "Salve, ihr beiden", Was so ein Kind hier will, ein flavisches Mädchen ist sie nicht, wollen sie und Hannibal die Blondine erwerben ? Wozu? In wessen Auftrag? "Na, auf Einkaufstour? Für wen sucht ihr denn jemanden? Etwa das Mädchen da oben?"

  • Der laue Wind zupfte an Didos blonden Haaren, die mit einem Lederband zurück gebunden waren, aber sich, der Feinheit und auch Unbändigbarkeit wegen, bereits aus dem Zopf lösten und ihr in das runde Gesicht fielen, das noch ganz von den kindlichen Zügen geprägt war und wenig von der Frau zeigte, die die junge Sklavin später wohl mal werden konnte. Die aufgesetzte Kälte, der unkindliche Ernst, was sonst Didos Gesicht prägte, war verschwunden. Sonst beherrschte sich die flavische Sklavin aus Notwendigkeit in der Villa, ohne ihren jungen Herrn verzieh ihr niemand kindisches Benehmen, nur mit Serenus konnte Dido die wirkliche Dido sein und ein Kind von gerade mal neun Jahren. Dido drückte sich etwas näher an die Bühne als sich ein massiger Mann an der jungen Sklavin vorbei drückte und mit seinen Froschaugen Asny auf der Bühne musterte und wohl zu überlegen schien, ob er nicht auch für die Sklavin mit bieten sollte, doch dann schob sich der Mann etwas weiter und Dido hatte wieder Luft zum Atmen. „Asny ist auf jeden Fall kein römischer Name. Vielleicht bekommst Du, wenn Hannibal Dich ersteigern kann, einen anderen Namen. Vielleicht auch nicht. Aber Du kannst keinen phönizischen Namen bekommen, die bekommen nur Sklaven aus der flavischen Linie!“ Zuchtlinie wäre wohl der bessere Ausdruck, aber Dido mochte die Bezeichnung nicht, es erinnerte sie an das Gerede von einem Sklaven aus dem Stall in flavischen Villa von Baiae, der damit auch über seine Pferde gesprochen hatte. Dido wusste ja, dass manche Sklaven weniger wert waren als ein edles Ross oder gar eine schöne, mit Perlen geschmückte Muräne, aber dennoch hielt sie viel auf ihre eigene Herkunft, war sehr stolz zu den besonderen flavischen Sklaven zu gehören. Wenn es auch gewisse Nachteile mit sich brachte, Hannibal zum Beispiel.


    Sie warf dem älteren Sklaven, der fast so alt wie der Vater von ihrem Herrn war, einen schnellen Blick zu, doch dieser hatte sich bereits dem Flavier Lucanus zugewandt und schickte sich an, dessen Fragen zu beantworten. Dido nickte dem jungen Herrn schnell und wenig respektvoll zu, wollte aber nicht zu dreist sein. Immerhin konnte es ihr auch durch die Hand jenes Flaviers übel ergehen, selbst wenn sie nicht ihm gehörte, so war er immer noch ein Flavier und als Sklavin würde sie auf sein Wort hören müssen. Aber das kurze Nicken müsste genügen, denn Dido wollte wieder den Worten von Asny lauschen. Doch was war das? Mit einem Mal sah Dido den Sklavenjungen, der ihr frech die Zunge rausstreckte!! Didos Augen verschmälerten sich und sie griff nach ihrem anderen Beutel. Na warte, dachte sich Dido. Die Rache kommt noch! Doch die Worte um Eismeer lenkten Dido für den Augenblick ab. „Schaaade!“, erwiderte Dido mit etwas enttäuschtem Gesicht. „Ich kenne das Eismeer nämlich auch nicht. Meine Mutter kommt von da, glaube ich. Aber ich hätte gerne mal jemanden getroffen, der die Seeschlange Fenris kennt und die bösen Nornen und so...“ Dido kannte nur einige wenige Geschichten von ihrer Mutter ehe sie von ihr getrennt wurde, um zu Serenus gegeben zu werden. Und sie warf immer wieder die Namen durcheinander, verwechselte die Midgardschlange mit dem unsterblichen Wolf, die beide natürlich nicht im Wasser lebten und die wirklichen Seeungeheuer schienen ihr als Fische viel zu banal zu sein.


    Verdutzt sah Dido auf den roten Punkt an ihrem Daumen und erkannte im Sonnenschein und doch gutem Lichte, dass sich ein feiner Holzspan in ihre Haut gebohrt hatte. Mit dem Finger drückte Dido an der Haut herum. Interessiert betrachtete Dido, wie ein roter Blutstropfen sich an ihrer Fingerkuppe bildete, einen Moment erzitterte und dann an ihrem Daumen herunter ran. Eine rote Linie ließ das Blut zurück, hauchfein, so dass Dido die Spur nur mehr erahnen konnte. „Au!“, murmelte Dido, obwohl es eigentlich nicht weh tat. Sie zog vorsichtig den Span heraus und steckte den Finger in den Mund, um das Blut weg zu saugen. „Ischt..nischt schooo...sccchhhlimmm....“, raunte Dido nuschelnd mit Daumen im Mund ehe sie ihn heraus zog und bestätigend präsentierte. „Außerdem übt mich das! Ja, denn eines Tages werde ich eine Amazone sein und dann darf ich keinen Schmerz zeigen, wenn ich von Schwertern oder Löwen verletzt werde, sonst bin ich zu schwach...“ Was natürlich mehr theoretischer Natur war, ihre Rede, denn Dido konnte immer noch weinen, wenn sie sich nur das Knie aufschürfte oder sich mit dem Kopf an der Tür stieß. Dido betrachtete Asny grübelnd und beugte sich noch näher, verschwörerisch. „Ich habe ein Messer. Wenn Du willst, gebe ich es Dir!“, hauchte Dido. „Falls Du versuchen willst zu fliehen...“ Ein wenig Tücke trieb Dido in dem Moment wieder an, aber wer wusste es schon? Vielleicht hätte Asny tatsächlich eine Chance, wenn sie es wirklich wollte.


    So sehr in dem Gespräch gefangen interessierte es Dido dieses Mal nicht, wie sich der Leibsklave, Hannibal, von Aristides, an den jungen Flavier wandte, wenn gleich sie es durchaus noch mitbekam. „In der Tat, Dominus. Ich halte schon länger immer wieder die Augen offen nach Sklaven, die in den flavischen Haushalt passen könnten. Sklaven, die nicht gleich den Gedanken an Flucht oder gar heimtückische Anschläge und Entführungen im Herzen tragen.“ Hannibal lächelte schmal, Dido wußte auch warum, denn für eine Sklavin mit Fluchtabsichten war er selber schon verantwortlich gewesen und einen Sklaven für die Entführung hatte sich Hannibals eigener Herr in den Haushalt geholt, mit dem germanischen Sklaven. „Mein Herr könnte sich sicherlich für ihr musisches Spiel erwärmen.“ Sicherheitshalber fügte Hannibal an: „Mein Herr ist Flavius Aristides, Dominus! Der in Parthia zur Zeit mit der Prima kämpft!“ Hannibal verschränkte die Arme vor der Brust. Dido sah kurz, wie Hannibal mit fragender Miene wieder zu der jungen Sklavin sah. „Was meinst Du, Dominus? Sie würde sich doch sicherlich für die Villa lohnen? Eine gehorsame Sklavin wäre mal eine Abwechslung!“ Um Hannibals Mundwinkel spielte ein süffisantes Lächeln.


    Dido spähte schnell zu Lars hinüber und hatte nicht nur ihr kleines Messer gefunden, damit sie es Asny geben konnte, falls diese es begehrte, sondern auch noch das, um den unverschämten Sklaven maßregeln zu können. Eine Murmel wanderte in ihre Hand, die Zwille in die Andere, die Waffe wurde beladen und dann schickte Dido in einer schnellen und gewandten Bewegung die Kugel direkt in Richtung des Hohlkopfes, so würde Dido ihn schimpfen, von Lars. Dabei streckte sie ihm selber die Zunge raus. Ja, die Hackordnung in der Villa Flavia musste wohl noch geregelt werden. 8)

  • Ich lächele etwas verloren, der omimöse Aristides. Interessante Dinge hörte ich hie und da, nichts Handfestes oder Zusammenhängendes, kein Favier von der traurigen Gestalt ist er, so scheint es mir. "Mh, ja, wieder ein Flavide, Aristides, ein Onkel vor mir, nicht?" Natürlich, was sonst? Die Flavier bestehen zur überwiegenden Mehrheit aus Onkeln, nur ich bin keiner. Und die Frau von Flavius Gracchus ist auch keiner, die ist meine Tante. Ein schlafwandlerischer Stammbaum, meine Stellung als Hausneffe zementiert sich mit jeder neu entdeckten Verwandtschaft.


    "Und? Hast Du Nachrichten? Amüsiert er sich gut?" rutscht es mir heraus. Irgendwie habe ich den Eindruck, daß bierernster Komiß und jener Aristides nicht zusammenpassen; wird er doch nach dem Gegner des Themistokles, eher nach dem Milesischen Dichter benannt worden sein. Jedenfalls gefiele mir das besser, die Milesia historia hatte ich in der lateinischen Version mit Vergnügen gelesen, auch wenn ich dabei meist puterrot im Gesicht war.


    "Naja", gebe ich meine Meinung zu der jungen Sklavin ab, "sie ist schon ziemlich blond, nicht? Fast unnatürlich. Wie ein Spiel..."


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    ~~~ Lars ~~~


    "Aua, Verdammich, auuuuuuuuuuaaaa" jammert Laas und hält sich den Kopf.


    Nicht bewußt, aber als Bewegung in meinem Gesichtskreis nahm ich die Schleuder und die fliegende Glaskugel wahr. "He, was soll denn das. Du da! Ja, Du!" brülle ich Dido an.


    "Auuuuuaaaa" heult Laas beinahe und versteckt sich hinter mir und Hannibal. Mit drei großen Schritten laufe ich zu dem kleinen Mädchen hin, greife ihren Arm und entwinde ihr die Zwille. "Sind bei Dir noch alle Murmeln rund? Bist Du das dicht? Ma' schießt nich' mit Kugln auf Leute!!" Ich drehe mich zu Laas um "Eh, blutest Du? Wohin hattich die Kugl getroffn?" "Daaaa!" greint der Kleine und zeigt auf eine Stelle über dem Ohr.
    "Un' erst recht nich' auf'n Kopf!! Was bist'n Du für'ne Pest??" Ich bin außer mir, ein Kind schießt mit einer Steinschleuder auf ein anderes, das ihm nur die Zunge 'rausgestreckt hat!!


    "In der Tat, Hannibal, eine gehorsame und tugendhafte Sklavin wäre wirklich mal eine Abwechslung", schaufe ich, die Göre immer noch fest am Handgelenk. "Los, Kleine, alles her damit, Glasmurmln, Zwille, alles, was Du sonst noch herumschleppst! Hopp! Wenn'de Krieg spielen willst, schick'n wir Dich nach Parthien, da kannste 'rumballern!"


    Laas hält sich den Kopf und schmipft drauflos: "Ja, wech' nach Paahtia, die is' völlich irre, die Dido da!"


    "Klappe Laas, wenn Du Mädchen ärgerst, werden sie Dich zurückärgern, klar." "Aber nicht so!!" wende ich mich wieder an Dido. "Kloppt Euch, wenn Ihr unbedingt müßt, aber ohne Waffen un' fiese Tricks, klar?!" Ich hatte ja schon einige Prügeleien erlebt, aber da wurde immer sofort eingegriffen, wenn jemand ein Messer aus der Tunika zog, sah man's sofort. Und wenn's zu spät war, dann droschen alle auf den Messerhelden ein, bis der Ruhe gab und sein Messer nich' mehr gebrauchen konnte. Es gibt'n Codex, und solange ich da bin, is' auch der Codex da.


    "Ihr gehört beide zum flavischen Haushalt und das ist klar Sachbeschädigung - ja, Dido? Wer erzieht Dich oder besser: wer erzieht Dich gerade nicht? hm?"

  • Cassander war noch nie auf den Kopf gefallen und natürlich hatte er ein wenig bei den Reisespesen übertrieben, was sein Herr, es war wohl eindeutig, auch mit einem zugedruckten Auge genehmigte. Der Mann wollte Cassander wohl doch nicht seines alten Amtes und der Verantwortung ganz entheben, indem er ihn, einem Postboten gleich, durch das Reich fahren ließ. So hatte Cassander sich bei der vorzüglichen Taverne um die Ecke, welche er schon lange kannte, einen guten und starken Wein gekauft und war zufrieden durch Rom spaziert, um hierher anzugelangen. "Bring auch etwas Exotisches mit, wenn es etwas am Sklavenmarkt gibt!", wurde ihm gesagt. Und nun stand er hier und blickte auf so ein Nordmädchen, zart, zerbrechlich, sie beherrschte das Singen. Also wenn das nicht exotisch war...er schleuderte den Becher Wein zur Seite - er war sowieso leer - und verschaffte sich mit den Ellebogen einen besseren Ausblick auf die Ware.


    Natürlich hatte er allerhand Spielraum, schließlich besaß sein Herr Klienten, die die Summe sicherlich auslegen würden, so dass sicherlich einige Tausender heute bedenkenlos verschwendet werden konnten.


    "Schau sie dir doch an, Sklavenhändler! Sie zerbricht doch gleich! 500 wären für einen anständigen Leibwächter angebracht, heutzutage ist Rom nicht so ganz das sicherste Pflaster! Ich gebe dir gute 300 für das Ding!"


    Schrie er sogleich, ein wenig angeheitert vom Wein, in die Richtung des korpulenten Mannes.
    Doch als er sich, in seiner Manier, lächelnd und stolz über diese passenden Worte zur Seite wandte, entdeckte er ein alabasterfarbenes Gesicht mit ebenschwarzem Haar. Das Gesicht kannte er von Abbildern, die sein Herr besessen hatte, ja, in Spanien lagen solcherlei einige herum. Das konnte nur die Verlobte sein, mit der sein Dominus sich damals, genau hier, ebenfalls unterhalten hatte. Er war nicht gerade nüchtern, er roch sicherlich unangenehm, er konnte ihr nicht seine Aufwartung machen. Aber sie schien auch Gefallen zu zeigen an diesem Objekt. Ja, er musste es für sie ersteigern, sein Herr hätte dies auch befohlen. Zudem machte dieser sich schon einige Gedanken um ein anständiges Geschenk für sie - nun ergab sich hier die Gelegenheit! Cassander grinste nach vorne, zu der Sklavin, ja, ein passendes Geschenk.

  • Die Leute waren ob der Schönheit und der Talente etwas entrückt, oder gaben sich eher irgendwelchen privaten Scherereien hin, als dass sie versuchten Asny zu ersteigern. Gegenmaßnahmen mussten getroffen werden, dieses Mädchen war den Leuten unheimlich.. und dann der Einwand ihrer Figur...


    "Dieses Mädchen zerbricht nicht so leicht, macht euch da keine Sorgen. Was ihre Ausbildung betrifft, so haben ihre Eltern, bevor sie ihre Tochter wegen herzergreifender Umstände in meine fürsorglichen Hände gegeben haben, dafür gesorgt dass sie ihren zukünftigen Herren zu seiner vollen Zufriedenheit zu Diensten sein wird."


    So, dieses Thema war abgehakt, und er unterstrich dies auch mit einer beschwichtigenden Geste... es war Zeit den Leuten die Angst vor diesem Mädchen zu nehmen.


    "Lasst euch nicht blenden, Leute, von den schneeweißen Haaren, oder ihrem Antlitz aus Elfenbein, denn es steht ein Wesen aus Fleisch und Blut vor euch dass harmloser und zugleich fähiger nicht sein könnte.", er schmunzelte den frechen Kerl der 300 Sesterzen geboten hatte mitleidig an, armer Narr, "Ich kann mich nur wiederholen, dieses Mädchen ist eine Bereicherung für jeden Haushalt und ein Augenfang für jeden Anlass... fünfhundert Sesterzen sind geboten, und wer jetzt zaudert, wird es später bereuen."

  • Aufmerksam lauschte Asny den Worten Didos, dabei allerdings nicht nur auf deren Inhalt achtend. Das Mädchen wußte sich wirklich gut auszudrücken, wirkte hellwach und blitzgescheit. Es wäre wirklich schön, wenn sie die Kleine etwas besser kennenlernen könnte. Erst nach diesem Gedanken beschäftigte sie sich eingehender mit dem, was Dido ihr eigentlich mitteilen wollte. Einen anderen Namen – zugegeben, daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Nun ja, der ihre war eigentlich nicht sonderlich kompliziert auszusprechen, insofern fiele dieser Grund für eine Namensänderung schon einmal weg. Ansonsten bliebe wohl nur die persönliche Einstellung ihres zukünftigen Herrn...
    Ist doch egal, wie irgendein fremder Kerl dich nennt weil seine Zunge zu schwerfällig und sein Kopf zu windschlüpfrig ist, innerlich bleibst du immer Asny.
    Da stimmte wohl und damit war dieses Thema für die hellblonde Sklavin erst einmal abgeschlossen. Zumal ihre Zukunft bislang immer noch in den Sternen stand.


    Didos Aufmerksamkeit schien kurz von etwas anderem gefangen genommen zu werden und als Asny ihrem Blick folgte, bekam sie gerade noch die Ursache mit, was sogar ihr Lächeln ein wenig dämpfte. Asa hätte sich kurzerhand auf diesen Jungen gestürzt, wobei ihr Nebensächlichkeiten wie Größen- und Alterunterschiede mehr als einerlei gewesen wären. Ihr hitziges Temperament hätte an dieser Stelle wohl nicht eher Ruhe gegeben, bis sich irgendeine Trophäe zwischen ihren scharfen Schneidezähnen befunden hätte, vornehmlich ein Stück abgebissenes und blutiges Ohr. So weit würde Dido wohl hoffentlich nicht gehen... gut, erst einmal kehrte ihr Blick wieder zu Asny zurück, was dieser sogar ein klein wenig Erleichterung bescherte. Derartige Szenen hatte sie schon etwas zu oft miterlebt um nicht zu wissen, wozu kleine, impulsive Mädchen imstande waren, wenn man sie herausforderte.
    Aber noch reagierte die Kleine auf ihre Worte, wobei Asny allerdings den Kopf leicht zur Seite neigte, was ihrem Lächeln aber keinen Abbruch tat. Die Seeschlange Fenris? Eine interessante Kombination, zugegeben.


    Was anschließend folgte, erstaunte dann jedoch sogar die hellblonde Sklavin in spe. ‚Amazone‘ war ein eher ungewöhnlicher Berufswunsch für ein Mädchen, bezog sich aber wahrscheinlich auf spannende Geschichten und ungezügelte Kinderfantasien, die vermutlich nichts davon wußten, dass Amazonen sich für gewöhnlich eine Brust abschnitten. Allerdings verriet dieser angestrebte Werdegang eine ganze Menge über Didos Einstellungen und bestätigten so manche schon gehegte Ahnung. Wer immer sich bislang für das Mädchen verantwortete, führte sicherlich kein leichtes Leben.
    Keineswegs hämisch sondern durchaus freundlich lachte Asny leise und merkte, dass sie schon fast vergaß, wo sie sich eigentlich befand – und weswegen. Doch Dido sorgte selbst dafür, dass die Erinnerung rasch zurückkehrte, indem sie verschwörerisch ein Messer anbot, das Asny jedoch mit einem raschen Kopfschütteln und einer kurzen, beschwichtigenden Geste ablehnte. Nicht auszudenken, wenn jemand die Kleine mit einem Messer sah...
    Hey, die Kurze zeigt wirklich gute Ansätze. Wenn sie jetzt noch den dürren Kerl dahinten durchwalkt, hat sie mich.


    Asny war da etwas anderer Ansicht, zögerte jedoch zulange, um mit Didos rachsüchtigen Reflexen mithalten zu können. Davon abgesehen, dass sie sich immer noch auf ihrer eigenen Versteigerung befand. Während der schwesterliche Teil in ihr in wildes Gejohle ausbrach, erhob sie sich nun doch langsam um zu sehen, dass die Kleine nicht nur über gute Reflexe besaß, sondern auch ausgezeichnet zielen konnte. Gut, sie kannte die Hintergründe des Mädchens nicht, vielleicht durfte sie sich ein solchen Verhalten erlauben... nein, wohl eher nicht.
    Asny zuckte selbst zusammen als der Mann, welcher offenkundig zu dem bedauernswerten Jungen gehörte, sich Dido griff und ‚disziplinarische Maßnahmen‘ anwandte. Die weißblonde Sklavin würde wohl kaum eingreifen können, selbst, wenn sie nicht hier auf dieser Bühne stünde. Und dass das Mädchen nicht gerade ein durchgehend freundliches und sanftes Wesen besaß, war ohnehin schon deutlich geworden. Schließlich hatte sie tatsächlich auf den Jungen geschossen. Und sie gehörten beide demselben Haushalt an. Dies erklärte zumindest einiges und widerlegte den Eindruck, dass Dido einen Wildfremden getroffen hätte.
    Noch bevor sie die sicherlich nicht gerade friedliche Reaktion der Kleinen mitbekam, erreichte sie das Gebrüll eines Kaufinteressenten, dessen Angebot dem Sklavenhändler allerdings wenig Freude machen würde. Und dessen Wortwahl zudem Asa trotz des vorherigen Triumphgefühls bei Didos Rachefeldzug ziemlich wütend machte.
    300?! Was glaubt dieser angefressene Sack Schweinegekröse wer er ist?! Zehn von seiner Sorte sind nicht mal soviel wert wie wir! Hätte er selbst was zu bieten bräuchte der Hund auch keinen Leibwächter!


    Asny räusperte sich leise und überließ die Reaktion lieber dem Händler, der ihr irgendwie leid tat, trotz der ganzen Wut von seiten ihrer Schwester, die ihrem neuerklärten Erzfeind anscheinend am Liebsten von der Bühne runter an die Gurgel gegangen wäre. Allerdings konnte sie selbst wohl kaum ihre Unzerbrechlichkeit beweisen und zum Leibwächter taugte sie nun wirklich nur als Ablenkungsmanöver.
    In üblicher ruhiger Weise erwiderte sie das Grinsen des Fremden mit einem sanften Lächeln und zuckte nur bedauernd mit den Schultern, weil der Händler sich von den angebotenen 300 offensichtlich nicht beeindrucken ließ. Aber den Versuch konnte man dem Interessenten wohl nicht übelnehmen.

  • Das Geschoss flog rasant durch die Luft, gebannt folgte Dido mit ihren Augen seinem Weg, sie hielt den Atem an und zählte noch nicht mal bis zwei, da traf es schon und mitten dorthin, wo Dido ungefähr gezielt hatte. „Ha!“, jubelte die flavische Sklavin, Freude blitzte in ihren Augen auf und sie hüpfte kichernd in die Luft und klatschte sich mit der Zwille in die andere Hand, so dass sich das lederne Band zwischen der Astgabel um ihre Hand wand und auf ihrem Handrücken zum Liegen kam. Das Taubenschießen hatte sich gelohnt, Dido übte schon seitdem sie fünf Jahre alt war mit der Zwille, dem sie einem ein Jahr älteren Sklaven in Baiae abgenommen hatte. Das Holz hielt schon seit Jahren, wenn auch das Lederband immer wieder ausgetauscht werden musste, wurde es doch schnell brüchig und war nicht mehr elastisch genug. Breit grinsend sah Dido zu Asny und war gar nicht enttäuscht, dass sie das Messer nicht angenommen hatte. „Ist auch besser so...mit dem Messer!“, raunte Dido schnell Asny zu. „Du wirst gut in die Villa Flavia passen...“ Dido nickte eifrig. „Sehr klug bist Du!“ Sciurus würde Asny bestimmt nicht dummes Ding nennen, wie er es sonst bei den vielen anderen Sklaven und Sklavinnen in der Villa tat und wer nicht so genannt wurde, der wurde dadurch schon geadelt. In Didos kindlichen und verehrenden Augen zumindest und Dido wollte einfach auch, dass Sciurus das bei Asny nicht tat. Die fremde junge Frau schien eine wunderbare Verbündete für die kindlich flavische Sklavin zu sein.


    Der Triumph und das Hochgefühl wollte nicht lange anhalten, denn wie ein Blitz kam das Verhängnis über Dido. „Ahhh!“, entfuhr es Dido als sie grob am Arm von Lucanus gepackt wurde. Seine Finger schloßen sich um ihren kindlichen Oberarm, den man durchaus als dürr bezeichnen konnte und wenig von einer zukünftigen Gladiatorin, einer Amazone, hatte. Schon entriss er ihr die geliebte und sorgsam gehütete Zwille, Didos Augen weiteten sich erschrocken. Viele Menschen starrten auf Dido hinab und sie versuchte sich leise stöhnend aus dem Griff von Lucanus zu entwinden, der sie sich gekonnt all ihrer Habseligkeiten entledigen lässt. Die zwei Beutel gefüllt mit der Kreide, die sie zum Bemalen von Hauswänden benutzte, rot, weiß und gelb, dann noch einigen Sesterces, den Murmeln aus Glas und einige aus Ton, einem scharfkantiger Stein, einem alten Keks, den sie noch von den Saturnalien aufbewahrt hatte und zu guter Letzt: Das kleine Messer, das von der Schneide nicht größer als der Daumen von Lucanus war, ein Küchenmesser zum Schälen von Äpfeln vielleicht. Es war auch an vielen Stellen schartig und nicht mehr astrein scharf, aber spitz genug, um weh zu tun. Dido hatte sich das Messer erst vor wenigen Wochen aus der Küche gestohlen als sie in der Sklavenunterkunft mit einem älteren Sklaven aneinander geraten war, der sie heftig geschlagen hatte, so dass sogar Didos Nase geblutet hatte. Da hatte Dido erkannt: Sie war in der Villa Flavia nun alleine. Sie hatte keinen Herrn, der sie beschützte. Und darum musste sie selber für sich sorgen. „Ahh...“, hauchte Dido. Es tat immer mehr weh, außerdem schüttelte Lucanus sie ordentlich durch...oder wand sich Dido nur so heftig als er sie an den Handgelenken gepackt hielt? Irre? Dido warf Lars einen vernichtenden Blick zu. Aber gleichzeitig auch einen Genüsslichen. Irre...wenn er das noch in der Sklavenunterkunft erzählte, vielleicht hatte Dido dann endlich ihre Ruhe...


    Aber die Schimpftirade von Lucanus erschreckte das neunjährige Mädchen gewaltig. Wasser stieg in ihre blaugrünen Augen. Nicht weinen, Dummkopf. Nicht eine Schwäche zeigen. Nicht weinen..nicht flennen, wie eine dumme Göre...! Didos Lippen erzitterte. Sie sah wie Hannibal heran getreten kam, der ihrer Attacke wegen dem Flavier nicht mehr hatte antworten können, und sie mit einem enttäuschten Blick musterte, was Dido egal war. Sie hasste ihn und wenn er ernüchtert war, was sie anging, sollte ihr das Recht sein. „Folgsame Sklaven sind wohl eine Rarität, Dominus!“, hörte Dido den anderen Sklaven sagen. Und die nächsten Worte erschreckten sie gewaltig. „Sie untersteht eigentlich mir...aber da sie Deinen Sklaven angegriffen hat...bestrafe sie nach Deinem Gutdünken!“ Groß sah Dido zu Hannibal hinauf und begriff nicht ganz, was er da sagte. Hatte er nicht immer behauptet, er wolle sich um sie kümmern? Aber nun ließ er sie doch im Stich. Dido fühlte ein seltsames Gefühl in ihrer Brust und sah dem flavischen Sklaven hinterher, der zum Sklavenhändler und jemand anderem bei den Zuschauern sah und sich dann abwandte. Dido war nun dem wütenden Flavier ausgeliefert und wenn der nur einen Funken von der flavischen Bestrafungslust in sich trug, dann würde es Dido nun übel ergehen. Dido sah schnell zu Lucanus hinauf und wurde ganz schlaff in seinem Griff „Verzeih, Dominus...“ Ihre Stimme zitterte und ihre Gedanken rotierten wie wild. „Ich wusste nicht, dass er zu Dir gehört...ich hab ihn nicht erkannt...ich dachte, er wollte Dich grade beklau'n...“, log Dido ungeniert. „Bitte...“ Sie atmete tief ein und entsann sich zurück an die Bestrafung von Flavia Agrippina vor zwei Jahren. „...bitte peitsche mich nicht aus...ich tue alles, was Du willst...“ Ihre Hände wurden ganz kalt. Dido sah sich nach einem Fluchtweg um und dann zu Asny hoch. Amazone...Amazone...eine Amazone kämpft, schoss es Dido durch den Kopf. Dido suchte danach die Angst nieder zu kämpfen und sich aufzurichten, doch immer noch hörte sie das Knallen von Leder durch die Luft und sie erahnte schon den Schmerz, der kommen würde. Ihre Kinderaugen sahen verzweifelt zu Lucanus hoch.



    [Blockierte Grafik: http://img155.imageshack.us/img155/3671/hannibal2yq4.jpg]
    Hannibal


    Der Leibsklave von Aristides musste sich einige Schritte durch die wogende Menge von Interessenten und Kauflustigen hindurch drängen, vorbei an dem Dicken, der Dido eben noch zur Seite gestoßen hatte, um die Sklavin Asny zu begutachten. Dann erst stand er direkt neben seinem Kollegen, dem anderen flavischen Sklaven, den er einige Male vor einiger Zeit noch in der Villa Flavia Felix gesehen hatte. Hannibal trat neben den anderen Sklaven, Cassander, und spähte zur Bühne nach oben, dachte dabei über den Namen des anderen Sklaven nach. Etwas mit Troja, Hektor, Achilles? Hannibal hielt den Atem an als er die unerträgliche Weinfahne bemerkte, suchte danach, sich davon nichts anmerken zu lassen. „Salve!“, grüßte Hannibal derweil. „Was für ein Zufall, zwei flavische Sklaven am selben Fleck auf dem großen Markt in Rom und ein Flavier, der hinzu gestoßen ist.“ Hannibal lächelte dünn und sah kurz zu Cassander. Mit dem Kinn deutete er in Richtung von Lucanus. „Du kennst den jungen Flavius Lucanus sicherlich.“ Ob das so war, wusste Hannibal nicht, aber er hatte gehört, dass Lucanus frisch aus Hispania eingetroffen ist, womöglich kannte der Sklave den jungen Herrn darum. „Ist Dein Herr wieder in der Stadt?“ Was Hannibal erstaunen würde, schließlich war Furianus der wichtigste Mann von Hispania und sicherlich mehr als unentbehrlich. Hannibal deutete mit dem Kinn auf die junge Sklavin, Asny. „Ein hübsches Ding, hm? Meinem Herrn, Flavius Aristides, der Onkel Deines Herrn, kann diese Sklavin sehr nützlich sein, darum biete ich bereits für sie.“ Hannibal verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Eine musisch talentierte Sklavin. Mein Herr wird sicherlich seine große Freude an ihr haben. Gerade in diesen schweren Zeiten, die er im Krieg erlebt.“ Hannibal sah erneut zu Cassander, ein wenig forschend und nachdenklich. Cassander würde sicherlich die Intentionen seines eigenen Herr, Flavius Furianus, einschätzen können. Würde der Flavier es gut heißen, dass sein Sklave in die Geschäfte eines anderen Familienmitgliedes pfuschte oder hielt der eigene Sklave seinen Herrn in dieser Hinsicht für integer? Auch würde es Hannibal einen guten Einblick gewähren, mit wem er es womöglich bei Furianus und seinem Sklaven zu tun hatte, konnte der italische Sklave doch den Neffen von Aristides bis anhin nicht sehr gut einschätzen. Aristides Meinung kannte Hannibal: Familienbande war für Aristides das wichtigste Gut und er hielt darum viel von seinem Neffen. Ein Geistesblitz ereilte endlich Hannibal und er lächelte etwas mehr. „Cassander, nicht wahr? Ich bin Hannibal. Du hast nicht lange in der Villa Flavia Felix gewohnt, oder?“

  • Cassander bemerkte den flavischen Sklaven nicht, dessen Namen er ebenfalls nicht kannte.
    Doch als er direkt von diesem angesprochen wurde, grinste er abermals.


    "Ahhh, also auch einer aus der flavischen Sippe...nein, aus dem Haushalt?"


    Schon wollte er ihn freundschaftlich begrüßen, als der Sklave, dessen Namen und Antlitz er noch nie vorher gesehen hatte, auf einen echten Flavier verwies.


    "Was, ein Flavier?! Wo?"


    Dann blickte er angestrengt in die Richtung des Lucanus und kniff die Augen zusammen.


    "Ne, kenne den Kerl nicht. Der Name ist mir auch unbekannt. Komische Welt, da trifft man sich hier gerade am Sklavenmarkt, welch eine Fügung! Hätte ich noch Wein, mein Freund, ich würde ihn dir überlassen, aber der ist schneller runtergegangen, als der Regen den Palatin."


    Sagte er lachend und legte einen Arm um Hannibal, um sich irgendwie ein wenig zu stützen, die Erde drehte sich ja ein wenig hier.


    "Ahja, die Sklavin. Ja, ja, recht ansehnlich, doch die scheint mir zu dünn."


    Als er dann die Anspielungen auf den Herrn des Sklaven hörte, erkannte er so einiges und blickte kopfschüttelnd, jedoch immerfort lächelnd zu dem Sklaven.


    "Soso, dein Herr also alleine. Ne, ne, vergiss es, du willst mich doch nur weich machen.
    Ich sag dir mal was, also was ich von deinem Herrn so gehört habe, ist faszinierend. Er soll recht...umgänglich sein, niemals schroff, unkompliziert, einfach der beste Dominus. Doch bei mir, im Gegensatz zu dir, mein Freund, wird, sagen wir es mal so, die Hand richtig oft angelegt, manchmal auch verstärkt durch Gerätschaften wie Peitsche und heisse Eisenstäbe. Der Furianus, nämlich, also mein Dominus, ist nich so ein Kerl wie deiner. Nö, nö, mein Freund, das ist ein ganz anderes Ding.
    Und der hat zu mir gemeint: "Sklave, wenn du in Rom bist, besuch den Sklavenmarkt und bring mir etwas exotisches mit.", ja, das hat er gesagt. Und nu bin ich hier, sehe dieses kleine Blondchen und habe mein exotisches gefunden.
    Ich werde einen Dreck tun und mir diese Sklavin entgehen lassen, ich habe einfach keine Lust auf dem Bauch schlafen zu müssen, weil mein Rücken blutig gepeitscht wurde. Nicht mit mir, vergiss es, du listiger, du."


    Auch wenn seine Worte mehr Gelalle waren und er immerwährend lächelte, meinte er es ernst.


    "Hannibal? Du bist Hannibal?! Mensch, man hört ja viel von dir vom römischen Haushalt. Du sollst da bei Aristides einen hübschen Posten haben, nicht viel zu tun, du weißt was ich meine. Du bist vollblütiger Sklave, nicht? Ich war mal frei, bis dieser Hund von Vater...naja, was soll´s. Ja, ich bin nur noch in Tarraco, gezwungenermaßen."

  • Titus war kurz davor zu resignieren, diese Sklavin konnte mehr als der Rest des Marktplatzes zusammen, und war genau aus dem Grunde den Leuten nicht geheuer. Das Startgebot von 500 Sesterzen, was ein Mann abgegeben hatte der einigen als Hannibal bekannt war, war okay, aber Titus hatte sich einiges mehr für diese Sklavin erhofft. Aber er konnte die Leute auch verstehen...


    "500 sind geboten!!! 500!! Wer bietet mehr?"

  • Einer seiner Klienten hatte Callidus auf die Versteigerung aufmerksam gemacht, als er die Fertigkeiten der Sklavin mit eigenen Ohren mitbekommen hatte.
    Sein Patron war näher an das Podest herangetreten. Weiß-blondes Haar, tatsächlich eine Seltenheit und ein Blickfang. Zudem den schönen Künsten zugeneigt und eines Instrumentes kundig. Man würde sie sogar am Hofe spielen lassen können. Ein solches Geschöpf würde selbst den Anforderungen kaiserlichen Geschmackes standhalten können, von denen im aelianischen Haus ganz zu schweigen.


    > Ich biete dir 700 Sesterzen! <


    In der Masse der Umstehenden erblickte Callidus auch Flavius Lucanus, der mit einigen seines jugendlichen Alters die Versteigerung verfolgte.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

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