Entlang des Euphrat bewegte sich unser Trupp, heimlich und leise wie Diebe in der Nacht. Der Mond spiegelte sich in den schwarzen Fluten des Flusses, das Wasser rauschte an uns vorbei. Ein Vogel schreckte auf, in einer der Schilfbänke entlang des Flusses als wir uns vorüberschlichen, schnatterte kurz verschlafen und verstummte wieder... Das andere Ufer, das Westufer des Euphrat war nicht zu erkennen in dieser dunklen Nacht, nur Sandbänke, die sich flach im Wasser ersteckten. Wir kamen an Feldern vorbei, und an Plantagen, durchzogen von einem fein verästelten Netz von Kanälen, von Rohren und Bewässerungsanlagen, mit denen die Menschen hier der Wüste das fruchtbare Land abtrotzten. Der Wüste, dieser steinigen Einöde die sich jenseits des fruchtbaren Bandes des Euphrats immens und unendlich ersteckte...
Sand und Kieselsteine knirschten leise unter unseren Sohlen. Die Gestalten meiner Kameraden waren wie Schatten in der Nacht. Ohne unsere klirrenden Rüstungen, dunkel gekleidet und ohne Licht unterwegs - ja, da vermochten auch wir Römer uns still und heimlich an den Feind heranzupirschen.
Circesium! Das war unser Ziel. Schon zeichneten sich in der Dunkelheit vage die Mauern der Stadt ab - diese Mauern hinter denen sich die Bewohner anscheinend so sicher fühlten, dass sie sich geweigert hatten sich unserem Imperator zu ergeben. Kein Heer zu ihrer Verteidigung schien in der Nähe zu sein, und doch waren die Stadttore verschlossen gewesen. Was für eine bodenlose Dummheit! Das mussten wirklich Fanatiker sein. Wir waren immerhin (noch fast) zwei Legionen, mit Hilfstruppen, und Edessa war nach der Kapitulation ja auch glimpflich davongekommen.
Doch anstatt in offenem, verlustreichen Kampf die Mauer zu bestürmen, gab es andere Befehle. Ich kannte nicht die Ausmasse des Manövers, wusste nur dass heute nacht auch noch andere Trupps unterwegs waren. Wir jedenfalls, unser kleiner Trupp unter dem Kommando des Tribun Terentius, hatten die Aufgabe heimlich reinzukommen in die Stadt, um von innen die Tore zu öffnen. Auf ein Zeichen hin würde die Stadt dann erstürmt werden. Ein Kinderspiel...
Nur geflüstert wurden Befehle weitergegeben. Wir machten halt, in Deckung von so einer Art grossem Mühlrad, das sich quietschend drehte und Eimer für Eimer Wasser in die Bewässerungsgräben schaufelte. Ich sah zu unserem Befehlshaber dem Tribun, zu meinem Centurio, zu Andronicus und den anderen die heute nacht hier mit unterwegs waren. Alle freiwillig. Ich kaute kurz nervös auf meiner Unterlippe und fragte mich, warum nochmal ich Feuer und Flamme gewesen war und sofort 'Hier! Ich!' geschrien hatte als der Trupp zusammengestellt wurde. Um zu zeigen dass ich auch was draufhabe, wahrscheinlich, und um mir zu beweisen, dass ich doch mutig sein kann wenn es drauf ankommt. Mein Mund war trocken vor Aufregung, aber ich war ganz konzentriert, hellwach, und begierig darauf diesen elenden, hinterhältigen Parthern, die die Zehnte am Fluss so heimtückisch massakriert hatten, zur Abwechslung mal so richtig in den Arsch zu treten.