Erstickender Qualm drang mir in Mund und Nase, die Augen tränten, ich rang nach Luft, sah nur noch Schwärze und rot leckende Flammenzungen. Verzweifelt rüttelte ich an der Türe, hebelte mit dem Eisen, krallte mir die Finger an den Brettern blutig, doch das Ding hielt unseren halbblinden Bemühungen stand, und ich dachte, zum wiederholten Mal auf diesem Feldzug: Das wars dann wohl. Umgekommen beim Essen besorgen auf dem Rückzug, oh verdammt, da hätte ich in Circesium doch als Held sterben können, und jetzt sang und klaglos in irgendeinem Kuhdorf, tja, Chance verpasst, ruhmlos aus und vorbei..... - da öffnete sich mit einem Mal doch die Türe, und ohne dieses Wunder zu hinterfragen stürzte ich über die Schwelle, hinaus, ins Helle, ins Leben...
Oder bessergesagt mitten hinein in ein wildes Kampfgetümmel. Ich keuchte und war noch vollauf damit beschäftigt Atem zu schöpfen, frische reine Luft in meine Lungen zu saugen, und mir den Russ aus den Augen zu reiben, als schon von irgendwoher ein Hackebeil nach mir geschwungen wurde. Mehr instinktiv wich ich zur Seite, es zischte knapp an mir vorbei, und ich schlug mit dem nächsten besten was ich zur Hand hatte - das war der Schürhaken - blindlings zurück. Ich drosch auf den Angreifer ein, traf ihn mitten ins Gesicht, und der Kerl jaulte auf, taumelte zurück, die Hand aufs Auge gepresst, und gab mir so Zeit mein Gladius zu ziehen. Es war nur einer von den Dörflern - ein Bauer! Die hatten es tatsächlich gewagt uns anzugreifen! Als ich das Gladius gegen ihn stiess, und ihn dabei auch ein wenig ankratzte, wich er schnell zurück und machte sich aus dem Staub.
Ich holte tief Luft - meine Kehle schmerzte, war ganz wund - und versuchte den kurzen Moment in dem es keiner auf mich abgesehen hatte zu nutzen um mich zu orientieren, zu erkennen was hier eigentlich los war.Woher diese Reiter kamen, da machte ich mir in dem Moment keine Gedanken, aber der Kampf... der Kampf sah gar nicht gut aus. Die Männer die draussen gewartet hatten waren hart bedrängt von den Parthern, ihre Reihe zerbrach an manchen Stellen sogar in Einzelkämpfe. Die Kameraden, die mit dem Centurio und mir gerade der Flammen-Falle entronnen waren, eilten zur Hilfe wenn sie noch konnten, aber es war doch ein grosses Durcheinander.
Schilde und Speere hatten wir vor dem Räucherhaus gelassen als wir da hineingegangen waren. Ich schnappte mir meine jetzt wieder und folgte dem Centurio um mich einzureihen, gegen die Reiter, und ich war mir, bei allem Schrecken, doch sicher dass er jetzt gleich mit ein paar klaren Befehlen die Situation wieder im Griff hätte...
Da geschah es. Centurio Flavius ging getroffen zu Boden, gefällt von einer... (ich wage ja kaum es niederzuschreiben...) einer Mi....einer Mis... sagen wir einer Stangenwaffe. Sein roter Helmbusch verschwand einfach, in einem Wirrwarr von Staub, Füssen, Waffengeklirr und stampfenden Hufen.
Oh Scheisse. Nein. Nein, das ist jetzt nicht wahr.
Unwillkürlich wandte ich den Kopf nach dem Optio, doch da durchfuhr es mich siedendheiß: wir hatten gar keinen Optio dabei! Ergo musste der Tesserarius ran. Ich. ICH?! Per omnes deos! Ich stand ganz starr, und spürte wie mir ein Tropfen Angstschweiss leicht kitzelnd über die Stirn rann. Was sollte ich denn jetzt nur machen?! Die waren dabei uns aufzureiben! Ganz... starr....
Aber dann gab ich mir einen kräftigen Ruck, verschob die Schreckstarre auf später, und nahm in meiner Not Zuflucht zu meiner geheimen Strategie: ich stellte mir vor es wäre alles nur ein Bühne (ist das Leben vielleicht ja auch), und ich müsste dort eine Rolle spielen. In diesem Schauspiel war ich... - na wer wohl, ich glaube man kann es leicht erraten wen ich mir da zum Vorbild nahm.
"Militeees",
rief ich heiser krächzend, und dann brüllte ich es nochmal, wirklich laut, aus voller Kehle um durch den Kampfeslärm zu dringen.
"Militeees, haltet die Linie! Ihr da rechts, zurück in die Linie, sofort! Haltet die Formation zusammen!!
Wer aus dem Haus kommt in die zweite Reihe! Mit den Pila! Stecht den Pferden in die Hälse!"
Und mitgerissen von meiner kühnen Rolle trat ich in die Lücke die der Centurio in der Formation hinterlassen hatte - oder jedenfalls in etwa an die Stelle, der Kampf wogte ja wild - um diese zu schliessen.
Tatsächlich, meine Befehle bewirkten, dass die Formation wieder etwas klarer zutage trat, und dass die russgeschwärzte Verstärkung aus dem Haus sich als zweite Reihe formierte, und den Pferden mit den ragenden Eisenspitzen zu Leibe rückte. Teils waren es ja Kameraden aus der ersten Kohorte, die wussten genau wie der Hase lief, aber teilweise auch aus der neunten, mit wenig Kampferfahrung. Die Reiter sahen ganz schön wild aus, und schienen entschlossen uns in den Boden zu stampfen - aber wir hatten vor Edessa sogar gegen Panzerreiter gesiegt!
"Standhalten! Formation halten!", brüllte ich, und riss mein Scutum hoch, wehrte Säbelhiebe ab, stiess meinerseits zu und schlitzte einem Reiter das Bein auf. Kreischend glitt eine Klinge von meinem Schulterschutz ab. Mein Schwertarm blutete aus einer Fleischwunde, aber wiederum spürte ich es kaum. Ein Pferd brach vor mir zusammen - die Gedärme hingen ihm aus dem Bauch heraus - und die Hufe wirbelten umeinander. Einer erwischte mich, schleuderte mich zur Seite. Die Luft um mich herum war erfüllt von Waffen, Stahl gleisste blendenhell in der Sonne, in der Nähe rauschte die Feuersbrunst. Ein Pfeil grub sich knirschend in meinen Schild hinein. Pfeile, auch das noch! Stur rappelte ich mich wieder auf, parierte Schläge und teilte aus, reihte mich wieder ein, und brüllte aus Leibeskräften:
"Militeeees, langsam vor! Zuuugleich! Und vor! Und vor!"
Unglaublich aber wahr, wir gewannen ein Stück Boden. So kam auch der Centurio wieder in Sicht, und wurde gleich nach hinten zum Capsarius gezerrt. Oder jedenfalls hoffte ich sehr, dass wir noch einen Capsarius hatten. Aus dem Augenwinkel konnte ich nur erkennen, dass der Centurio sich nicht regte, aber immerhin noch alle Gliedmassen hatte. Jetzt war auch nicht Zeit darüber nachzudenken. Einer der Parther, der wohl schon sein Pferd verloren hatte, hatte mich ins Auge gefasst - blutbesudelt war er, breitgebaut, schwang einen gewaltigen Säbel, und murmelte finster vor sich hin, etwa so als würde er, während des Kampfes selbst, Zwiesprache mit seinen blutrünstigen Götzen halten. Die Mütze die er auf dem Kopf trug hätte bei jedem anderen drollig ausgesehen, aber nicht bei diesem Mann... dem sprühte die blanke Lust am Morden aus den Augen!